Alles hätte so schön werden können an diesem Abend. Das c/o pop-Festival 2018 feierte seine (ausverkaufte) Eröffnung und erfüllte gleich mehrere Wünsche auf einmal. Zumindest, wenn man Fan von Deutschrap alter Schule ist und Abwechslung vom heute omnipräsenten Autotune-Trap braucht. Nicht nur die Beginner waren für einen derben Abriss vor Ort. Im Vorprogramm sorgten zudem Afrob und Samy Deluxe für eine Einstimmung, die passender hätte nicht sein können.
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Doch mit zahlreichen Zuschauern meinten es die Umstände einfach nicht gut. Wenige Stunden vor Konzertbeginn erhalten wir die Meldung, dass im Kölner Stadtteil Deutz – und in diesem liegt das Tanzbrunnen-Gelände – ein Blindgänger entschärft werden muss. Folge: Der Zugverkehr kam stundenlang komplett zum Erliegen, eine Anreise zum Konzert war nur noch per Auto möglich. Dies führte dazu, dass auch der Schreiber dieser Zeilen erst an Ort und Stelle eintraf, als Afrob und Samy zum Ende des Vorprogramm-Slots ihren ewigen ASD-Klassiker Sneak Preview zum Besten gaben. Ärgerlich, ärgerlich.
Die Vielzahl der verkauften Karten hatte darüber hinaus zur Folge, dass die aus dem Vorjahr und vom Amphi-Festival wie auch vielen weiteren Konzerten bewährte teilüberdachte Bühne diesmal nicht genutzt und eine weitere Stage am anderen Ende des Geländes aufgestellt wurde. Eine in der Theorie erstmal nachvollziehbare Entscheidung, die für den Großteil der Besucher jedoch fatale Folgen haben sollte. Denn pünktlich zur Umbaupause begann MC Petrus, die Crowd derbe zu fronten. Übersetzung für diejenigen, die des Hip-Hop-Slangs nicht mächtig sind: Es begann in Strömen zu regnen. Dies zu allem Überfluss ergänzt durch den ein oder anderen Blitz am Himmel. Somit standen die vielen Tausend nicht wetterfest gekleideten Besucher vor der Entscheidung, sich entweder zwei Stunden ins Unwetter zu stellen – oder das Konzert überdacht von da zu verfolgen, wo sonst die Konzerte stattfinden, aber aufgrund des nicht so weitreichenden Sounds kaum etwas von Musik und Show mitzubekommen. Mit anderen Worten: eine Wahl zwischen Pest und Cholera.
Dies garniert mit völlig unterbesetzten Gastroständen, an denen man gegen 20.30 Uhr nach einer halben Stunde Wartezeit von maßlos überforderten Thekenkräften zu hören bekommt, dass außer hochpreisigem Mineralwasser (5€ für 0,5l) nur noch ein Gesöff erhältlich ist, dass kein Mensch außerhalb Kölns ernsthaft als Bier bezeichnen kann, ergab in Sachen Drumherum in Summe viel Frust und wenig Lust.
Beginner mit bärenstarker Performance
Wer tatsächlich zu den Glücklichen gehörte, die vorab an das Mitbringen eines Regenschirms gedacht hatten (oder komplett schmerzfrei und sorgenlos in die garantierte Sommergrippe reinrauschte), bekam aber immerhin einen hochqualitativen Main-Act geboten. Die Beginner taten ihr Bestmögliches, die Stimmung hochzuhalten und lieferten nicht nur einen feinen Querschnitt aus ihrem Schaffen mit allen wichtigen Hits und Klassikern, sie garnierten das 100 Minuten lange Set auch mit zahlreichen Gastauftritten. Dass Afrob und Samy Deluxe immer mal wieder reinschneiten, war abzusehen – die Auftritte der befreundeten Kult-MCs Torch und “Funkjoker” Toni L. kamen dann doch überraschender und wurden entsprechend frenetisch bejubelt. Wir waren mal Stars? Nun ja, wer diesen Auftritt miterleben durfte, wünscht sich insgeheim wohl doch, dass Deutsch-Rap von anderen Künstlern repräsentiert würde, als von denjenigen, die das in den vergangenen Jahren tun …
Jedenfalls gab es jede Menge Rap und fette Bässe gegen die Nässe, Eißfeldt, Denyo und DJ Mad interagierten immer wieder scherzhaft mit den Fans, (“Ey Köln, wir haben den Regen mitgebracht!”) leisteten sich keinerlei Hänger und die auf die DJ-“Pyramide” projizierten Visuals gehören mit zum Beeindruckendsten, was deutscher Hip-Hop anno 2018 zu bieten hat. Rein musikalisch war es also ein bärenstarker – tschuldigung – derber letzter NRW-Auftritt mit der Advanced Chemistry-Liveshow – und ganz sicher keine Fäule …