Während der Rest der Republik im Karnvalsumpf verschwindet, gab es mit dem familiären Heathen Rock Festival in Hamburg immer ein gutes Ausweichprogramm. Nun wurde am 22.02.2020 die letzte Version im Hamburger Rieckhof beschritten. Der Hintergrund ist hier wie auch bei anderen kleinen Festivals, der stetig steigende organisatorische und finanzielle Aufwand, der das Festival in dieser Form nicht mehr möglich macht. Dennoch kann die letzte Ausgabe ca. 650 Gäste in den Rieckhof locken.
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Wie beschreitet man eigentlich am besten das letzte Heathen Rock Festival seiner Art? Ein guter Start hierfür ist direkt nach dem Frühstück (11:30) mit der tunesischen Pagan-Folkmetalband Ymyrgar, die quasi direkt nach der Hallenöffnung auf der Bühne erscheint. Die Band gilt als eine der ersten Pagan-Folkmetalbands von dem afrikanischen Kontinent und kann auch schnell von ihrer musikalischen Leistung überzeugen. Die ersten Anwesenden versammeln sich auch bereits vor der Bühne um hier gebührenden Respekt zu zollen, die Band dankt es mit einer enormen Spielfreude zu dieser frühen Stunde.
Von Tunesien geht es kurze Zeit später zu den Wikingerbrüdern aus dem südlichen Schweden: The Generations Army wechseln nun einmal in den Thrash Metal-Modus und beginnen dabei einmal die komplette Bühne zu zerlegen. Die noch recht junge Band überrascht mit einer sehr energiereichen Liveshow auf der Bühne und kann hier recht schnell den ersten Minipit verursachen. Mit einigen Coversongs, unter anderen von Slayer & Metallica oder dem eigenen Voices and Visions untermalt die Band so einen deftigen Wake-Up-Call in Hamburg.
Die Show von The Generations Army war wohl doch etwas zu heftig für die Bühne, so dass die nachfolgenden Induction aus Tschechien aufgrund technischer Probleme erst deutlich verspätet beginnen können. Als die Hymnen des heiligen Metals erklingen, legt sich die Band noch einmal schnell ins Zeug, um den Auftritt etwas zu retten. Leider leidet der zünftige Power Metal auch nachfolgend noch unter den massiven Störungen, so dass die Hymnen wie You Will Pay The Price etwas im Soundbrei untergehen. Schade drum.
Ein Konzert von Detraktor ist wie Treckerfahren durch Zombies: Mit solch’ einer Wucht werden die Hamburger gerne mal verglichen. Nachdem sich die Band aber erst einmal als Stand Up Comedians im verlängerten Soundcheck beweisen können, kann das Bambigeschredder auch endlich losgehen. Die Band startet mit einer Power in das Set und sorgt für den ersten richtigen Pit am Tage, die Halle ist bei Songs wie Grinder oder Parasita am toben und Sänger Henrique Queiroz überrollt dabei die Fans aus dem Trecker Schlagzeug heraus.
Nach dem Aufwärmen von Detraktor holen nun die “polnischen Amon Amarth” von Valkenrag die Kampfäxte heraus, um sich dem Kampf zu stellen. Die Halle verwandelt sich schnell in ein gemütliches Schlachtfeld, als die Polen ihre Kriegsgesänge erklingen lassen. Mit Waves Of Coming Future und Chasing The Gods können sie sofort überzeugen und lassen kein Haupthaar ungeschwungen. Dem Publikum gefällt es und so kann die Band nach dem Cover von The Pursuit of Vikings siegreich auf die Langschiffe zurückkehren.
Die Band Waldgeflüster aus Bayern machten sich bisher sehr rar im Norden, dennoch wagen sie sich heute in die nördlichen Gefilde, um hier den Blättern zu lauschen. Der atmosphärische Pagan/Black Metal überzeugt schnell das anwesende Publikum und überrascht durch seine epische Tiefe. Auch textlich wird die klare Ausrichtung auf den Pagan deutlich. So handeln die Texte nicht von Methörnern, sondern referieren klar auf Naturverbundenheit. Ein epischer Auftritt.
Nach dem atmosphärischen Waldgeflüster geht es nun mit Crystal Viper und einem kompletten Stilwechsel weiter. Die polnische klassische Heavy Metal Band erleichtert die Besucher nun etwas von melancholische Gedanken der Vorband und rockt einfach drauf los. Die Band um Sängerin Marta Gabriel kann hier schnell alle Anwesenden abholen und mit ihrer Live-Präsens voll und ganz überzeugen. We Are Metal Nation trifft es hier als Aussage ganz richtig, wenn man sich die Bandauswahl am heutigen Tag anschaut und so ist der Songs durchaus passend gesetzt.
Heimspiel nun für die Hamburger Old-School Death Metaller von Endseeker, die dann gleich wieder die Bühne zerlegen dürfen und das gelingt tatenlos. Mit Songs wie Pulse oder Immortalized hat die Band das Publikum in der Hand und sorgt für einen fetten Moshpit vor der Bühne. Die Soundwand an technischem Death Metal sorgt für keine weitere Diskussion über die Wucht der Musik: Einfach “In Your Face”.
Für den Headliner Turisas war der Tag schon recht aufregend. Durch vergessenes Equipment am Flughafen in Helsinki wurde die Geduld für alle noch einmal auf die Probe gestellt. Am Ende konnte die Band aber mit so einiger Verspätung in den Abend starten, der Stimmung tat dies keinen Abbruch und so konnten die Finnen auf Kuschelkurs mit den Fans gehen.
Die Schlachtenhymnen A Portage To The Unknown und Piece By Piece eröffnen hier den kurzen, aber heftigen Gig, den die Finnen heute Abend mit Meri Tadic bestreiten. Mit One More und Cursed Be Iron legt die Band noch einmal nach und sorgt für eine prächtige Stimmung im Rieckhof. Noch kurz Battle Metal hinterhergeworfen und die Band beendet den sehr kurzen Gig mit einem gehörigen Stand Up And Fight.
Nach dem feuchtfröhlichem Gelage von Turisas lichtet sich schlagartig der Saal als Kalevala zur besseren Völkerverständigung mit ihrem russischem Folk Metal loslegen. Bereits nach den ersten Klängen gesellen sich wieder einige Gestalten vor die Bühne, um noch einmal die restlichen Kraftreserven loszulassen. Die Band legt hier einen Song nach dem anderen aufs Parkett und sorgt für eine zünftige Polka vor und auf der Bühne. Wer jetzt schon den Saal verlassen hat, verpasst eine sichtlich motivierte Band, die trotz Besuchermangels alles gibt. Ein wahrlich passender Abgesang für das letzte Heathen Rock Festival.