KETTCAR – München, Muffathalle (28.01.2020)

Fotos: KETTCAR
Kettcar, (c) Michael Gamon
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„…und das geht so“, so hieß es an diesem Abend des 28. Januar in der Münchner Muffathalle des Öfteren. Ganz klar: Dass das aktuelle Live-Album von Kettcar ebendiesen Namen trägt, ist kein Zufall. Nicht nur in seinen Ansagen auf der Veröffentlichung fallen diese Worte kurz vor dem Beginn des angesagten Titels, auch jetzt ist dies noch der Fall. Ganz klar, ein gewisses Augenzwinkern kann man Sänger Marcus Wiebusch da nicht absprechen. Und auch dem Rest der Band nicht. Wenn sie beispielsweise Geschichten vom Tourleben erzählten und dabei von München und Strafen für illegales Plakatieren reden, merkt man es gut. Aber: Damit haben sie sich spätestens an diesem Abend versöhnt. Das merkt man nicht nur daran, dass sie es auch explizit erwähnten.

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Bis sie dies zeigten, gab es aber noch einen Support-Act zu sehen und zu hören, dem diese Bezeichnung nicht gerecht wird. Schrottgrenze und ihren Pop-Punk gibt es schließlich schon 25 Jahre und damit länger als Kettcar. Mit Sängerin Saskia (ehemals Alexander) spielten sie Stücke aus ihrer langen Laufbahn, die auf der einen Seite queere Themen besingen, aber auch davon ab von Menschen und Emotionen handeln. Thematiken, die an diesem Abend den Nerv der Zuschauer trafen, die der Band einen für beide Seiten angenehmen Auftritt bescherten. Mit im Set waren dabei auch Stücke des aktuellen Albums Alles zerpflücken, die sich gut einfügten, wie beispielsweise schon früh Life is queer zeigte. Nach Sterne als elftem Stück war Schluss mit einem gelungenen 40-minütigen Auftritt, bei dem die Band sich auch nach so vielen Jahren noch neue Hörer erspielt haben dürfte.

Setlist SCHROTTGRENZE – München, Muffathalle (28.01.2020):

01. Glitzer auf Beton
02. Life is queer
03. Januar Boy
04. Traurige Träume
05. Am gleichen Meer
06. Fotolabor
07. Lied vom Schnee
08. Mensch am Punkt
09. Fernglas
10. Alles zerpflücken
11. Sterne

Beim Tourabschluss wenige Tage später in Lübeck eröffnen übrigens nicht Schrottgrenze, sondern Ex-Nationalgalerie-Fronter Niels Frevert mit seiner Liveband den Abend. Niels präsentiert hier vor allem Songs seines aktuellen Albums Putzlicht und zeigt mit wundervollen Liedern der Marke Immer noch die Musik deutlich auf, wie intelligenter Deutscher Singer-Songwriter-Pop funktioniert. Der perfekte Einstieg in den Hauptact also, der das erste Mal überhaupt in Lübeck auftritt.

Schnell noch ein neues Getränk geholt, für einigermaßen gute Sicht gesorgt und es konnte losgehen mit Kettcar. Volle Distanz hieß es da zu Beginn. Und ja, mit etwa 1:50 Stunden Spielzeit war es wirklich eine ordentliche Distanz, die sich auch über die gesamten Jahre der Bandgeschichte spannte (und dabei Solo-Werke von Marcus Wiebusch mit einbezog). Ein sehr ruhiger Auftakt des Abends, der aber dann auch kurz darauf seine Ruhe ablegen sollte und eine gute Songauswahl offenbarte. Money Left To Burn drehte die Lautstärke im Chorus auf und klang auch 18 Jahre später noch hochaktuell. Überhaupt haben die Stücke von Kettcar etwas Zeitloses und es wirkt alles durch und durch schlüssig, wie der Abend aufgebaut war.

Unterstützt mit Bläser-Ensemble und Video-Projektionen spielten die Hamburger ein Set, das sich stark an das Live-Album anlehnte und viele Highlights bot. Das Thema Flucht beispielsweise in Sommer ‘89 ist auch heute noch ein großes Thema und sorgte inhaltlich wie musikalisch für Begeisterung. Es ist bei Kettcar eben auch immer die textliche Komponente, die mitschwingt. Und auch hier sind wir wieder bei der Zeitlosigkeit, denn wenn beispielsweise Der Tag wird kommen aus dem Solo-Werk des Marcus Wiebusch erklingt, fällt einem auf, dass auch heute noch kein aktiver Fußballer sich geoutet hat. Ganz eindeutig haben Kettcar etwas zu sagen. Gerne ernst, wie in den genannten Stücken, aber auch gerne mal humorvoll, wie sie in ihren Ansagen zeigen.

Wie viele Hits diese Band inzwischen hat, merkte man immer wieder, wenn der Jubel bei angesagten Songs groß war. Vor allem natürlich auch bei Landungsbrücken raus, das das Konzert (natürlich nicht) beenden sollte. Ohne Zugaben ging an diesem Abend selbstverständlich nichts. Für Trostbrücke Süd, Kein Außen mehr und den großen Klassiker Deiche kamen sie noch einmal auf die Bühne zurück. Und auch diesmal, ohne wirklich den Abend beenden zu können. Erst nach Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt verabschiedete sich die Band vom Münchner Publikum. Ein wirklich toller Konzertabend in der zu Recht ausverkauften Muffathalle!

Setlist KETTCAR – München, Muffathalle (28.01.2020):

01. Volle Distanz
02. Money Left to Burn
03. Benzin und Kartoffelchips
04. Sommer ’89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)
05. Wagenburg
06. Rettung
07. 48 Stunden
08. Balu
09. Palo Alto
10. Nur einmal rächen (Marcus Wiebusch Song)
11. Balkon gegenüber (mit 2.Strophe)
12. Der Tag wird kommen (Marcus Wiebusch Song)
13. Ankunftshalle
14. Im Taxi weinen
15. Den Revolver entsichern
16. Auf den billigen Plätzen
17. Landungsbrücken raus
18. Trostbrücke Süd (Z)
19. Kein Außen mehr (Z)
20. Deiche (Z)
21. Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt (ZZ)

Galeriebilder aufgenommen beim Konzert in Lübeck am 01.02.2020.

Weblinks KETTCAR:

Homepage: www.kettcar.net
Facebook: www.facebook.com/kettcar

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