Passend zu meiner gerade angesetzten Urlaubsplanung hatten Esben and the Witch letztjährig ihre Wintertour Part II angekündigt. Da ich die Band im Vorfeld bereits diverse Male live gesehen habe und um ihre Qualitäten weiß, lag es für mich auf der Hand, einfach mal alle Termine wahrzunehmen die, zumindest halbwegs in meiner Nähe stattfanden:
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
01.02. Artheater, Köln + A-Sun Amissa
02.02. Magasin 4, Brüssel + Black Narcissus, Veda
03.02. Tivoli Vredenburg (Club Nine), Utrecht
04.02. Merleyn, Nijmegen
06.02. Lux, Hannover + Nyos
Die Vorbands
In Köln eröffneten A-Sun Amissa den Abend mit ausgedehnten Ambientlandschaften. Das Projekt aus Leeds stand als Trio auf der Bühne, wartet jedoch im Studio mit einigen Mitwirkenden/Kollaborateuren mehr auf, darunter auch Colin v. Eckhout von Amenra. Neben Bass, Gitarre, Synthies und Lap-Guitar kam auch eine Klarinette zum Einsatz und man hatte das Gefühl, Teil eines interaktiven Film-Soundtracks zu sein. Während die Band mich gut auf den nachfolgenden Hauptact einstimmte, stieß die Truppe bei meiner Begleitung aufgrund der Songlängen auf etwas weniger Gegenliebe.
Den Auftakt in Brüssel gaben gleich zwei dort beheimatete Bands. Obwohl beide Support-Acts gemeinsam hatten, dass nur jeweils zwei Leute auf der Bühne standen, hätten die musikalischen Unterschiede kaum größer sein können: Black Narcissus überzeugten rein instrumental mit brachialen Drums und versiertem, Effekt-lastigem Bassspiel, was so manche vollbesetzte Band alt aussehen lässt. Fans von Russian Circles (zu denen ich mich auch zähle) kamen hier sicherlich auf ihre Kosten. Veda hingegen wirkten, als hätte man einer erfahrenen Sängerin einen Gitarrenanfänger zur Seite gestellt. Während sie ihre Stimme über einige Oktaven hinweg irgendwo zwischen Nick Cave, Patti Smith und PJ Harvey in Gedichten und Gesang verausgabte, wurde die Performance durch das lasche Gitarrenspiel stark getrübt. Der Gesang wirkte so mitunter eskaliert und überdimensioniert, da ein passendes Gegengewicht fehlte. Einzig der letzte Track, der – unterstützt von elektronischen Samples – weitere Assoziationen zu Bat for Lashes bei mir weckte, konnte überzeugen.
Puristen hatten in Utrecht und Nijmegen ihre helle Freude, denn es gab dort keine Vorbands.
In Hannover wiederum musste man sich auf etwas gefasst machen. Erneut stand ein Duo auf der Bühne, in diesem Fall die Finnen von NYOS, die die Band auch bei ihren Folgeterminen in Leipzig, Regensburg und München begleiten sollten. Hier erledigte der Schlagzeuger virtuos und hemmungslos die Hauptarbeit, während der Gitarrist seinen von einem Pedalboard in Kinderbettmaßen geformten Sound über gleich drei Verstärker in die Welt blies. Tinnitus? Nimmste mit und denen nichtmal übel.
Esben and the Witch
Sobald das Licht gedämmt war und der Introeinspieler ansetzte, wurde es mucksmäuschenstill im Saal. Gespannte Blicke verfolgten Daniel, Thomas und Rachel auf dem Weg zu ihren Instrumenten; das Intro zu Dull Gret erklang. Inspiriert durch Bruegels Ölgemälde “De Dulle Griet” von 1562 wird hier eine starke Heldin in einem infernalen Plünderungszenario besungen, die unbeschadet den Weg durch die Hölle übersteht und dabei den Teufel selbst in Stücke reißt. Damit wäre dann auch unmissverständlich statuiert, mit welchem Frauenbild sich Sängerin Rachel identifiziert.
Schlagzeuger Daniel huldigte der tollen Grete kürzlich ebenfalls, indem er in Zusammenarbeit mit der Berliner Berg Brauerei das fruchtig-herbe Dull Gret IPA schuf.
Damit reiht sich das Trio hinter Größen wie Slayer, Motörhead und Iron Maiden ein, die auch eigene Biersorten im Merchangebot haben.
Mit Dig Your Fingers In machte die Band danach einen Abstecher in Richtung A New Nature, dem vorvorletzten Studioalbum von 2014. Der Song pirscht sich zunächst ruhig an die Gehörgänge und fährt dann dort gehörig die Krallen aus. Einer der Höhepunkte war das minimalistisch aufgezogene Golden Purifier vom letzten Release Nowhere (VÖ 16.11.2018), mit dem die Menge endgültig in den Bann gezogen wurde. Durch die unaufdringliche Gitarre und die dezenten Samples kommt hier Rachels vielseitige Stimme voll zur Geltung. Deutlich heftiger ging es beim Gewitter von Darkness (I Too Am Here) zu, sowie bei dem doomig schleppend-krachenden The Unspoiled, welche sich ebenfalls auf Nowhere befinden. Selbstverständlich durften auch die Klassiker Marching Song sowie das eindringliche No Dog nicht fehlen und ehe man sich versah, wurde mit The Jungle bereits das Ende eingeläutet. Das Publikum ließ alles nur allzu bereitwillig mit sich machen; man hatte mitunter den Eindruck, die Leute seien hypnotisiert. Man verzeihe mir den Pathos, aber die Hexe versprühte tatsächlich ein bisschen reale Magie. Hierbei sei gesagt, dass die deutsche Audienz im Vergleich zur belgischen und niederländischen insgesamt etwas lebhafter war und es neben Klatschen auch schon mal zu Begeisterungsrufen kam. Ansonsten wurde ehrfürchtig und gefesselt zugehört, alles andere wäre ohnehin unangemessen gewesen.
Als Abschiedsgruß gab die Band eine überarbeitete Version von Smashed To Pieces In The Still Of The Night (von Wash The Sins Not Only The Face, 2013) in Form einer Zugabe zum Besten, wobei Rachel sich verbal nochmal richtig verausgabte und dabei ihren inneren Glenn Danzig zu channeln schien.
Insgesamt verging die Zeit leider jedes Mal viel zu schnell, trotz der Tatsache, dass die meisten Songs die 5min-Marke deutlich überschreiten. Deswegen freue ich mich jetzt schon wieder auf zukünftige Termine. Es wird schlichtweg nie langweilig.
Fangirl over and out.
Setlist Esben and the Witch Wintertour Part II:
01. Dull Gret
02. Dig Your Fingers In
03. Marking the Heart of a Serpent
04. Golden Purifier
05. Darkness (I Too Am Here)
06. Marching Song
07. The Unspoiled
08. No Dog
09. The Jungle
10. (a) The Fall of Glorieta Mountain (Z, nur Nijmegen)
10. (b) Smashed to Pieces in the Still of the Night (Z, nicht in Utrecht)
Weblinks ESBEN AND THE WITCH:
Homepage: esbenandthewitchstore.bigcartel.com
Facebook: www.facebook.com/esbenandthewitch/