Wer nicht gerne morgens um 7 Uhr von Rolf Zuckowski und ähnlichem geweckt wird, sollte nicht auf Festivals fahren – oder Oropax mitnehmen. Letztere Lektion einmal mehr lernend begann für uns der Festivaltag etwas früher als erwartet, was aber effektiv nur ein etwas ausgiebigeres und längeres Frühstück zur Folge hatte. Wenn man dann schon so früh wach ist, kann man auch früh zum Festivalgelände gehen, sodass wir pünktlich um 12 Uhr den ersten Act des Samstags auf der Green Stage mitbekamen: Leoniden. Die nach einem Meteorsturm benannte Rocktruppe aus dem Norden legte gut los und obschon der frühen Uhrzeit geschuldet nur wenige Zuschauer vor der Bühne aufwarteten, scheute man sich nicht eine furiose und bewegungsreiche Show auf der Bühne abzuliefern.
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Falls man den Tag musikalisch etwas ruhiger starten oder sich bei dem guten Wetter einfach entspannen wollte, war dies dann ab 12:30 Uhr bei Leif Vollebeck an der Blue Stage möglich. Der Musiker verzauberte eine halbe Stunde mit seiner Interpretation des Easy Listening das Publikum und sorgte für eine sommerliche Atmosphäre. Nach einer 30-minütigen Umbaupause standen dann die beiden MCs von Ho99o9 (ausgesprochen: Horror) auf der Bühne. Unterstützt von einem Schlagzeuger wurde eine an Exorzismus grenzende Party auf der Bühne vollzogen, wobei es reichlich schwer fällt, die Intensität der Show zu beschreiben.
Wer nach dem Rap-Metal des Trios Lust auf etwas Erholung hatte, konnte sich dann pünktlich um 14:15 Uhr zur Green Stage begeben, um zu Danko Jones zu entspannen, wobei das dort vorhandene Publikum eher in bester Feierlaune zu sein schien. Das Trio um den gleichnamigen Sänger und Gitarristen lieferte sauber ab, was es konnte: handgemachten, ehrlichen Rock, ohne dass ein Hit ausgelassen wurde. Nach dem Konzert schien für viele klar zu sein: Dieses Powertrio will man nicht zum letzten Mal auf einer Festivalbühne gesehen haben. 30 Minuten nach Danko Jones betraten dann Gogol Bordello eben jene Bühne und lieferten eine intensive Show. Insbesondere das Charisma des Fronters Eugene Hütz sticht einmal mehr hervor. Der wilde Mix aus den Musikstilen der Roma und Punk stellt einen wunderbaren Kontrapunkt zum bodenständigen Rock von Danko Jones dar und ist generell eine erheiternde Abwechslung an diesem Festivaltag.
Zum Ende von Gogol Bordello führte uns unser Weg dann zurück zur Blue Stage, wo Clueso gegen 16:15 Uhr die Bühne betrat. Er spielte seine Songs mit Charisma und einer Routine, die bei einem schon so lange aktiven Musiker zu erwarten war. Dem Publikum gefiel es. Herausragend war jedoch eine Duett-Version von Chicago, die er mit Klass Heufer-Umlauf sang. Für besagte Hälfte des Komikerduos Joko und Klass verließen wir dann auch prämatur das Konzert um gegen 16:45 Uhr Gloria auf der White Stage sehen zu können. Besonders in Erinnerung blieb dabei eine Anekdote, welche die Band um Klaas und dem ehemaligen Wir Sind Helden-Musiker Mark Tavassol zum Besten gab: 2016 waren sie bereits auf dem Southside und saßen neben der Bühne, bereit loszuspielen, als das Festival dereinst evakuiert wurde. Seitdem freuten sie sich auf den Auftritt 2017 und dies hat man auch an ihrer Spielfreude gemerkt. Begleitet von Klass gellenden Auszieh-Rufen verließ ich dann allerdings das Konzert frühzeitig, um mir mal das Campinggelände etwas anzusehen.
Dort waren zu diesem Zeitpunkt all jene versammelt, welche keine Lust auf Musik hatten oder sich geschafft vom harten Tag und dem vielen Alkohol einen Mittagsschlaf gönnten. Immer wieder ist es auf Festivals ein herrlicher Zeitvertreib sich die Skurrilität einzelner Besucher anzusehen und dabei die Seele etwas baumeln zu lassen. Pünktlich um 17:45 Uhr führte der Weg dann zurück zur Blue Stage um Haftbefehl dabei zuzusehen, wie er die Affen aus dem Zoo ließ. Der Deutsch-Rapper ließ mit seinen Sidekicks die Wörter auf die Massen niederrasseln und wenngleich nicht ganz unsere Musik, so war es eine durchweg beeindruckende Darbietung auf der Bühne. Dennoch führte gegen 18:15 Uhr kein Weg an Flogging Molly auf der Green Stage vorbei. Die Band, welche letztes Jahr bereits auf derselben Bühne stand, als die Evakuierung begann, erfreute sich dieses Jahr bester Spiellaune und wurde diesmal mit einem für Iren fast schon gnadenlos gutem Wetter belohnt. Guinness-Dosen in die Menge werfend sorgte die Truppe dafür, dass kein Zuschauer still stehen blieb.
Nach einer weiteren halbstündigen Umbaupause wurde es mit Rancid dann deutlich punkiger auf der Green Stage und trotz einiger Gitarrenprobleme wusste das Quartett die Masse gut auf Green Day einzustimmen. Letztere ließen pünktlich um 22:00 Uhr Queens Bohemian Rhapsody vom Band laufen und auch 42 Jahre nach der Erstveröffentlichung sind erstaunlich viele Menschen bei diesem Lied textsicher. Nach einer weiteren Tanzeinlage mit kostümierten Häschen auf der Bühne betrat dann auch der Headliner des Samstags ebenjene und es folgte eine abwechslungsreiche Show inklusive Kostümwechsel und Pyrotechnik. Eines der sicherlich vielen Highlights war als ein Fan, der von Billy Joe Armstrong, seines Zeichens Sänger und Gitarrist bei Green Day, auf die Bühne geholt wurde, seine Gitarre bekam und mit ihr das Lied zu Ende spielen durfte. Dies war anscheinend reichlich überzeugend, denn als besonderes Dankeschön durfte die junge Frau die Gitarre behalten.
Leider unterbrach ein Stromausfall nach etwa zwei Dritteln das Konzert und nach einer kurzen Zeit war klar, dass der Defekt wohl größerer Natur und der Strom zumindest für diesem Abend weg war. Zum Abschied spielte Mr. Armstrong dann American Idiot nur auf der Gitarre, begleitet vom Gesang des Publikums. Schon schade, dennoch wurde die Band definitiv ihrer Headliner-Rolle gerecht. Zum Abschied des Abends spielten dann ab 0:30 Uhr Imagine Dragons auf der Blue Stage, wobei wir uns das Konzert vom Campingplatz aus gönnten. Es klang zumindest sehr gut – eine Beschreibung, die im Allgemeinen auf den Samstag gut zutraf.