Wie ein Phönix aus der Asche
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Wie ein Phönix aus der Asche, läutete das Jahr 2014 tatsächlich die Wiedergeburt von L’Âme Immortelle ein. Dass die Wiener diesen Moment schon 8 Jahre zuvor mit Phönix vertont hatten, dürfen feinsinnige Naturen gerne als Ironie des Schicksals verbuchen. Elektronisch – Episch – Ewig kehrte mit Drahtseilakt der Einklang zurück. Unter der Ägide von Produzent Krischan Jan-Eric Wesenberg (Rotersand) nordeten Sonja und Thomas den Kompass auf Devolution ein. Ein Schritt vor, drei zurück, flogen kurzerhand die Gitarrenwände über Bord, um einer elektronischen Frischzellenkur zu weichen, versetzt mit einem großzügigen Schuss Theatralik. Unverkennbar LAI, nah an der Jahrtausendwende wie lange nicht, und doch zweifelsfrei eine Art Synthie-Pop, wie man ihn bisher aus Wien noch nicht zu hören bekam. Zumal Thomas Rainer hier nebenbei seine bislang überzeugendste (und auch meiste) Gesangsleistung an der Seite von Frau Kraushofer ablieferte.
*** VOICELESS IN LEIPZIG ***
All revved up and ready to go, stand dem Bühnencomeback, bis auf einen Arsch voll Arbeit, nichts mehr im Wege. Das aktuelle musikalische Gewand glaubwürdig auf die Bretter zu tragen, machte ein Umdenken erforderlich. Kurzerhand wurde zugleich gesamte Backkatalog durchforstet und die bekanntesten Stücke aufwändigen an das aktuelle Live-Set angeglichen. Ein donnerndes Gitarrenriff hätte ja auch reichlich komisch geklungen, während Gregor Beyerle, als der Neue am Keyboard bzw. Chris Fuxal Fox sich an den Drums abgearbeitet hätten.
Meine letzte Live-Begegnung mit L’Âme Immortelle datierte zu diesem Zeitpunkt zurück auf das WGT 2009. Also kurz vor der Pause. Es war damals eine merkwürdige Show im Angesicht Messer wetzender Combichrist-Fans, denen der Sinn nach harter Elektronik stand, denn nach verzerrten Gitarren. Es wurde also höchste Eisenbahn, das Bild gerade zu rücken und nach fünf Jahren Abstinenz ein Ding rauszufeuern, das sich gewaschen hatte. Leider fand ich Ende 2014 nicht den Weg auf eine Show zum Drahtseilakt-Album. Daher freute ich mich zu Pfingsten 2015 umso mehr darauf, an jenem Ort den Faden wieder aufzunehmen, wo ich die Band zuletzt erlebt hatte: dem Wave Gotik Treffen in Leipzig.
Selbe Stelle, selbe Welle klappte es dieses Mal auch mit dem Publikum – zumindest zahlenmäßig gab es da nichts zu deuteln. Die Halle war picke packe voll und die Leute hatten eben solchen Bock auf LAI wie umgekehrt. Was man jedoch hätte bedenken sollen: Durch die lange Live-Pause waren doch viele der anwesenden Publikümmer, vor allem jene, die es, wie ich, nicht auf die Tour geschafft hatten, regelrecht eingerostet. Eine ziemlich vertrackte Situation für eine Band, die sich gerade, heiß wie Frittenfett, anschickte, die Bühne zu stürmen, um die vielleicht wichtigste Show ihres Lebens zu spielen. Ich weiß noch wie ich da stand und überlegte: Mensch, der Thomas hat aber heute einen zackigen Schritt drauf, und der guckt auch noch so schneidig, während mir — verdammte Axt – irgendwelches Gemurmel aus dem Bart nuschelte. Wie ein Dröhnix aus der Tasche… mmhhhh… mhhhh… mhhh…. werd ich aufer… mmh… stehen!? Ja, mein lieber Herr Gesangsverein, SO ging das doch nicht!
Zusammen mit etlichen anderen stand ich krass auf der Leitung. Woraufhin Commandante Rainer, der sich einiges vorgenommen hatte, für den Auftritt, irgendwann energisch und am Ende gar ein bisschen verunsichert wirkte. Denn bis auf seltsam verzögerten Zwischenapplaus gab es aus dem Auditorium wenig verwertbares Feedback. Dabei machten die vier da oben ihre Sache wirklich gut. Es half also nichts, eine neue Tour musste her. Eine Tour, die erloschenen Seelen unter den Konzertdächern der Nation zu entzünden.
*** DER EWIGE KREIS ***
Anlässlich des 20-jährigen Bestehens und zum Eingrooven auf die große Jubiläumsreise hieß es Ende Februar 2016 endlich wieder Vienna Calling mit dem Jubiläumsalbum Unsterblich. Eine willkommene Gelegenheit, Vergangenes aufzuarbeiten und in Erinnerung zu rufen, durfte sich der geneigte Fan entweder lustvoll über die 13 komplett neu eingespielten Hits, ganz nach dem Vorbild der aktuellen Live-Shows, her machen oder wahlweise über vollständig remasterte Versionen der Klassiker freuen. Das ganze opulent im schicken Einband, hatte man sich auf Seiten der Österreicher nicht lumpen lassen, 18 Jahre unter Aufwendung zweier weiterer Jahre harter Arbeit in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Man stellt sich das ja immer so einfach vor: Best of, fertig, gut… Tatsächlich ist es jedoch oft schwieriger und aufwändiger, etwas Bestehendes respektvoll zu überarbeiten, als etwas Neues zu erschaffen. Das Ergebnis kann man in diesem Fall daher als sehr gelungen betrachten, handelt es sich doch ausnahmslos um die Kronjuwelen der LAI-schen Diskographie – der musikalische Hochsicherheitstrakt.