Interview: WITHIN TEMPTATION (Sharon den Adel)

Interview: WITHIN TEMPTATION (Sharon den Adel)
Within Temptation © Set Vexy
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Eigentlich war die Veröffentlichung von Resist bereits für den Dezember 2018 geplant, Probleme bei der Produktion verzögern die Veröffentlichung anschließend auf den ersten Februar. Jetzt ist es aber wirklich soweit und das erste Album seit vier Jahren kann das Licht der Welt erblicken. Wir hatten zwei Wochen vor der Veröffentlichung die Gelegenheit, mit Sängerin Sharon den Adel zu telefonieren und haben diese genutzt, um einmal über das Album, dessen Entstehen, das Thema Widerstand, die Schattenseiten von Social Media und einiges mehr zu sprechen.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Ich möchte mit Dir natürlich über das neue Album reden, das am ersten Februar veröffentlicht wird. Ursprünglich hatte es bereits im Dezember erscheinen sollen. Warum musstet Ihr es verschieben?
Es gab Probleme in der Produktion, da ist etwas schief gelaufen. Das war für uns kein großes Problem, aber natürlich ist es nie schön, den Leuten zu sagen, dass man sein Album verschiebt. Sie erwarten es schließlich. Aber wenn das Label sagt, es muss verschoben werden, wird das einen guten Grund gehabt haben.

Wie habt Ihr die Zeit dazwischen erlebt? Ich mein, das Album war fertig und Ihr musstet weitere zwei Monate warten.
Das Album war schon länger fertig. Aber wir waren in der Zeit bereits auf Tour. Wir dachten, das Album wäre dann schon veröffentlicht. Aber wir dachten, da wir schon so lange existieren, werden die Leute dennoch ein Ticket kaufen. Das ist ein großes Kompliment für eine Band, wenn man ausverkaufte Shows hat und so war es sehr schön, die Shows zu spielen, obwohl das Album noch nicht draußen war.

Das vorherige Album Hydra wurde vor vier Jahren veröffentlicht, was eine recht lange Zeit ist. Was ist in der Zwischenzeit passiert?
Wir waren zunächst einmal alle ein bisschen „lost“ am Anfang. Nach meinem Solo-Album brauchte es auch eine Weile, mich wieder in Within Temptation reinzufinden. Das war etwas seltsam. Es war ein langsamer Start, indem nichts zusammenkam, nach drei Jahren haben wir dann zu schreiben angefangen. Wir haben vom Spätsommer 2017 bis zum Sommer 2018 geschrieben, bis dann alles aufgenommen und produziert war. Für mich war es etwas hektisch durch mein Solo-Album zuvor.

Gab es einen bestimmten Moment, zu dem Ihr dachtet „jetzt ist die richtige Zeit für ein neues Within Temptation-Album“?
Nach der Tour zu Hydra haben wir erst einmal an Solo-Projekten gearbeitet und hatten uns selbst auch keine Deadline gesetzt. Man muss wirklich das Verlangen verspüren, neue Stücke zu schreiben. Man muss sich darauf freuen und spüren, dass man das in dem Moment lieber machen möchte als zu touren.

Wenn Du Hydra und Resist vergleichst: Was würdest Du sagen, sind die Hauptunterschiede? Was ist neu und was ist anders auf dem neuen Album?
Ich denke, mit dem neuen Album zeigen wir einen neuen Stil. Da ist mehr Groove drin. Wir waren nie eine „groovige“ Band, aber dieses Album hat eine gewisse „Grooviness“ im Klang, die wir nie zuvor hatten. Ich denke, es ist anders, weil auch ein bisschen Urban drin ist, dazu die harten Gitarren. Wir haben uns von einigen Genres beeinflussen lassen, die wir zuvor nicht hatten, dazu ist es die Art des Gesangs, das Timing und – wie gesagt – der Groove.

Der erste Blick bei einem Album geht oft auf den Titel. Was ist es, dem Ihr Euch widersetzen möchtet?
Die Inspiration, dieses Album zu schreiben, war sich vielen Dingen im Leben zu widersetzen, dabei sind wir in einigen Stücken recht offen mit dem, was wir über Dinge in der Welt denken. Wir leben in einem digitalen Zeitalter. Als ich Kind war, war mein erster Computer ein Commodore C64. Wir haben Spiele von Diskette gespielt, das ist wirklich lange her. Niemand hat daran gedacht, dass das Internet so groß wird. Jetzt haben wir Social Media als einen großen Bestandteil unseres Lebens. Das kontrolliert unser Leben. Jeder liebt das Internet, aber es hat auch seine gefährlichen Seiten. Man ist die ganze Zeit verfolg- und auffindbar. Nicht nur am Computer, auch auf seinem Telefon. Jeder sieht, wo man sich gerade aufhält. Ich finde, es sollte mehr Gesetze zum Schutz der Privatsphäre geben. Die Technologie ist da, aber sie kann auch gegen Dich verwendet werden. Wir leben in einer Demokratie, aber es gibt auch Länder, in denen die Demokratie schwindet.Interview: WITHIN TEMPTATION (Sharon den Adel) China beispielsweise hat keine Demokratie und Deine Identität wird noch viel stärker überprüft. Schon bei einem kleinen Vergehen wird man dort von der Regierung bestraft, weil sie einen so stark kontrolliert. Das geht alles durch die Technologien. Auch in einer Demokratie kann Social Media gefährlich werden, da man nicht weiß, wer einen überprüft. Das basiert alles auf Algorithmen. Ich denke, die Leute sollten auch die Schattenseiten von Social Media in der heutigen Zeit kennen.

Ist das ein Thema, das Ihr auch in Raise Your Banner aufgreift? Ich habe gelesen, dass es ein Stück für diejenigen ist, die gegen Tyrannei und Unterdrückung kämpfen.
Ja, ist es. Wir haben das Recht, zu demonstrieren, aber wir nutzen es nicht mehr so intensiv wie in den 80ern, als wir beispielsweise gegen Bomben auf die Straßen gegangen sind. Die Leute waren aktiver und haben mehr für das eingestanden was sie bewegt, sie haben für ihre Rechte gekämpft. Heute ist es eher „okay“, „ja“, „so ist das im Leben“, man akzeptiert Zahlungen in jedweder Höhe wie es eben ist. Es wird nicht mehr protestiert. Die Menschen müssen aktiver werden und mehr Protest zeigen, sonst erzeugt man keine Veränderung. Es gibt Dinge, die es wert sind, dafür zu kämpfen – und nicht nur im Internet. Werdet aktiv!

Wie würdest Du sagen, ist es möglich, mehr Leute auf die Straße zu kriegen, statt dass sie auf der Couch oder hinter dem Computer sitzen?
Ich denke, die Leute wissen schon, was Protest ist, aber sie beschweren sich im Internet und informieren sich auch nicht wirklich darüber, in welcher Situation sie sich befinden. Sie haben keine Fakten und reagieren nur emotional im Internet. Wären sie besser informiert, würden sie auch mehr Einsatz zeigen.

Ich habe mit Holy Ground noch ein Stück ausgewählt, über das ich gerne sprechen würde. Um was für einen heiligen Boden geht es hier?
Das ist eher eine Metapher. Jeder hat seine Grenzen, die niemand überschreiten sollte. Für den einen ist es dies, für die anderen etwas ganz anderes. Das sind die heiligen Böden, die im öffentlichen Leben nicht überschritten werden sollten – die persönlichen Grenzen eines jeden. Manchmal sind Leute verunsichert, wo die Grenzen sind, was man in welcher Situation sagen kann. Man sollte niemals etwas über Geschlecht, Rasse oder andere Dinge sagen. Es gibt Dinge, mit denen man den heiligen Boden des anderen Betritt und da ist eine Menge Widerstand zu erwarten.

Mit Jacoby Shaddix, Anders Friden und Jasper Steverlinck sind bei drei Stücken Gastmusiker mit dabei. Warum habt Ihr Euch für Sie entschieden auf dem Album?
Natürlich vor allem wegen ihrer Stimmen. Das sind sehr talentierte Kerle, die alle etwas Spezifisches in ihren Stimmen haben, das zu den jeweiligen Songs passt. Jacoby haben wir vor drei oder vier Jahren beim Graspop kennengelernt, einem wirklich großen Metal Festival in Belgien. Wir waren nebeneinander im Backstage untergebracht. Ich habe gedacht, wenn ich jemals einen Song schreibe, zum dem seine Stimme passt, dann frage ich ihn. Er ist ein netter Kerl und er hat dieses gewisse Etwas in seiner Stimme, das ich in männlichen Stimmen wirklich mag. Als wir sein Management kontaktiert hatten, war er sofort begeistert. Das ist die Art und Weise, wie wir uns Gäste auswählen. Nicht wegen bestimmter Qualitäten, sondern wenn sie wirklich zu einem Song passen.

Wenn das Album draußen ist: Habt Ihr irgendwelche Erwartungen damit?
Wir haben das halbe Album schon auf Tour gespielt und kennen also schon die Reaktionen. Die waren ziemlich enthusiastisch. Es wird immer eine Gruppe von Leuten geben, die das neue Album nicht mögen und sagen, dass das vorherige viel besser war. Sie kennen es und es wie schon gesagt ist das neue Album ziemlich anders. Es hat eine andere musikalische Ausrichtung und ist anders als das, was wir davor gemacht haben. Natürlich gibt es auch noch orchestrale Momente, aber in spezifischeren Teilen der Stücke, wo sie nötig sind, und nicht überall. Ich denke, es ist ziemlich anders, aber den Reaktionen bei den Shows nach werden die Leute es mögen.

Zum Schluss würde ich gerne wissen: Wir haben über das Album gesprochen, die Konzerte… Gibt es schon weitere Pläne für das, was als nächstes kommt?
Wenn das Album draußen ist, werden wir in Amerika auf Tour gehen. Danach kommen die Festivals. Wir spielen ziemlich viele Festivals, daher wird es ein sehr geschäftiges Jahr. Danach gibt es eventuell noch eine Europa-Tour oder eine Amerika-Tour, da gibt es mehrere Optionen, da sind wir noch nicht ganz sicher. Das werden wir in den kommenden Wochen sehen.

Within Temptation - RESIST (Entire Album Player)

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Weblinks WITHIN TEMPTATION:

Homepage: www.resist-temptation.com
Facebook: www.facebook.com/wtofficial
Twitter: www.twitter.com/WTofficial

Titelbild: Set Vexy

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