HARDCORE SUPERSTAR / FOZZY – Essen, Turock (16.11.2017)

HARDCORE SUPERSTAR / FOZZY – Essen, Turock (16.11.2017)
Fozzy, © Patrick Friedland
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Schnörkelloser Hardrock stand an einem recht kühlen herbstlichen Donnerstagabend im Essener Turock auf dem Programm. Hardcore Superstar und Fozzy sind für mehrere Wochen in Europa auf Doppel-Headliner-Tournee, zudem ergänzen The Last Band sowie Madame Mayhem das Line-Up.

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Es ging ungewöhnlich früh los. Um 18:45 Uhr eröffneten Madame Mayhem aus NYC den Abend. Schwarz gekleidete Typen an den Instrumenten, schwarz gekleidete Sängerin mit schwarz gefärbten Haaren – und zum Glück kein Trällerelsen-Symphonic-Metal, den die optische Verpackung vermuten ließ. Grundsolide spielten sich die Protagonisten, die teilweise auch schon für große Namen wie Korn oder Guns n’ Roses auf der Bühne standen, durch ihre 30 Minuten, die Frontfrau besitzt zweifellos die passende Stimme für den Sound zwischen Rock ’n’ Roll und Metal. Fleißpünktchen verdiente sich Madame Mayhem für den sofort nach Auftrittsende angetretenen Weg in Richtung Merchandise.

Den sollten auch The Last Band relativ flott nach ihrem letzten Song finden. Jedoch um einiges durchgeschwitzter als die Gruppe, die vor ihnen auf der Bühne stand. Kein Wunder, agiert das Quintett aus Göteborg doch mit deutlich mehr Körpereinsatz. Beide Gitarristen sowie Bassist Dennis Andersson lieferten sich über 30 Minuten einen bandinternen Headbang-Contest. Vokal unterscheiden sich The Last Band stark von den anderen Acts des Abends. Chris Blood (ob das sein echter Name ist?) schreit sich durchgängig die Seele aus dem Leib. Mitreißend war die druckvoll gespielte Mischung aus Metal, Punk und Hardcore allemal.

Wrestling-Fans in der Überzahl

Im Anschluss wurde es brechend voll im Turock, Platz war eigentlich nur noch auf der Treppe. Sanity, Finn Bálor, CM Punk, Seth Rollins, Baron Corbin, Bullet Club… Namen wie diese zierten die bunten Oberteile der meisten Zuschauer vor der Bühne. Bereits die für ein Rock-Konzert recht ungewohnten Shirtmotive wiesen darauf hin, dass Fozzy ihren Bekanntheitsgrad vor allem der Haupttätigkeit ihres Sängers verdanken. Chris „Y2J“ Jericho ist seit 1999 als Profi-Wrestler für die WWE tätig und einer der besten wie populärsten Ringkämpfer der vergangenen 20 Jahre. Im Gegensatz zu seinem häufig äußerst arroganten Charakter, den er in und neben dem Ring bei WWE-Shows einnimmt, versucht Musiker-Jericho alles, um seinen Mitstreitern nicht die Schau zu stehlen. Die obligatorischen lautstarken „Y2J“-Rufe wischte Jericho mit einer deutlichen Handgeste weg. Das Publikum solle doch bitte „Fozzy“-Rufe anstimmen. Dies gelang.

Verdient. Denn die Band weiß, wie man Ohrwürmer schreibt. Ob die neuen Stücke wie Drinkin’ With Jesus vom kürzlich veröffentlichten Album Judas oder alte Klassiker wie Do You Wanna Start A War? oder Enemy – eigentlich lädt jeder Song zum Mitgrölen ein. Neben der erwartungsgemäß vor Superstar-Aura nur so strotzenden Bühnenpräsenz Jerichos machte auch Co-Songschreiber und Gitarrist Rich Ward mit starken Vocals und großer Publikumsnähe auf sich aufmerksam. Für ein Solo inmitten von Sandpaper verschlug es den hageren US-Amerikaner mitten in den Pulk vor der Bühne. Nach 60 Minuten mit elf Songs, darunter einem fetzigen ABBA-Cover, machte Y2J der völlig begeisterten Crowd dann noch das schönste Kompliment, was ein Chris Jericho jemand anderem machen kann: „Essen, YOU JUST MADE THE LIST!!!

Setlist FOZZY @Essen, Turock (16.11.2017)

01. Judas
02. Drinkin’ With Jesus
03. One Crazed Anarchist
04. Spider In My Mouth
05. Painless
06. Do You Wanna Start A War?
07. Lights Go Out
08. SOS (ABBA-Cover)
09. Bad Tattoo
10. Enemy
11. Sandpaper

Was nun folgte, hat auf Konzerten absoluten Seltenheitswert. Denn der bei Fozzy so proppevolle Zuschauerraum leerte sich zum Auftritt des Headliners Hardcore Superstar merklich. Zahlreiche Besucher waren offensichtlich nur gekommen, um ihren Wrestling-Helden mal aus nächster Nähe zu Gesicht zu bekommen. Oder begnügten sich von vornherein mit dem Auftritt der Band nur dreieinhalb Monate zuvor auf dem NORD Open Air. Diejenigen, die blieben, bekamen eine Stunde starken Hardrock schwedischer Prägung auf die Ohren. Getreu dem Bandmotto „You Can’t Kill My Rock N’ Roll“ gaben Jocke Berg, Vic Zino, Martin Sandvik und Adde Andreasson ordentlich Gas. Catchy, melodisch und trotzdem aggressiv – eine solche Kombi erlebt man selten. Bierbecher und Pommesgabeln in die Höhe, laut wurde mitgesungen und ein toller Abend mit mitreißenden Rockbands ging zu Ende. Wiederholung ausdrücklich erwünscht!

Setlist HARDCORE SUPERSTAR @Essen, Turock (16.11.2017)

01. Beg For It
02. Liberation
03. My Good Reputation
04. Dreamin’ In A Casket
05. Touch The Sky
06. Sensitive To The Light
07. Dear Old Fame
08. Have Mercy On Me
09. Above The Law
10. Last Call For Alcohol
11. Moonshine
12. We Don’t Celebrate Sundays

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