Als die Vorband Kids Of Adelaide die ersten Akkorde ihrer folk-popigen Songs zum Erklingen bringen, stehen viele der Gäste noch vor dem Gloria in Köln und warten auf den Einlass. Davon ließ sich das sympathische Duo aus Stuttgart aber nicht beeinträchtigen und bot dem bereits eingelassenen und gut gelaunten Publikum eine Mischung aus eigenen sowie Cover-Songs bzw. Interpretationen bekannter Songs. Die Stimmung war ausgezeichnet und das Publikum – für die sonst oft satten und schwer zu beeindruckenden Kölner – äußerst dankbar. Mit Akustik-Gitarre, Mandoline, Mundharmonika und Percussion (Kick Drum und Schellenring) sowie zweistimmigem Gesang sorgten die beiden jungen Männer für Abwechslung und ebneten den Weg für den Star des Abends.
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Kiefer Sutherland (u.a. bekannt aus den Filmen “Lost Boys” und “Flatliners” sowie den Serien “24” und “Designated Survivor”) ließ seiner tighten Band den Vortritt und kam zuletzt auf die Bühne. Mit Cowboy-Hut und Hemd war die Marschrichtung auf Anhieb klar: der Kanadier hat sich dem Country-Pop mit bluesigen Einflüssen verschrieben. Sutherland rückte die Musik in den Vordergrund und kam erfrischend wie überraschend persönlich rüber – vielleicht verzichtete er auch deshalb auf ein Backdrop mit seinem Namen. Auch zwischen seinen Liedern gibt er erstaunlich viel von seinem Leben preis und bringt das so authentisch wie sympathisch rüber – Star-Allüren? Fehlanzeige. Auch wenn er sich das ein oder andere Mal zu sehr in Standard-Rocker-Posen gefällt und damit die Aufmerksamkeit von seinem Leadgitarristen, der gerade ein Solo shreddert wegnimmt. Es sei ihm gegönnt, die Songs kommen aus Bauch und Herz und treffen die Zuhörer auch genau dort wieder rein. Hier ist nichts (wie sonst in seinem Hauptberuf) gespielt, auf der Passion für die Musik und seinen einfühlsamen Texten liegt der Fokus. Und das passte jederzeit.
Der Einfluss der Country/Songwriter-Legende Johnny Cash war omnipräsent. So verwunderte auch nicht, dass Sutherland dem 2003 verstorbenen “Man in Black” einen Song widmete. In dem geht es thematisch passend um die letzte Nacht eines Gefangenen vor seiner Exekution. Zwischen seinen gefühlvollen und ehrlichen Songs erzählt Sutherland, was ihn zum Schreiben der Stücke veranlasst/motiviert hat. Es sind Lieder über (verlorene) Liebe, Trauer, Einsamkeit und Alkohol. Es habe ihn bei den Vorbereitungen zu den Albumaufnahmen selbst schockiert, wie viele Songs er übers Trinken geschrieben habe, erklärte der 50-Jährige.
Poppige Country-Balladen dominierten das Set, aber wechselten sich ab und an mit bluesigen Songstrukturen und groovigeren Stücken mit Bottle-Neck-Soli ab. Die Band ist solide, der Bass treibt untenrum gut an und die Drums sind wuchtig. Das Publikum war gut gelaunt und belohnt jede Geste Sutherlands mit Jubel und Applaus. Der ehemalige „Jack Bauer“ genoss das sichtlich und zeigte sich glücklich wie dankbar. Die Stimmung war durchweg positiv, auch wenn die meisten Songs doch sehr melancholisch sind. Doch das steht Kiefer Sutherland (und seiner Band) außerordentlich gut.
Die etwas rockigeren Uptempo-Nummern gegen Ende des Sets stehen ihnen sogar noch besser und bilden einen runden Abschluss, bis zur Zugabe. Für ein paar Songs traten der Star des Abends und seine Mitmusiker noch einmal hinter dem Vorhang hervor. Hier erhielten vor allem Leadgitarrist und Drummer nochmal die Chance zu zeigen, welch musikalische Urgewalt in ihnen steckt. Einzig das Cover von Bob Dylans Knocking on Heaven’s Door hätte sich Sutherland wohl sparen können. Das ist eher Schulbands vorbehalten, oder solchen Größen wie Eric Clapton oder auch noch Guns’n’Roses. Ein Crowdpleaser war es allemal – tosenden Applaus gab es von den Kölnern, die bis zur letzten Note begeisterungsfähig waren. So macht das Spaß. Alerdings nervten auch bei diesem schönen Konzert wie so oft die Hobbyfilmer. Schon Olli Schulz wusste: “Man kann einen magischen Moment nicht auf einem Chip festhalten.” Außerdem gibt es Presse-Fotografen, die eh bessere Bilder einfangen, anstatt dieser verwackelten, komprimierten Amateur-Aufnahmen, die sich später keiner mehr anschaut. Deshalb zum Schluss mein ganz persönliches Plädoyer: Runter mit den Smartphones, hoch mit den Händen und den Gläsern. Für mehr Rock’n’Roll auf der Bühne – Kiefer Sutherland hat es schon mal vorgemacht.
Fotos: Michael Gamon