„Ich mach mein Ding“! Dieses Motto hätte bezeichnender für die diesjährige Tour des Panik- Rockers nicht gewählt werden können. Tatsächlich macht Udo Lindenberg aber schon seit über 40 Jahren im Musikbusiness sein Ding und lässt alles andere, was der deutschsprachige Musikmarkt so kennt, hinter sich. Und da der authentische Rockvater für seinen Hang zum Übergroßen und Pompösen bekannt ist, ist auch am zweiten Konzertabend in der ausverkauften Oberhausener König-Pilsener-Arena nichts anderes zu erwarten.
Und natürlich brauchen bei der enormen Vorfreude die 12.000 Fans und Freunde des bekanntesten Hutträgers Deutschlands an diesem Abend keinen Act zum Aufwärmen, denn fest steht: Opener kann und wird bei einem Urgestein diesen Kalibers nur einer sein, nämlich Udo selbst. Und nachdem man durch das Anstarren der flackernden, riesengroßen LED- Leinwand fast in andere Sphären katapultiert wird, wird man sofort aufgerüttelt, als Udo in einem monströsen Zeppelin eingeflogen kommt und mit „Odyssee“ sofort losrockt. Und schon bei den ersten Tönen ist die Bühne gefüllt mit Matrosen und Matrosinnen, die ihren Kapitän willkommen heißen, während zwei attraktive, junge Damen im spacig-metallischem Ganzkörperanzug dem Angekommenen einen Begrüßungskuss auf die Wange drücken. Nebelfontänen, heulende Sirenen und blinkende Lichter, soweit das Auge reicht. Er ist endlich da! Und das Publikum ist vom ersten Moment an voll und ganz auf seiner Seite und zelebriert jeden Ton, den der Nuschelkönig da von sich gibt. Die Show entwickelt sich immer mehr zum phänomenalen Spektakel. Während gerade noch die junge Akrobatin und zugleich Udos Cellistin Emilia Arata in den höchsten Höhen in einer Kugel ihre Kunststücke vollführte, sehen wir im nächsten Moment einen Vampir durch die Halle schweben, der Udo sogar zu beißen wagt. Es ist, wie Udo selbst zu Beginn feststellt, einfach nur „geil“ und beim Anblick der jubelnden Menge hat er fast schon Recht, wenn er behauptet: „Da kann Hollywood einpacken!“ Und obwohl man aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt, wird man immer wieder zurück in die Realität geholt und gedenkt bei der „Höllenfahrt“ den Musikern, die „vor uns, nicht von uns gegangen sind“. Bilder von Falco, Amy Winehouse, Jim Morrison oder Michael Jackson, um nur einige zu nennen, untermalen dieses Stück und sorgen für einen würdevollen Augenblick. Und auch die politischen Anspielungen kommen nicht zu kurz und so fordert Udo uns auf, unsere „bunte Republik Deutschland“ zu schützen und der braunen Macht keine Chance zu geben. „Nazi- Schweine, verpisst euch! Niemand vermisst euch!“, der Friedenspionier nimmt kein Blatt vor den Mund und genau das macht ihn so sympathisch. Dafür lieben wir ihn! Er ist echt, unverstellt und aus diesem Grund schlagen seine Songs auch immer wieder wie gutgemeinte Bomben bei uns ein. Musikalisch wird an diesem Abend alles geliefert, was das Fanherz begehrt: „Cello“, „Mein Ding“, „Ganz anders“, „Horizont“, „Sonderzug nach Pankow“ und und und. Man hangelt sich von einem Gänsehaut- Stück zum nächsten und dieser wohlige Schauer beim Anblick der feiernden Fangemeinde wird zum angenehmen Grundtonus des Geschehens. Bei dieser sagenhaften Show ist der Mann mit Hut, Sonnenbrille und Zigarre jedoch nicht der alleinige Initiator. Auch sein gutgelauntes, hochgradig begabtes Panikorchester, der zauberhafte Kinderchor und Gastmusiker – am heutigen Tag ist es „Voice Of Germany“ Kandidat Ole Feddersen – sorgen für den letzten Schliff und krönen das Gesamtkunstwerk. Die Wahnsinnsshow, die das Geschwader da auf die Beine stellt, dauert rund 3 Stunden und nach vielen unvergesslichen Momenten und zwei großartigen Zugabeblöcken, steigt der gebürtige Westfale wieder in seinen Zeppelin und trennt sich schweren Herzens von seinen Fans, die jubeln und mitunter sogar mit ihren Udo- Double- Hüten winken. Ein Konzert, das sich mehr als gelohnt hat, und jedem, der noch die Möglichkeit zum dabei sein bei der diesjährigen Tour haben sollte, sei dieses Schauspiel wärmstens ans Herz gelegt!
Setlist:
01. Odyssee
02. Mein Ding
03. Boogie Woogie Mädchen
04. Ganz anders
05. Cello
06. Sie brauchen keinen Führer
07. Was hat die Zeit mit uns gemacht?
08. Ich lieb dich überhaupt nicht mehr
09. Höllenfahrt
10. Nimm dir das Leben
11. Leider nur ein Vakuum (akustisch)
12. Meine erste Liebe (akustisch)
13. 0-Rhesus negativ (akustisch)
14. Straßen- Fieber
15. Wozu sind Kriege da
16. Mädchen aus Ostberlin
17. Honky Tonky Show
18. Der Greis ist heiß
19. Stark wie zwei
20. Horizont
21. Bis ans Ende der Welt (Z)
22. Sonderzug nach Pankow (Z)
23. Andrea Doria (Z)
24. Candy Jane (Z)
25. Reeperbahn (ZZ)
26. Goodbye Sailor (ZZ)
Fotos: Michael Gamon