Interview: JOHNNY DEATHSHADOW – “Als wir angefangen haben wirkte die schwarze Szene deutlich vitaler.”

JOHNNY DEATHSHADOW auf Tour mit UNZUCHT und HELL BOULEVARD
Geschätzte Lesezeit: 5 Minute(n)

Im November und Dezember haben die Industrial-Gothic-Metaller Johnny Deathshadow auf Tour mit Unzucht erste Lieder ihres neuen Albums D.R.E.A.M. präsentiert, das am 18. Januar 2019 erscheinen wird. Wir haben uns im Vorfeld mit Frontman “Johnny” unterhalten, um mehr über das Album und die Band zu erfahren. Wer Johnny Deathshadow kennt, weiß, dass Tiefsinn und Augenzwinkern bei den Hamburgern dicht beieinander liegen.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Der Albumtitel suggeriert ein Akronym. Was verbirgt sich hinter D.R.E.A.M.?
Das verraten wir im Booklet der Platte, es ist aber auch eine Anspielung und erlaubt mehrere Deutungen, ein zweites Album herauszubringen und diese Band so weiterzutreiben ist schließlich für uns auch ein Traum. Es hat aber auch etwas mit dem Wu-Tang Clan [von denen der Song C.R.E.A.M. – “Cash Rules Everything Around Me” – stammt, Anmerkung des Verfassers] und dem Inhalt der Songs und der ästhetischen Einflüsse zu tun.

Euer Elevator Pitch zum neuen Album?
Industrial, Gothic, Metal und amerikanisch beeinflusster Emokram alles zusammen in Eins. Aber in Gut und lyrisch, ohne deutsche Schlagerbreitseite oder Kitsch.

Interview: JOHNNY DEATHSHADOW - "Als wir angefangen haben wirkte die schwarze Szene deutlich vitaler."Im Press Kit heißt es, dass ihr mit D.R.E.A.M. angetreten seid, um “der überalterten deutschen Düsterrock-Garde endlich die Gothic-Metal-Krone zu entreißen”. Ist das so? Müssen Unzucht Angst vor euch haben, mit denen ihr im November und Dezember 2018 auf Tour gewesen seid?
Unzucht gehören ja zu den neueren Bands und sind gute Freunde von uns. Aber viel wichtiger ist, dass sie in ihrer Musik konsequent dynamisch und voll mit Inhalt sind. Mit dem Statement stellen wir uns eher gegen die älteren Bands, die sich nur noch wiederholen und längst in monotone Apathie und Wiederkäuerei alter Erfolge geraten sind. Da kann man viele Beispiele nehmen, auch nicht nur in der deutschen Szene. Es braucht zum Beispiel niemand ein weiteres 69 Eyes Album.

Das neue Album wirkt auf mich eingängiger als der Vorgänger Bleed With Me. Habt ihr ein Muster, um neue Songs zu entwickeln?
Bei der Arbeit an diesem Album wussten wir aufgrund der Erfahrungen aus der Bleed With Me Produktion schon am Anfang viel genauer was wir wollen, daran mag es vielleicht liegen. Als wir das erste Album geschrieben haben, war noch relativ unklar wie das Ganze klingen wird und welche Art von Songs wir machen wollen. Nachdem wir mit der ersten Platte weitestgehend zufrieden waren, war also klar, dass es in die gleiche Kerbe geht. Nur in besser, dichter, schlüssiger und größer.

Auf dem Album sind wiederholt Kinder zu hören. Was ist die Idee dahinter?
Dieses Mal haben wir keine echten Kinder auf der Platte – aber Backing Vocals aus dem Bandumfeld und Samples von nordkoreanischen Cheerleadern. Die bieten hier und da einen guten Kontrast zu der Schwere der Musik. Und solche Chöre stehen in ihrer Harmonie natürlich auch immer in einem schönen Widerspruch zu einer eher finsteren Ästhetik und sind dementsprechend effektiv.

Lasst Euch im Alltag nicht durch Farben und Fahnen trennen

Ihr widmet euch weiterhin dunklen, morbiden Themen. Was reizt euch daran? Ist die dunkle Seite stärker?
Der Tod, das Sterben sowie andere extreme menschliche Erfahrungen haben in unseren Texten immer eine wichtige Rolle gespielt. Das liegt daran, dass die Musik ein gutes Ventil ist, um solche Themen zu bearbeiten. Aber das Nachdenken über diese Themen ist eben auch so universell, dass es mich immer gereizt hat, darüber zu schreiben und nicht zum Beispiel darüber, Bier zu trinken oder sich zu verlieben – auch wenn das natürlich ebenfalls universelle Themen sind. Die dunkle Seite ist sicherlich nicht stärker. Im Gegenteil macht gerade der Umgang mit dem Tod das Leben lebenswert, zeigt Perspektive und bringt mit der Musik ja auch Menschen zusammen, was sicherlich nicht so schlecht ist.

Welche Botschaften stecken in eurer Musik?
Eine Botschaft ist sicherlich, dass wir Menschen alle gleich sind. Spätestens im Tod werden wir alle nur zu Fleisch und Knochen. Also lasst euch auch nicht im Alltag durch Farben und Fahnen trennen.

Das Press Kit vergleicht euer Album mit Paradise Lost, Combichrist, Lord of the Lost, Ministry, Deathstars, Pain und Die Krupps. Unterschreibt ihr das? Wie ordnet ihr euch selbst stilistisch ein?
Solche Vergleiche sind immer erst einmal dafür da, um potenziellen Käufern, die wirklich nicht wissen was wir machen, einen Leitfaden an die Hand zu geben, womit man es so grob vergleichen könnte. Wir selbst ordnen uns irgendwo als Mischung all dieser Bands ein, aber es gibt so viele Einflüsse für unsere Musik, dass es sehr schwer ist, da einen richtig guten Vergleich zu finden.

Interview: JOHNNY DEATHSHADOW - "Als wir angefangen haben wirkte die schwarze Szene deutlich vitaler."
Am 18. Januar 2019 erscheint das neue Album D.R.E.A.M. von Johnny Deathshadow.

Wer ist eigentlich dieser Johnny Deathshadow? Was inspiriert ihn?
Musik, Gedichte, Weltgeschehen, Krieg, Gewürzgurken und Videospiele.

Welchen Stellenwert haben die elektronischen Elemente für eure Musik?
Einen hohen. Diese Elemente ermöglichen es uns Sounds zu nutzen, die wir mit unseren normalen Instrumenten nicht erzeugen könnten. Uns war schon sehr früh klar, dass wir Elektronik, Synthesizer und Sampler nutzen wollen, im Prinzip schon bei der Bandgründung. Also Jahre bevor Know-How und Equipment es uns erlaubt haben, so etwas auch live auf die Bühne zu bringen. Fehlende Kenntnisse und Fähigkeiten sind letztendlich der einzige Grund, warum auf unserer ersten EP noch keine Elektronik zu hören ist.

Haben euch die Touren mit Cypecore und Die Krupps für D.R.E.A.M. beeinflusst und wenn ja, inwiefern?
Als Band haben uns die Touren sicherlich beeinflusst, aber für die Arbeit an der Platte selbst waren da immer Einflüsse wichtiger, die wir schon lange haben. Das Songwriting für D.R.E.A.M. war während der Touren auch schon weitestgehend abgeschlossen. Allerdings taucht Dominic von Cypecore als Gastschreier auf unserer Platte auf und Marcel von Die Krupps hat bei ein paar Songs mitgeschrieben und ein paar coole Sounds und Riffs beigesteuert, auch das aber schon vor der Tour.

Bei einigen Konzerten im Bereich EBM/Industrial Metal/Gothic Rock habe ich in letzter Zeit Publikumsschwund wahrgenommen. Welchen Eindruck habt ihr von der Szene?
Generell scheint das Livegeschäft aktuell etwas nachzulassen, zuhause bleiben ist wohl deutlich gemütlicher. Ob das nun eine Auswirkung der Digitalisierung und Spotify und Co. ist oder vielleicht einfach zu viele Bands touren und zu viele Festivals die Aufmerksamkeit des Publikums beanspruchen, weiß ich nicht. Wir haben aber auch den Eindruck, dass es ein Problem gibt. Als wir angefangen haben, wirkte die schwarze Szene deutlich vitaler.

Masken eignen sich zum Verkleiden, zum Erheitern und Erschrecken. Man kann sich hinter ihnen verstecken oder zu einer anderen Person werden, in eine Rolle schlüpfen. Welche Funktion hat euer Stage Make-Up?
Sicherlich mehrere, es erhöht die Distanz zum Publikum, aber auch zum Alltag und hilft so allen Beteiligten. Nicht ganz zu vernachlässigen ist aber auch, dass wir einfach fanden, dass es cool aussehen würde. Man kann so etwas also auch überanalysieren.

Zum Abschluss noch einmal D.R.E.A.M. Wovon träumt Johnny Deathshadow?
Davon die Möglichkeit zu haben, eine dritte Platte zu machen. Also D.R.E.A.M. kaufen/streamen und allen Freunden davon erzählen.

Wir wünschen viel Erfolg. Herzlichen Dank für das Interview.

Termine JOHNNY DEATHSHADOW 2019 (als Support für Hell Boulevard)

14.02.2019 Frankfurt, Nachtleben
15.02.2019 Stuttgart, Club Zentral
16.02.2019 München, Backstage
21.02.2019 Bochum, Rockpalast
22.02.2019 Berlin, Musik & Frieden
23.02.2019 Hamburg, Logo

tickets

Weblinks JOHNNY DEATHSHADOW:

Homepage: www.johnnydeathshadow.com
Instagram: www.instagram.com/johnnydeathshadow
Facebook: www.facebook.com/johnnydeathshadow

Autor