Den ersten Tag noch in den Knochen, ging es eine Mütze Schlaf später auch schon weiter. Ein weiterer langer Festivaltag wartete auf die Besucher. Also hieß es „aufstehen, frühstücken, fertig machen“ und schon ging es wieder auf in Richtung Bühnen. Auf dem Zeltplatz kehrte wieder Leben ein, der Mittelaltermarkt erwachte ebenfalls und die ersten Schlangen am Einlass waren auszumachen. Klar, mit Fear Of Domination und Scarlet Dorn auf der Main Stage sowie Yellow Lazarus auf der Hangar Stage wurde schließlich auch bereits zur Mittagszeit so einiges geboten.
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Ebenfalls auf der Hangar Stage legten um 12:05 Uhr dann Formalin los, die mit ihren elektronischen Soundscapes im Song Salvation begonnen. Ist der Sound im Opener noch verhaltener Natur, so zeigten Formalin in ihrem Set zudem, dass sie auch die härteren Klänge und die Tanzbarkeit sehr gut beherrschen. Slutkingdom beispielsweise mit verzerrten Sounds und einem treibenden Beat konnte für Bewegung sorgen. Die Kombination aus Härte und melodiösen Sounds funktionierte zu früher Stunde bereits gut und nach sechs Stücken in der halben Stunde Spielzeit war die Müdigkeit verschwunden.
02. Above the Sun
03. Tied and Blinded
04. Slutkingdom
05. Collider
06. Deliverance
Während auf der Main Stage Faelder antraten, war im Hangar die Umbaupause für die folgende Show von Heldmaschine. Nachdem am Vortag Stahlmann den Job übernahmen, waren es heute Heldmaschine, die der Neuen Deutschen Härte frönten. Und das laut und deutlich. Eine gewisse Nähe zu den großen Vorbildern war nicht zu verleugnen, aber wie Stücke der Marke Ich rolle das R zeigen, sollte man dies auch mit einem gewissen Augenzwinkern sehen. Die Gitarren laut, der Gesang markant und zielgerichtet – die Marschroute bei Heldmaschine war deutlich. Die Fans wussten es zu danken und konnten lediglich bemängeln, dass nur 35 Minuten Spielzeit angesetzt waren.
02. Kein Zurück
03. Ich rolle das R
04. Radioaktiv
05. Ich Ich Ich
06. Weiter
Auf der Main Stage hatte in der Zwischenzeit bereits der Folk Einzug gefunden. Versengold sorgten zur Mittagszeit für gute Laune bei den Zuschauern. Mit allerlei Saiteninstrumenten und gut Schwung hinter den Klängen bewaffnet erzählten sie ihre Geschichten, die sonnig wirkten wie das Wetter. Humorvolle Klänge der Kategorie „vom Leben gelernt“ wie in Thekenmädchen ließen sie auf die Zuschauer los, erzählten vom Tag, an dem die Götter sich betranken und verbreiteten durch und durch gute Laune. Musik, die zwar mittelalterliche Anmut mit sich bringt, aber im Hier und Jetzt lebt. Ein lebendiges und mitreißendes Set, das auch vielen Genre-fremden Zuschauern gefiel.
02. Durch den Sturm
03. Thekenmädchen
04. Teufelstanz
05. Haut mir kein‘ Stein
06. Der Tag an dem die Götter sich betranken
07. Braune Pfeifen
08. Butter bei die Fische
Es folgte auf beiden Bühnen eine gesunde Portion Elektro. Direkt im Anschluss an Versengold betraten auf der Hangar Stage Melotron die Bühne. Der Füllstand des Hangars war gut und man merkte gut, dass diese Band von vielen Zuschauern bereits vorfreudig erwartet wurde. Zwischen Synthie Pop und Future Pop zündete die Band ein Best Of aus ihrer inzwischen langen Laufbahn und zeigte, dass sie es nicht verlernt haben. Andy Krüger, Edgar Slatnow und Kay Hildebrandt hatten gemeinsam mit dem Publikum 35 Minuten lang eine Menge Spaß und machten Lust auf mehr.
Auch draußen hatte bereits das Elektro-Set begonnen. Hier standen Diary Of Dreams auf dem Plan, die auch inzwischen zu den Stammgästen des Festivals gehören. Entsprechend herzlich auch der Empfang in Hildesheim. In ihren 40 Minuten meisterte die Band um Adrian Hates einen Ritt durch ihre lange Laufbahn. Eröffnet mit dem noch recht jungen und atmosphärischen Made In Shame eröffneten sie und ließen natürlich auch Hits wie Traumtänzer dabei nicht aus. Gerade letzteres sorgte im Publikum sichtbar für viele Gänsehäute – von der Textsicherheit im Publikum ganz zu schweigen. Zum Schluss wurde das Tempo dann noch einmal angezogen, als die Band das Publikum mit Undividable noch einmal schwungvoll in den weiteren Tag entließ.
02. Epicon
03. Malum
04. Listen And Scream
05. Traumtänzer
06. Kindrom
07. Undividable
Während es auf der Hangar Stage elektronisch mit Funker Vogt weiter ging, war auf der Main Stage nun eine Band zu sehen, die man vor vielen Jahren sicherlich noch in den Elektro-Bereich gezählt hätte, nun aber eher metallisch als alles andere auf der Bühne erscheint. Klar, die Rede ist von Combichrist. Mit Hate Like Me ging es direkt in die Vollen, Andy LaPlegua und seine Band gaben wie gewohnt alles. Mit Gesang zwischen martialisch, melodiös und Shouts war in der Stimme viel Dynamik, aber auch die Klänge waren trotz ihrer klaren Linie sehr abwechslungsreich. Auch die elektronischeren Stücke wie Blut Royale fügten sich gut ins metallische Gesamtbild ein, was selbst diejenigen anerkennen mussten, die mit dem Schwenk ins Gitarren-lastige Fach nicht so viel anfangen konnten bei der Band. Die geballte Portion Härte gab es dann auch zum Abschluss noch einmal: One Fire hinterließ ein zufriedenes Piblikum.
02. Never Surrender
03. Throat Full of Glass
04. Can’t Control
05. They
06. Blut Royale
07. What The Fuck Is Wrong With You?
08. Maggots at the Party
09. One Fire
Wer nun den Weg in den Hangar ging, konnte harten Elektro von Spetsnaz erleben, auf der Main Stage hingegen war die Richtung gänzlich anders, denn Joachim Witt brachte sich in Position. Ein Mann, der mit seinen 70 Jahren bereits so einiges erlebt hat, was sich auch in der Musik niederschlägt, die von der Neuen Deutschen Welle bis zur Neuen Deutschen Härte reicht und auch viele Nuancen dazwischen abdeckt. Was musikalisch weit auseinander entfernt erscheint, funktioniert auch alles gemeinsam in ein und demselben Set, wie dieser Nachmittag deutlich zeigte. Da kann ein Stück wie Das geht tief locker gemeinsam mit Goldener Reiter im Set untergebracht werden – der Applaus ist in beiden Fällen groß. Das ist er auch nach dem abschließenden Strenges Mädchen aus dem Frühwerk des Künstlers. Ein beachtlicher Auftritt, das muss man sagen.
02. Dämon
03. Quo Vadis
04. 1000 Seelen
05. Das geht tief
06. Liebe und Zorn
07. Die Flut
08. Goldener Reiter
09. Strenges Mädchen
Ein Blick in den Hangar: Es blieb weiter elektronisch. Etwas, das sich auch an diesem Abend nicht mehr ändern sollte. Mit Assemblage 23 wurde es treibend-eingängig und es brauchte nur wenige Klänge, um hier das Eis zwischen Band und Publikum zu brechen. So häufig sind die Auftritte des Projekts von Tom Shear hierzulande schließlich nicht, dementsprechend groß die Freude über diesen Auftritt. 55 Minuten lang gab es auf der Hangar Stage keine Verschnaufpause, sowohl die Stücke des aktuellen Albums Endure als auch die älteren Stücke funktionierten prima. Bleibt zu hoffen, dass Assemblage 23 nicht zu lange warten, bis sie uns mal wieder in hiesigen Breitengraden beehren.
Auf der Main Stage war es in der Zwischenzeit wieder mittelalterlich geworden. Mit Subway To Sally war erneut eine alteingesessene Szene-Größe zu erleben, die niemandem mehr vorgestellt werden muss. Der Zuschauer bekam bei Subway To Sally genau das, worauf er gewartet hatte: eine Best Of-Show in gewohnter Manier. Diese wirkte zwar auf der einen Seite routiniert, auf der anderen Seite aber merkte man, dass die Band keineswegs ihr Ding runterspielt, sondern nach wie vor das liebt und lebt, was sie da tut. Stücke wie Kleid aus Rosen, Eisblumen oder auch der Veitstanz sorgten erwarteter weise für Stimmung, das Publikum war begeistert. Wer die Band vorher mochte, wird es auch jetzt definitiv noch tun!
02. Island
03. Kleid aus Rosen MMXV
04. Königin der Käfer
05. Eisblumen
06. Für immer
07. Tanz auf dem Vulkan
08. Veitstanz MMXV
09. Alles was das Herz will
10. Aufgewacht
Auf beiden Bühnen ging es inzwischen langsam aber sicher in Richtung Zielgerade. Die Hangar Stage konnte dabei am frühen Abend mit De/Vision glänzen. In der inzwischen live etablierten Dreierbesetzung Steffen Keth und Thomas Adam plus Markus Köstner als Livedrummer gab es eine Reise durch die Diskografie. Ruhigere Stücke wie der Opener Who Am I, nachdenkliche Titel wie Your Hands On My Skin und vor allem natürlich Klassiker wie I Regret und Try To Forget verfehlten ihre Wirkung nicht, Band und Publikum waren zufrieden, die Chemie stimmte. Immer mal wieder wurde das Publikum auch zum Mitgehen animiert, was dieses aber sowieso ordentlich tat. Ein starker Auftritt, der zum erwarteten Selbstläufer wurde.
02. Synchronize
03. Rage
04. They Won’t Silence Us
05. mAndroids
06. I Regret
07. Time to Be Alive
08. Try to Forget
09. Your Hands on My Skin
10. Flavour of the Week
11. A Storm Is Rising
So wirklich dunkel war es noch nicht und die Vorstellung mag somit zunächst etwas komisch gewesen sein, dass die Fields Of The Nephilim um 19:15 Uhr auf die Bühne gehen sollten, aber die Aura eines Carl McCoy ist groß genug, um sich auch gegen solche „Widrigkeiten“ durchzusetzen. Der Gothic Rock bis Metal der alten Schule funktioniert auch so blendend. Schon früh merkte man es nach dem Intro The Harmonica Man bei Preacher Man. Die melodiöse Rauheit im Sound überzeugte von den ersten Tönen an, auch die atmosphärischen Momente wie in Mourning Sun zündeten und das Best Of-Programm ließ keinerlei Zweifel am Set aufkommen. Ob Frühwerk oder dieses Jahrtausend: Hier passte alles zusammen. Klassiker wie Love Under Will und Moonchild gingen voll und ganz auf und nach einer Stunde ließen die Musiker nach dem melancholischen Schluss mit Last Exit For The Lost ein außerordentlich glückliches Publikum zurück. Definitiv ein absolutes Highlight des diesjährigen Festivals!
02. Preacher Man
03. Endemoniada
04. Love Under Will
05. Dawnrazor
06. Moonchild
07. The Watchman
08. For Her Light
09. At the Gates of Silent Memory
10. Mourning Sun
11. Prophecy
12. Last Exit for the Lost
Auf der Hangar Stage war es nun an der Zeit für den Headliner in Form von Suicide Commando. Mit Johan van Roy und seinem Suicide Commando gab sich zum Abschluss noch einmal eine echte Größe die Ehre. Harsche Elektro-Sounds gab die belgische Band hier in Höchstform zum Besten und präsentierte eine Stunde lang einen Ausflug durch das musikalische Schaffen, das in all den Jahren seit 1986 so entstand. Frontmann Johan van Roy war dabei bester Laune, als er Stücke wie Death Lies Waiting, The Pain That You Like und wie sie alle heißen, spielte. Klar: Dann gibt es da noch die Nummern, ohne die vermutlich keiner einen Suicide Commando-Auftritt verlassen wird. Auf die Band war Verlass, sodass auch Stücke wie Bind Torture Kill nicht fehlten. Zum Abschluss gab es dann den Dauerbrenner Hellraiser, der den Hangar noch einmal gut durchschüttelte. Ein würdiger Abschluss auf dieser Bühne!
02. Raise Your God
03. Death Lies Waiting
04. God Is In The Rain
05. The Pain That You Like
06. Shizotopia
07. Cause of Death: Suicide
08. The Devil
09. Bind Torture Kill
10. We Are Transitory
11. Hellraiser
Von nun an konzentrierte sich das Geschehen komplett auf den letzten Act und damit Headliner auf der Main Stage – auf VNV Nation. Dass sie sich den Headliner-Slot nicht nur aufgrund ihres Erfolges verdient haben, war schnell zu sehen. Ronan Harris wirbelte gewohnt über die Bühne, animierte das Publikum und von der ersten bis zur letzten Reihe war Bewegung auszumachen im Publikum. Kein Wunder, denn der Future-Pop mit Stücken wie Chrome, Genesis, Control und co. setzte an diesem Abend noch einmal die letzten Energien frei und konnte das Publikum berühren. Berühren konnten dabei auch die ruhigen Momente, mit Nova beispielsweise ist der Band eine äußerst starke Elektro-Ballade gelungen, die natürlich im Set nicht fehlen sollte. Das Publikum war sichtlich gerührt und begeistert, bis die Band mit All Our Sins ihr Set und zugleich auch das Festival beendete. So kann man ein Festival beschließen!
02. Chrome
03. The Great Divide
04. Genesis
05. Illusion
06. Off Screen
07. The Farthest Star
08. Control
09. Legion
10. God of All
11. Immersed
12. Resolution
13. Nova
14. All Our Sins
Mit schönen Erinnerungen konnte man nun den Abend noch ausklingen lassen. Und man weiß schon jetzt, wo man im kommenden Jahr sicherlich wieder ein August-Wochenende verbringen wird!