These Nummer eins: Bloc Party werden mit diesem Album jede Menge Fans verschrecken, vielleicht sogar gänzlich vergraulen.
These Nummer zwei: Bloc Party dürften es schwer haben, mit diesem Album neue Fans zu gewinnen, da diese größtenteils mit den älteren Sachen nicht warm werden dürften.
These Nummer drei: In den sozialen Netzwerken werden wir in der Diskussion über Hymns des Öfteren das Wort „Einschlafhilfe“ finden.
These Nummer vier: Hymns ist trotzdem ein Album mit Daseinsberechtigung.
Nein, mit der Musik, die das Quartett auf den vier älteren Alben präsentierte, hat Hymns rein gar nichts mehr zu tun. Dass die hervorragende Rhythmusfraktion um Drummer Matt Tong und Bassist Gordon Moakes die Band nach Four verließ, nahmen die verbliebenen Gründungsmitglieder Kele Okereke und Russell Lissack zum Anlass, einmal mehr einen radikalen Stilwandel zu vollziehen. Eins scheint klar: Mit Tong und Moakes an Bord wäre ein derartiges Album niemals unter der Marke Bloc Party veröffentlichen worden. Mehr denn je steht die eindringliche wie außergewöhnliche Stimme Okerekes, beziehungsweise dessen Gesangsmelodien hier im Vordergrund, meist wird diese nur begleitet von langsam pochenden Beats und atmosphärischen Keyboardflächen. Lissack benutzt sein Saiteninstrument eigentlich nur noch zur Akzentuierung, dies häufig im Klang alter 80er-Jahre-Post-Punk/Wave-Gitarren. Besonders deutlich wird dies bei dem noch am ehesten an alte Zeiten erinnernden Virtue sowie auf Only He Can Heal Me, welches auf das im Albumkontext wie ein Fremdkörper daherkommende Disco-Stück The Love Within folgt. Von den zackigen Schrammelattacken früherer Werke –man erinnere sich nur an die ersten Sekunden des ewigen Hits Helicopter– keine Spur.
Der ruhige Sound auf Hymns erinnert an Depeche Modes Exciter
„Lord, give me grace and dancing feet“ lautet die erste Textzeile des Albums. Die „dancing feet“ bleiben in den folgenden 42 Minuten der LP aber nur auf der Couch liegen, während der „Lord“ (lies: der Glaube) an sich in vielen Songs zum Thema wird. Vielleicht lässt sich auch dadurch der sehr ruhige Sound erklären, der vielleicht den ein oder anderen Depeche Mode-Fan an deren 2001er-Album Exciter erinnern wird. Überzeugend wirken die (Gesangs-)melodien und die zum Teil sehr angenehm sphärisch gehaltenen Synthie- und Wave-Gitarren-Klänge aber fast durchweg allemal, wenn man den ersten Schock überwunden und sich ein wenig auf die Platte eingelassen hat.
Zum Problem wird der Downtempo-Sound von Hymns aber – wie sich auch schon im November letzten Jahres bei den Konzerten in Berlin und Köln zeigte – bei Live-Gigs. Auf der Bühne wirken Exes, The Good News, Different Drugs und Konsorten inmitten der Helicopters, Banquets, Ratchets, Octopusses und Fluxes nur als Stimmungsbremser. Man darf jetzt schon sehr gespannt sein, wie Bloc Party ihre kommenden Tour-Setlists zusammenstellen. Denn die „dancing feet“ demnächst auch live kaum in Bewegung zu bringen, könnte Bloc Party noch mehr Fans kosten, als die Veröffentlichung dieser äußerst mutigen und kompromisslosen Platte. Womit wir wieder bei These eins wären…
Tracklist BLOC PARTY – Hymns:
01. The Love Within
02. Only He Can Heal Me
03. So Real
04. The Good News
05. Fortress
06. Different Drugs
07. Into The Earth
08. My True Name
09. Virtue
10. Exes
11. Living Lux
Hymns erscheint neben der regulären edition auch noch in einer limitierten Deluxe Edition mit vier Bonus-Tracks:
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