Volljährig wurde das Festival ja bereits vor zwei Jahren, in diesem Jahr stand der runde Geburtstag an, denn es hieß: 20 Jahre M’era Luna Festival. Und auch nach der Volljährigkeit kann man konstatieren: Die prächtige Entwicklung der Feierlichkeiten in Hildesheim-Drispenstedt ist nicht aufzuhalten. Auch 2019 ging das Festival wieder gut organisiert und bester Laune über die Bühne – bzw. die Bühnen – und bereiteten den Besuchern eine Menge Freude. Sowohl musikalisch als auch drum herum wurde wieder einiges geboten.
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Schon nach der Ankunft am Freitag war die Laune gut. Bei klarem Wetter das Wiedersehen mit Freunden und Bekannten zelebrieren, über den Mittelaltermarkt schlendern, die Händlermeile schon einmal begutachten – Möglichkeiten gab es genug. Zudem gab es am Freitagabend im Hangar bereits die inzwischen zum festen Programm gehörenden Lesungen. In diesem Jahr lasen Markus Heitz, Axel Hildebrand und Christian von Aster, die das Publikum bereits bestens unterhalten konnten, bevor der Hangar zum Disko-Hangar wurde, in dem namhafte DJs für die Feierwütigen die Nacht zum Tag machten, bevor der eigentliche erste Festival-Tag kam.
Wie man es vom Festival kennt, ging es bereits früh los. Auf der Hauptbühne eröffneten Null Positiv, im Hangar standen in Dreierbesetzung mit Schlagzeug und Synths Empathy Test auf der Bühne und verzauberten das Publikum mit elektro-poppigen Klängen. Melancholische Klänge mit der eingängigen Stimme von Isaac Howlett sorgten zu früher Stunde für erste Gänsehäute und man wusste, dass es sich gelohnt hat, sich früh aus dem Zelt bzw. Zimmer zu schleppen. Rund 25 Minuten tanzbarer Synthie-Klänge, dargeboten von einer sympathisch auftretenden Band, die nach Here Is The Place ein zufriedenes Publikum zurückließ, bei dem sicherlich auch der ein oder andere in Form der Band eine erfreuliche Neuentdeckung gemacht hatte.
02. Bare My Soul
03. Empty Handed
04. Demons
05. Losing Touch
06. Here Is The Place
Während auf der Hangar Stage nun Sono folgten, setzte sich draußen zum ersten Mal an diesem Tag Martin Soer in Szene, zunächst einmal mit Sündenklang. Eingängig und mitnehmend waren die Klänge, wenn auch mitunter vor allem in ihren Strophen eher verhaltener Natur. Nachdenklichkeit wird großgeschrieben bei dieser Band, ohne dass dabei aber Langeweile aufkommen würde. Ob nun ruhigere oder lautere Momente: Man merkte immer wieder die Betontheit hinter dem, was dort auf der Bühne zum Besten gegeben wurde. Eine kurzweilige halbe Stunde!
Eine Verschnaufpause gab für Martin Soer, während in der Zwischenzeit Terrolokaust und Ewigheim auf den Bühnen standen, bevor er um 13:40 Uhr mit seiner „Hauptband“ Stahlmann die Main Stage erneut betrat. Die Stahlmannsche Version der Neuen Deutschen Härte traf auch in Hildesheim wieder den Nerv des Publikums und die überwiegend druckvoll-treibenden Stücke wurden auf der Bühne mit einer Menge Energie präsentiert. Diese Energie übertrug sich auch auf die Zuschauer, die hier gerne mitgingen bei Stücken wie Adrenalin, Süchtig oder auch Spring nicht. Passend zum Festival beendete die Band ihr Set mit Schwarz. Ein kurzweiliger Auftritt, der gut den Nachmittag einleitete.
02. Stahlmann
03. Adrenalin
04. Der Schmied
05. Kinder Der Sehnsucht
06. Süchtig
07. Engel der Dunkelheit
08. Spring nicht
09. Schwarz
So hell es gerade auch draußen gewesen sein mag, an der Düsterheit der folgenden Band sollte es nichts ändern. Deathstars, die Industrial Metal-Band aus Schweden, enterte die Main Stage. Harte Gitarren, zielstrebige Arrangements, eine Prise Glam und dazu auch der Kontakt zum Publikum ergaben hier eine gute Mischung, die auch am helllichten Tage bestens funktionierte. Der harte Sound sorgte für Bewegung, der Gesang war trotz seiner Härte und einigen Shouts melodiös, kurzum: Der Zuschauer wurde hier sehr gut abgeholt. Neun Stücke konnten die Schweden in ihrem 40-minütigen Set unterbringen, Schwachstellen waren bis einschließlich dem abschließenden Blitzkrieg keine zu vernehmen. Gelungener Auftritt!
02. Death Dies Hard
03. Tongues
04. Semi-Automatic
05. The Perfect Cult
06. Chertograd
07. Blood Stains Blondes
08. Cyanide
09. Blitzkrieg
Mit dem Genre wechselte vor der Main Stage nun auch das Publikum. War es zuvor noch der Industrial Metal, der dominierte, ging es nun sozusagen einige Jahrhunderte zurück ins Mittelalter. Drehleier, Flöten, Dudelsäcke – allerhand mittelalterliches Instrumentarium säumte die Bühne, auf der nun Corvus Corax das Zepter übernahmen und dabei nicht nur mittelalterliche Klänge spielten, sondern auch Geschichten erzählten, wie die von Hugin & Munin. Gekonnt dargeboten und von den Fans sehr wohlwollend aufgenommen, merkte man dennoch schnell: Das war vor allem „was für Fans“. Nicht allerorten sprang der Funke über, viele nutzten den Auftritt wohl auch als Verschnaufpause.
02. Crained Brain
03. Hugin & Munin
04. Venus Vina Musica
05. Hille anni passi sunt
06. Her Wirt
07. Havfrue
Wieder andere nutzten die Zeit, um sich einen guten Platz bei der Hangar Stage zu sichern, denn einer der seltenen Auftritte von Neuroticfish stand auf dem Programm. Das von Sascha Mario Klein initiierte Elektro-Projekt hat sich über all die Jahre eine treue Fanbase erspielt, die stets parat ist, auch wenn es manchmal lange dauert zwischen zwei Veröffentlichungen. Das sah man auch hier gut. Der Future-poppige Sound mit deutlich eigener Note, einer gesunden Portion Härte und Emotion zeigte in Stücken wie Former Me seine Wirkung. Auch das aktuelle Album Antidoron fügte sich beispielsweise mit der Single Fluchtreflex sehr gut ein, bis das Ende in Form von Velocity der erwartete Selbstläufer wurde. Strahlende Gesichter bahnten sich den Weg gen Ausgang Richtung Tageslicht.
02. Walk Alone
03. Former Me
04. Silence
05. Civilized
06. Is It Dead
07. Fluchtreflex
08. What Is Wrong?
09. Velocity
Dort waren bereits Oomph! im vollen Gange. Zwar mit einem neuen Album im Gepäck, aber im selben Atemzug mit dem Wissen, dass auf einem Festival wohl vor allem ein Best Of-Set zieht. Träumst du, Der neue Gott, Gott ist ein Popstar… Ganz klar: Oomph! wollten mit ihrem Publikum hier eine Party feiern. Und das taten sie auch. Die Stimmung im Publikum war bestens, die Textsicherheit bei vielen Stücken groß und das Tempo war hoch. Der harte Sound und die Songauswahl trafen hier den Nerv und nach Augen auf! als Abschluss wusste man, dass Oomph! es an diesem Nachmittag richtig gemacht haben.
02. Labyrinth
03. Träumst du
04. Der neue Gott
05. Niemand
06. Kein Liebeslied
07. Gott ist ein Popstar
08. Gekreuzigt
09. Sandmann
10. Augen auf!
Auch wenn es wenig über ihre Musik aussagt, so ist doch inzwischen beinah empirisch erwiesen: Die Kombination aus Mono Inc. und M’era Luna führt zu gutem Wetter. So war es auch in diesem Jahr wieder sonnig, als besagte Band auf der Bühne war. Auch wenn die Band teilweise polarisiert, so belegte der Füllstand des Infields doch eindrucksvoll, wie beliebt diese Band mit den Jahren geworden ist. Warum das so ist, zeigte der Auftritt dann auch. Ihre Spielweise von Gothic Rock hat Druck, Gefühl und Atmosphäre, zudem wissen sie, wie man ein Publikum bei Laune hält. Mit Hits wie Arabia, Gothic Queen und After The War war es ein leichtes, auch in Hildesheim zu überzeugen. Hymnisch wurde es zum Schluss noch einmal mit Children Of The Dark, bei dem Sänger Martin Engler zu Beginn die Nähe zum Publikum suchte. Ein guter Abschluss des Sets und auch insgesamt ein überzeugender Auftritt!
02. Funeral Song
03. Arabia
04. Symphony of Pain
05. Gothic Queen
06. The Banks of Eden
07. Get Some Sleep
08. After the War
09. Voices of Doom
10. Children of the Dark
Die letzten Klänge von Mono Inc. auf der Main Stage führten zu Zeromancer in den Hangar. Beim ersten M’era Luna waren sie noch Opener auf der Hangar Stage, diesmal konnten sie sich über volles Haus im Abendprogramm freuen. Die steile Entwicklung der Band konnte man bereits daran ablesen, sich den Luxus leisten zu können, mit einem Stück wie Clone Your Lover das Set zu eröffnen. Viele Hits sind es, die uns die norwegische Synth Rock-Band beschert hat, eine Kostprobe daraus gab es charismatisch und mit gesunder Härte an diesem Samstagabend zu hören und auch zu sehen. The Hate Alphabet, Sinners International, Fade To Black – frenetisch gefeiert wurde im Grunde alles, was die Band spielte. Und das auch völlig zurecht, denn von ihrer Form haben die Musiker in all der Zeit nichts eingebüßt. Nach dem großen Finale mit Dr. Online und Photographic wusste man: Hier ging soeben ein Highlight des Wochenendes zu Ende.
02. Clone Your Lover
03. Flirt With Me
04. You Meet People Twice
05. The Hate Alphabet
06. Sinners International
07. Die Of A Broken Heart
08. Fade To Black
09. Dr. Online
10. Photographic
Kontrastprogramm hatte indes draußen bereits begonnen. Mit Lacrimosa stand eine Band auf der Bühne, die zu den Urgesteinen der Szene gehört. Ihnen mag seit je her das Klischee anheften, dennoch lässt sich nicht verleugnen, dass sie mit Dauerbrennern wie Alles Lüge einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Szene abgeliefert haben. Ebenjenes Alles Lüge wurde natürlich auch in Hildesheim befeiert, wie eigentlich auch das ganze Set. Man merkte durch und durch, dass hier Überzeugung und Inbrunst drin stecken. Um das zu erkennen, muss man nicht Fan der Band sein. Keine Frage: Den späten Platz im Line-Up hat sich die Band verdient und füllte ihn bis zum Ende mit Ich bin der brennende Komet gut aus.
02. Nach dem Sturm
03. Alles Lüge
04. My Pain
05. Der Morgen danach
06. Copycat
07. Bresso
08. Ich bin der brennende Komet
Schlag auf Schlag ging es weiter, denn im Hangar standen bereits [:SITD:] parat. Ebenfalls ein Act, der längst zu den Alteingesessenen gehört. Entsprechend voll war auch der Hangar. Harte Elektrobeats in der Nähe zum Aggrotech, futuristische Passagen und EBM-Anleihen, dazu der zwar verzerrte, aber dennoch melodische Gesang – all das kombiniert die Band auch inzwischen 23 Jahre nach ihrer Gründung sehr gekonnt. Mit Titeln wie Lebensborn, Kreuzgang und Richtfest konnte da gar nicht mehr viel schief gehen. Tat es auch nicht. Der wohl größte Hit, Snuff Machinery, durfte natürlich nicht fehlen und beschloss eine Stunde gelungenen Elektros.
02. God’s Blessing
03. Lebensborn
04. Genesis
05. Code Red
06. Olymp
07. Suffering in Solitude
08. Kreuzgang
09. Laughingstock
10. Rot
11. Richtfest
12. Snuff Machinery
Während im Hangar noch die Elektroklänge zu hören waren, brachten sich draußen bereits Within Temptation als Co-Headliner des Tages in Position. Mit dem aktuellen Album Resist im Gepäck legte die Band um Sängerin Sharon den Adel direkt mit zwei Stücken dieses Albums los und man merkte bereits, dass viele im Publikum sehnsüchtig auf die niederländische Symphonic Metal-Größe gewartet haben. Mit Raise Your Banner und The Reckoning hatte das Publikum ein gutes Aufwärmprogramm, danach ging es direkt in Richtung Hit-Feuerwerk, eröffnet mit Stand My Ground aus dem Jahr 2004. Wuchtige Gitarrensounds, der eingängige Gesang und dazu die sichtbare Freude, hier an diesem Abend spielen zu dürfen, all das machte einen gelungenen Auftritt hier aus. Schnelle Nummern wie In The Middle Of The Night gingen mit Klassikern wie Ice Queen Hand in Hand und das Set erschien trotz der langen Bandgeschichte wie aus einem Guss. Kein Wunder, dass die Band nach Mother Earth ein strahlendes Publikum zurückließ.
02. The Reckoning
03. Stand My Ground
04. In the Middle of the Night
05. The Heart of Everything
06. Ice Queen
07. Faster
08. Supernova
09. Paradise (What About Us?)
10. What Have You Done
11. Mad World
12. Mother Earth
Es war Zeit für die Headliner. Auf beiden Bühnen. Drinnen auf dem Programm erneut ein Urgestein: Die Krupps. Die Band um Jürgen Engler ist längst ein lebendiges Stück Musikgeschichte, dabei aber doch gleichermaßen auch gefestigt im Jetzt dabei. Und das mit Spielfreude und Können, wie sie dem sehnsüchtig wartenden Publikum von den ersten Klängen an versicherten. Harte Klänge zwischen groovendem Metal und Elektro-Sounds, raue Ecken und Kanten, aber auch Eingängigkeit dabei, brachten das Publikum auch nach einem anstrengenden Festivaltag noch in Bewegung. Nummern wie Der Amboss und To the Hilt sind längst moderne Klassiker, die es zu feiern galt – die Machineries of Joy funktionierten einfach. Nach Fatherland war daher auch noch nicht Schluss, die Band kam für Bloodsuckers noch einmal zurück.
02. High Tech/Low Life
03. The Dawning of Doom
04. Germaniac
05. Schmutzfabrik
06. Der Amboss
07. To the Hilt
08. Metal Machine Music
09. Robo Sapien
10. Nazis Auf Speed
11. Machineries of Joy
12. Fatherland
13. Bloodsuckers (Z)
Den Headliner auf der Main Stage gaben an diesem Abend ASP, die längst zum Inventar des Festivals gehören. In den 20 Jahren ihres Bandbestehens haben sie sich stetig weiter gesteigert, die Fanschar vergrößerte sich und auch der Erfolg wurde größer – kein Wunder also, dass sie es in diesem Jahr auf die Headliner-Position in Hildesheim geschafft hatten. Mit einer ausgefeilten Bühnenshow, dem gewohnten Storytelling, der Nähe zum Publikum und einer gelungenen Songauswahl schickten sie ihre zahlreichen Fans an diesem Samstag gut in die Nacht. Mit Stücken wie Ich bin ein wahrer Satan, Denn ich bin der Meister und dem abschließenden Ich will Brennen wurde zudem deutlich, was für eine Hitdichte die Band inzwischen in ihrem Output hat. Ein gutes Tagesabschluss.
02. Schwarzes Blut
03. Weichen[t]stellung (GeistErfahrer Reprise)
04. Astoria verfallen
05. Ich bin ein wahrer Satan
06. 20.000 Meilen / SonARTa / BernsteinbeerengeL / Zutiefst
07. Me
08. Kosmonautilus
09. Werben
10. Kokon
11. Denn ich bin der Meister
12. Ich will Brennen
Somit war der erste Festivaltag auch schon um. Die Beine mögen schwer geworden sein, gelohnt hat es sich allemal. Im Disko-Hangar konnte nun noch weiter gefeiert, auf dem Mittelaltermarkt diniert oder am Zelt resümiert werden, bevor es am nächsten Tag auch wieder zeitig weiter ging…