NCN (Nocturnal Culture Night) 2025 – Freitag (05.09.2025)

Fotos: NCN Festival 2025 (18. Nocturnal Culture Night) - Freitag, 05.09.2025 (Thomas Bunge) Fotos: NCN Festival 2025 (18. Nocturnal Culture Night) - Freitag, 05.09.2025 (Thomas Bunge)
Placebo Effect, © Thomas Bunge / NCN Festival
Lesedauer: 6 Minuten

Vom 5. bis 7. September 2025 verwandelte sich der Kulturpark Deutzen erneut in ein pulsierendes Zentrum der dunklen Musikszene. Die 18. Nocturnal Culture Night bot ein facettenreiches Line-up aus Darkwave, Gothic Rock, Industrial, Neofolk, Post Punk und verwandten Genres. Auf vier Bühnen präsentierten sich rund 60 Bands und Künstler, begleitet von Lesungen, DJ-Sets und einem stimmungsvollen Rahmenprogramm. Das Festival zog zahlreiche Besucher an – von langjährigen Stammgästen bis hin zu Neulingen, die das NCN zum ersten Mal erlebten. Die Atmosphäre war geprägt von Vorfreude, Neugier und dem gemeinsamen Wunsch, ein Wochenende voller musikalischer Intensität zu genießen. Auch das Wetter spielte mit: sonnig und mild zum Auftakt, später leicht bewölkt – perfekte Bedingungen für einen gelungenen Start.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Der Einlass am Freitag begann pünktlich um 15 Uhr, und zahlreiche Besucher strömten erwartungsvoll auf das Gelände. Um 15:30 Uhr eröffneten parallel die Park- und Waldbühne das musikalische Programm mit zwei kontrastreichen Acts.

William Bleak tauchten die Parkbühne in eine frostige Klangkulisse aus Noise, Licht und emotionaler Dichte. Die auffällige schwarz-weiße Schminke des Frontmanns, das dominante Bass-Drum-Gefüge und das rot getönte Licht wirkten wie ein düsteres Ritual, das sich langsam über die Bühne legte. Untermalt wurde das Set von einer eher dezenten Videoshow in rot-schwarzen Tönen, die das visuelle Konzept subtil ergänzte. Ein starker Einstieg, der den Ton setzte und Lust auf mehr machte.

Zeitgleich entführten Auger die Besucher der Waldbühne in eine düstere, cineastische Klangwelt. Das britische Duo, bestehend aus Kyle Blaqk und Kieran Thornton, präsentierte eine kraftvolle Mischung aus Dark Rock, Gothic und Industrial. Nebelschwaden, treibende Drums und der markante Gesang sorgten für eine intensive Atmosphäre, die sofort gut beim Publikum ankam. Die Songs bewegten sich zwischen melancholischer Schönheit und roher Energie. Auger überzeugten mit einem dynamischen Set, das sowohl melodisch als auch rhythmisch packte. Ein gelungener Auftakt für ein Wochenende voller musikalischer Tiefen und dunkler Emotionen.

William Bleak – Parkbühne
Auger – Waldbühne

Mit ihrem Auftritt auf der Kulturbühne entführten Zugzwang das Publikum in eine andere Welt – fernab von Alltag und Konvention. Das italienische Neofolk-Duo, bestehend aus Vrolok LaVey und Lorenzo Pinto, präsentierte ein Set, das sich mühelos zwischen Philosophie, Literatur und Klangkunst bewegte. Gitarre und elektronisches Piano verschmolzen zu einem epischen Klangteppich, der neugierige Zuhörer in seinen Bann zog. Die Bühne blieb bewusst schlicht, doch die Musik war umso eindrucksvoller: melancholisch, filmisch, intensiv. Es war ein Moment der Einkehr – wie ein musikalischer Spiegel, der Sehnsucht, Zweifel und Hoffnung zugleich zeigte.

Am frühen Abend übernahm Leichtmatrose die Parkbühne – und legte ohne Umschweife los. Gesang, zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug formten ein kraftvolles Klangbild, das sofort zündete. Frontmann Andreas Stitz nutzte die Bühne voll aus, bewegte sich unermüdlich und brachte seine Texte mit spürbarer Intensität zwischen Weltschmerz und Ironie auf den Punkt. Die Band spielte spontan und mit sichtbarer Freude – das Publikum stand dicht gedrängt, tanzte, lachte, lebte den Moment. Ein Auftritt wie ein Sturm auf offener See: direkt, ehrlich, unvergesslich.

Zugzwang – Kulturbühne
Leichtmatrose – Parkbühne

Parallel sorgten Blitz Union auf der Waldbühne für ein energiegeladenes Kontrastprogramm. Schon beim ersten Track war klar: Die Band wollte nicht nur performen, sondern ein Statement setzen. Gesang, Gitarre und Schlagzeug verschmolzen mit tanzbaren Electro-Beats zu einem rebellischen Sound, der sofort zündete. Nebel, Bewegung und charismatische Präsenz – Mark Blitz sprach das Publikum direkt an und wurde zum Sprachrohr einer Generation zwischen Euphorie und Zweifel. Die Waldbühne füllte sich schnell, viele blieben spontan stehen und tanzten mit. Ein Festivalmoment, der hängen bleibt.

In stillem Gedenken an Jens Pasemann

Am Freitagabend, kurz vor dem geplanten Auftritt der Schweizer Band The Beauty of Gemina, kam es direkt vor der Amphibühne zu einem medizinischen Notfall. Trotz sofortiger Reanimationsmaßnahmen und des schnellen Einsatzes der Rettungskräfte verstarb Jens Pasemann später in der Klinik.

Jens war vielen in der Szene persönlich bekannt – ein vertrautes Gesicht, ein leidenschaftlicher Musikliebhaber und Konzertgänger, ein Mensch mit klarer Haltung, der mit seiner herzlichen Art Spuren hinterlassen hat.

The Beauty of Gemina sagten ihren Auftritt angesichts der Ereignisse ab – aus Respekt, Mitgefühl und Anteilnahme.

Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, seinen Freunden und allen, die ihn kannten. Jens bleibt Teil unserer Erinnerung und dieser Gemeinschaft – ein Teil der schwarzen Familie und ein Teil des NCN.

Ruhe in Frieden, Jens.

Als nächstes übernahm Zwischenlichten die Kulturbühne und setzte bewusst einen Kontrapunkt zum energiegeladenen Treiben auf den anderen Bühnen. Mit akustischer Gitarre und ruhiger Stimme schuf der Solokünstler einen Raum der Entschleunigung – ein musikalischer Zwischenraum, in dem das Publikum zur Ruhe kommen konnte. Die sanften Melodien wirkten wie ein stiller Fluss, der durch die Gedankenlandschaften der Zuhörer floss. Zwischenlichten erzählte von inneren Reisen, kleinen Fluchten und leisen Momenten, die oft überhört werden. Die Kulturbühne wurde zum Rückzugsort – reduziert, ehrlich, berührend. Wie ein Flüstern im Sturm: still, aber unüberhörbar.

Blitz Union – Waldbühne
Zwischenlichten – Kulturbühne

Kurz vor Sonnenuntergang glitten Tilly Electronics auf die Parkbühne – und lieferten intergalaktischen Glitter Wave direkt aus dem Orbit. Anyone und Anybody funkelten in maßgeschneiderten Outfits, während dichter Nebel und blaues Licht die Bühne in ein retrofuturistisches Szenario tauchten. Die Beats waren minimalistisch, die Attitüde maximal – NDW trifft Italo trifft Tilly. Das Publikum war sofort im Bann, tanzte, lachte, jubelte. Bunt, laut, liebevoll verrückt – ein Moment, der das Festival zelebrierte wie ein Feuerwerk.

Zeitgleich traten Rotersand als kurzfristiger Ersatz für Rein auf der Waldbühne an – und erwiesen sich als mehr als würdige Vertretung. Das Publikum reagierte begeistert, die Enttäuschung über die Absage war schnell vergessen. Mit ihrer Mischung aus Futurepop und Industrial-Pop sorgten Rotersand für durchgehend tanzbare Energie, die niemanden stillstehen ließ. Sänger Rascal überzeugte mit charismatischer Präsenz und klaren Vocals. Die Menge sang mit, tanzte, feierte – ein kollektiver Rausch aus Licht, Bass und Bewegung. Wie ein Stern, der plötzlich auftaucht – ungeplant, aber strahlend.

Tilly Electronics – Parkbühne
Rotersand – Waldbühne

Mit Einbruch der Dunkelheit trat Monolith auf die Kulturbühne und verwandelte sie in ein pulsierendes Kraftfeld aus analoger Maschinenenergie. Eric van Wonterghem und sein Duo-Partner traten mit Sonnenbrillen und stoischer Präsenz auf, während hinter ihnen eine reduzierte Videoshow flackerte – abstrakt, rhythmisch, kühl. Die tanzbaren Instrumentaltracks wirkten wie technoide Skulpturen: roh, hypnotisch, kompromisslos. Jeder Beat war präzise gesetzt, jeder Sound eine kalkulierte Welle aus Noise und Struktur. Das Publikum reagierte mit Bewegung und Konzentration zugleich – manche tanzten, andere ließen sich einfach treiben.

Währenddessen sorgte A Split-Second auf der Amphibühne für einen der emotionalsten Momente des Abends. In der Dämmerung, begleitet von leichtem Nebel und einer stilvollen Videoshow, entfaltete sich eine dichte, fast hypnotische Atmosphäre. Digitale Impulse, verzerrte Gitarren und der markante Gesang verschmolzen zu einem Sound, der zwischen Nostalgie und futuristischer Energie oszillierte. Die Bühne war in kühles Licht getaucht – passend zur düsteren Klanglandschaft, die viele langjährige Fans sichtlich bewegte. Besonders ein neuer Song, zuletzt nur in Live-Sets zu hören, ließ die Gerüchte über ein mögliches Album aufleben. A Split-Second bewiesen eindrucksvoll, dass sie auch nach vier Jahrzehnten nichts von ihrer Relevanz verloren haben.

Monolith – Kulturbühne
A Split Second – Amphibühne

Später am Abend übernahm Ground Control die Parkbühne und entführte das Publikum auf eine stilvolle Zeitreise durch das musikalische Universum von David Bowie. Die sechsköpfige Band aus Leipzig, mit drei Gesangsstimmen – ein Mann, zwei Frauen – sowie Gitarre und Saxophon, präsentierte eine klanglich wie visuell durchdachte Hommage. Die Bühne wirkte wie ein intimer Raum für große Emotionen, unterstützt von angenehmer Lichtstimmung und charismatischer Präsenz. Das Publikum war berührt, viele sangen mit, andere ließen sich einfach treiben. Ein Auftritt, der Bowie nicht nachahmte, sondern neu interpretierte – stilvoll, präzise und voller Seele.

Parallel zelebrierten Placebo Effect auf der Waldbühne ihre Rückkehr als dunkle Klangpriester – und verwandelten das Gelände in ein audiovisuelles Psychodrama. Die Bühne war mit Schaufensterpuppenfragmenten und einer einsamen Laterne dekoriert, getaucht in violettes und rotes Licht, das sich mit Nebelschwaden vermischte. Axel Machens’ Stimme – verzerrt, gequält – schien direkt aus einem Kellerverlies zu kommen, während die analogen Synths wie giftiger Rauch durch die Baumkronen waberten. Die Songs wirkten wie Klangtherapie aus einer anderen Dimension. Das Publikum war gebannt, tanzte oder stand wie eingefroren – ein kollektives Eintauchen in düstere Klanglandschaften.

Ground Control – Parkbühne
Placebo Effect – Waldbühne

Als letzte Band des Abends auf der Amphibühne inszenierten sich Prayers als urbanes Ritual zwischen Gangkultur und Gothic-Ästhetik. Rafael Reyes stand allein im Fokus, flankiert von zwei regungslosen Figuren mit Äxten – ein Bild wie aus einem okkulten Traum. Die minimalistische Videoshow und das rote Licht verstärkten die düstere Atmosphäre. Trotz leichter technischer Probleme, die Reyes souverän überbrückte, blieb die Performance intensiv und kompromisslos. Das Publikum reagierte mit stiller Ehrfurcht und eruptiver Energie zugleich. Wie ein Ritual aus Licht und Klang – durchzogen von Verletzlichkeit und Würde.

Gaë Bolg verwandelte unterdessen die Kulturbühne in ein mittelalterliches Fiebertraum-Theater. Fünf Musiker in weißen Kutten und weißer Schminke drängten sich auf der engen Bühne, während Trommeln, ein großes Schlagzeug und eine Trompete den Sound bestimmten – kraftvoll und bizarr. Eric Roger dirigierte sein Ensemble durch hymnische Melodien, groteske Balladen und elektronische Märchen, stets mit einem ironischen Unterton. Die Bühne wirkte wie ein fahrendes Ritual aus einer anderen Zeit, irgendwo zwischen Schlachtfeld und Saufgelage. Der Andrang war enorm – das Gelände voll bis hinten, das Publikum fasziniert und begeistert.

Prayers – Amphibühne
Gae Bolg – Kulturbühne

Als Mitternachtsspecial und letzte Band des ersten Festivaltages übernahm Sound Veil Society die Parkbühne – und verwandelte sie in ein Klangkino voller Sehnsucht und Licht. Das Duo, bestehend aus Erlend Eilertsen und Hasse Mattsson, stand im Gegenlicht zwischen Nebel und minimalistischer Videoshow, während zwei Keyboards und Gesang eine ruhige, aber intensive Atmosphäre erzeugten. Die Mischung aus Indiepop und elektronischer Melancholie erinnerte an Kite, blieb aber eigenständig, weich und voller Tiefe. Die Songs wurden live zur emotionalen Welle, getragen von skandinavischer Klarheit. Das Publikum lauschte neugierig und still – ein kollektives Innehalten zum Abschluss des Tages.

Sound Veil Society – Parkbühne

NCN (Nocturnal Culture Night) 2025 – Samstag (06.09.2025)

NCN (Nocturnal Culture Night) 2025 – Sonntag (07.09.2025)

Weblinks NCN FESTIVVAL:

Homepage: www.ncn-festival.de
Facebook: ncnfestival
Instagram: ncn_festival

Autor


Entdecke mehr von Monkeypress.de

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Translate »