APOCALYPTICA & EPICA – Köln, Carlswerk Victoria (13.03.2023)

The Epic Apocalypse Tour © Sandro Griesbach
The Epic Apocalypse Tour © Sandro Griesbach
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Double-Headliner-Touren sind im Moment das probateste Mittel, um bei all den gestiegenen Kosten noch halbwegs profitable Touren durchführen zu können. Die Allianz zwischen Epica und Apocalyptica ist aber trotzdem etwas Besonderes und verdient natürlich auch einen adäquaten Namen: The Epic Apocalypse Tour. Ursprünglich noch verstärkt um die Formation Wheel als Support, tourten die beiden Ausnahmekünstlergruppen durch Europa. Krankheitsbedingt fiel Wheel am Abend in Köln allerdings aus.

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Den Anfang machte also die niederländische Symphonic Metal-Institution Epica und begann wie üblich mit dem Omega-Opener Abyss of Time. Da Simone Simons fließend Deutsch spricht, begrüßte sie die Menge im Carlswerk Victoria auch gleich in dieser Sprache mit “Guten Abend Kölle, wie geht’s euch?”, nur um dann aus Rücksicht auf die Bandkollegen doch wieder ins Englische zu wechseln: “Finally we’re back! Are you ready to party, Cologne?”. Natürlich war Köln bereit. Ich habe noch nie ein Epica-Konzert erlebt, bei dem die Menge nicht von vorneherein voll mitgerissen wurde. Diese Band strahlt einfach unbändige Energie aus und startet jede Show direkt mit voller Power, die sich natürlich auch überträgt. Und so rockte die Menge auch hier angemessen zu The Essence of silence ab, der Titel führt natürlich in die Irre, es handelt sich um einen Kracher von Song. Was auch direkt auffiel: Epica hat seine Videoshow ordentlich aufgemotzt. Die virtuellen Grafikelemente auf den riesigen LED-Bildschirmen waren einfach nur bombastisch und unterstrichen jeden Song perfekt. Ich wüsste gerne, wer diese Elemente designt hat. Da blieb einem einfach der Mund offen stehen.

Das jüngste Album Omega hatte nur ein leichtes Übergewicht im Set, ansonsten war aus allen Phasen von Epicas langer Geschichte etwas dabei. All-time-Favourites wie Unleashed und Fools of Damnation gaben sich mit neuen Stücken wie The Final Lullaby die Klinke in die Hand. Letzteres Stück wirkt sehr modern und ähnelt den ebenfalls futuristischen Songs, die die Genrekollegen Within Temptation in den letzten Jahren veröffentlicht haben. Auch im Symphonic Metal gibt es neue Entwicklungen. Man befreit sich etwas aus dem jahrelang bequemen, aber nun zusehends zu enggewordenen Korsett der Choräle und orchestralen Passagen und schreibt eben auch mal etwas Modernes. Daumen hoch! Doch natürlich hat man auch ein Herz für Tradition im Hause Epica. “Are you ready to sing with Epica?”, fragte Simone im hinteren Teil des Sets. “You have no choice! This is a fun song, we call it “Epica Karaoke”. Natürlich ging es um den uralten Song Cry for the Moon, den einfach jeder Epica-Fan mitsingen kann und das live auch tut. Es ist jedes Mal wunderschön, zu beobachten, was für eine tolle Verbindung die Epica-Mitglieder untereinander haben. Simone lehnte mehrmals ihren Kopf auf die Schulter von Ex-Mann Mark Jansen und natürlich neckten sich Coen und Rob wieder gegenseitig, griffen sich in die Instrumente oder jagten sich über die Bühne.

Coen Janssen ist ohnehin einer der präsentesten Keyboarder der Szene. Er steht nie still, rennt und springt herum und geht auch gerne mal mit seinen tragbaren Tasten in den Graben. Auch Ariën und Isaac werden in diese ständige Interaktion einbezogen und man hat die ganze Zeit über das Gefühl, dass Epica eine Band aus einem Guss ist. Hier stimmt die Chemie und nur so kann die besondere Kraft eines Epica-Konzertes entfesselt werden. Es braucht einfach den Fokus, die Linse mit dem Brennpunkt namens Simone Simons, die von allen Seiten die Energie ihrer Bandkollegen aufsaugt und dann gebündelt ins Publikum katapultiert. Die Hitze des Brennstrahls versengt uns willige Ameisen und es ist uns egal, ob wir leicht rauchend aus dem Gig wieder herauskommen, solange wir ein Quantum dieser Urkraft erhaschen konnten. Aber was macht man dann mit diesem Energiezuwachs? Da gibt es nur eine Antwort: Erst reichlich Auf- und Abgespringe zu Beyond the matrix und dann: Epic wall of death! Auch das ist Tradition: Mark Jansen fordert irgendwann dazu auf und dann teilt sich das Meer vor dem holländischen Moses und nach zwei , drei “Hoooold!”-Rufen springt dann zu den Klängen von Consign to Oblivion alles durcheinander. So muss das und so war es auch. Das Konzert endete mit ausgeprägten Moshpits und wohliger Erschöpfung bei den Fans.

Setlist EPICA – Köln, Carlswerk Victoria (13.03.2023):

01. Abyss of Time – Countdown to Singularity
02. The Essence of Silence
03. Victims of Contingency
04. Unleashed
05. The Final Lullaby
06. Fools of Damnation
07. The Skeleton Key
08. Rivers
09. Code of Life
10. Cry for the Moon
11. Beyond the Matrix
12. Consign to Oblivion

Weblinks EPICA:

Webseite: http:/www.epica.nl
Facebook: https://www.facebook.com/epica
Instagram: https://www.instagram.com/epicaofficial

Die Finnen von Apocalyptica stehen für eine ganz eigene Art von Musik, sie nennen es Cello-Rock. Schon als die Gründungsmitglieder Eicca, Paavo, Max und Antero sich an der Sibelius-Akademie in Helsinki kennenlernten, spielten sie Songs von Metallica auf Cellos und das bleibt auch bis heute ihr Markenzeichen. Aber längst schon haben die beiden verbliebenen Mitglieder Eicca und Paavo zusammen mit den Dazugestoßenen Perttu und Mikko auch reichlich eigene Stücke im Repertoire. Metal und Rock auf klassischen Instrumenten – diese Symbiose aus zwei Welten fasziniert und inspiriert viele Fans und sorgt für reichlich gefüllte Konzerthallen. Auch hier im Carlswerk Victoria waren reichlich Cellobegeisterte angereist. Wer bei Epica vielleicht noch etwas “Jubeln nach Vorschrift” betrieben hatte, konnte nun richtig aufblühen. Der letzte Langspieler, Cell-0 stammt aus dem Jahr 2020 und daraus wurde auch gleich Ashes of the modern world als Opener gespielt. Dazu gab es eindrucksvolle Bilder auf der LED-Wand, aus denen zusammen mit dem Titel schnell klar wurde, dass es hier um die fatale Richtung geht, die die Menschheit eingeschlagen hat. Man sah Maisfelder, die in einer Dürre vertrockneten und keinen Ertrag mehr brachten, sowie zerstörte Städte. Ein richtig toller Effekt war die scheinbare Projizierung der Schatten der Bandmitglieder auf eine Lichtwand.

Man merkte aber schnell, dass es nicht die richtigen “Live-Schatten” waren, da sie ein Eigenleben führten. Eicca und Perttu führten uns durch das Set und erwähnten gleich zu Beginn die Schwierigkeiten, dass der eingeplante Sänger nicht rechtzeitig angekommen war und dass der eigentlich als Ersatz eingesprungene Wheel-Sänger James Lascelles krankheitsbedingt ebenfalls ausgefallen war. “We are kinda fucked”, lachte Eicca. Aber Apocalyptica ist lange Strecken ihrer Karriere ohne Sänger ausgekommen und natürlich war das auch hier in Köln kein echtes Hindernis, es beschränkte lediglich die Songauswahl etwas. Nach einigen instrumentalen Stücken wurde die Thematik erneut aufgegriffen: “We released a new single…”, sagte Eicca, wobei diese jetzt auch schon über ein Jahr alt ist. “As I said before, we lost all our singers. But it’s not true!”, mit diesen Worten und unter dem Jubel des Publikums kehrte Simone Simons auf die Bühne zurück, um mit den Jungs Rise Again zu performen. Ein fantastischer Song, bei dem die Sängerin auch all ihr Können darbieten konnte. Ein wunderbar emotionaler Höhepunkt im Set war das. Stimme und Instrumente verschmolzen zu einem wohlig-warmen See aus glitzernder, flüssiger Seide und der traumhaft schwebende Zustand, der auch auf dem Cover der Single zu sehen ist, stellte sich auch bei den entzückten Fans ein, während Simons Stimme sich immer höher schraubte. Apocalyptica brauchen keinen Vokalisten, um zu begeistern, bei dieser Aussage bleibe ich! Aber dennoch war diese Kooperation ein Höhepunkt im Set, was man auch an dem überbordenden Applaus nach der Nummer festmachen konnte. “Wow! Lovely to be finally back here in Cologne. It was a long wait. We released an album. Who’s heard it? Good for you! We’ll play two songs from this actual album and we’ll start with Scream for the Silent”, schallte es von der Bühne.

Danach kam ein weiterer, lange erwarteter Höhepunkt: Die Performance von Metallicas Signature-Song Nothing Else Matters. Wie viele Coverversionen dieses Stückes haben wir schon gesehen und auch live erlebt? Immer hat uns das Lied berührt, so ging es mir zumindest. Und doch… Apocalyptica legen eine derartige Leidenschaft in die vertrauten Zeilen, dass eine Dauer-Gänsehaut garantiert ist. Grandios, passioniert, eindringlich! Und natürlich sang das Publikum enthusiastisch mit. Als der letzte Ton verklungen war, stellte Perttu erst einmal seine Bandkollegen vor. “Our cello group would not be perfectly in beat without Mikko”, bedankte er sich beim Drummer. “The unique Apocalyptica sound is made by our master and founder… Eicca!. Auch “Bass-Cellist” Paavo wurde gebührend vorgestellt, bevor Perttu noch einmal die Gesangsunterstützung beim letzten Song honorierte: “You guys sounded beuatiful. Beutiful german choir! So, you like Metallica? You want some more Metallica?”, kündigte er das nächste Cover, Seek and Destroy für das hungrige Auditorium an. Nach reichlich Geschredder und Gehadbange fehlte natürlich noch der absolute Klassiker und Apocalyptica ließen sich nicht lange bitten, Hall of the mountain king nachzulegen. Das berühmte Ohrwurmstück des Komponisten Edvard Grieg erlangte in der Version von Apocalyptica noch einmal einiges an Bekanntheit dazu. Der Abschiedsgruß in Köln gebührte Eicca: If you get a possibility to see Wheel live , do so! It’s an amazing band, they couldn’t make it tonight, unfortunately. On the way out make sure to grab a new T-shirt. Because you guys smell like shit! Love each other and like yourself!” Ein wunderbarer Schlusssatz, dem wir nicht viel hinzuzufügen haben, außer: Es war episch und apokalyptisch und einfach grandios!

Weblinks APOCALYPTICA:

Webseite: http:/www.apocalyptica.com
Facebook: https://www.facebook.com/apocalyptica
Instagram: https://www.instagram.com/apocalypticaofficial

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