MAX RICHARD LEẞMANN – Liebe in Zeiten der Follower

MAX RICHARD LEẞMANN - Liebe in Zeiten der Follower
Geschätzte Lesezeit: 2 Minute(n)

9 Gesamtnote

Gesamtnote

9

Max Richard Leßmann ist ein Poet. Einer mit Gefühl. Gefühl für Emotionen und Gefühl für feinsinnige Lyrik. Mit einem Gespür für Ironie und Wortwitz. Das zeigt schon der Album Titel Liebe in Zeiten der Follower. Eigentlich ein Widerspruch, von Followern zu reden, denn Initialzündung war ein Liebesbrief – also so einer, den man mit Hand schrieb und in den Briefkasten bringt. Während einer Session mit Sebastian Madsen fiel ihm dieser wieder in die Hände. Das enthaltene Gedicht hört auf den Namen Ich wünschte, von hier an nahmen die Arbeiten am Album gehörig an Fahrt auf – und da wären wir dann bei der Liebe in Zeiten der Follower.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Besagtes Ich wünschte beweist auch das eingängig erwähnte Gefühl für feinsinnige Lyrik. Wenn einer es schafft, willentlich die Grammatik zu verletzen, ohne dass es wehtäte, ist das schon gekonnt. „Ich wünschte, dass ich niemanden mehr kennte“, singt Leßmann – und schafft es dabei auch, ohne Peinlichkeiten ein astreines Liebeslied mit swingendem Charakter zu singen, gepfiffenen Passagen und einer in Leichtigkeit aufgehenden Melancholie zu frönen. Um dabei noch einmal zur Poesie zu kommen: Das bewies ja auch schon Einen im Tee. Wohl niemand hat bisher den Rausch so schön besungen und dabei auch noch mit Bläsersätzen im Hintergrund gearbeitet.

War er mit Vierkanttretlager im Indie-Rock verankert, so gibt sich Leßmann auf seinem Solo-Album Klängen hin, die eher Swing- bis Chanson-Charakter haben, gelegentlich Big Band-Assoziationen hervorrufen, aber eben dennoch Indie-Charakter beherbergen. Die Themen sind dabei aus dem Leben gegriffen, vor allem aus der Gefühlswelt. Liebe darf natürlich nicht fehlen, wie schon Ich wünschte belegte, aber auch Sie trinkt, sie raucht, sie riecht gut zeigt es gut. Zeilen wie „Sie trinkt ihren Schnaps aus der Flasche“ klingen hier gar poetisch, der optische Vergleich mit Brigitte Bardot schmeichelt der Besungenen sicher sehr. Dazu die bittere Feststellung, dass Liebe am Zweifel zerbricht.

So richtig im Chanson ist man bei Die Welt hinter den Worten, das seinen hintergründigen Text bereits im Titel offenbart. Schließlich steht hinter den jeden Worten eines Einzelnen eine Welt, die man entdecken mag oder eben auch nicht. Beschwingt hingegen wirkt eine Nummer wie Mann im Stream, das ironisch wirkt, aber auch eine kritische Komponente äußert. „Ich habe mir das Ausgehen schon lange verboten, weil Menschen mir zu unsicher sind“ – ob das die richtige Haltung sein mag? Ausgehen könnte helfen, denn Am Hafen brennt noch Licht. So der Titel des letzten Stücks auf dem Album, das noch einmal die Melancholie auf einen hohen Pegel bringt. „Am Hafen brennt noch Licht, ob du hier bist oder nicht?“ – Dinge kommen und gehen, hier ist der Hafen die Konstante.

Ein wirklich sehr gelungenes Album, das musikalisch hochwertig begegnet und höchst gekonnt mit den sprachlichen Möglichkeiten umgeht. Wer genug davon hat, nur noch kurz die Welt zu retten, könnte hier sehr glücklich werden, denn zum Thema Menschen Leben Tanzen Welt ist dies definitiv ein Gegenentwurf.

Tracklist MAX RICHARD LEẞMANN – Liebe in Zeiten der Follower:

01. Spuren auf dem Mond
02. Ich wünschte
03. Keine Langeweile
04. Sie trinkt, sie raucht, sie riecht gut
05. Lavendelfeld
06. Einen im Tee
07. Die Welt hinter den Worten
08. Küssen
09. Lippenstift
10. Mann im Stream
11. Ein Lied aus dir
12. Am Hafen brennt noch Licht

Weblink MAX RICHARD LEẞMANN:

Facebook: www.facebook.com/MaxRichardLessmann

Written By
More from Marius Meyer

“Das ist unser Raum” – Interview mit THE DEADNOTES (Darius)

Es war wieder einer dieser Momente, in denen sich ein Kreis schloss:...
Read More