…was hat das Mittelalter nur aus uns gemacht?
18 Jahre und zehn Alben ist es her, seit ein junger Haufen Spielmänner aus Karlsruhe in die Welt hinauszog, um die Massen mit Mittelalterrock zu erfreuen. Die Pfeifen, Dudelsäcke und Drehleiern qualmten, die Texte drehten sich um Mythen, Märchen und – wie es sich für Spielleute gehört – ein wenig augenzwinkernde Gesellschaftskritik. Jetzt steht Brot und Spiele in den Startlöchern – und lässt ein bisschen ratlos zurück.
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Vielversprechend, atmosphärisch, nahezu gänsehauterzeugend kommt das Intro Ein Stück Unsterblichkeit daher. Simple, aber effektive Gitarren- und Klavierklänge steigern sich ins Epische und erzeugen ungeheure Spannung auf das, was da kommen möge auf Album Nr. 11. Mit Große Träume folgt sogleich die erste Single-Auskopplung. Gut gewählt, denn der Song erscheint als treffende Kurzbeschreibung des gesamten Albums. Vergleiche zu (heutzutage eher seicht gewordenen) Deutschpunkbands wie den Toten Hosen kamen allerorts auf, leider nicht ganz ohne Berechtigung. In ähnlicher Manier geht es weiter, Dorn im Ohr erzählt von der politischen Wirkkraft der Musik, in Europa betrauert man die enttäuschende Entwicklung des einstmals so vielversprechenden Europa-Gedanken. Für die Ballade Spur des Lebens holt man sich Marta Jandová (Die Happy) ans Mikro, mit Nie wieder Alkohol und dem selbstironischen Mittelalter sind auch zwei klassische Party-Sauflieder mit an Bord. Ein Highlight des Albums ist das titelgebende Brot und Spiele, welches knackig daherbrettert und mit einem nach Schlachtansage klingenden Dudelsack die volle Ladung Folk-Punk abliefert, aber dennoch irgendwo ein wenig nach dem „alten“ Saltatio Mortis klingt. Auch Brunhild erinnert eher an frühere Tage, bei Besorgter Bürger bedarf es wohl keiner tiefsinnigen Analyse zur Erläuterung, mit wem die Jungs hier abrechnen.
Brot und Spiele hinterlässt gemischte Gefühle. Das Mittelalter tritt deutlich in den Hintergrund (sowohl textlich als auch musikalisch), tatsächlich klingen Saltatio Mortis hier stark nach deutschsprachigem Punkrock – und büßen damit einiges ihrer bisherigen Einzigartigkeit ein. Chorales Gegröhle peppt, wenn man so will, gefühlt drei Viertel der Songs auf, wirklich hervorstechen tun nur wenige. Die kreative Weiterentwicklung, das Wachsen und Erwachsenwerden mag man den Jungs natürlich nicht verwehren. Wer deutschsprachigen, eingängigen Punkrock mit einer Prise Dudelsack mag, kann sicherlich Gefallen an Brot und Spiele finden. Der Rest, der noch am Saltatio Mortis früherer Tage hängt, findet vielleicht eher Gefallen an CD 2 der Deluxe Edition – hier geht es wieder ganz zurück ins Mittelalter.
Tracklist SALTATIO MORTIS – Brot und Spiele:
- Ein Stück Unsterblichkeit
- Große Träume
- Dorn im Ohr
- Ich werde Wind
- Europa
- Spur des Lebens
- Brot und Spiele
- Nie wieder Alkohol
- Träume aus Eis
- Mittelalter
- Brunhild
- Besorgter Bürger
- Sie tanzt allein