NOCTURNAL CULTURE NIGHT 2019 – Sonntag (08.09.2019)

Fotos: Nocturnal Culture Night 2019 – Amphibühne und Parkbühne (08.09.2019)
Covenant, © Thomas Bunge
Geschätzte Lesezeit: 5 Minute(n)

Feststellung am Sonntagmorgen: Das Aufstehen fiel auch schon einmal leichter. Aber: Wenn man den dritten Tag der diesjährigen Nocturnal Culture Night vor Augen hatte, ging es doch direkt wieder leichter. Für noch mehr Wachheit also schnell in die Dusche, üppiges Frühstück mit noch üppigerer Portion Kaffee vertilgt und es konnte ein letztes Mal für dieses Wochenende losgehen Richtung Festivalgelände. Schnell den Becher aufgefüllt und ab 12 Uhr gab es bereits wieder Programm zu erleben.

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Auf der Parkbühne spielten Any Leave, parallel dazu begannen auf der Weidenbogenbühne Atomic Neon. Für die frühe Uhrzeit war es auch schon recht ansehnlich gefüllt. Und das mit gutem Grund, denn das, was die Band hier spielte, konnte sich hören lassen. Ein „oldschoolig“ angehauchter Goth-Rock-Sound, dazu Wave-Einflüsse und ein sehr melancholischer Gesang, der vermuten lässt, dass der Sänger den Klängen von The Cure nicht gerade abgeneigt zu sein scheint. Da gibt es sicherlich schlechtere Einflüsse… Acht Stücke, überwiegend auf Englisch, hin und wieder aber auch auf Deutsch, ließen einen hier gut in den Festivaltag starten.

Setlist ATOMIC NEON @ Nocturnal Culture Night 2019:
01. The Walking Dead
02. Blue Angel
03. Remember Me
04. Mein Kleid
05. I Want To Believe
06. Romy’s Death
07. Cold Room
08. Keine Lügen

Auch auf der Amphibühne war das Programm inzwischen im Gange – Plastic Autumn hatten ihr Set begonnen. In der Biographie als Synth Pop Future Projekt bezeichnet, sollte das beim Blick auf die Bühne nur die halbe Wahrheit sein, denn auch so manches Saiteninstrument war auf der Bühne zu finden. So war die Musik vom Grundgestus her zwar schon recht elektronisch, aber mit rockigen Elementen angereichert. All das temporeich und zielstrebig in den Arrangements. Und mit einer Überraschung dabei: Oswald Henke singt Ich fang dich auf nicht nur auf Platte mit, sondern betrat auch live zu der Nummer die Bühne. Eine schöne Überraschung zur Mittagszeit, die einen schönen Auftritt noch weiter veredelte.

Setlist PLASTIC AUTUMN @ Nocturnal Culture Night 2019:
01. Mortality
02. Black Sand
03. No Peace In Me
04. Ich fang dich auf (feat. Oswald Henke)
05. No more Lies
06. Distance
07. Every Wish

Inzwischen war bereits der zweite Act des Tages auf der Parkbühne zu sehen. Traitrs aus Toronto, Kanada waren gerade auf Reisen und sind nach der Show in Hamburg direkt weiter nach Deutzen. Reisestrapazen waren der Band allerdings keine anzumerken und sie meisterten den Auftritt zur Mittagszeit mit Bravour. Post-Punk-Sound mit Melancholie, dazu auch gleich mal ein Einblick in das, was von der Band in nächster Zeit zu erwarten ist – zwei Stücke waren dabei, die noch keinen Titel haben und erst in 2020 veröffentlicht werden. Vielversprechend klangen sie schon jetzt. Bis zum Schluss mit Thin Flesh gaben sie alles und haben sich ihren Applaus redlich verdient.

Setlist TRAITRS @ Nocturnal Culture Night 2019:
01. New track (release in 2020)
02. Still From her Sores
03. Witch Trials
04. The Suffering Of Spiders
05. New track (release in 2020)
06. The Lovely Wounded
07. Thin Flesh

Während auf der Amphibühne Zweite Jugend spielten, gab es auf der Kulturbühne lange Gesichter, denn der Auftritt von Neun Welten musste leider gesundheitsbedingt ausfallen. Und so ging es dann weiter zum Fußball. Moment… Sport? Genau. Zwar nicht im offiziellen Festivalprogramm verankert, so hat es doch längst Tradition, dass der SV Blau Weiß Deutzen ein Spiel hat während des Festivals hat, das stets auch gut von den Festivalbesuchern frequentiert wird (wenn man so will ein Alleinstellungsmerkmal der Nocturnal Culture Night). Diesmal ging es im Wernesgrüner Pokal gegen den Hohnstädter SV. Mit dem NCN-Publikum im Rücken, das gar Banner und Shirts für diesen Anlass dabei hatte, nahmen die Deutzener die Hürde Hohnstädter SV mit einem 4:0-Sieg. Nach dem 2:0 per Foulelfmeter in der 28. Minute erträumte manch ein Zuschauer Deutzen schon in Berlin, beim 3:0 in der 44. Minute gar im Europapokal. Nach dem 4:0-Endstand ließen sich die Fußballer von diesem für sie ungewöhnlichen Publikum noch ordentlich feiern.

Nach diesem kleinen Exkurs wieder zurück zum Geschehen auf dem Festivalgelände, denn dort ging es natürlich ungebrochen weiter. Beispielsweise mit Monolith auf der Kulturbühne und Tommi Stumpff auf der Amphibühne. Schaut man die Titelnamen an und erlebt den Herrn auf der Bühne, so wundert man sich: Da stehen Titel wie Geh sterben, Alles Idioten und natürlich der Klassiker Massaker, während der Musiker höchst freundlich und zuvorkommend durch sein Set moderiert und gar nicht denkt, was für aggressive Klänge da teils auf einen losgelassen werden. Man sieht: Die Musik ist hier ein sehr gutes Ventil. Rockig, elektronisch und mit einem Hauch von Punk konnte Tommi Stumpff mit seiner Band hier an diesem Nachmittag überzeugen.

Setlist TOMMI STUMPFF @ Nocturnal Culture Night 2019:
01. Lobotomie
02. Geh sterben
03. Contergan Punk
04. Frohes Fest
05. 300 Tote, Teil 2
06. Alles Idioten
07. Le chien andalou
08. Requiem
09. Seltsames Glück
10. Massaker

Rüber zur Weidenbogenbühne, wo eine Band spielte, die eng mit dem Festival verbunden ist: Haujobb legten um 16:15 Uhr los. Und das mit einem Set, das keine Wünsche offen ließ. Der intelligente Elektro-Sound konnte auch in Deutzen gut seine Atmosphäre verbreiten, die hin und wieder recht kühl in den Arrangements wirkt, aber gerade dadurch mitziehen kann, wie man beispielsweise in Renegades Of Noise hören konnte. Tanzbar war es sowieso und die Musiker waren nicht nur bester Laune, sondern hatten auch noch eine Überraschung dabei: Im New World March bat Daniel Myer Emke Árvai-Illés von den bereits zuvor aufgetretenen Black Nail Cabaret auf die Bühne, sodass das Stück in einer selten gehörten Version erklang. Nach einer guten Stunde war mit Dead Market Schluss einer guten Show. Gerne wieder!

Setlist HAUJOBB @ Nocturnal Culture Night 2019:
01. Letting Demons Sleep
02. Antimatter
03. Renegades Of Noise
04. Crossfire
05. Machine Drum
06. Input Error
07. Let’s Drop Bombs
08. Net Culture
09. The Noise Institute
10. New World March (feat. Emke Árvai-Illés)
11. Eye Over You
12. Information Space
13. Dead Market

Das Festival nahte sich langsam dem Ende, aber Highlights sollten noch weitere folgen. Unter anderem die Show von Heaven 17. Wobei direkt zu Beginn schon musikalisch der Ausflug in die Vorgeschichte der Band ging, denn die Eröffnung machte Circus Of Death, bekanntermaßen von The Human League, von denen aus Martyn Ware weiter zu Heaven 17 zog, die an zweiter Stelle bereits (We Don’t Need This) Fascist Groove Thang folgen ließen und somit gleich einen Hit früh spielten. Dem Set tat dies keinen Abbruch, der 80er Elektropop funktionierte auf voller Spielzeit. Stücke wie Geisha Boys And Temple Girls waren im Publikum geläufig, mit einem Cover von Let’s Dance erbot man noch David Bowie die Ehre, bevor fast Schluss war mit dem wohl größten Hit Temptation. Ganz Schluss sollte aber doch noch nicht sein. Zum Abschluss ging der Weg noch einmal zur Human League, deren Being Boiled einen Schlusspunkt zu einem weiteren Highlight des Festivals markierte.

Setlist HEAVEN 17 @ Nocturnal Culture Night 2019:
01. Circus Of Death
02. (We Don’t Need This) Fascist Groove Thang
03. Crushed
04. Play To Win
05. Geisha Boys And Temple Girls
06. The Black Hit Of Space
07. Loving Feeling
08. We Live So Fast
09. That’s No Lie
10. Crow & A Baby
11. Let Me Go
12. Let’s Dance
13. Temptation
14. Being Boiled

Ein letztes Mal an diesem Wochenende hieß es: „Die Qual der Wahl“. De/Vision auf der Weidenbogenbühne? The KVB auf der Parkbühne? Das Kopf-an-Kopf-Rennen entschieden The KVB für sich, da diese gefühlt seltener live zu sehen sind. Leicht rauschiger Post Punk-Sound aus England mit Inspirationen alter Genre-Größen wie Joy Division und The Jesus and Mary Chain, garniert mit einer Prise Shoegazing, aber doch temporeich und tanzbar – das war es, was das Duo aus Kat Day und Nicholas Wood hier ablieferte. Der herunterkommende Regen war für die Zuschauer hierbei auch weitestgehend kein Hindernis, zu hoch war einfach die Qualität der Show, mit der die Band das Programm der Parkbühne 2019 beendeten.

Setlist THE KVB @ Nocturnal Culture Night 2019:
01. Only Now Forever
02. Always Then
03. In Deep
04. Afterglow
05. Awake
06. On My Skin
07. Violet Noon
08. White Walls
09. Night Games
10. Never Enough
11. From Afar
12. Above Us
13. Here It Comes
14. Dayzed

Es war soweit: Der Abschluss des Festivals stand an. Alles fokussierte sich nun noch einmal auf die Amphibühne, auf der Covenant dem Regen trotzten – und mit ihnen auch die Zuschauer. Das versuchte stattdessen, sich wieder trocken zu tanzen. Eine gute Idee zur gebotenen Songauswahl, in der beispielsweise direkt nach einem „doppelten Intro“ mit Bullet eröffnet wurde. Mit wenigen Ausnahmen (wie Intermission: Das Nibelungenlied) blieb es auch schnell und tanzbar. Der unverkennbare Covenant-Sound brillierte wie gewohnt in Stücken wie Figurehead, We Stand Alone, Ritual Noise oder auch Like Tears In Rain, das diesmal tatsächlich in der englischen Version und nicht als Leiermann gespielt wurde. Das mit dem Regen stimmte, Gründe für Tränen gab es keine. Höchstens, dass nach Call The Ships To Port nicht nur der Auftritt sein Ende nahm, sondern auch ein hervorragendes Festival. Eines, das man gerne wieder besucht!

Setlist COVENANT @ Nocturnal Culture Night 2019:
01. Pantheon Field Recording (Intro)
02. Feedback (Intro)
03. Bullet
04. All That Is Solid Melts Into Air
05. Figurehead
06. Atomheart
07. Brave New World
08. 20 Hz
09. False Gods (Gesang Daniel Myer)
10. We Stand Alone
11. Intermission: Das Nibelungenlied
12. Flux
13. Ritual Noise
14. Like Tears In Rain
15. Lightbringer (GesangDaniel Myer)
16. Call The Ships To Port

Man sollte sich schon einmal das erste September-Wochenende 2020 notieren, denn dann geht das Festival in Runde 15. Als erster Act steht bereits Midge Ure fest. Man darf gespannt sein, was für ein Line-Up die Veranstalter bis dahin zusammenstellen. Die Mischung aus etablierten Acts und spannenden kleineren Acts (und damit potenziellen Neuentdeckungen) war in diesem Jahr wieder sehr gut gelungen und macht schon jetzt neugierig auf die nächste Runde der Nocturnal Culture Night!

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