Immer wieder erreicht uns eine Vielzahl von Neuveröffentlichungen und getreu des Mottos „So many records – so little time“ würden die meisten davon untergehen. In unserer Rubrik “Reingehört” stellen wir Euch daher einige Releases im „Schnelldurchlauf“ vor:
WE ARE SCIENTISTS – Lobes (VÖ: 20.01.2023)
Fleißig sind sie, die Wissenschaftler um Sänger und Gitarrist Keith Murray. Nach Huffy, das im Herbst 2021 erschien, kommt nun schon das nächste und damit achte Studioalbum von We Are Scientists heraus. Auf Lobes liefern die aus Kalifornien stammenden Wahl-New-Yorker genau das, was man erwartet: Tanzbaren, schnörkellosen Indie-Rock, hier und da ergänzt um geschickt gesetzte Keyboard-Klänge. Das funktioniert zumindest in einigen Songs wie dem Opener Operator Error oder dem dritten Stück Human Resources mit beschwingten Refrains sehr gut, die luftigen Turn It Up und Settled Accounts erinnert zumindest Deutsche gar unweigerlich an die längst aufgelöste Berliner Formation I Heart Sharks. Auf Albumlänge schleichen sich aber auch einige Lieder in die Tracklist, denen es an einer starken Hook mangelt – und in dieser Kategorie trennt sich nun mal generell die Genre-Spreu vom Weizen. Den größten Kracher auf Lobes verstecken We Are Scientists allerdings an ungewohnter Stelle, nämlich an neunter von zehn. Less From You ist ein unwiderstehlicher Über-Hit. Früh-80er-Italo-Disco-Grooves von der Giorgio-Moroder-Universität vermischen sich mit Gitarren-Licks aus der Franz-Ferdinand-Schule und einem sofort mitsingbaren Ohrwurm-Refrain – das müsste auch auf der Tour im Frühjahr bestens funktionieren. Wertung: 6,5/10. Homepage: https://linktr.ee/wearescientists
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THE SUBWAYS – Uncertain Joys (VÖ: 13.01.2023)
Besetzungswechsel bei The Subways: Für Gründungsmitglied und Schlagzeuger Josh Morgan kam Camille Philips in die Band – sonst bleibt vieles beim Alten. Das ehemalige Privat- und musikalisch-immer-noch-Pärchen Billy Lunn und Charlotte Cooper teilt sich den Platz am Mikro und steuert Gitarren wie Bass bei, ergänzt um einige Keyboard-Sounds. Schnell wird beim Hören von Uncertain Joys, dem ersten Album seit knapp acht Jahren, aber deutlich, dass die Gruppe aus dem englischen Hertfordshire irgendwie ihren Biss aus früheren Jahren verloren hat. Klar, 18 Jahre nach Rock’n’Roll Queen ein zweites Rock’n’Roll Queen zu erwarten, wäre vermessen. Doch fast die gesamte erste Hälfte dudelt zahnlos vor sich hin. Billy Lunn singt Texte über die Tücken, Probleme und Katastrophen des modernen Zeitalters, lässt in seinem Vortrag aber jegliche Wut und Entschlossenheit vermissen. Das ist Indie-Pop-Rock der Kategorie “ganz nett, aber irgendwie auch völlig egal” – und The Subways haben wahrlich schon oft genug bewiesen, dass sie es besser können. Aus dem Morast der Durchschnittlichkeit stapft das Trio in der zweiten Hälfte des zwölf Songs umfassenden Albums immerhin hier und da heraus. Bei Fight fühlt man sich gar ans ungestüme Debütalbum und Klassiker wie Oh Yeah erinnert, der Pop-Punker The Devil And Me dürfte bei künftigen Konzerten (Deutschland-Tour im März) für Pogospaß im vorderen Drittel sorgen. Und dann wäre da zum Abschluss noch das siebeneinhalbminütige Futures, wo The Subways gefühlt drei Songs in einen packen. 80er-Synthies, Riffs und eine Vokalpräsenz zwischen Falsett und Geschrei ergänzen sich zu einem mitreißenden Ganzen und sorgen für einen versöhnlichen Ausklang eines über weite Strecken leider enttäuschenden Albums. Wertung: 5/10. Homepage: www.thesubways.net
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DIE ROBO SAPIENS – Robo Sapien Race (VÖ: 28.10.2022)
Gut Ding will Weile haben – das gilt nicht nur für diese längst überfällige Besprechung: Bereits im Mai 2018 erschien eine Single des Projekts Die Robo Sapiens namens Tanz mit dem Roboter mitsamt Video. Die Stimme erkannten fachkundige Hörerinnen und Hörer natürlich sofort und auch beim Bandnamen wurde schnell klar, dass es sich hierbei nur um ein neues Projekt der Krupps handeln kann. Schließlich ist Robo Sapien einer der beliebtesten neueren Songs der Düsseldorfer Kultband. Bis das dazugehörige Debütalbum allerdings erschien, eine Neufassung besagten Stücks inklusive, zogen nochmal viereinhalb Jahre ins Land. Nun ist Robo Sapien Race endlich da und klingt schon fast so, als hätten sich Jürgen Engler, Ralf Dörper und Marcel Zürcher mit Ralf Hütter zusammengetan. Lose lässt sich das Album unter “Krupps trifft Kraftwerk” kategorisieren. Treibende, modern produzierte EBM trifft auf glockenklare Synthies, ein Stück wie Transrapid Rapid erinnert nicht nur vom Titel her an den legendären Trans Europa Express von 1977. Und auch lyrisch wird schnell klar, wer hier Pate steht: “Niemals impulsiv, nie mehr primitiv – für immer Robo normativ. Konsequent binär, Logik ist nicht schwer, immerzu korrekt, tausendfach gecheckt.” Manchmal sind die Texte etwas zu sehr nach dem Motto “Reim dich oder ich fress dich” verfasst und zwingen Engler dazu, die Silben etwas unmelodiös in den Takt zu pressen – das soll aber nur ein kleiner Wermutstropfen bei einer Platte sein, die wirklich Spaß macht, einige potenzielle Clubhits abwirft und mindestens die Krupps-Fangemeinde absolut abholen sollte. Eine besondere Erwähnung verdient noch die Hommage an die Heimat beider Gruppen: Düsseldorf nimmt das Tempo zwischendurch mal für gut fünf Minuten raus. Schöner Easy-Listening-Electro, geradezu perfekt als Untermalung für eine Fahrt auf der … na, was wohl? …Autobahn! Bleibt zu hoffen, dass sich die drei Urheber dieses Werkes in Zukunft mal zu einer Live-Umsetzung hinreißen lassen. Wertung: 8/10. Facebook: www.facebook.com/DieRoboSapiens
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LAIBACH – Love Is Still Alive (VÖ: 20.01.2023)
Man durfte wie so oft in der Historie der Gruppe ein wenig verdattert sein, besuchte man 2019 ein Konzert von Laibach auf ihrer The Sound Of Music-Tournee. Am Ende stellten die Slowenen ein Stück mit dem Arbeitstitel Surfing Through The Galaxy vor und präsentierten dazu ein Video, in dem Sänger Milan Fras auf einer Rakete durch den Weltraum reist und in 8-Bit-Pixeloptik Hindernissen ausweicht. Nun erscheint das Lied (und glücklichweise auch das leicht modifizierte Video, siehe unten) als Opener einer EP mit acht Teilen, die eigentlich ein Ganzes sind. Auf durchkomponierten 37 Minuten überraschen Laibach ihre Fans einmal mehr. In der ersten Hälfte entwickelt sich das Stück ausgehend von einem Country-Grundgerüst (!) immer weiter. Zu Beginn unterhält Fras noch mit Zeilen wie “My English is no heaven, my German’s even worse. But I can drive the space ship across the Universe“, schnell jedoch driftet Love Is Still Alive ins rein Instrumentale ab. Laibach klingen hier stellenweise so krautrockig und psychedelisch wie noch nie, zumindest bis zur Zäsur ab der fünften Zählzeit. Die zweite Hälfte klingt nach einem Film-Soundtrack für einen Science-Fiction-Streifen – irgendwie passend, lieferte das Künstlerkollektiv doch schon die Scores für Iron Sky und dessen Nachfolger The Coming Race ab. Das ist alles wieder einmal absolute Geschmackssache, sehr experimentell und natürlich einmal mehr unvergleichlich. Deshalb gibt’s hier auch keine Wertung, sondern nur die gut gemeinte Empfehlung, der EP eine Chance zu geben. Ab Ende Januar stellen Milan Fras & Co. ihr neues Werk übrigens live in vier deutschen Städten vor. Homepage: www.laibach.org
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