Der Sonntag begrüßte die Besucher mit erneut strahlendem Spätsommerwetter und einer entspannten, fast familiären Atmosphäre auf dem NCN Festival in Deutzen. Die gute Laune war spürbar, das Publikum wirkte erwartungsvoll und bereit für neue musikalische Entdeckungen. Das Line-up versprach Abwechslung – von ruhigen Klängen bis zu tanzbaren Beats. Ein gelungener Ausklang, der zum Verweilen, Genießen und Abschalten einlud.
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Den Auftakt zum letzten Festivaltag übernahm Ruebi auf der Parkbühne – begleitet von zwei Gitarren, Schlagzeug und Gesang. Die ersten Gäste fanden sich ein, die Stimmung war angenehm und offen für neue Klänge. Ruebi präsentierte sich mit der Ruhe eines Veteranen und der Neugier eines Suchenden. Seine Songs wirkten wie Briefe aus einer anderen Zeit – zart, ehrlich, voller Sehnsucht. Die Gitarrenlinien hallten wie Erinnerungen, die Melodien flimmerten wie Straßenlichter im Regen. Das Publikum lauschte still, manche tanzten langsam, andere schlossen die Augen.
Parallel präsentierten Promenade Cinema auf der Waldbühne ein Set, das für viele Gäste zur Neuentdeckung des Festivals wurde. Das Duo – Emma Barson am Gesang und Dorian Cox an den Synths – entfaltete einen mitreißenden Sound zwischen 80er-Nostalgie, New Wave und cineastischer Elektronik. Trotz strahlendem Sonnenschein und Bühne gegen das Licht wirkte die Show intensiv und atmosphärisch: farbige Lichtakzente, eine dezente Videoshow und eine Bühne, die ganz den Musikern gehörte. Die ersten Reihen waren gefüllt mit neugierigen Fans, die sich schnell verbunden fühlten. Ein Konzert, das Stil und Gefühl vereinte – elegant, elektrisierend und tiefgründig.
Ruebi – Parkbühne
Promenade Cinema – Waldbühne
Im Anschluss wurde es auf der Amphibühne provokant und performativ: Pecadores aus Brasilien präsentierten ein audiovisuelles Ritual, das viele überraschte und faszinierte. Die Band – mit Gesang, Gitarre und Keyboard – trat in Outfits auf, die zwischen Ureinwohnern Südamerikas, Piraten, Eroberern und Nonnen wechselten. Die Bühne wurde zur Kanzel, die Lichtshow in tiefem Rot unterstrich die sakrale und rebellische Atmosphäre. Die Tracks bewegten sich zwischen Industrial, Noise und Aggrotech, die Vocals klangen wie Gebete aus einer apokalyptischen Zukunft. Das Publikum schwankte zwischen Tanz und Trance – manche staunten, andere ließen sich mitreißen. Die Show wirkte wie eine schwarze Messe: intensiv und elektrisierend.
Währenddessen sorgten Stein auf der Kulturbühne für eine ruhige, aber eindringliche Einstimmung in den letzten Festivaltag. Die fünf Musiker – Gesang, zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug – präsentierten sich ohne Inszenierung, aber mit einer Präsenz, die sofort berührte. Norbert Strahls Stimme war leise, aber eindringlich – wie ein vertrauter Gedanke, der plötzlich laut wird. Die Songs wirkten wie Tagebuchseiten, vertont mit minimalistischer Eleganz und getragen vom Spätsommerlicht. Das Publikum lauschte still – manche hielten sich an den Händen, andere an Erinnerungen. Die Bühne war schlicht, das Licht warm – ein Raum für Nähe.
Pecadores – Amphibühne
Stein – Kulturbühne
Mittlerweile hatte sich die Parkbühne mit zahlreichen Besuchern gefüllt, als das griechische Duo Kalte Nacht seine Performance begann. Myrto Stylou überzeugte mit ausdrucksstarker Stimme und einer Präsenz, die zwischen Zurückhaltung und Dramatik changierte. Nikos Konstantinidis wechselte zwischen Bass und Keyboard und legte das Fundament für eine Klanglandschaft aus Darkwave, Coldwave und Minimal. Die Bühne war in geheimnisvolles Licht getaucht, Nebel verstärkte die Kontraste zwischen Nähe und Distanz. Das Publikum bewegte sich im Rhythmus – manche wie in Trance, andere mit geschlossenen Augen.
Zur gleichen Zeit setzten Hell Boulevard auf der Waldbühne ein kraftvolles Zeichen in Sachen Goth’n’Roll. Die vier Musiker – Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug – rockten bei strahlendem Sonnenschein, als wäre es Mitternacht. Dichter Nebel und grelles Licht tauchten die Bühne in eine düstere Kulisse, die den harten Sound zwischen Gothic Rock und Metal perfekt untermalte. Tanzbare Stücke wechselten sich mit dramatischen Momenten ab, die Gitarrensoli überraschten, das Publikum war begeistert. Viele ließen sich mitreißen, andere entdeckten die Band ganz neu.
Kalte Nacht – Parkbühne
Hell Boulevard – Waldbühne
Kurz darauf zündete FabrikC auf der Amphibühne ein elektronisches Gewitter. Die Musiker verwandelten die Bühne in ein pulsierendes Kraftwerk aus Beats, Bass und Nebel. Blaues Licht flackerte durch die dichte Atmosphäre, die Luft war elektrisch geladen. Harte Rhythmen und experimentelle Soundelemente ließen die Fans erwachen – Tanzen war keine Option, sondern Reflex. Überraschende Breaks und aggressive Synths sorgten für Clubfeeling unter freiem Himmel.
Zeitgleich präsentierte Monya auf der Kulturbühne ein Solo-Set, das sich kompromisslos zwischen Industrial-Techno und experimenteller Klangkunst bewegte. Ohne große Show, aber mit maximaler Präsenz formte sie aus Noise, EBM und Techno ein pulsierendes Manifest. Die Bühne war in kühles Blau getaucht, minimalistischer Nebel verstärkte die konzentrierte Atmosphäre. Die Tracks wirkten wie Maschinen, die Emotionen verarbeiten – spontan, einfallsreich, fordernd. Die Fans in den ersten Reihen tanzten mit, andere blieben wie gebannt stehen.
FabrikC – Amphibühne
Monya – Kulturbühne
Wenig später betraten Twin Noir die Parkbühne und wurden für viele zur sympathischen Neuentdeckung des Tages. Das Berliner Duo – Cody Barcelona und Ian Volt – präsentierte eine energiegeladene Performance zwischen Post-Punk, Darkwave und elektronischer Clubästhetik. Beide Musiker sangen, spielten Gitarre und Bass und entwarfen eine Klangwelt, die zwischen technoiden Beats und melodischen Passagen pendelte. Ihre deutschen Texte wirkten reduziert und direkt. Die Verbindung zum Publikum war spürbar: Einige Fans traten neugierig näher, andere tanzten oder ließen sich treiben. Die Bühne wurde zum Raum für Freiheit und Kreativität – ein Konzert, das überraschte und hängen blieb.
Die Waldbühne wurde unterdessen zum Schauplatz eines seltenen Moments: The Mao Tse Tung Experience standen erstmals seit Langem wieder live auf der Bühne. Das Duo um Thomas Lüdke – bekannt auch durch The Invincible Spirit – entfaltete einen Sound, der direkt aus den frühen 90ern zu stammen schien. Kalte Maschinenrhythmen, brennende Synths und minimalistische Beats formten ein Klangbild zwischen EBM und Industrial. Die interessierten Fans feierten Lüdke wie eine Ikone der Subkultur. Kein Smalltalk, keine Inszenierung – nur Sound, Haltung und unverstellte Intensität. Ein Konzert, das aufrüttelte und Erinnerungen wachrief.
Twin Noir – Parkbühne
Mao Tse Tung Experience – Waldbühne
Früh am Nachmittag betraten Heldmaschine die Amphibühne und setzten sofort ein kraftvolles Zeichen. Sänger René Anlauff fuhr gemeinsam mit zwei Gitarristen auf einem Wagen auf die Bühne – alle in Cyber-Sonnenbrillen und mit kühler Eleganz. Die Lichtshow in Blau und Weiß griff das neue Album Eiszeit visuell auf, während der Sound druckvoll und elektronisch-hart durch die Menge peitschte. Kein Stillstand: Der Schlagzeuger feuerte das Publikum an, die Bühne vibrierte. Die Band wirkte wie ein perfekt geölter Apparat – kontrolliert und voller Präsenz. Zufriedene Fans tanzten, jubelten und feierten die NDH-Performance mit Begeisterung.
Eine Stunde später wurde die Parkbühne zum Schauplatz einer besonderen Verbindung zwischen Bühne und Publikum: SYZYGYX, das Soloprojekt von Luna Blanc, präsentierte eine Performance, die zwischen elektronischer Klangkunst und unmittelbarer Nähe changierte. Am Keyboard unterstützt von ihrem Live-Partner Corey nutzte sie die Bühne voll aus – und traute sich mehrfach direkt ins Publikum, um mitten unter den Fans zu singen. Das kam großartig an und wurde begeistert gefeiert. Die Lichtshow war atmosphärisch und passte perfekt zur Mischung aus treibenden Beats und melancholischer Tiefe. Luna Blancs Stimme wirkte wie ein Echo aus der Zukunft, ihre Präsenz intensiv und ehrlich. Ein Konzert, das nicht nur tanzbar war – sondern zutiefst menschlich und berührend individuell.
Heldmaschine – Amphibühne
SYZYGYX – Parkbühne
Unterdessen verwandelte Grendel die Waldbühne in ein schweißtreibendes Inferno aus Aggrotech und Industrial. JD Tucker und sein Keyboarder lieferten ein kompromissloses Set, das keine Pausen kannte – nur Eskalation. Die Beats waren hart, die Synths gnadenlos; dichter Nebel und pulsierendes Licht verstärkten die dystopische Atmosphäre. Die Nachmittagssonne stand im seltsamen Kontrast zur dunklen Energie auf der Bühne – das Publikum tanzte, stampfte und feierte die Nähe zur Band. Ein Konzert, das sich einbrannte – intensiv und voller Spannung.
Am frühen Abend wurde die Amphibühne zur Kulisse für ein düsteres Comeback: Reaper, das Soloprojekt von Vasi Vallis, trat mit eindrucksvoller Live-Unterstützung auf. In Horror-Endzeit-Schminke und unter greller Sonne, Nebel und Gegenlicht entfaltete sich ein Set, das unnachgiebig zwischen Aggrotech, Electro und Dark Techno pulsierte. Die Bühne vibrierte, die Beats feuerten wie ein Maschinengewehr, Gitarrenriffs und Synths vereinten sich zu einem Klanggewitter. Vallis agierte wie ein Dirigent der Dunkelheit – das Publikum tanzte ohne Unterbrechung, ausgelassen und fokussiert. Keine Rückschau, sondern ein Blick nach vorn – energiegeladen und kompromisslos modern.
Grendel – Waldbühne
Reaper – Amphibühne
Mit dem letzten Konzert auf der Kulturbühne für dieses Festivaljahr verwandelte Blood And Sun die Bühne in eine Klanglandschaft aus dunklem Folk und sakraler Tiefe. Die fünf Musiker präsentierten ein breites Spektrum an Instrumenten: akustische Gitarre, Violine, Cello, Bass und Keyboard verschmolzen zu einem melancholischen, aber erhebenden Gesamtbild. Die Kompositionen wirkten wie musikalische Meditationen über Schicksal, Verlust und Hoffnung – getragen von Luke Tromiczaks ruhiger Präsenz und der kollektiven Energie seiner Mitmusiker. Das Publikum konnte noch einmal lauschen und träumen.
Mit dem Auftritt von She Past Away auf der Parkbühne wurde spürbar, dass sich das Festival langsam dem Ende zuneigte. Das türkische Duo – Volkan Caner und Doruk Öztürkcan – wurde sehnsüchtig erwartet, und zahlreiche Besucher drängten sich vor die Bühne. In dichtem Nebel und unter minimalem Licht entstand eine tranceartige Atmosphäre, die zwischen Post-Punk-Retro und futuristischer Kälte pendelte. Volkan Caners tiefe Stimme und die pulsierenden Synths von Öztürkcan ließen das Publikum in melancholischer Ekstase tanzen. Die Bühne öffnete sich wie ein Fenster in eine andere Zeit – schlicht, eindringlich und voller Atmosphäre. Kein gewöhnlicher Gig, sondern ein dunkles Gedicht in Bewegung.
Blood And Sun – Kulturbühne
She Past Away – Parkbühne
Als sich der Abend auf der Waldbühne dem Ende zuneigte, setzte Tanzwut den festlichen Schlusspunkt. Die Band, bekannt für ihre explosive Mischung aus Mittelalter und Moderne, brachte ein fulminantes Set auf die Bühne, das zum Feiern einlud. Historische Instrumente wie Dudelsack, Violine und Schalmei trafen auf donnernde Drums, E-Gitarren und elektronische Härte. Frontmann Teufel wirbelte über die Bühne, animierte das Publikum zum Ausrasten – und bekam, was er verlangte. Die Stimmung war ausgelassen, generationsübergreifend und textsicher. Die Show war ein rauschendes Finale, kraftvoll inszeniert und getragen von gemeinsamer Euphorie.
Als Camouflage die Amphibühne betraten, begann der letzte Akt des Festivals – ein Abschluss mit Klasse und Gefühl. Die Zuschauer standen dicht gedrängt vor der Bühne, viele mit leuchtenden Augen und Erinnerungen im Gepäck. Marcus Meyn wirkte fokussiert und zugleich gelöst, seine Stimme klar und vertraut. Die Band spannte einen eleganten Bogen von den 80er-Jahren bis heute, mit Songs wie „The Great Commandment“, „Me and You“ und „Love Is a Shield“. Die Lichtshow tauchte die Bühne in warme Farben, während die Menge mitsang und sich in den Synth-Pop-Klängen verlor. Es war ein Moment des gemeinsamen Schwelgens – verbindend, emotional und voller Dynamik. Die Musik wurde zum krönenden Finale eines intensiven Wochenendes.
Tanzwut – Waldbühne
Camouflage – Amphibühne
Ein Wochenende voller Klangfarben, Emotionen und Überraschungen neigt sich dem Ende zu. Die sorgfältig kuratierte Bandauswahl überzeugte mit einer gelungenen Mischung aus gefeierten Headlinern und spannenden Neuentdeckungen, die das Publikum gleichermaßen berührten und mitreißten. Zwischen mitreißenden Tanznächten und berührenden, stillen Momenten entstand eine besondere Atmosphäre, die das Festival erneut zu einem einzigartigen Erlebnis machte. Doch auch die traurige Nachricht vom plötzlichen Verlust eines geliebten Festivalbesuchers hat uns tief bewegt und erinnert uns daran, wie kostbar diese gemeinsamen Momente sind. Die letzten Töne verklingen, doch der Blick richtet sich schon voller Vorfreude nach vorn: Für das kommende Jahr steht mit Marc Almond bereits der erste Headliner fest (Ankündigung)– ein echtes Highlight, auf das sich alle Fans freuen können. Der Vorverkauf hat begonnen, und die Reise zu neuen musikalischen Abenteuern nimmt jetzt ihren Lauf. Wer Teil dieses unvergesslichen Festivals sein möchte, findet Tickets ab sofort im offiziellen NCN Shop.
Weblinks NCN FESTIVVAL:
Homepage: www.ncn-festival.de
Facebook: ncnfestival
Instagram: ncn_festival
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