Am zweiten Tag des Jubiläumswochenendes standen neben Blutengel als Mainact, Miss Construction, Cephalgy und Meinhard auf dem musikalischen Programm.
Als ich gegen 18:30 Uhr am Eingang zur Halle 2 in der Theaterfabrik in Leipzig ankam, hatte sich bereits eine lange Schlange gebildet und alle Fans harrten in freudiger Erwartung auf den Einlass. Pünktlich um 19:15 Uhr sollte die Party beginnen. Nachdem man unten seine Garderobe abgeben konnte, ging es die Treppe hinauf und man stand sofort vor der Bühne. Der Saal hatte sich schon gut gefüllt. Ich suchte mir ein Plätzchen und wartete gespannt auf den Beginn des Events.
Als Opener war Miss Construction angekündigt. Wer oder was sind eigentlich Miss Construction? Miss Construction sind erst einmal ziemlich heftig und bedingungslos elektronisch. Aber vor allem: Miss Construction verspricht jede Menge Spaß. Die Band wurde 2008 von Chris Pohl gegründet, mit Gordon als verrückter Frontsau! Wer mit Schrumpfköpfen, Blut und dampfenden Hexen in Mülltonnen eine Bühnenshow darbietet, muss einfach nur ein klein wenig verrückt sein. Frontmann Gordon erschien als uniformierter Zombie auf der Bühne und schon konnte der elektronische Blitzkrieg die Fans niederwalzen. Bereits bei Totes Fleisch wurde nicht mit Blut gegeizt. Im Hintergrund liefen zu den aktuellen Liedern die offiziellen Videos. Bei der Darbietung des Liedes Alptraumclown tummelte sich ein lustig anzusehender Clown auf der Bühne. Er erinnerte mich irgendwie an den Clown von Stephen Kings „ES“. Die Fans waren begeistert und ich auch. Diese Bühnenshow ist großartig und einfach nur Party, Party, Party. Der eingängige Beat von Miss Construction lädt zum Mittanzen ein. Mit dem Lied I’m a bitch wurde uns von Gordon ein Liebeslied angekündigt und schon rekelte sich eine hübsche Blondine um Gordon und begann eine kleine Stripshow. Die Fans tobten und honorierten die Band mit frenetischen Beifallsstürmen. Aber leider hat alles ein Ende und mit Kunstprodukt kam dieses leider viel zu schnell. Bereits jetzt löste sich schon die Kunsthaut von Gordons Gesicht und beherzt schmiss er die abfallenden Fetzen in die tobende Masse. Einfach nur großartig und als Opener heizten sie mit ihrem Splatter – Porno – Zombie – Party – Pop so richtig ein, die Party hatte begonnen und das mehr als nur gelungen.
Setlist Miss Construction:
01. Totes Fleisch
02. Bang! Bang! Bang!
03. Disco Schlampen
04. Albtraumclown
05. Elektrotanz
06. I’m a Bitch
07. Kunstprodukt
Als nächstes standen Cephalgy auf dem Programm. Ich war noch ziemlich geplättet von Miss Constructions energiegeladener Zombie – Albtraumshow und freute mich auf den kommenden Act. Aber was sollte nach dieser verrückt genialen Show folgen? Die Geschwindigkeit konnte kaum rasanter sein. Den Fans blieb kaum Zeit zum Luftholen und weiter ging der Spaß. Bereits nach 5 Min war die Bühne geräumt und neu dekoriert. Diesmal eher minimalistisch nur zwei Banner wurden aufgebaut. Aber wer Cephalgy kennt und liebt weiß, dass sie eine Band sind, die Gothic und Electro zusammenführt.
Die Finsternis wird elektronisch und der Dämon tanzt zum Bodybeat. In weißen Hemden mit Krawatte, schwarzen „Dachdecker“ – Hosen betraten Jörg Göhler und sein Keyboarder die Bühne. Eher lässig begannen sie mit ihrer Performance. Kaum eine andere Band schafft es, finstere Klänge und tanzbaren Electro so perfekt miteinander zu vermischen wie Cephalgy. Die deutsche Band, deren Name aus dem griechischen Wort Zephalgie abgeleitet ist und so viel wie Kopfschmerz heißt, kombiniert dunkle Lyrik, abgrundtiefen Gesang und düstere Sounds mit wummerndem Electro-Beat. Cephalgy verbinden die monumentale Wucht von EBM mit der düsteren Atmosphäre des Dark Wave, und schaffen es damit, Anhänger beider Lager ohne Ausnahmen für sich zu begeistern. Die Fans wurden von Jörg zum mitsingen und feiern animiert und das Publikum tat dies auch mit Begeisterung. Die Show von Cephalgy hätte nicht unterschiedlicher zu Miss Construction sein können, aber beide Acts schafften es, dass Publikum mitzureißen und für sich einzunehmen. Als Highlight kündigten Cephalgy am Schluss ihrer Darbietungen ein neues Album für das Jahr 2015 an und dies bedeutet das Ende einer langen Durststrecke für alle Cephalgy Fans. Bei dieser Musik kann man einfach keine Kopfschmerzen bekommen.
Setlist Cephalgy:
01. Der letzte Tag
02. Sternenkinder
03. Schwarze Göttin
04. I’ll Survive
05. Gott
06. Deine Seele
07. Engel sterben nie
Nach wieder nicht einmal 5 Minuten war die Bühne umgebaut und die Band um den Sänger Meinhard durfte den Reigen weiterführen. In schwarzen Anzügen kamen sie auf die Bühne mit dem Ziel Alices Wunderland in die Realität zu übertragen. In der Rolle des Hutmachers wie am ersten Abend, zeigt der Musiker auf der Bühne seine zahlreichen Facetten. Nun nicht mehr in akustischer Ummantelung sondern original und in sämtlichen Facetten der musikalisch Popgeschichte. Die Märchenreise kann beginnen. Einflüsse des Glamrock eines David Bowies, Mittelalterklänge und Gothic – Rock à la HIM waren da zu entnehmen. Die Band war wie am Vorabend witzig und auch hier merkte man den Vollblutmusikern den Spaß an. Sie bewegten sich zur Musik und die Gitarristen ließen sich zu dem einen oder anderem Headbanging hinreißen. Damit hatten sie das Publikum für sich eingenommen und beide Konzepte gingen meiner Meinung nach mehr als gelungen auf. Ich war genauso begeistert wie am Vorabend. Die Band macht einfach nur Spaß, wenn man sich mit ihnen zusammen auf eine märchenhafte Reise begibt und einfach seine Fantasie spielen lässt. Leider war auch hier der Tripp viel zu kurz und bereits wie bei den anderen Bands, nach 7 Liedern zu Ende. Schade eigentlich, ich wäre gerne noch weitergereist und die Fans natürlich auch.
Setlist Meinhard:
01. Falling
02. Nimmerwo
03. 667 – The Neighbor of the Beast
04. Caucus Race
05. Blood + Love
06. Expelled
07. YSAYKTW
Nach ein paar Minuten Umbau der Bühne war es dann so weit, pünktlich gegen 21:30 Uhr komplettierten Blutengel den Abend. Mit einer Bildershow bedankte sich Chris bei seinen Fans mit tollen Fotos aus den letzten 15 Jahren.
Zwei Geigerinnen betraten die Bühne und nahmen links und rechts der Leinwand auf ihren Stühlen Platz. Besonders erwähnenswert das Schlagzeug im Vordergrund der Bühne, welches das Gesamtbild optisch und musikalisch deutlich aufwertete. Zudem gab es Unterstützung durch Konrad Oleak am Klavier/Keyboard. Konrad arrangierte nicht nur zum Gothik meets Klassik das Orchester für Blutengel sondern war auch maßgeblicher am Album Black Symphonies 2014 beteiligt – vielleicht wird da noch mehr von Konrad kommen. Die Nacht gehört nun Blutengel und das Highlight des Abends konnte beginnen. Die Lichter erloschen abermals im Saal und die Scheinwerfer und Kerzen in imposanten Kerzenständern auf der Bühne erhellten fortan die Theaterfabrik. Wer die Shows von Blutengel kennt, weiß, dass diese sehr aufwendig und gut durchdacht sind.
Ein langes imposantes Intro leitete die Show ein. Während dieses allmählich in den ersten Song Nachtbringer überging, betraten Blutengel unter tosendem Beifall die Bühne und Sänger Chris Pohl begrüßte das Leipziger Publikum. Sofort wurde klar, dass dieser Abend so einmalig weiter gehen sollte, wie der am Freitag endete. Die Stimmung stieg beim Publikum und alle wollten ihre Lieblinge und das 15 jährige Jubiläum feiern. Der oft zitierte Funken zwischen Band und Publikum sprang sofort über. Mit Tears might dry und Willst du? standen direkt im Anschluss zwei Songs der Veröffentlichung Monument auf dem Plan und die schwarze Meute verwandelte sich in einen Chor. Eine bessere Anerkennung kann es für ein Band nicht geben.
Bei Willst Du? betraten auch eine Tänzerin im weißen und zwei Tänzerinnen im schwarzen Gewand die Bühne. Erstgenannte wird von beiden umgezogen und hat nun ein schwarzes Kleid an. Die Worte: „…Du kannst nicht leben ohne mich. Mein schwarzes Herz schlägt nur für dich. Wir sind vereint in alle Ewigkeit. Mein dunkler Engel im weißen Kleid. Willst du, willst du bis zum Tod. An meiner Seite stehen?…“ werden mit dieser Darbietung eindrucksvoll in Szene gesetzt. Der Saal tobt und alle sind restlos begeistert. Mit Vampire Romance wird nun einer der älteren und besten Songs von Blutengel meiner Meinung nach dargeboten. Eine wahre Hymne, die einfach Spaß macht und jeden in seinen Bann zieht. Viele Fans im Publikum wünschen sich von Blutengel, dass diese wieder zu ihren alten Wurzeln zurückfinden sollen. Chris spielte darauf an und meint, dass er die älteren Lieder auch sehr mag. Man darf gespannt sein aufs kommende Album Omen, ob sich der Mastermind auch noch an seine Worte erinnern kann.
Wir sind alle Kinder einer Stadt, die wir ganz besonders lieben und Blutengel lieferten dazu das passende Stück: Kinder dieser Stadt. Ein Lied, das meiner Meinung nach auf keinem Blutengel – Konzert fehlen darf. Nun folgte The Lost Children mit einer weiteren Bühnenshow. Bei den Worten: „Enjoy the night, lick the holy blood from our hands. You’re something special and it’s time to understand. Don’t feel insecure, there’s no way back. Darkness is your friend and your friend wears black“ erschienen zwei Tänzerinnen mit einer Puppe im Arm. Sie rissen diesen die Arme, Beine und den Kopf heraus und kämpften dann miteinander.
Das nun folgende Die with you sei nach Chris’ Worten, eines seiner Lieblingslieder. Dieses führt wieder tief zurück in die Bandgeschichte. Ein unsterblicher Song, der einfach nicht fehlen darf. Bei Lucifer folgte die erste richtige Feuershow. Zwei Nonnen tanzten direkt vor der Videoleinwand. Auf dieser war ein Höllenfeuer zu sehen. Der hypnotische Refrain und die gelungene Bühnenshow verleihen dem Song live immer eine besondere Tiefe und Eindringlichkeit. Die beiden Nonnen bewegten sich sexy zur Musik, spielten dabei mit ihren Fackeln und begannen sich gegenseitig auszuziehen. Zu den letzten Klängen des Liedes standen dann beide eng umschlungen in sexy Unterwäsche und küsste sich Leidenschaftlich.
Etwas ruhiger und langsamer wurde es mit Behind the mirror, ein Song, der einfach zum Träumen einlädt und alles enthält, was eine dunkle Ballade braucht. Ein toller Text, gepaart mit ruhiger Stimmung, besser geht es nicht. Blutengel haben im Laufe der 15 Jahre jede Menge Hymnen und Songs geschaffen, die aus der schwarzen Szene nicht mehr wegzudenken sind. Mit Das andere Ich folgte nun die nächste Tanzeinlage. Ein Song, der jedes Mal zündet und das Publikum in Verzücken versetzt. Natürlich erfreuen die Fans auch jedes Mal die Blutengel – Tänzerinnen. Zwei Krankenschwestern quälen eine Patientin in ihrer Zwangsjacke, die sich versucht zu befreien. Letztendlich wird dieser das Herz entrissen und über ihr ausgequetscht. Anschließend wurde Sie von der Bühne geschleift. Bei diesem Lied wird wieder einmal deutlich, wie harmonisch Uli und Chris im Duett sind und das Publikum honoriert das entsprechend mit frenetischem Beifall.
Mit Uns gehört die Nacht wurden nun ein hammerhartes, aber tanzbares Stück präsentiert, das nun wirklich jeder eingefleischte Fan kennt und einfach nur singen, tanzen und mitfeiern kann. Das nun folgende Bloody Pleasures ist ein Meilenstein, der diese Band und unsere Zeit überdauern wird. Untermalt von einer Bühnenshow, die wirklich keine Wünsche offen lässt, ist es auf jeden Fall ein Höhepunkt der seinesgleichen sucht. Die Blutengel – Tänzerinnen rekeln und tanzen unter der Blutdusche. Chris witzelte nach dem Lied „Was für eine Schweinerei“.
Bei Save our Souls und Krieger stimmte wieder das gesamte Publikum mit ein und der ganze Saal tobte. Nun verabschiedeten sich Blutengel in die Pause und die Fans forderten ihre Lieblinge lautstark zur Wiederkehr auf. Sie ließen sich nicht lange bitten und kamen rasch wieder auf die Bühne. Nun folgten 5 weiter Hits. Die Songs Seelenschmerz und Black Roses gesungen von Ulrike, verliehen den Zuschauern spürbar Gänsehaut. Bei diesen Songs kam ihre wunderschöne Stimme so richtig zur Geltung und wurde dementsprechend mit tosendem Beifall honoriert. Erwähnenswert ist bei Black Roses, dass drei schwarz gekleidete Tänzerinnen als Bräute im Bühnengraben auf und ab schreiten und in der ersten Reihe an die treuen Fans schwarze Rosen verteilen. Eine wirklich gelungen Einlage und der Saal tobte.
Bei Engelsblut sang das Publikum den Refrain lautstark mit, so dass Chris sich sichtlich daran erfreute mit uns im Duett und auch mal abwechselnd zu singen. Wieder standen die Tänzerinnen auf der Bühne und unterstützten mit ihrer Darbietung. Nun folgte die erste Singleauskopplung Asche zu Asche aus dem im Februar 2015 erscheinenden Album Omen. Chris war sichtlich aufgeregt, da er es zum ersten Mal live singt. Das Publikum ist kaum noch zu halten und alle feiern einfach mit – Gänsehautfeeling pur. Mit Reich mir die Hand wurde der Abschluss des heutigen Abends eingeläutet und das Publikum klatschte im Takt und sang lautstark mit. Das Konzert endete mit einem der gefühlvollsten Songs aus dem musikalischen Repertoire von Blutengel: Monument. Damit war ein ganz besonderes Konzerterlebnis, welches das Publikum unter tosenden Beifall honorierte, nach gut 2 Stunden Show leider schon wieder zu Ende.
Mein persönliches Fazit: Blutengel mögen zwar Klischee-belastet sein, dies ist jedoch nicht im negativen Sinne gemeint. Diese Band schafft es immer wieder in ausverkauften Hallen ihre Fans mit Überraschungen zu entzücken. Sie bietet eine Bühnenshow, die man bei anderen Vertretern des Genres vergeblich sucht und dies verdient meiner Meinung nach große Anerkennung. Mit insgesamt 23 gespielten Songs an einem Abend können auch nur wenige Bands aufwarten. Eine wirklich sehr gute und spannende Show, die es sich lohnt anzusehen. Alles was das schwarze Herz verlangt und deshalb reichen wir euch die Hand und freuen uns auf weitere schöne Jahre, voll mit neuen Hymnen und gefühlvollen Balladen.
Setlist Blutengel:
01. Intro
02. Nachtbringer
03. Tears might dry
04. Willst du?
05. Vampire Romance
06. Kinder dieser Stadt
07. The Lost children
08. Die with you
09. Soul of ice
10. Lucifer
11. Behind the Mirror
12. Das andere Ich
13. You walk away
14. Uns gehört die Nacht
15. Bloody Pleasures
16. Save our Souls
17. Krieger
18. Seelenschmerz (Z)
19. Black Roses (Z)
20. Engelsblut (Z)
21. Asche zu Asche (neu!!!) (Z)
22. Reich mir die Hand (Z)
23. Monument (Z)
Meinhard:
Fotos: Danny Sotzny