L’Âme Immortelle – Unsterblich Tour 2016

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LAI professionalisieren sich und stellen sich neu auf

Unter tatkräftiger Schützenhilfe der Herren Janus schuf Sonja zu Beginn des neuen Jahrtausends ihr bis heute aktives Seitenprojekt Persephone, welches sich fernab von L’Âme Immortelle im neoklassischen Segment ansiedelte. Doch auch Thomas Rainer blieb neben seinem Engagement für LAI nicht untätig. Unter dem Namen Siechtum zog er zusammen mit Joachim Sobczak (Schattenschlag) unverblümt den Industrialknüppel aus dem Sack und ließ mit dem Debüt Gesellschaft: Mord kräftig die Starkstrompeitsche knallen. Dazu darf man die militaristische Schagseite, u.a. in Waffenschwur, aus heutiger Sicht gerne als erste Vorboten des 2007 von Rainer ins Leben gerufenen Nachtmahr begreifen. Harte Kost! Brachiale Randale!

L’Âme Immortelle gingen derweil weiter ihren Weg, wobei der zunehmende Erfolg letztlich seinen Tribut forderte. 2002 scherte Mitbegründer und Rainers musikalischer Wingman Hannes Medwenitsch nach 6 Jahren überraschend aus der Formation aus. Gesundheitliche Gründen, wie später verlautbart wurde. Es ging einfach nicht mehr! Ein herber Schlag für viele Fans, der auch in den damals aktiven Fanclubforen kontrovers diskutiert wurde, begleitet von der Frage nach der Zukunft von L’Âme Immortelle.

*** REARRANGING ***

Eine Frage, der die Wiener mit einer musikalischen Neuausrichtung begegneten. In den Jahren 2003—2006 wandten sich LAI, ausgehend vom Elektrofundament der frühen Jahre, zunehmend rockigeren Einflüssen zu. Mit Gitarrist Ashley Dayour (Whispers In The Shadow / Near Earth Orbit / The Devil & The Universe), Martin Parzer (Keyboards) sowie später auch Francis Lirsch (Bass) und Markus Adamer (Drums) scharten Thomas und Sonja Stück für Stück eine Live-Band um sich, was nicht nur auf der Bühne neue Möglichkeiten eröffnete, sondern auch mit jeder weiteren Veröffentlichung größeren Einfluss auf das Songwriting gewann.

Als die Liebe starb von 2003 schraubte zunächst den bis dahin nur rudimentär eingestreuten Gitarreneinsatz spürbar nach oben. Auch organische Drumsounds mischten sich mit den gewohnten elektronischen Klängen und dem zur Perfektion gereiften Wechselspiel Kraushofer/Rainer. Mit Songs wie Tiefster Winter, Aus den Ruinen oder Letting Go legten LAI für viele Fans ihr Meisterstück ab. Die dazugehörige Tour gilt heute als wegweisend, was unter anderem auch an dem aus heutiger Betrachtung denkwürdigen Vorprogramm lag, spielten doch keine geringeren als der heutige King of Gothlett ASP und ein gewisser, damals noch léger im Tank-Top auflaufender, Graf UNHEILIG Nebenrollen in dem opulenten Liebesdrama. Klick-Klack, hörst du die Maschinen in der Nacht?! Unvergessen die Eröffnung der Konzerte, in der Thomas, vom Nebel umschlungen, seine Gedanken in einem Tagebuch festhielt oder Sonja, wie sie es sich auf Alexander Frank Sprengs Schoß gemütlich machte, um dem bereits ziemlich ramponiert dreinschauenden schwarzen Schmetterfinken zu Betrayal nach allen regeln der Kunst die Leviten zu lesen. Frankie The White Nose Sofa – war der vorher auch schon so blass im Gesicht? Irgendwie herrlich! In ähnlicher Form konserviert und für die Nachwelt festgehalten wurde dieser Moment im Rahmen der Live-DVD Disharmony aus der Darmstädter Centralstation. Eine Örtlichkeit, die unter LAI-Kennern unfreiwilligen Kultstatus erlangte, nachdem Sonja während eines Interviews jener verhängnisvolle Versprecher über die Lippen gerutscht war, der den Club vor laufender Kamera zur Darmstation machte.

Mir blieb jene Konzertreihe im Winter 2003 darüber hinaus lebhaft in Erinnerung, weil sie a) meine erste Bekanntschaft mit der Magdeburger Factory bedeutete, b) mein damaliger Kumpel Maik es im angeheiterten Zustand als statthaft erachtete, sich der Angehimmelten beim Autogramme schreiben vor die Füße schmeißen zu müssen und c) irgend ein Raubritter die Dreistigkeit besessen hatte, meinem Ritti-Mobil ein Wischerblatt zu stibitzen, was auf der verschneiten Heimfahrt noch für rege Anteilnahme sorgte.

Im gleichen Jahr gingen L’Âme Immortelle ein weiteres Mal auf Reisen. Kaschte von Samsas Traum durfte dieses mal als Couch herhalten. Das betreffende Konzert in Hannover wurde dabei zur letzten LAI Show im FAUST (der Laden ging später insolvent), wo ein kleines Mädchen an die Bühne trat, um Sonja ein Schokoladenherz zu schenken, Herr Dayour mit rotem Schopf danach trachtete der Kraushofer den Pumuckel Award abzugraben und Thomas Rainer für die Live-Premiere des Songs 5 Jahre zum einzigen Mal (das ich bezeugen durfte) mit einer Bassgitarre auf der Bühne stand.

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