BABYMETAL / WARGASM – Köln, Palladium (21.11.2023)

BABYMETAL / WARGASM - Köln, Palladium (21.11.2023)
BABYMETAL, Cologne, 2023-11-21 | Doctrine.design
Geschätzte Lesezeit: 5 Minute(n)

Ein gar nicht mal so heißer Hot Take zu Beginn dieses Konzertberichts: Das Palladium Köln ist eine der schlimmsten Konzertlocations Nordrhein-Westfalens. Die Verkehrssituation rund um die Schanzenstraße ist chaotisch, der nächste Bahnhof 25 Fußminuten entfernt – kommen dann noch Stau, Zugausfälle oder -verspätungen und schlechtes Wetter hinzu (was oft der Fall ist), wird bereits die Anfahrt zum verzichtbaren Erlebnis. Was alles verschmerzbar wäre, wenn im Inneren die Umstände stimmen würden. Aber die Bauweise des Innenraums nimmt vielen insbesondere bei ausverkauftem Haus dann auch den letzten Spaß. Wer weiter hinten steht, sieht im schlauchförmigen Inneren nichts. Wer auf der flach gebauten Empore nicht direkt am Geländer steht, sieht nichts. Wer es nicht schafft, sich einen Platz ohne Empore überm Kopf zu sichern (das betrifft bei voller Hütte zwangsläufig mehrere Hundert Fans), bekommt maximal dumpfen Sound auf die Ohren.

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Das NRW-exklusive Konzert von Babymetal, der aktuell wohl populärsten japanischen Band der Welt, war auf Monate ausgebucht und nicht nur wegen der Herkunft der Band definitiv in der falschen Rheinmetropole. Aus der fast 10000 japanischstämmige Menschen umfassenden Community in Düsseldorf dürften sich dem Augenschein nach auch einige auf den recht kurzen Weg rheinaufwärts gemacht haben – in einer größeren Location wie der Mitsubishi Electric Halle (japanischer Namenssponsor, was für ein Zufall) in Düsseldorf hätte dieser Abend wohl allen Beteiligten (noch) mehr Spaß gemacht.

Was nicht heißt, dass das Gebotene schlecht war, ganz im Gegenteil. Zunächst heizten Wargasm mit ihren “Angry Songs For Sad People” kräftig ein. Das Duo Milkie Way (eigentlich Rachel Hastings) und Sam Matlock fand 2018 zusammen und teilt offensichtlich die Liebe für Nu Metal und Elektropunk. Aus diesen Genres mischt sich der Sound der Gruppe, die live mit zwei zusätzlichen Musikern zum Quartett anwächst. Das verzückte bereits schon Enter Shikari, die mit Wargasm den Song The Void Stares Back aufnahmen und ihnen auf ihrer 2022er-Tour einen Supportslot einräumten. Aber auch Limp-Bizkit-Frontmann Fred Durst scheint Gefallen an dem englischen Gespann gefunden zu haben und lieh dem Song Bang Ya Head seine Stimme für ein Feature. Der stand dann auch auf der zehn Songs umfassenden Setlist und wurde von Sam mit den Worten “This is something we recorded with a friend that has got a lot to do” präsentiert. Das Stück repräsentiert gleichzeitig alle Vorzüge, aber auch Probleme, die man mit dem Sound von Wargasm haben kann: Die Gruppe versprüht massig Energie und ist deshalb geradezu die perfekte Vorband, an eingängigen Ohrwurm-Hooks, die die Songs einen auch privat gerne hören lassen, mangelt es aber noch. Hier siegt bislang Wut über Raffinesse.

Was im Palladium allerdings egal war, die Stimmung war gerade in der vorderen Hallenhälfte großartig. Wargasm flitzten und rauschten in hyperaktiver Manier über die Bühne, trafen exakt den Nerv der feierwütigen Crowd, die Sams Frage “Are you fuckin’ warmed uuuuuuuup?” lautstark mit “Yeeeah!” beantwortete. Ordentliche Moshpits, lauter Jubel nach fast jedem der zehn Songs, deren Großteil vom im Oktober erschienenen Album Venom stammte. Zum Abschlusssong Spit gönnte sich Sam noch ein Bad in der Menge, bevor die Briten zu Tina Turners The Best vom Band die Bühne verließen und so zum Abschied den einen oder anderen Lacher produzierten.

Setlist WARGASM @ Köln, Palladium (21.11.2023)

01. Venom
02. Rage All Over
03. Minigun
04. Fukstar
05. Modern Love
06. Bang Ya Head
07. Feral
08. D.R.I.L.D.O
09. Do It So Good
10. Spit

21.10 Uhr, Zeit für Kawaii-Metal. Erst im Mai waren Babymetal zu Gast in Köln, damals noch als Vorgruppe von Sabaton und heimsten eher gemischte Reaktionen ein. Jetzt war das Publikum ganz für Suzuka Nakamoto (Su-Metal), Moa Kikuchi (Moametal) und Momoko Okazaki (Momometal) da und das merkte man auch von Beginn an. Gut, der Kniff, direkt mit Babymetal Death und Gimme Chocolate!!, also zwei Songs des kultigen Debütalbums von 2014 einzusteigen, war klug – aber die Stimmung wäre wohl auch mit anderen Songs direkt richtig euphorisch gewesen. Ein paar Brocken hatte Su-Metal, die den Löwenanteil des Gesangs übernimmt, für ihre wenigen kurzen Zwischenansagen gar auf Deutsch vorbereitet (“Wie geht es Euch?”) – sehr sympathisch.

BABYMETAL / WARGASM - Köln, Palladium (21.11.2023)
BABYMETAL, Cologne, 2023-11-21 | Doctrine.design

Babymetal liefern zweifellos das etwas andere Metal-Konzert. Die Instrumentalisten der sogenannten Kami Band stehen maskiert im Hintergrund und schreddern punktgenau drauf los, vorne zeigen die Damen in identischen Kleidern ausgefeilte Choreografien. Das werden Oldschooler als “unnötiges Gehopse” abtun, anderen dürften die Gruppe genau deswegen besonders gut gefallen. Babymetal sind anders, individuell und kombinieren dicke Riffs und treibendes Drumming mit Gute-Laune-Japano-Pop-Einflüssen. Pure Crossover-Musik. Tolle Ohrwurm-Hooks hat die Gruppe zudem zuhauf – egal, ob der Song Gimme Chocolate!!, Pa Pa Ya!!, Monochrome oder Megitsune heißt. Irgendwie stört da auch die Sprachbarriere kaum. Ein ganz wichtiges Faustpfand ist auch der glockenklare Sopran von Su-Metal, stimmlich überzeugt die Leadsängerin live voll und ganz.

BABYMETAL / WARGASM - Köln, Palladium (21.11.2023)
BABYMETAL, Cologne, 2023-11-21 | Doctrine.design

Das konnten zumindest auch diejenigen hören, die wegen der eingangs erwähnten Probleme bei Konzerten im Palladium nichts sehen konnten. Verzweifelt versuchten über die gesamte Dauer der Show immer wieder Fans verschiedenster Altersklassen und Körpergrößen, zumindest auf der Empore noch einen Blick auf das licht- und stimmstarke Geschehen auf der Bühne zu erhaschen – vergebens. Wer unten vorne stand, dürfte viel Spaß gehabt haben – wenngleich die viel zu spät gestartete Wall Of Death (drei Sekunden NACH dem Breakdown!) bei Headbangeeeeerrrrr!!!!! von oben wahrlich unkoordiniert, eigentlich schon gar peinlich aussah.

Was ebenfalls den Gesamteindruck trübt – und da hat die Band sehr wohl Einfluss drauf -, ist die sehr kurze Spielzeit von nur 65 Minuten. Nach Road Of Resistance war Schluss und das Gros des Publikums etwas verdutzt.  Statt eine Zugabe zu spielen, flimmerte nur noch ein kurzer Filmtrailer über die Leinwand. Mag sein, dass die Tanzchoreographien so viel Kraft kosten, dass dem Damen-Trio keine Luft für längere Shows bleibt, ein wenig dürftig sind gerade einmal zwölf Songs allerdings schon, wenn die Eintrittskarte knapp 60 Euro kostet.

BABYMETAL / WARGASM - Köln, Palladium (21.11.2023)
BABYMETAL, Cologne, 2023-11-21 | Doctrine.design

So bleibt am Ende ein gemischter Eindruck von diesem Konzertabend zurück. Babymetal machen verdammt viel Spaß und liefern mitreißende, professionelle Live-Shows, denen es an Länge mangelt. Das können beinharte Fans vielleicht noch verschmerzen – nur bei der Location sollten sich die Veranstalter beim nächsten Mal dringend für ein größeres Venue in der Region entscheiden, damit wenigstens alle Anwesenden ausreichende Sicht haben. Hat da jemand “Düsseldorf” gerufen …?

Setlist BABYMETAL @ Köln, Palladium (21.11.2023)

01. Babymetal Death
02. Gimme Chocolate!!
03. Pa Pa Ya!!
04. Distortion
05. BxMxC
06. Believing
07. Brand New Day
08. Monochrome
09. Metali!!
10. Megitsune
11. Headbangeeeeerrrrr!!!!!
12. Road Of Resistance

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BABYMETAL, Cologne, 2023-11-21 | Doctrine.design
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1 Comment

  • Wow, dem Autor liest man die schlechte Laune an etlichen Stellen der Kritik regelrecht von den Lippen ab und er bleibt dabei viel zu oft an unwesentlichen Faktoren wie der Infrastruktur vor der Veranstaltungsstätte oder den besseren Alternativen in anderen Städten hängen, statt ausgiebiger auf das Konzert einzugehen.

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