Ob zerknautscht von der Party am Vorabend, frisch ausgeschlafen und gestylt oder auch erst am Morgen angereist: Ja, tatsächlich! Es konnte wieder losgehen. Wie gewohnt war bereits zu früher Stunde Leben auf dem Zeltplatz, als man zum Festivalsamstag das Gelände betrat und auch nach zwei Jahren Pause wirkt all das noch so vertraut wie eh und je. Also einmal geschaut, wer schon wach ist, sich ein wenig über den vorangegangenen Abend ausgetauscht, fertig gemacht und ab aufs Gelände. Es sollte wieder losgehen! Im aufgrund der neuen Club Stage etwas umgebauten Gelände fand man sich schnell zurecht, das Wetter präsentierte sich von seiner M’era Luna-freundlichen Seite… In diesem Sinne: Ab dafür!
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Während auf der Hauptbühne Enemy Inside loslegten, war es um 11:20 Uhr auf der Club Stage Zeit für eine Premiere. So war es trotz der frühen Uhrzeit für Adam Is A Girl eine besondere Ehre, konnten sie doch als erste Band der Festivalgeschichte die neu geschaffene Bühne bespielen. Und wie das so ist bei Premieren: Es läuft nicht immer alles rund, es gab ein paar Soundprobleme. Das konnten aber weder Band noch Stimmung etwas anhaben. Der Indie-Elektro-Sound der Band animierte zum Tanzen, Stücke wie Mercy of the Waves, Soldier und Goodbye Berlin verbreiteten gute Laune, unter und neben dem „Sonnensegel“ der Bühne war viel Bewegung zu sehen und trotz kleinerer Soundprobleme war der Einstand der Club Stage gelungen.
02. Mercy of the Waves
03. Shadows
04. Soldier
05. Sober
06. Goodbye Berlin
07. Young Hearts (Outro)
Auf der Hauptbühne hatten in der Zwischenzeit bereits Rave The Reqviem angefangen, während auf der Club Stage Ambassador21 – in ungewohnter Dreierbesetzung – mit krachigen Sounds und viel Message folgten. Wie gewohnt ging es Schlag auf Schlag beim M’era Luna Festival und auch alteingesessene Acts wie QNTAL stehen da schon mal um 12:35 Uhr auf der Bühne. Ihre 35 Minuten Spielzeit nutzte die Band gut und kombinierte Elektronik mit mittelalterlichem Instrumentarium, sorgte für Tanzbarkeit und Gänsehaut in Stücken wie Veni, das mit Versatzstücken der Carmina Burana arbeitete und zeigte sich guter Dinge, hier spielen zu dürfen. Seit 1991 bereits ist die Band dabei und damit alterstechnisch vermutlich auch manch Besucher „überlegen“, konnte dafür aber mit ihren Klängen für Neugierde sorgen. Musiker aus der Mongolei, Mini-Flöten wie in Fortuna – da war einiges geboten, bis das Set mit Frühling endete. Ein Auftritt, der Lust darauf gemacht hat, die Band auch mal wieder mit einem längeren Set live anzuschauen.
02. Veni
03. Begyn
04. O fortuna
05. Finstere Nacht
06. Ad Mortem
07. Frühling
Was man vom M’era Luna bereits kennt, war auch nun wieder zu spüren, wenn man das Programm auf der Hauptbühne sah. Während die Club Stage mit dem Elektrosound von Chrom versorgt wurde, war der Kontrast zu QNTAL mit Schattenmann auf der Main Stage groß. Auch groß war dabei aber die Vorfreude auf den gesättigt rockenden NDH-Klang: Längst hat sich Frank Herzig mit seiner Band aus dem Schatten Stahlmanns herausgespielt und konnte in Hildesheim bereits um 13:40 Uhr vor einem beachtlichen Publikum auftreten. Begonnen mit Schattenland spielte die Band ein Set, das aus dem Vollen schöpfte. Nicht nur musikalisch, sondern auch in Sachen Show-Elementen. Feuerelemente funktionieren auch schon mal in der Mittagssonne, bei Amok wird zur Kettensäge gegriffen… Das mag natürlich an Überzeichnung grenzen, aber das gehört als Stilmittel dazu, wenn man auf Texte wie bei Generation Sex schaut. Mit druckvoller Musik und einer guten Auswahl der bisherigen drei Alben lieferten Schattenmann hier ordentlich ab und machten Lust auf die Tour, die von der Bühne aus schon einmal angekündigt wurde – zunächst als Support für Eisbrecher, 2023 dann als Headliner.
02. Brennendes Eis
03. Spring
04. F.U.C.K.Y.O.U.
05. Chaos
06. Generation Sex
07. Abschaum
08. Amok
09. Licht an
10. Cosima
Zunächst einmal waren in der Folge die Kontraste nicht ganz so groß. Auf der Hauptbühne frönten Ost+Front weiter der Neuen Deutschen Härte, Clubfeeling erzeugten „nebenan“ Noisuf-X und Tyske Ludder. Um 15:50 Uhr hatte es dann eine kurzfristige Änderung gegeben: Statt Megaherz, die erkrankt absagen mussten, füllten nun Lacrimas Profundere den frei gewordenen Platz. Schnell den Sänger aus Finnland eingeflogen und es konnte losgehen – eine Last-Minute-Wahl, die sich als Glücksgriff herausstellte. Der druckvolle Gothic-Rock-bis-Metal-Sound passte prima in den Nachmittag, sorgte für Bewegung und Begeisterung und brachte den Kontakt mit dem Publikum für heute auf ein neues Level: Sänger Julian bahnte sich im Publikum eine Gasse und sang einfach mal im Gehen durch die Gasse. Neben dem bekannten Material gab es auch bereits Ausblicke auf das kommende Album. Kurzweilige 40 Minuten, die man zuvor gar nicht erwartete hatte.
02. Dead To Me
03. Remembrance Song
04. Like Screams In Empty
05. My Release In Pain
06. Celestite Woman
07. A Cloak Woven Of Stars
08. The Letter
09. Ave End
10. Father Of Fate
Ein schneller Gang zur Club Stage und man war an einem dieser Punkte angelangt, an dem die alte Hangar-Bühne an ihre Grenzen gestoßen wäre. Außerordentlich gut gefüllt war die Fläche vor der Bühne, als Solitary Experiments ihr Set spielten. Man merkte: Die Band ist über die Jahre sichtlich gewachsen in Sachen Bekanntheit und schon bei der Eröffnung mit Crash & Burn merkte man, dass das auch gut im Hellen funktionieren kann. Tanzbarer Elektro, gerade beim neueren Material stark im Synthpop verankert, sorgte für ein dankbares Publikum, das die unausgesprochene Aufforderung zum Tanzen gerne annahm. Apropos neueres Material: Mit Stücken wie Wonderland und Every now and then waren bereits die Vorboten zum kommenden neuen Album enthalten, die sich hier gut einfügten. Ein Album, das man nach diesem Set nun noch gespannter erwarten darf.
02. Immortal
03. Wonderland
04. Delight
05. Every now and then
06. Rise and fall
07. Stars
08. Epiphany
Während Solitary Experiments spielten, gab es auch keinerlei Beschwerden zu Sound-Überschneidungen, obgleich während deren Set auf der Hauptbühne bereits Lord Of The Lost mit Streichern begannen, ihre Stücke im ruhigen Gewand zu präsentieren. Die Hausaufgaben in Sachen Sound wurden also gemacht! Auf der Club Stage gab es indes Faderhead zu hören und zu sehen, die den Rahmen „tanzbarer Elektro“ würdig weiter füllten. Praktisch vom ersten Ton von Generation Black an wurde munter getanzt und Sami spielte sich 40 Minuten lang durch sein Repertoire, das hier einen guten Querschnitt bot. Mit dabei war auch ein Überraschungsgast, den man bei Faderhead weniger erwarten würde: In No Gods, No Flags, No Bullshit gab sich Alex Wesselsky von Eisbrecher die Ehre und steuerte seine Stimme bei. Eine schöne Überraschung zur Mitte des Sets! In der Folge wurde munter weitergetanzt, nur Better bot den ruhigen Konterpart. Nach dem bewährten Schluss mit Tanz Zwo Drei Vier spürte man es in den Knochen: Ja, man hat sich ordentlich bewegt!
02. All Black Everything
03. Know Your Darkness
04. The Other Side Of Doom
05. No Gods, No Flags, No Bullshit (mit Alex Wesselsky)
06. From His Broken Bones
07. Better
08. Destroy Improve Rebuild
09. Too Dead For Life
10. Tanz Zwo Drei Vier
Nach Faderhead wurde auf der Club Stage umgebaut für Haujobb, auf der Main Stage waren mit The Mission bereits Legenden in Sachen Gothic Rock aktiv. Das Haar mag bei Frontmann Wayne Hussey ein wenig ergraut sein, aber dennoch wirkte das hier alles sehr frisch. Längst hat man mit den regelmäßigen Abschiedstouren aufgehört und in der Form mag das bei The Mission auch keiner hören. Mit Beyond the pale gestartet über Stücke wie Naked & savage und Garden of delight hin zum Evergreen Deliverance merkte man zweierlei: Auf der einen Seite sollten möglichst viele Klassiker in einer Stunde versammelt werden, auf der anderen Seite reicht eine Stunde dafür natürlich längst nicht aus. Aber diese eine Stunde wurde hierfür prima genutzt und auch an Selbstbewusstsein mangelt es der Band nach wie vor nicht, wie man merkte, als Hussey Butterfly on a wheel vollmundig als „best song you’ll hear this weekend“ ankündigte. Und man muss sagen: In die engere Auswahl kommt er definitiv! Schade nur, dass The Mission in Sachen Merchandise nichts dabeihatten, denn das hätte sicherlich einen ordentlichen Absatz gefunden.
2. Serpents kiss
3. Naked & savage
4. Met-amor-phosis
5. Garden of delight
6. Severina
7. Butterfly on a wheel
8. Wasteland
9. Tower of strength
10. Deliverance
Man merkte, dass der Tag fortschritt, denn die Dichte an Hochkarätern war spürbar. Auf der Club Stage waren z.B. die bereits erwähnten Haujobb am Werk. Daniel Myer hatte sichtlich Spaß daran, mal wieder mit Haujobb auf der Bühne zu stehen. In den 40 Minuten, die zur Verfügung standen, stand vor allem eine Reise durch das Repertoire im Vordergrund, was man bei Stücken wie Crossfire, Renegades of Noize oder auch Homes & Gardens sehr gut merken konnte, aber auch um Aussagen war man nicht verlegen. Bestes Beispiel dafür: Was sonst als Let’s Drop Bombs gespielt wird, erklang heute in einer angepassten Version als Let’s Drop Brain – ein Wunsch, der sehr gerne in Erfüllung gehen dürfte… Ansonsten gab es ein gelungenes Haujobb-Set zum frühen Abend.
02. Crossfire
03. Renegades of Noize
04. Mind Crush
05. Let‘s Drop Brain
06. Tomorrow
07. Homes & Gardens
08. Dead Market
Nachdem sich Haujobb teilweise mit Blutengel auf der Hauptbühne überschnitten hatten, gab es auf der Club Stage ein weiteres Urgestein des Elektro zu sehen: In Strict Confidence gaben sich zum Sonnenuntergang die Ehre. Auch In Strict Confidence reihten sich ein und spielten beim M’era Luna Festival ein Best Of-Set, das sowohl Stücke aus jüngerer Zeit wie Morpheus als auch frühe Nummern wie Kiss Your Shadow beinhaltete. Während man sich so bei dem Gedanken erwischte, wie lang es schon her ist, dass manche Stücke das Licht der Welt erblickten, übernahm es Dennis Ostermann vor Industrial Love selbst, zu erwähnen: „Wer das noch kennt, ist leider alt.“ Definitiv aber nicht zu alt, um dieses Set zu feiern, denn auch nach besagter Nummer war mit Stücken der Marke Engelsstaub oder auch Zauberschloss noch ordentlich Potenzial zur Bewegung gegeben, das hier ausgeschöpft wurde.
01. My Despair
02. Kiss Your Shadow
03. Forbidden Fruit
04. Mercy
05. Seven Lives
06. Set Me Free
07. Morpheus (Clubmix)
08. Industrial Love
09. Engelsstaub
10. Zauberschloss
11. Somebody Else’s Dream
12. Herzattacke (Clubmix)
Ging man nach In Strict Confidence zur Main Stage rüber, so sah man schnell ein bekanntes Gesicht. Nein, nicht das von Bon Harris, sondern jemanden, der bereits auf der Bühne stand: Tausendsassa Daniel Myer half diesmal bei Nitzer Ebb mit aus. Nach all den Jahren kennt man sich eben in der Szene und hilft, wo man kann. Da der Gesundheitszustand es nicht her gibt, trat Nitzer Ebb auch das M’era Luna Festival ohne Douglas McCarthy an, aber ein Blick auf die Stimmung zeigt: Auch in der aktuellen Live-Besetzung kann die Band überzeugen. Das EBM-Urgestein – da auch Daniel Myer bereits sehr lange dabei ist, kann diese Bezeichnung wohl auch für diese Besetzung genutzt werden – spielte eine Reise durch das Gesamtwerk, vor allem Stücke wie Join in the Chant und Let Your Body Learn wurden frenetisch gefeiert. Ohne Zugabe durften sie folglich auch nicht gehen, diese gab es in Form von Cherry Blossom.
01. Blood Money
02. For Fun
03. Captivate
04. Hearts and Minds
05. Lightning Man
06. Once You Say
07. Come Alive
08. Violent Playground
09. Join in the Chant
10. Control I’m Here
11. Let Your Body Learn
12. Alarm
13. Murderous
14. Cherry Blossom (Z)
Direkt mit den letzten Tönen von Nitzer Ebb setzten die ersten Töne von Covenant ein, die den Headliner auf der Club Stage gaben. Und damit auch eine große Wanderung, denn viele Elektrofans wollten auch zu Covenant, bei denen bereits ein opulentes Lichtspiel und eine große Menge Zuschauer zu sehen waren, die dem Set der Schweden beiwohnen wollten. Einer, der diesmal allerdings nicht dabei war, war Daniel Myer – dieser hatte nach dem Gig mit Nitzer Ebb Feierabend. Aber auch ohne ihn in der Live-Besetzung präsentierten sich Covenant in der gewohnt guten Verfassung und geizten nicht mit Hits wie Dead Stars (Still Burn) oder auch Call The Ships To Port. Nach der Eröffnung durch Adam Is A Girl hatte die Club Stage mit Covenant definitiv einen würdigen Headliner, bei dem das Publikum noch einmal alles gegeben hat.
Headliner auf der Main Stage waren an diesem Samstag ASP gemeinsam mit der ominösen Band The Little Big Men, die einst als vermeintliche Coverband im Endeffekt ASP selbst mit älterem Material darstellten. Nun also stand diese Symbiose auf der Bühne und spielte ein 75-minütiges ASP-Set, gespickt mit Klassikern, bspw. dem bereits früh gespielten Schwarzes Blut, bei dem sich schnell die Textsicherheit des Publikums zeigte – und auch die Feierwütigkeit. Die Band zeigte sich in gewohnt guter Form, wusste zu rocken, wechselte gerne dabei mal zwischen Deutsch und Englisch und suchte zudem stets die Interaktion mit dem Publikum. Das war stets gut dabei und feierte natürlich vor allem die Hits der Band, die mit Stücken wie Sing Child ihren Höhepunkt fanden. Nach Ich will brennen endeten dann sowohl das Set der Band als auch der Festivalsamstag. Zumindest auf den Bühnen, denn die Möglichkeit, weiterzufeiern, bestand auch an diesem Abend im Diskohangar oder eben bei der privaten Party am Zelt.
02. Schwarzes Blut
03. Ich bin ein wahrer Satan
04. Me
05. Abyssus II (Musik)
06. Duett (Das Minnelied der Incubi)
07. Echo
08. Kokon
09. Raise some hell now!
10. Sing Child
11. Weltunter
12. She Wore Shadows
13. Ich will brennen/Fortsetzung folgt…