Es gibt Alben, bei denen es schwer ist, wirklich objektiv an die Sache heranzugehen. Gerade die Cranberries sind so ein Fall, ist doch schließlich Sängerin Dolores O’Riordan im vergangenen Jahr tragisch verstorben. Zum einen will man natürlich einer Verstorbenen nicht Unrecht tun, zum anderen aber kommt dazu, dass derlei „Post-Mortem-Alben“ gerne mal ein Geschmäckle haben – die durch den Tod entstehende oder neu gewonnene Prominenz kann schnell mal der eine oder andere findige Geschäftsmann auf Ideen kommen, was man denn mit dem Archiv-Material noch so alles anstellen könnte. Aber: Man kann schon einmal vorab feststellen, dass beides nicht der Fall ist. Weder ist es ein musikalischer Ausrutscher, noch wird hier ein schneller Euro gemacht.
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Zwei potenzielle Vorwürfe, zwei Entkräftungen: Es handelt sich hierbei nicht um aufgewärmtes Archiv-Material, sondern um Material, das noch vor dem Tod der Sängerin entstand, dessen Demo-Versionen bereits vorlagen und nun vom Rest der Band fertiggestellt wurden. Und damit einhergehend: Es ist nicht irgendwelches Material, das den gewohnt hohen musikalischen Standard der Band weiterhin hochhält. Wobei das Thema der Vergänglichkeit sich häufiger aufdrängt. In The End ist ein selbstredender Albumtitel, der Opener All Over Now ist auch deutlich. Und sofort merkt man wieder, welch großen Verlust die Musikwelt da erlitten hat. Treibende Melancholie mit der unglaublich markanten und eingängigen Stimme von Dolores O’Riordan, dazu Klänge in Moll, die einen berühren und direkt abholen.
Man merkt direkt: Man befindet sich auch nach dem Tod der Sängerin noch inmitten eines gelungenen Cranberries-Albums. Die Stärken, die man von der Band seit je her kannte, finden auch hier wieder zusammen. Im treibenden wie auch im balladesken Bereich und all den Tönen dazwischen. Lost beispielsweise als sehnsüchtig schmachtende Ballade. Oder auch Wake Me When It’s Over als druckvolles Stück im mittleren Tempo-Bereich, das neben dem Gesang auch maßgeblich von einer Bass-Hookline getragen wird. Oft klingt es melancholisch, was die Band auf diesem letzten Werk nicht daran hindert, dass auch der Optimismus durchschimmert. Illusion beispielsweise klingt traurig, aber verliert dabei nie die Hoffnung, sondern lässt immer ein Licht durchscheinen.
Und dennoch: Alles geht zu Ende. So ist das letzte Stück dann auch das, das dem Album seinen Titel gab. In The End, mit klaren Gitarrenlinien, einem traurig anmutenden Gesang, die von Dolores O’Riordan gekannte Lautmalerei – ein ruhiger und gelungener Ausklang des Albums. Eines Albums, über das man sich freuen müsste, was jedoch unter den Umständen der Entstehungsgeschichte schwer fällt. Definitiv ist es ein gelungenes Abschiedswerk der Band, das vielleicht nicht den Überhit enthält, aber ein zweites Zombie schreibt man auch nicht so schnell. Dafür ist es ein Album ohne Schwachstellen, das einen gelungenen und würdigen Abschied gewährleistet und der verstorbenen Frontfrau in allen Punkten gerecht wird!
Tracklist THE CRANBERRIES – In The End:
01. All Over Now
02. Lost
03. Wake Me When It’s Over
04. A Place I Know
05. Catch Me If You Can
06. Got It
07. Illusion
08. Crazy Heart
09. Summer Song
10. The Pressure
11. In The End
Weblinks THE CRANBERRIES:
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