2009 startete das Projekt Wardruna mit seinen schamanistischen, mesmerisierenden, hochspirituellen Klanglandschaften. Instrumentierung, die Strukturierung des Gesangs und die Wahl der Texte waren zum großen Teil der nordisch-heidnischen Mythologie entnommen oder in eine nach dorthin verortete Vorstellung heutiger Sichtweisen über die Old Norse eingebracht worden. Drei Alben, die Runaljod-Trilogie, waren ursprünglich geplant, die den 24 Runen des älteren Futhark gewidmet wurden und in ihren Titeln die Hauptstationen der Edda trugen: Gap Var Ginnunga (2009), Yggdrasil (2013) und Ragnarok (2016).
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Währenddessen gewann die Band um ihren Gründer Einar Selvik immer mehr Aufmerksamkeit. Ein Grund, neben der unbestrittenen musikalischen Anziehungskraft und der Neuartigkeit dieser Art von Musik, war sicherlich auch die vom History Channel produzierte Serie Vikings, die sich mehr oder weniger authentisch mit den Geschicken des legendären Wikinger-Helden Ragnar Loðbrók auseinandersetzt. Selvik selbst hatte den einen oder anderen Gastauftritt in der Serie. Die Produktion löste einen (weiteren) Wikinger-Hype aus, von dem Wardruna selbst auch, irgendwann zwischen Album zwei und drei, ein Stück weit erfasst wurden. Bei all dem Ruhm, das hatte nicht jedem gefallen und so kam es, dass das Projekt vor der Veröffentlichung von Ragnarok Federn lassen musste. Das war die eine Sache. Zum anderen stellte man sich die Frage: Wie sollte es nun nach der Runaljod Trilogie weitergehen?
Umso froher bin ich über die Richtung, die Wardruna nun mit Skald einzuschlagen. Obgleich mit der Reduktion auf Kraviklyra, Tagelharfe, Geißhorn und Selviks Stimme man schon ins Grübeln kommt, wer denn nun eigentlich noch übrig ist vom Projekt und ob dieses Besinnen auf das Wesentliche nicht eigentlich die Quintessenz von Wardruna überhaupt schon immer gewesen ist. Skald ist, wie der Titel des Albums ja bereits vorwegnimmt, eine Verneigung vor der Skaldenkunst der Old Norse: Die Poesie ihrer Skalden in ihrer sinnstiftenden, wie gesellschaftlichen Funktion als Geschichtsschreiber, Geschichtenaufschreiber, Psychologen, Diplomaten, Mahner, Liebende und Bewahrer von Mythen. Und so verwundert es nicht, dass sich auf Skald Teile eben jener Überlieferungen mit dem intuitiven Versuch einer Vertonung wiederfinden.
Das Intro (Vardlokk) mit seinen kraftvollen Geißhörnern beschwört erst einmal Schutzgeister und erschafft damit den spirituellen Rahmen für die Reise zu den Old Norse. In Ein Sat Hun Uti (Sie saß alleine draußen) sind die 27.und 28. Strophe der Völuspa vertont. Sie handeln von einer seltsamen Begegnung (Mit wem wohl? 😉 ) und erzählen vom Schicksal der Welt. Sehr verdichtet, in sehr schlichten repetitiven Akkorden gehalten, lebt der Song in seinem Ausdruck fast ausschließlich vom Gesang und der Kraft seines Vortrags. Im gleichnamigen Song (Voluspá) findet ein weiteres Exzerpt, die Weissagung aus der Lieder-Edda, aus der Völuspa Einzug in das Album. Unerschütterlich trägt uns auch hier Selviks Stimme von der Weltwerdung zur Götterdämmerung und durchlebt jeden der einzelnen Verse, als sei er selbst Zeuge dieser seltsamen Ereignisse gewesen.
Mit Bragi Boddason und Egill Skallagrímsson kommen auch historische Skalden zu Wort. Und während Bragi große Worte für die Skalenkunst findet und mit Skald nicht nur Eröffnungs- sondern auch Herzstück des Albums vor uns ausbreitet, beklagt Egill den Verlust seines Sohnes. Über 15 Minuten dauert das auf Stimme reduzierte Klagestück (Sonatorrek), das uns nicht nur die Schönheit der Sprache lehrt, sondern auch die Ergebenheit Selviks gegenüber der Geschichte seines Verfassers.
Die Stücke wurden allesamt, um möglichst viel von ihrer Authentizität und unverfälschter Energie zu erhalten, live im Studio aufgenommen. Neben neu-aufgenommenen Songs finden sich auch „alte Bekannte“, die in der reduzierten Skalden-Version in einem neuen Licht erscheinen. Ganz besonders zu empfehlen ist hier Helvegen (Der Weg zu Hel), das so noch einmal eine ganz besondere Form von Ruhe und Trost entfaltet.
Skald ist am 23. November bei By Norse Music erschienen.
WARDRUNA – Skald:
01. Vardlokk
02. Skald
03. Ein Sat Un Huti
04. Voluspá (skaldic version)
05. Fehu (skaldic version)
06. Vindavla
07. Ormagardskvedi
08. Vardlokk
09. Sonatorrek
10. Helvegen (skaldic version)
Erst mit einem Klick auf das Vorschaubild wird das Video von YouTube eingebunden. Klicke nur, wenn du der Datenschutzerklärung zustimmst.
Weblinks WARDRUNA:
Official: www.wardruna.com
Facebook: https://www.facebook.com/wardruna/