Der in NRW recht verregnete Sommer meldet sich Anfang September nochmal zurück. Perfekte Voraussetzungen dafür, bei einem kleinen, gut besuchten Clubkonzert ordentlich ins Schwitzen zu kommen, selbst wenn die Musik eher nicht zum wilden Moshen und Pogen einlädt. Und ja, es war extrem warm im Gebäude 9, wo das Konzert von Squid eigentlich gar nicht erst hätte stattfinden sollen. 2021 waren die Engländer eine von nur ganz wenigen Bands von der Insel, die auf dem europäischen Festland einige Konzerte spielten, unter anderem an Ort und Stelle. Damals war die Show ausverkauft, im Zuge der Veröffentlichung des zweiten Albums O Monolith Anfang Juni wurde erneut ein Köln-Auftritt geplant. Die Kantine erwies sich jedoch als zu groß für die Experimental-Postpunker, so wurde die Show recht kurzfristig ins nun volle, aber nicht ganz ausverkaufte Gebäude 9 rückverlegt. Nicht die einzige Änderung: Der eigentlich geplante Support Clarissa Connelly musste krankheitsbedingt auf den letzten Drücker absagen.
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Statt Ethno-Folk-Songwriter-Pop stand also Post-Punk mit “einer Sängerin, die es bevorzugt, nicht zu singen” auf dem Programm. So beschreiben sich Smile aus Köln zumindest selbst. Nach 35 Minuten wollte man dem bedenkenlos zustimmen. Die aus Albuquerque im US-Bundesstaat New Mexico stammende und 2015 ins Rheinland ausgewanderte Frontfrau Rubee Fegan kiekst, leidet, jammert, spricht, flüstert – tut also alles, was man mit den Stimmbändern anstellen kann, wenn man nicht gerade singt. Und irgendwie passt diese oft rotzige Attitüde zu den polternden Instrumentals, die die Bandkollegen Lars, Sebastian, Max und Marius spielen. Eine Zwei-Track-EP namens I Hate It Here gibt’s bereits, ein Debütalbum mit dem Titel Price Of Progress soll am 13. Oktober folgen. Und in Zeiten, in denen Bands wie Dry Cleaning, Shame oder Idles mit ähnlichen musikalischen Ansätzen immer größere Clubs und Hallen vollmachen, haben Smile durchaus eine Chance, künftig den Durchbruch zu schaffen. Mal abwarten, was die LP zu bieten hat …
Kurz nach 21 Uhr legten Squid mit der ersten Clubshow der Tour zu O Monolith los. Und wie das bei einem ersten Konzert eben manchmal so ist, ging auch hier ab und an etwas schief. Über die erste Hälfte des Auftritts kämpfte insbesondere Keyboarder Arthur Leadbetter immer wieder mit technischen Problemen. Die Musiker entschuldigten sich dafür, das Verständnis der rund 300 Fans war ihnen allerdings sicher. Denn Squid packen zu und fesseln. Musikalisch ist das, was die fünf Herren aus Brighton auf die Bühne bringen, höchst fordernd, im gesunden Maß experimentell, gerade durch die prominente eingesetzte Trompete von Laurie Nankivell. Post-Punk ist die Basis, Squid bedienen sich allerdings vielen Elementen aus Krautrock, Psychedelic-Pop, Post-Rock und – passend zur für Aphex Twin-, Squarepusher- oder Autechre-Releases bekannten Plattenfirma Warp Records – Electronica. Wer hier schnelle Hits nach Strophe-Refrain-Schema oder Material für wildes Auf-und-ab-Gespringe sucht, wird nicht fündig. Passend dazu lassen sich Squid live auch Zeit für Übergänge zwischen den Songs, teils mehrere Minuten lang. Das schafft zweifelsohne Atmosphäre, mag für den einen oder anderen aber auch anstrengend sein. Gerade bei gefühlten 48 Grad Raumtemperatur.
Immer wieder schälen sich, und das ist wohl die größte Stärke der Formation, aber großartige Melodien aus den breit angelegten Sound. So im Chorus des Openers Swing (In A Dream), beim Kraftwerk-esken Synthie-Schluss von Undergrowth oder beim supereingängigen Gitarrenlick in den Strophen von Narrator. Das alles wird virtuos gespielt, besonders beeindruckend ist die Performance von Ollie Judge, der als Sänger und Drummer der Band weder am Mikro noch an den Fellen irgendwelche Schwäche zeigt und 70 Minuten volle Energie liefert.
Leider nur 70 Minuten, sei an dieser Stelle eingeworfen. Denn nach vielen Songs der neuen Platte und einigen wenigen des grandiosen Vorgängers Bright Green Field war ohne eine Zugabe Schluss. Judge & Co. verabschiedeten sich knappen Wortes von der Bühne, das Licht blieb aber weiterhin gedimmt, das Jubeln und Johlen des Publikum mochte nicht verstummen. So warteten alle auf mindestens einen weiteren Song, wurden aber enttäuscht. Ein viel zu abruptes und enttäuschendes Ende eines sonst gelungenen Konzerts. Vor allem, da mit Paddling, Boy Racers und insbesondere dem Post-Hardcore-versetzen Brecher Pamphlets noch drei absolute Kracher der Debüt-LP fehlten, die zwei Jahre zuvor an Ort und Stelle für tosenden Jubel sorgten. Schade.
Setlist SQUID @ Köln, Gebäude 9 (05.09.2023)
01. Swing (In A Dream)
02. Peel St.
03. Undergrowth
04. Interlude
05. G.S.K
06. Devil’s Den
07. After The Flash
08. If You Had Seen The Bull’s Swimming Attempts You Would Have Stayed Away
09. Documentary Filmmaker
10. Narrator
11. The Blades
Weblinks SQUID
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Weblinks SMILE
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