Die Schlange vor dem Club Bahnhof Ehrenfeld lässt schon erahnen, dass die Halle wohl voll werden wird. Die, zumeist weiblichen, jungen Fans stehen schon seit Stunden in der Novemberkälte, um sich einen richtig guten Platz in den ersten Reihen vor der Bühne zu sichern. Für den Massenansturm verantwortlich: Carpark North. Nicht etwa eine neu gegründete Boyband oder ein Mädchenschwarm, sondern eine alteingesessene Elektrorock-Band, die schon seit 1999 besteht. Für viele deutsche Fans sind die Dänen Carpark North jedoch eine Neuentdeckung. Sie waren gerade mit Sunrise Avenue auf Deutschland-Tour und konnten dort zeigen, dass sie es gewohnt sind, auch auf großen Bühnen zu spielen. Sie wissen, wie man Zuschauer in Fans verwandelt, sie für sich begeistert. In Dänemark spielen sie schon lange auf den großen Bühnen, erst in diesem Sommer auf dem Smukfest in Skanderborg vor rund 50.000 Zuschauern oder in Odense auf dem Tinderbox zusammen mit Robbie Williams.
Dagegen ist die Stimmung im Club Bahnhof Ehrenfeld familiär. Die Bühne ist für die gewohnten Verhältnisse der Band schon fast klein, die Fans sind nah an der Bühne dran. Und das macht den Abend vielleicht auch zu etwas ganz Besonderem. Schon beim ersten Song entsteht ein unsichtbares Band zwischen den Fans und den Musikern, die sich aufeinander einlassen und den bekannten Popsongs neues Leben einhauchen. Sänger Lau Højen muss die Fans gar nicht groß zu irgendeiner Aktion wie Mitsingen oder Klatschen animieren – das funktioniert von der ersten Sekunde an gleich perfekt. Und vollkommen automatisch. Während bei den Clubshows in Dänemark die Menschen nur auf die Top-Hits wie Transparent and Glaslike oder Gastauftritte von „Nik & Jay“ wie bei You are my fire zu warten scheinen, hat die Band in Deutschland so gut wie keine Vorgeschichte. Deswegen funktionieren auch die neuen Songs wie 32, der für den deutschen Markt extra nochmal neu mit Sandra Nasic anstatt mit Stine Bramsen, aufgenommen wurde, oder Phoenix viel besser als in der Heimat. Aber natürlich feiern die jungen Fans auch die Klassiker, wie Burn it oder Best day, Shall we be grateful oder More. Und so ist es dann auch egal, ob Lau Højen dabei dann nicht immer alle Töne akkurat trifft oder ab und an auch mal in einem anderen Tempo unterwegs ist, als seine Mitstreiter Søren Balsner (E-Bass, Synthesizer) und Morten Thorhauge (Schlagzeug). Unumstrittener musikalischer Höhepunkt ist für die Fans dann aber die Nummer Renegade, die sie lauthals mitbrüllen können. Nach dem wirklich schweißtreibenden Set kommt dann noch für viele das absolut Beste vom Abend: die Band kommt raus, macht mit jedem ein Foto und hat viele nette Worte für die neuen, aber nicht minder enthusiastischen Fans übrig.
Foto: Michael Gamon vom Auftritt in Oberhausen im Vorprogramm von Sunrise Avenue