Der Abend wurde elektronisch eröffnet von Worry Doll. Worry Doll ist der Name, den sich Daryl Lamont für seine Solo-Aktivitäten gegeben hat (ob er weiß, dass es noch eine andere Band namens Worry Dolls gibt? OK, er ist allein, er verzichtet auf das „s“ am Ende). Ausgestattet mit einem Mikrofon, einem Laptop und einem Synthesizer stellte Worry Doll seine bisher unveröffentlichten Songs vor. Es wurde ein wenig gesampelt, etwas mehr geloopt, eventuell gespielt und viel gesungen, unterm Strich blieben ein paar nette Popsongs, denen es meiner Meinung nach aber an Wiedererkennungswert fehlte. Nichtsdestotrotz war es ein ausgesprochen sympathischer Auftritt, da der Künstler immer wieder den Kontakt zum Publikum suchte und damit einen durchaus positiven Gesamteindruck hinterließ. (https://www.facebook.com/daryl.lamont.7)
Zeit für Nina Persson. Zeit zum Schwärmen.
Nicht nur mich, sondern wohl die meisten Besucher an diesem Abend, begleitet Nina Perssons Stimme schon seit Mitte der Neunziger Jahre, als sie mit den Cardigans die großen Hallen und Festivals bespielte und ein fester Bestandteil der Medienlandschaft war. Pausen bei den Cardigans nutzte Nina Persson unter anderem für das Projekt A Camp, welches sie zusammen mit Ihrem Ehemann Nathan Larson und Niclas Frisk ins Leben gerufen hatte. Die Cardigans liegen, bis auf wenige Konzerte in den letzten Jahren, vorerst erst einmal auf schwedischem Eis und so kommen wir in den Genuss, die erste Solo-Tour von Nina Persson erleben zu dürfen.
Auch in ihren neuen Songs geht es um das Verlassen, das Verlassen werden und das Verlassen worden sein, also die Liebe, das Zwischenmenschliche, das Private. Weniger rockig als noch bei den Cardigans, aber keinen Deut weniger emotional klingt daher das Album Animal Heart.
Kurz nach 21 Uhr betritt Nina Persson mit ihren vier Mitmusikern die kleine Bühne im Gloria. Ich hatte noch nie das Glück, Nina live erleben zu dürfen und war umso gespannter, wie sie sich live präsentieren würde. In Interviews hatte ich im Vorfeld von ihrer Krebserkrankung gelesen, von Ihrem Rechtsstreit mit The Hives, ihren neuen Songs, ihrer Familie… Ich wusste also schon viel über die Person Nina Persson. Was ich nicht wusste, welche unglaubliche Ausstrahlung sie auf der Bühne entwickeln würde. Vom ersten Moment an, mit den ersten Noten von Clip your wings, war das gesamte Publikum verliebt. Hoch konzentriert ging die Band den Abend an, Nina Persson selber, ganz in schwarz gekleidet, mit ihrem typischen, dunklen Augen Make-Up tastete sich langsam an den Auftritt ran. Am Ende des zweiten Songs Burning Bridges For Fuel war es dann soweit und das erste Lächeln glitt über ihr Gesicht. Alles war gut! Das Publikum reagierte nicht mal ansatzweise zurückhaltend, wie es in Köln schon mal der Fall sein kann. Ganz im Gegenteil stürmischer Applaus nach jedem Titel, ob es sich nun um Songs vom Solo-Album, von A Camp oder Cover-Versionen handelte.
Der erste Höhepunkt war wohl Animal Heart, das ich bisher nur von Clips im Internet kannte. Nina Persson, Sängerin der Band namens Nina Persson (wie sie immer wieder betonte, „We all are Nina Persson“), schien zunehmend Gefallen zu finden. Lediglich das allzu helle Licht auf der Bühne störte sie, es war ihr nicht sexy genug, sie verlangte nach Pornolicht im Pornotheater… Leider war der zuständige Beleuchter wohl unsicher, was eine Pornobeleuchtung ist, denn es wurde zwar immer wieder etwas dunkler, aber schummrig wäre anders (und besser) gewesen.
Der A Camp-Song Bear On The Beach war der nächste Höhepunkt, eine wundervolle Version, die mich daran erinnerte, mir unbedingt noch mal die dazugehörige LP Colonia anzuhören… Selbst die zeitliche Nähe zum Karneval kann mich nicht dazu bewegen, das offensichtliche Wortspiel hier in Wort und Schrift festzuhalten.
Nach 14 Songs kam das Konzert mit Food For The Beast schon zu seinem viel zu schnellen Ende. Es folgten allerdings noch vier Zugaben. Die erste Zugabe Walking The Cow, wurde zwar bereits von A Camp gecovert, aber es handelt sich, wie Nina Persson auch noch mal erwähnte, um ein Stück vom unvergleichlichen Daniel Johnston. Wenn dieser Name erst einmal Fragezeichen bei euch hinterlässt, dann besorgt euch die hervorragende Dokumentation The Devil and Daniel Johnston, ihr werdet es sicher nicht bereuen… Ein Favorit von unter anderem Kurt Cobain und ein faszinierender Künstler, Klammer zu. Die zweite Coverversion war das allseits beliebte und bekannte Boys Keep Swinging von David Bowie, zu dem Nina dann die Bühne verließ. Für ein abschließendes This Is Heavy Metal kam sie dann noch einmal nur mit ihrer Keyboarderin zurück.
Es wurde, wie bereits auf der gesamten Tour, das komplette neue Album gespielt, dazu noch einige Songs von A Camp. Auf Titel von den Cardigans wurde dagegen komplett verzichtet und das Beeindruckende daran ist, es fiel nicht mal auf.
Im Anschluss war es übrigens noch möglich, sich Platten, CDs, Poster signieren zu lassen, ein wenig mit Nina zu quatschen, Fotos zu machen…
Nina Persson ist eine fantastische Sängerin mit einer unverwechselbaren Stimme. Dazu noch eine beeindruckende Persönlichkeit mit einer geradezu magnetischen Ausstrahlung….OK, ich wollte aufhören, wenn ich ins Schwärmen gerate.
Setlist Nina Persson:
01. Clip Your Wings
02. Burning Bridges For Fuel
03. Animal Heart
04. Frequent Flyer
05. Forgot To Tell You
06. Love Has Left The Room (A Camp)
07. Catch Me Crying
08. Bear On The Beach (A Camp)
09. Charlie Charlie (A Camp)
10. Jungle
11. Dreaming Of Houses
12. Silver
13. I Can Buy You (A Camp)
14. Food For The Beast
15. Walking The Cow (Daniel Johnston Cover) (Z)
16. The Grand Destruction Game (Z)
17. Boys Keep Swinging (David Bowie Cover) (Z)
18. This Is Heavy Metal (Z)
Autor: Andreas Viehoff
Fotos: André Techert
Zurück zum Artikel
Nina Persson: