PRINCESS CHELSEA – The Great Cybernetic Depression

PRINCESS CHELSEA - The Great Cybernetic Depression
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8 Bewertung

9 Bewertung 2

8.5

Zugegeben, bis vor kurzem sagte mir der Name Princess Chelsea gar nichts. Das mag sicherlich daran liegen, dass meine alltäglichen Hörgewohnheiten vor allem im Metal liegen und ich mit Synthie Pop darum nicht in jedem Fall etwas anfangen kann. Princess Chelsea jedoch ließ mich aufhorchen und die Beschäftigung mit ihrer Musik versprach nicht nur ein besonderes Hörerlebnis sondern auch die Chance sich mit einer Musikrichtung zu beschäftigen, die ich bisher vernachlässigt hatte.

Die Künstlerin
Bekannt wurde die aus dem neuseeländischen Auckland stammende Chelsea Nikkel im Jahr 2011, mit dem pointierten The Cigarette Duet, welches sie zusammen mit Jonathan Bree vom Indie-Duo The Brunettes performte. Das dazugehörige Video – vermutlich das einzig Video in dem eine Gitarre im Whirlpool als Tablett für Drinks dient – erreichte auf YouTube bis heute über 20 Millionen Klicks. Das dazugehörige Album Lil‘ Golden Book bekam ebenfalls gute Kritiken.

Das Album
Anfang Juni erschien nun ihr Zweitwerk The Great Cybernetic Depression. Das CD-Cover mutet romantisch und etwas spacig an. Es zeigt eine mädchenhafte Chelsea mit Blumen im Haar vor einem nächtlichen Sternenhimmel. Schaut man hinten auf die Songliste, fällt sofort auf, dass diese einer Platte nachempfunden und darum in Side A und Side B unterteilt ist. Ein Booklet mit den Songtexten war bei meiner Version leider nicht mit dabei, was schade war, da die Musik der Neuseeländerin vor allem auch von ihren Inhalten lebt.
Auf musikalischer Ebene präsentiert Princess Chelsea Kompositionen in der Schnittmenge von Synthie, Indie und Dream Pop. Der Opener When The World Turns Grey beginnt ganz schlicht mit harmonischen Pianotakten, gefolgt von Chelseas betörend süßem Gesang, der hier zweifellos im Mittelpunkt steht. Zur Untermalung kommen choralhafte Synthie-Klänge und eine ausbrechende E-Gitarre gegen Ende des Stücks hinzu. Der melancholische Refrain – „What can you say/When the world turns grey…If you’d ask me baby/ I’d do anything for you“ – ist einfach gehalten, wirkt dabei aber unheimlich intensiv. Allein diese paar Zeilen machen When the World Turns Grey zu einem der ehrlichsten Liebeskummersongs der modernen elektronischen Popmusik.

Das folgende Lied Is It All OK? hat es wirklich in sich und ist ein Duett mit Joe Astle, Sänger der aus Los Angeles stammenden Indie Rock Band Boa Constrictors. Klanglich geht es erneut verträumt zu, inhaltlich ist der Song jedoch sehr düster und es geht um die Abgründe des menschlichen Lebens in Form von alltäglicher Depressivität. Bereits in den ersten Zeilen wird dies unmissverständlich klar: „Sometimes I feel so sad I wish that I would die/All the people they don’t know they think that I’m all right“.

Multiinstrumentalistin Chelsea steuert in allen Songs nicht nur ihre feenhaften Vocals, sondern auch ätherische Synthesizer- und Piano-Sounds, sowie die Glockenspiel ähnlichen Klänge der Celesta bei. Darüber hinaus setzt sie auf viel Hall und allerlei elektronisches Soundgewirr. Viele Stücke, wie zum Beispiel die im Duett mit Jonathan Bree performte Singleauskopplung Too Many People, wirken durch ihre Atmosphäre als Hommage an die Sounds der Achtziger.

Allerdings sind auch ein paar echte musikalische Kuriositäten auf The Great Cybernetic Depression zu finden. Zum Beispiel ist in Winston Crying On The Bathroom Floor Chelseas Kater der Star des Lieds und in All The Stars, dem letzten Song des Albums, ist das charakteristische Fiepsen eines Analog-Modems zu vernehmen.

Alles in allem ist Princess Chelsea eine Meisterin des musikalischen Understatements und der Kontraste. Sie verpackt traurige, nachdenkliche und gesellschafskritische Texte in verträumte, zum Teil stark reduzierte Songs. Thematisch geht es hier nicht nur um Liebeskummer und Betrug, sondern auch um den prekären Zustand der heutigen Gesellschaft (Too Many People) und der Familie (No Church On Sunday).

Fazit
Mit The Great Cybernetic Depression ist Princess Chelsea ein vielschichtiges Werk gelungen, das immer wieder zu überraschen vermag. Ihre Songs sind keinesfalls die harmlosen kleinen Synthie Pop Kompositionen, die sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Stattdessen werden in klanglich schönen Bildern die Abgründe des menschlichen Lebens nachgezeichnet und somit der Versuch unternommen diese ein Stück weit zu bewältigen. Auf Dauer fehlen mir allerdings rauere Töne und so schätze ich Princess Chelseas Musik durchaus, zu meinen favorisierten Interpretinnen wird sie jedoch wahrscheinlich nie zählen.

Tracklist PRINCRSS CHELSEA – The Great Cybernetic Depression:

Side A:
01. When The World Turns Grey
02. Is It All OK?
03. No Church On Sunday
04. Too Many People
05. We Are Very Happy

Side B:
06. We Were Meant 2 B
07. Winston Crying On The Bathroom Floor
08. We Are Strangers
09. We’re so Lost
10. All The Stars


Weblinks:

Princess Chelsea Website: http://princesschelsea.co.nz/
Princess Chelsea Facebook: https://www.facebook.com/wonderfulprincesschelsea
Princess Chelsea Labelseite: http://princesschelsea.lilchiefrecords.com/

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