In der Reduktion offenbart sich Meisterschaft.
Ich liebe Michael Sele. Ich mache da gar keinen Hehl draus. Im Grunde ist alles an diesem Menschen liebenswert: Seine Musik, seine Stimme, seine Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden, seine feinsinnige Art, dass er und seine Musiker auf den Konzerten von The Beauty Of Gemina einem immer das Gefühl geben, wirklich mit ihnen zusammen zu sein. Aber wenn es etwas gibt, dem ich äußerstes Unbehagen entgegenbringe, dann ist es der Mainstream. Alle, die mich kennen, können ein leidvoll Lied davon singen und ich weiß, dass das ein engstirniges Vorurteil ist. Eins, dass sich über die Jahre immer wieder bestätigt hat, ein Vorurteil aber dennoch.
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Musikalisch wird der Mainstream für mich durch das Radio verkörpert. Ein großes Ziel von Herrn Sele ist es, dass seine Musik im Radio gespielt werden. Radiostationen in der Schweiz und Liechtenstein, wo The Beauty Of Gemina eine breitere Fan-Gemeinde haben, weigern sich seit Bestehen der Band deren Songs zu spielen. Das liegt wohl anscheinend immer noch an ihrem allerersten Song Suicide Landscape. In Deutschland wurden sie bislang auch nicht gespielt, aber hier gehört die Band ja auch zum Underground.
Diese letzte Barriere ist nun gefallen. Die erste Single von Flying With The Owl, Ghosts, lief im deutschen Radio. Die Schweiz zog nach und auch Liechtenstein präsentiert nun das neue Album. Für Michael Sele ist ein lang gehegter Traum in Erfüllung gegangen. Endlich bekommt die Band auch in ihren Heimatländern die Anerkennung, die sie verdient. Und ich muss mich damit abfinden, dass ich nun Fan-Girl einer Band bin, die im Radio gespielt wird. Es fällt mir leichter als gedacht, denn The Beauty Of Gemina haben ein Album vorlegt, das so überhaupt nichts vom Mainstream hat.
Flying With The Owl ruht in sich selbst. Bereits auf dem Vorgängeralbum Minor Sun waren Dark Americana und Blues-Elemente stark in den Vordergrund getreten, was Sele auf Flying With The Owl noch konsequenter umsetzt. Das gelingt ihm, indem er, was dem Blues eigen ist, destilliert: unverfälschte Emotion, originäres Songwriting und Akustik-Gitarre. Erst danach garniert er, staffiert aus, dekoriert und verleiht den elf Songs eine gewisse wohl dosierte und delikate Raffinesse, die diese vielleicht gar nicht benötigt hätten, sie aber zu unverkennbaren The Beauty Of Gemina Songs machen. Wir begegnen der hervorragenden Schlagzeugarbeit von Mac Vinzens, Violine, Cello, sowie zahlreichen inspirierenden Improvisationen an Klavier und Gitarre.
So wird Shades Of Summer zu einem sehnsuchtsgeladenen Abschiedsstück an den scheidenden Sommer, das Wehmut und Verlangen gleichzeitig nährt und sich in einem goldenen Zwielicht verliert. River malt uns in verschiedenen Farben und Facetten das impressionistische, wie flüchtige Gemälde einer Flusslandschaft im Herbst. In The Dark ist ein Flüstern, zarte Introspektion, die uns das Gefühl ruhiger Geborgenheit und kühler Freiheit einer Nacht im Freien einhaucht.
Ich habe selten ein Album gehört, das musikalisch einladender war, in seiner Einfachheit mehr überzeugt und in seiner Melancholie mehr Wärme und Zuversicht ausgestrahlt hat. Michael Sele scheint auf dem Höhepunkt seiner Fähigkeiten als Songwriter angekommen zu sein. Aber haben wir das bei Minor Sun nicht auch schon behauptet? Flying With The Owl lässt nur eine Frage offen: Was kommt danach?
Flying With The Owl erscheint am 12.Oktober bei Tbog/Artist Ms (Alive).
Anspieltipps: River, Shades Of Summer
Tracklist THE BEAUTY OF GEMINA – Flying With The Owl:
01. River
02. Into My Arms
03. Monsters
04. Ghosts
05. In The Dark
06. I Pray For You
07. Tunnel Of Pain
08. Again
09. Shades Of Summer
10. Suicide Day
11. Wood Song
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