In Köln stand heute der allererste Gig für die How To Shroud Yourself With Night – Tour von Lacrimas Profundere auf dem Programm. Bereits zwei Stunden vor dem eigentlichen Einlassbeginn trafen die ersten Fans ein. Bei schönstem Wetter tauschte man hier gut gelaunt Erinnerungen aus und freute sich auf den bevorstehenden Abend. Der Club Volta liegt mitten im neuen urbanen Areal in Köln-Mülheim und bietet Platz für maximal 450 Gäste. An diesem Donnerstag fand sich ein schwarzgemischtes Publikum verschiedenen Alters ein. Eine Vorband war heute nicht eingeplant und somit durften wir uns auf eine ausgiebige Setlist freuen. Am Abend zuvor probten die Jungs in einer Münchener Location. Spontan überlegten sie sich, die Fans mit einem dazugehörigen Livestream zu überraschen. Ergo erhaschte man bereits erste Einblicke auf das, was uns nun erwarten sollte.
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Vor knapp einer Woche erschien das neue Album und die Kritiker überschlugen sich mit Worten des Lobes. Mit How To Shroud Yourself With Night ist die Band bedeutend mutiger geworden. Ist es doch dunkler und eigenwilliger als jedes ihrer Alben zuvor. Ihren Dark Metal Stil haben sie zudem mit frischen Einflüssen angereichert. Die neuartigen Pfade sind vielleicht noch ein wenig ungewohnt, entfalten aber mit etwas Durchhaltevermögen ihre vollständige, finstere Pracht und bereiten einem in tiefster Dunkelheit schillernd den Weg zum inneren Glück. Nach all den arbeitsintensiven Monaten können Lacrimas Profundere nun ihr taufrisches Material live präsentieren und die Reaktionen eins zu eins wahrnehmen. Wie kommen die neuen Stücke an? Haben sich die Fans schon reingehört? Werden sie eher zurückhaltend reagieren? Bald sollten wir es erfahren.
Pünktlich um 20:00 Uhr lag diese durchaus bekannte, aufgeregte Spannung in der Luft, als sich das Licht verdunkelte. Die plötzlich eingetretene Stille hielt nicht lange an. Lacrimas Profundere enterten die Bühne und begannen sogleich mit der aktuellen Single To Disappaear in You. Das Set startete somit melodisch und treibend zugleich. Sänger Julian Larre trug obenrum ausschließlich eine äußerst stylische Lederjacke, die aufwendig mit verschiedenen Farben effektvoll bearbeitet wurde. Ein Ärmel wurde zudem komplett von einem Text in feiner, weißer Schrift verziert. Eine dunkle Sonnenbrille verdeckte zunächst seine Augen. Seine Fingernägel waren passend zur Jacke in bunten Neonfarben lackiert. Ab der ersten Sekunde ging die Post ab und niemand vermochte es stillzustehen. „That feels good! Do you guys have energy tonight, Cologne?” Daraufhin entledigte sich Julian seiner Sonnenbrille und seine schneeweißen Kontaktlinsen kamen zum Vorschein. Diese verliehen ihm einen stechenden Blick und ließen ihn gar dämonisch wirken. Bei Celestite Woman headbangte er zusammen mit den ersten Reihen im Takt. Zwischendurch gesellte er sich immer mal wieder zu seinem Basser Ilker Ersin oder poste neben Oliver Nikolas Schmid, dem Gitarristen und Gründer der Band. Als mit A Pearl ein Klassiker erklang, reckte ein entzückter Metal Fan begeistert seine Faust in die Luft und strahlte wie ein seliges Honigkuchenpferd. Julian zeigte vollen Körpereinsatz, fegte über die Bühne, kniete auf dem Boden und sang voller Eifer. Als eine junge Frau einen spitzen Jubelruf ausstieß, zeigte sich der Sänger beeindruckt: „That was pretty cowboyish!“
Weiter ging’s mit Again It’s Over. Vor der Bühne hüpfte man ausgelassen und zudem war das Publikum beeindruckend textsicher. „This is the first day of our new tour. We’re gonna play new songs tonight.” Der smarte Sänger richtete sogleich eine Frage an ein Mädel aus dem Publikum, das scheinbar nicht mit einer direkten Ansprache gerechnet hat. „Which song from the new album would you like to listen to? Oh my god?! Hmm… the 4th song? I don’t know, what’s the 4th song. Don’t look at the setlist!” Momente wie diese lockerten herrlich die Stimmung auf und ebneten einem gelungenen Abend spielerisch und humorvoll den Weg. Den Wunschsong der jungen Dame (In A Lengthening Shadow) sollten wir aber erst im späteren Verlauf des Abends zu hören bekommen. Jetzt war erstmal die erfolgreiche Single A Cloak Woven Of Stars an der Reihe. Die Lyrics des Songs beinhalten auch die titelgebenden Worte des neuen Albums. Dabei geht es um einen innigen Wunsch: Einfach abzutauchen… unsichtbar zu sein, um all den üblen Dingen, die um einen herum geschehen, entfliehen zu können.
Was an diesem Abend sehr auffällig war: Die weiblichen Fans genossen das Konzert durch und durch. Hier waren es eher mal Männer, die vereinzelt Videos oder Fotos der Band aufnahmen. Zudem stand niemand unbeteiligt an der Theke oder am Rand herum. Auch wenn an diesem Donnerstagabend längst nicht die Kapazitäten des Clubs ausgeschöpft wurden- jeder der Anwesenden war voll dabei und hatte eine ganz wunderbare Zeit. Man lächelte sich untereinander zwischendurch zu und das Hochgefühl, das auf ganz besonderen Konzerten auf die Leute überspringt, war hier klar erkennbar. „We’re gonna go a little bit slower.“ Mother Of Doom begann ganz sanft. Wir lauschten Julians gefühlvoll gesungenen Zeilen. Hier kam der Wirbelwind zur Ruhe und gab sich ganz den seichteren Klängen hin. Als er langsam seine Lederjacke auszog und diese Aktion sogleich von einem promten „Woohoo“-Ruf aus dem Publikum begleitet wurde, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er ermutigte uns, die Taschenlampen an unseren Handys anzuschalten und es entstand eine ganz ruhige, beseelte Atmosphäre im Raum. Völlig gegensätzlich ging es mit The Curtain Of White Silence weiter. Julians nackter Oberkörper war nun von einem schwarzen Teddymantel bedeckt. Der Song vom neuen Album begann mit verzweifeltem Sprechgesang, der immer dramatischer wurde, bevor uns ein heftiges Drumgewitter ereilte. Hier lastete die Stimmung gefühlt zentnerschwer auf einem. Doch dann gesellten sich überraschende Core Elemente hinzu. Hiermit hat die Band den Gothcore erfunden, den Olli bereits vor Auskopplung der Single ins Gespräch brachte. Wer den Titel zum ersten Mal hört, dem sei gesagt: Belasse es nicht dabei. Dieser Song entfaltet sich nach mehrmaligem Hören immer mehr und live kommt er mit seiner vollen Wucht daher. Das war wirklich eindrucksvoll.
Feinsten Gothic Metal bekamen wir mit Awake zu hören. Julian hatte seinen kuscheligen Mantel mittlerweile gegen ein luftiges Achselshirt eingetauscht und nun war es an der Zeit die Haare fliegen zu lassen. Apropos! An dieser Stelle blickte so manche Frau bewundernd auf die glänzende Lockenpracht von Gitarrist Olli. Alle Musiker waren in ihrem Element, die mitreißenden Riffs taten ihr übriges. Julian growlte hingebungsvoll und hier schlug jedes Metalherz einen Takt schneller. Bevor wir The Kingdom Solicitude hörten, rief Julian die Jungs und Mädels im Raum zu einem Jubelwettbewerb auf. Nach zwei Durchläufen war jedoch klar- es stand unentschieden. Während des Songs nahmen sich zwei Freundinnen glücklich in den Arm und ließen den Song auf sich wirken. Ein kleiner Tipp am Rande: Das dazugehörige Musikvideo ist übrigens seinerzeit in Island gedreht worden und das imposante Bildmaterial der unberührten Landschaft fügt sich perfekt in die Soundstruktur des Songs ein. Hier darf man gerne mal einen Blick bei Youtube riskieren:
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Julian griff derweil zu einer eigenen Trommel, baute diese vor sich auf und spielte einen Part gemeinsam mit dem begnadeten Drummer Dominik Scholz. Der frenetische Jubel war den beiden Gewiss. Olli ließ es sich nicht nehmen Mitzuklatschen. Julian bedankte sich „I played the drums for the first time at this song. Thank you for not laughing.” Er kündigte auch direkt den nächsten Titel als einen seiner Lieblingssongs auf dem neuen Album an. Unseen zog einen unweigerlich mit seinen hinreißenden Melodiebögen im Refrain in seinen Bann. Live ist der Titel ein wahres Brett, ist er doch düster und hinreißend zugleich. A Sigh gehörte zu den wenigen seichteren Stücken. Julians Stimme stand hier im Fokus. Wenn man die Augen schloss konnte man fast meinen, da stünde gerade Ville Valo auf der Bühne. Ville kann jetzt eigentlich auch in Rente gehen. Sein jüngeres Pendant ist stimmlich zu einer beachtlichen Größe herangewachsen und bildet ein besonders breites Spektrum ab. Hiermit endete der Hauptteil des Sets und man konnte kurz durchatmen, bevor die Jungs unter fordernden Zugaberufen freudig auf die Bühne zurückkehrten.
Nebelsäulen, die aus rotem Licht hervortraten, eröffneten die erste Zugabe. Abgesehen von diesen Special Effects verzichtete man auf den Einsatz von Nebelschwaden. Dies empfand ich als überaus angenehm. Den Nebel vermisste man an keiner Stelle und das ohnehin warme Klima war so wesentlich besser zu ertragen. Dead To Me sorgte nochmal für großen Jubel unter den Fans. Es wurde nochmal heftig abgerockt. „This is gonna be the last song for the night.” Man hörte direkt ein “Yeaaaaaaah” aus der Menge. Moment, dabei handelte es sich um einen Reflex! „Yeah? Ah, no! You don’t want to hear the last song!? This is my favorite new song. This is for all the ladies.” An Invisible Beginning war leicht zugänglich und Julian verzückte die Mädels mit seinem seichten Hüftschwung. Das neue Album ist vor gerade mal 6 Tagen erschienen und doch herrschte bei sämtlichen neuen Songs eine beachtliche Textsicherheit unter den Anwesenden. Kann sich eine Band an dieser Stelle mehr wünschen? Julian sprang von der Bühne und wir bildeten einen Kreis um ihn, während er weitersang und einzelne Hände abklatschte. Olli feuerte das Publikum nochmal an und beobachtete das Geschehen zusammen mit Ilker von der Bühne aus. Bei den letzten Zugaben blieb Julian einfach mitten im Geschehen. Er und vereinzelte Fans schrien sich gegenseitig die Lyrics zu und nach einem letzten, heftigen Growl war das Konzert dann tatsächlich vorbei. Die Jungs umarmten und verneigten sich. Satte zwei Stunden haben sie für uns gespielt. Nach einer kurzen Pause kehrten die sympathischen Musiker nochmal zurück und erfüllten jegliche Autogrammwünsche. Und während die Musik des Abends noch innerlich nachhallte, fuhren wir mit einem wohligen Lächeln auf den Lippen nach Hause.
Wer noch kein Ticket für die aktuelle Tour hat, sollte sich einen finalen Ruck geben. Hört euch mal das neue Album an und lasst euch von der Spielfreude der Jungs mitreißen. Wir gönnen ihnen den derzeitigen Erfolg von Herzen. Gestern postete die Band noch einen Aufruf auf ihren Social Media Kanälen: „Don’t miss it, we have never been this good.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
P.S.: Wir haben vor der Show ein ausgiebiges Interview mit Julian und Olli geführt. Dieses findet ihr demnächst auf unserer Seite.
Setlist LACRIMAS PROFUNDERE – Köln, Club Volta (01.09.2022)
- To Disappear In You
- Her Occasion Of Sin
- Celestite Woman
- A Pearl
- Like Screams In Empty Halls
- Again It`s Over
- A Cloak Woven Of Stars
- Release In Pain
- Be Mine In Tears
- Mother Of Doom
- The Curtain Of White Silence
- Rememberance Song
- In A Lengthening Shadow
- Awake
- The Letter
- Antiadore
- My Velvet Little Darkness
- The Kingdom Solicitude
- Unseen
- A Sigh
- Intro – Dead To Me (Z)
- An Invisible Beginning (Z)
- Ave Ende (Z)
- Father Of Fate (Z)
Weblinks LACRIMAS PROFUNDERE:
Homepage: lacrimas.com
Facebook: www.facebook.com/Lacrimasprofundereofficial
Instagram: https://www.instagram.com/lacrimasprofundereofficial
Konzertbilder: Angela Trabert