SOUTHSIDE FESTIVAL 2017 – Freitag (23.06.2017)

Fotos: SOUTHSIDE FESTIVAL 2017 (Fr., 23.06.2017 ab 18:00 Uhr)
Casper, © Markus Hillgärtner
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Für einige gehören Festivals zum Sommer wie das Bier zum Grillen, was ironischerweise für einige auch zu Festivals gehört. Eines der etabliertesten in Deutschland ist seit 1999 das Southside-Festival in Neuhausen ob Eck bei Tuttlingen, welches dieses Jahr vom 23. bis 25.06. stattfand. Als kleine Rückbesinnung mag man an dieser Stelle nochmal ans Vorjahr denken, als das Southside nach etwa einem halben Tag Musikbetrieb wegen schweren Unwettern zunächst unterbrochen und danach abgebrochen werden musste.

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Diesen widrigen Umständen, als auch der verschärften Sicherheitslage in diesem Jahr zum Trotz war das Festival im Vorfeld bereits ausverkauft und rund 60.000 Leute bereiteten sich wie schon so viele Jahre auf das Festival vor. Obschon die Campingplätze bereits ab Mittwoch freigegeben waren und es donnerstags ein kleines Vorprogramm gab, entschieden wir uns dafür erst freitags zum eigentlichen Festival anzureisen. Uns erwarteten also schon mit Zelten prall gefüllte und mit Grillgeruch angereicherte Campingplätze voller gut gelaunter, gerne auch latent alkoholisierter Menschen.

Musikalisch bot das Southside dieses Jahr einmal mehr ein buntes Potpourri aus den meisten populären Musikrichtungen, ohne einen klaren Schwerpunkt zu setzen. Erstaunlicherweise erschien das Publikum trotz des starken Mixes erstaunlich homogen und eher selten waren ein paar reine HipHop-Kopfnicker oder Metalheads zu erkennen. Die Vorzeichen waren dieses Jahr also gut und so stand einem wunderbar entspannten Southside 2017 nichts mehr im Wege.

Nach einer langen, aber entspannten Autofahrt kamen wir zeitig gegen 14 Uhr am Campingplatz an und bauten unser Zelt auf, unterstützt durch die Cuba Libres unserer Zeltplatznachbarn. Da noch etwas Zeit bis zu den ersten Bands blieb, tauschten wir uns noch etwas über die Geheimtipps des Festivals aus, um dann pünktlich zu Pictures um 15:30 Uhr das Festivalgelände zu betreten. Der entspannte, Oasis nicht unähnliche, Pop-Rock des Berliner Quartetts bildete einen angenehmen Start ins Southside-Wochenende und die Stimmung vor der White Stage war entspannt und ausgelassen. Nach einer halben Stunde verabschiedete sich die Band von der Bühne und wir uns in Richtung der Hauptbühne Green Stage. Die harten Klänge von Counterfeit schlugen uns bereits entgegen, als wir dort eintrafen. Das Quintett um Jamie Campbell Bower lieferte dem Publikum, was es wollte und entsprechend positiv war dessen Resonanz auf den geradlinigen Punk der Briten.

Für nicht schlecht, aber für uns nicht für überzeugend genug befunden, um dort noch länger zu verweilen, fanden wir uns vorzeitig wieder im Zelt der White Stage ein, um dort Stu Larsen begutachten zu können. Wer ihn nicht kennt: Stu ist ein verträumter und sympathischer Singer/Songwriter vom Typus Ed Sheeran, wenngleich etwas simpler gestrickt, in puncto Bühnenpräsenz. Man merkte ihm an, wie er sich über jeden einzelnen Menschen vor der Bühne freute und so war er vielleicht nicht der beste Act des Tages, auf jeden Fall aber der authentischste.

Abermals nicht schlecht und doch nicht überzeugend genug, um dort noch länger zu bleiben, lockte uns der erste wirklich bekannte Name des Tages vor die zweite Hauptbühne Blue Stage: Passenger. So langsam füllte sich der vordere Graben und die Stimmung war dem Wetter entsprechend entspannt, wozu sicherlich auch die ruhige Musik des immer noch jugendlich wirkenden Briten mit seiner Begleitband beitrug. Sympathisch, aber routiniert spielte Passenger genau die Musik, die von ihm erwartet wurde. Vermutlich wären wir bis zum Ende des Auftritts geblieben, wenn nicht gegen 17:15 Uhr mit Seasick Steve, der Geheimtipp des Festivals, die Green Stage betreten hätte. Nicht nur für mich bildete der aufs wesentliche reduzierte Blues des über 70-Jährigen das Highlight des gesamten Wochenendes. Gemeinsam mit seinem Schlagzeuger versetzte der Gitarrist und Sänger das Publikum Song um Song in frenetischen Jubel, obschon die meisten vermutlich zum ersten Mal überhaupt seine Existenz wahrnahmen.

Noch leicht in Trance vom Hochgefühl solch eines außergewöhnlichen Auftritts bildeten die 257ers ab 18 Uhr auf der Blue Stage mit ihrem Party-Hip-Hop einen interessanten Gegenpol. Die Truppe spulte ihr Programm gekonnt ab, natürlich nur komplett mit einigen Kostümwechseln, Bierbong und einem Endgegner im Pit. Natürlich fehlten auch Hits wie Holland oder Holz nicht im Programm, sodass auch das weniger 257ers-affine Publikum auf seine wohlverdienten Kosten kam. Da der Hunger noch nicht so stark zuschlug, begaben wir uns nach dem Ende der Show rüber zur Green Stage, auf der Jennifer Rostock schon gut zu Gange waren. Die Show der norddeutschen Rocktruppe wusste das Publikum zu überzeugen, wobei insbesondere Es War Nicht Alles Schlecht begeisterte, nicht zuletzt weil Nico Webers vor Ort war, um das Duett zu vervollständigen.

Nach dem Konzert legten wir eine kleine Essenspause ein, wobei die Auswahl des Snacks nicht leicht fiel: Die Essensmeile war abwechslungsreich und auch preislich annehmbar ausgestattet, einzig der doch etwas hohe Bierpreis von 4€ wäre vielleicht zu bemäkeln. Pünktlich gegen 19:45 Uhr fand man sich dann vor der Green Stage ein, um Mando Diao endlich einmal live erleben zu können. Obschon die Band die Songs wunderbar live präsentierte und das Publikum diese auch zu Genüge feierte, wirkte die Bühnenpräsenz der Rocktruppe leider etwas lustlos. Schade, denn rein musikalisch war hier einer der besten Acts des Festivals zugegen.

Nach Mando Diao zog es uns dann zur Blue Stage, wo Wolfmother die Bühne gegen 20:45 Uhr betraten. Das Trio um Andrew Stockdale präsentierte sich in herausragender Spiellaune, sodass dem Publikum nie langweilig wurde und es genau das Rockbrett serviert bekam, nach dem es verlangte. Für diejenigen, die sich zwar eine wilde Bühnenshow, aber etwas elektronischere Töne wünschten, gab es ab 21:15 Uhr auf der Green Stage Die Antwoord. Zwar haben wir sie nur im Vorbeigehen auf dem Weg zu Of Mice & Men mitbekommen, welche ab 22 Uhr die Red Stage betraten, doch schien auch dort die Stimmung sehr ausgelassen zu sein. Das Metalcore-Quartett aus dem Orange County bewies, dass es auch nach dem Ausstieg des Fronters noch eine gute Show abliefern kann, sodass der Besuch der Zeltbühne definitiv seine Zeit wert war.

Mit rund 15 Minuten Verspätung startete dann mit Casper der Headliner des ersten Tages seine Show auf der Green Stage. Der Rapper, dessen Weg ihn erst über einige musikalische Umwege zu seinen Hip-Hop-Wurzeln führte, gehört mittlerweile zurecht zu den Showgrößen Deutschlands. Routiniert, aber mit Energie lieferte er zusammen mit seiner Live-Band einen starken Mix aus altem und neuem Material der sowohl für Casper-Fans, als auch für Gelegenheitshörer keine Wünsche offen lies. Wer einmal die Chance hat, ihn live zu erleben, sollte es definitiv wahrnehmen. Auch an jene, welche nach Casper noch das Verlangen auf Partymusik hatten, wurde mit Fritz Kalkbrenner gedacht, welcher ab 0:30 Uhr die Blue Stage für rund anderthalb Stunden mit seinen Elektro-Künsten begeistern konnte. Dem Publikum gefiel es, wir hatten jedoch um 1 Uhr noch Lust auf etwas Härteres, sodass unser Weg uns ein weiteres Mal zur Red Stage führte, wo Callejon gerade die Bühne betraten. Wenngleich das neue Album Fandigo eine leichte Neuausrichtung der Band zu verheißen scheint, war die Show ebenso wie die Stimmung im Zelt gut.

Alles im allen war der Freitag ein runder Festivaltag mit viel Abwechslung, egal ob Pop, Elektro, HipHop oder Metal: Für jeden Geschmack war etwas dabei und kein Act hat wirklich enttäuscht.

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