Nachdem es zunächst nach einem herrlichen Tag aussah, war man kurzzeitig irritiert: Was soll denn das mit dem Regenschauer jetzt? Zum Glück nur eine Momentaufnahme, der frühe Schauer des Tages, der schnell von der Sonne wieder repariert wurde. Also frisch gemacht, gestärkt und zur Mittagszeit wieder auf den Weg zum Festivalgelände gemacht, schließlich sollte es am zweiten Tag des NCN Specials 2021 bereits zeitig losgehen im Programm. So stieg auch schnell die Vorfreude und die strahlende Sonne stimmte einen auf den anstehenden Spätsommerfestivaltag ein.
Bereits um 13 Uhr eröffnete die Düsseldorfer Band Carpet Waves den Tag auf der Amphibühne und zeigte, dass die „Waves“ in ihrem Namen kein Zufall ist. Wavige Rocksounds wurden geboten, dazu postpunkige Momente, gespielt von einer Band, die sichtlich erfreut darüber war, bereits zur Mittagszeit hier ein interessiertes und zahlreiches Publikum vorzufinden. Eingängige Stücke wie Delusions und Bright Side of the Dawn hinterließen Eindruck und so waren Carpet Waves bereits als Opener in der Situation, dass eine Zugabe gefordert wurde. So ließ sich die Band dann auch nicht lange bitten und kam für Planets are Moving noch einmal auf die Bühne zurück. Ein guter Start in den Tag!
02. Shapeless Clouds
03. Delusions
04. Shadows
05. Bright Side of the Dawn
06. Biography
07. Aura
08. Black Daffodil
09. Planets are Moving (Z)
Schon war man mitten im Geschehen auf und um den Festivaltag. Auf der Kulturbühne folgten Akalotz und später Sleepwalk, die mit harten Elektrosounds einheizten, auf der Amphibühne begeisterte Jadu mit ihrem – wie sie es selbst nennt – Military Dream Pop und auch auf dem Sportplatz nebenan gab es gutes Programm. Seit dem einstigen Stromausfall ist es schließlich Tradition, dass der SV Blau-Weiß Deutzen ein Heimspiel während des Festivals abhält. Vor den Augen der „NCN Ultras“ konnte die Mannschaft somit am 5. Spieltag der Kreisoberliga Muldental/Leipziger Land ein 3:1 gegen den VfB Leisnig feiern – mit einer lautstarken Unterstützung, die sie sicherlich nicht alle Tage erhält.
NCN (Nocturnal Culture Night) 2021 Special – Impressionen – Deutzen, Kulturpark (10. – 12.09.2021)
Aber zurück zur Musik, gab es doch um 17 Uhr ein echtes Urgestein zu sehen, das – nebst den am Vortag aufgetretenen Das Ich – bereits einst beim ersten Wave-Gotik-Treffen auf der Bühne stand. Age Of Heaven spielten auf und spielten einwandfreien Gothic Rock der alten Schule. Stücke wie Broke The Chain funktionieren auch heute noch und verbreiten live eine Menge Energie und Atmosphäre. Treibende Sounds, druckvolle Gitarrenklänge und eine Band, der man anmerkt, dass sie nach all den Jahren immer noch eine Menge Spaß daran hat, auf der Bühne zu stehen, das waren die Zutaten für einen gelungenen Auftritt der Band. Nummern der Marke In the Mirror zogen das Tempo zwischendurch gar noch einmal an, die Energie war zu spüren und als mit The Providence das Set endete, war berechtigte Begeisterung ob des Auftritts zu vernehmen.
02. To The Clouds
03. Broke The Chain
04. Heart Of Stone
05. Machinery
06. In The Mirror
07. Change Your Mind
08. Tonight
09. Strangers
10. Love Is Just A Lie
11. Armageddon
12. The Providence
Es folgte Kontrastprogramm der beiden Bühnen untereinander: Während die Amphibühne den EBM-Sounds von Tyske Ludder gehörte, war die Kulturbühne für den Neofolk von Darkwood bereitet. Sorgen ob der Lautstärke von der Amphibühne brauchte man aber keine zu haben, denn Darkwood waren klar und gut vernehmbar während ihres Sets. Die Bank um Henryk Vogel zeigte sich in guter Form und präsentierte eine Menge Schönheit. Mit Violine, Drums, Keyboard und zeitweiser weiblicher Zweitstimme zeigten sie sich in guter Form und sorgten mit Stücken wie Nothing Left to Lose und Forgotten Beauty für Gänsehaut und ein begeistertes Publikum. Das genannte Forgotten Beauty führte einem dabei auch vor Augen, wie lang die Band schon aktiv ist, erschien das dazugehörige Album Flammende Welt doch bereits im Jahr 2001. Brüche sind dabei nicht zu spüren, die Stücke stehen gut nebeneinander, was man bspw. auch bei One-Eyed God vom jüngsten Album Twilight Garden merkt, einem der treibendsten Momente des Sets. Als mit Stiller Bund das Set enden sollte und nebst Publikum auch die Band sichtlich begeistert war (so nahm die Violinisten z.B. vor Verlassen der Bühne noch schnell ein Handyfoto des Publikums auf), war spontan noch Platz für Ostenfeld als ungeplante Zugabe. Ein sehr starker Auftritt!
02. The Dusk Draws Near
03. Chased by the Swans
04. Break of Dawn
05. Secret Places
06. Nothing Left to Lose
07. Forgotten Beauty
08. Caucasian Tales
09. Roggenfelder
10. Weltenstürme
11. Verlorenes Heer
12. One-Eyed God
13. Deutsche Sonnwend
14. Lied am Feuer
15. Stiller Bund
16. Ostenfeld (Z)
Abwechslungsreich sollte es weitergehen im Programm, denn die Gegensätze waren mal wieder deutlich. Die Amphibühne zelebrierte mit Tanzwut das Mittelalter, auf der Kulturbühne ging indes der Post-Punk ab. The Foreign Resort aus Dänemark enterten die Bühne und legten direkt mit Obsessing gut los. Wem es in der einsetzenden Dunkelheit zu frisch wurde, dem wurde hier schnell wieder warm, denn die Post-Punk-Klänge mit New-Wave-Einfluss ließen einem wenig Wahl. Zwar hat die Musik teilweise einen kalten Touch, aber dem Bewegungsdrang ist dadurch kein Einhalt geboten, ganz im Gegenteil. Atmosphärisch und eingängig präsentierte sich die Band in ihrem Set und ließ in ihrem 75-minütigen Set keinerlei Langeweile aufkommen. Eine klare Antwort auf die ungestellte Frage, warum die Kulturbühne so gut gefüllt war zu diesem Zeitpunkt und eine Band, die man sich gerne wieder anschaut. Vielleicht in besseren Zeiten ja auch wieder in den Clubs.
02. Dead End Roads
03. Flushed
04. She Is Lost
05. New Frontiers
06. Send Your Heart To The Riot
07. Outnumbered
08. Skyline/Decay
09. Hearts Fade Out
10. Landslide
11. Quiet Again
12. Dark White
13. Orange Glow
45 Minuten Umbaupause und es war Zeit für Headliner auf beiden Bühnen… Wer auf der Kulturbühne blieb, konnte eine Legende sehen, die in Sachen Show auch nach all den Jahren noch Maßstäbe setzt, natürlich, ganz ohne dabei die Musik zu vernachlässigen. Nach anfänglichen Problemen betraten Placebo Effect die Bühne und eröffneten mit Evil Dead Trap ihr Set, das den Eindruck hinterließ, als wäre kaum Zeit zwischen den ersten Werken und dem 2020er-Album Shattered Souls vergangen. Dunkler Elektro, tanzbar, dazu eine Show, in der die Band aufging. Dornenkrone, Kreuz, Hostien, Asche ins Publikum… Hier gab es einiges zu sehen. Da mag es zunächst leicht deplatziert gewirkt haben, dass mittendrin ein Geburtsständchen für ein Geburtstagskind in der ersten Reihe gesungen und gar ein Kuchen übergeben wurde. Der Bogen zur Show aber war schnell geschlagen, denn der große Teddybär zählte dann doch nicht zu den Geschenken, stattdessen musste man sich auf der Bühne Sorgen darum machen, dass es diesem an den Kragen geht. Ging es dann aber doch nicht. Musikalisch blieben ansonsten ebenfalls keine Wünsche offen – es wurde ein großer Bogen gespannt, bis der Klassiker Galleries Of Pain und Open Dead Eyes ein aufwühlendes Set beendeten, das denen, die dabei waren, nachhaltig im Gedächtnis blieb.
02. Feed your creatures
03. Devoid of souls
04. Mistress
05. Dead and buried
06. Down on your knees
07. Hard work
08. Pain
09. Agony of mind
10. Last walk
11. Slashed open
12. Move
13. Nothing to cry (Z)
14. Crystal white snow (Z)
15. Galleries of Pain (Z)
16. Open Dead Eyes (Z)
Auch auf der Amphibühne war währenddessen ein echter Hochkaräter zu sehen. Diary Of Dreams spielten vor einer ordentlichen Kulisse und wussten zu begeistern. Als Opener diente Made In Shame, es folgte ein gelungenes Best Of Set aus dem großen Output, das die Band in all den Jahren angesammelt hat. Gewohnt tanzbar zwischen Dark Wave, Elektro und Synth-Pop angesiedelt erklangen Stücke wie Kindrom, Ikarus und Decipher Me, bei denen sich das Publikum ebenso begeistert wie textsicher zeigte. Klare Sache: Da hat die Band keine Chance, das Set mit Undividable zu beenden. Für Butterfly:Dance! und Traumtänzer kam die Band noch einmal zurück und hinterließ zufriedene Gesichter. Ganz klar eine Band, die die Headliner-Position würdig besetzt hat.
02. Epicon
03. Kindrom
04. Listen And Scream
05. Sinferno
06. Ikarus
07. The Curse
08. Endless nights
09. Decipher me
10. Undividable
11. Butterfly:Dance! (Z)
12. Traumtänzer (Z)
Wie am Vortag gab es auch am Samstag noch ein Mitternachtsspecial, das erst am Samstagmorgen via Facebook und durch Plakate auf dem Gelände aufgelöst wurde: Rome sollten noch auftreten, wobei Rome in dem Fall Jérôme Reuter solo bedeutete, der mit seiner Gitarre ein Potpourri quer durch die Rome-Diskographie spielte und den Abend damit ausklingen ließ.
Wer anschließend noch feiern wollte, konnte zu den Klängen von DJ Torben Schmidt und DJ Factory x4 noch ein wenig tanzen, bevor es galt, noch einmal ein paar Stunden Schlaf zu sammeln, denn schließlich stand noch ein weiterer Festivaltag bevor.