Still ist es in letzter Zeit, was Veröffentlichungen von Sigur Rós angeht, laut wurde es aber an diesem Freitag im Palladium in Köln. Nach über vier Jahren verschlug es die verträumten Isländer endlich wieder nach Deutschland und ein weiteres Mal zeigten sie uns, wie episch Musik sein kann!
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Bekannt ist das Trio vor allem für drei Dinge: Lead-Singer Jónsi’s unreal brachiale Stimme, der extravagante Post-Rock-Sound, und Musik, die man nicht nur hören, sondern auch fühlen kann. In der Szene sind die Live-Auftritte von Sigur Rós lange schon als besonders sehenswert bekannt, ein Muss für jeden Musik-Connoisseur. Wer sich gerne so richtig tief in gute, stimmungsvolle Musik fallen lässt, nicht zurückschreckt vor Stücken, die sich Zeit lassen und wer gerne mit Haut und Knochen Musik spüren mag, der sollte die Chance nutzen, Sigur Rós live zu sehen.
Auf der letzten Tour in 2013, beispielsweise in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf, spielte die Band mit bis zu elf Musikern und Musikerinnen gleichzeitig und bekam dabei Unterstützung von The Okkur Ensemble. Die Vorband I Break Horses leitete seinerzeit wunderbar das Konzert ein. Diesmal waren nur Jónsi, Georg und Orri am Start, die den Kern der Band ausmachen. Wer allerdings denkt, das würde dem epochalen Live-Erlebnis an Gewicht nehmen, irrt sich gewaltig! Für die Bühne, bestückt mit allerhand Equipment für Trick-Licht und Videoprojektionen, haben die Drei und ihr Team hinter all der Technik ein perfekt abgestimmtes und hoch emotionales Event vorbereitet – ein Schmaus für Ohren, Augen und Herz.
Am Anfang ist man noch unsicher, was all die merkwürdigen Stangen und Gehänge auf der Bühne genau bedeuten sollen. Es wirkt wie reines Chaos, das keineswegs durchblicken lässt, welch unsagbar komplexe Spielereien die Bühne in ein Universum aus Licht und Formen verwandeln werden. Die drei Jungs kommen auf die Bühne und leiten mit dem ersten Song das Konzert ganz sanft ein. Im zweiten Song Ekki Múkk verwandelt Jónsi seine E-Gitarre in einen Streicher und die ersten Lichter funkeln rund um die Künstler auf. Plötzlich ist die Bühne ein dreidimensionales Universum aus glitzernden Sternen, horizontale Lichtblitze fliegen konzentrisch über die Bühne und verlaufen sich hinter den Spielenden – es ist, als fliege die ganze Halle des Palladiums mitsamt der Band schwerelos durchs All. In der Mitte der Bühne hängt eine halb transparente Leinwand aus LED-Lichtern, auf der ab Glósóli zusätzlich noch Videos und Animationen in die Lichtshow eingefügt werden. Mehrere Video-Projektoren bestrahlen nicht nur die Bühne, sondern die gesamte Halle. Das Ganze wirkt dabei wie aus einem Guss: Video, Licht und Sound, alles gehört unendlich verwoben zusammen und ist perfekt aufeinander harmonisiert. Plötzlich wird es laut und die Anlage vom Palladium kann zeigen, was wirklich in ihr steckt. Alles scheint zu explodieren und beim Publikum spürt man, wie berührt es vom Spektakel ist.
Man verliert sich sehr leicht in dieser Landschaft aus Musik und Gefühlen, und es ist nicht schwer vorstellbar, dass nicht jeder mitbekommt, dass die Show insgesamt über zwei Stunden geht! Geteilt in zwei Akte gibt es nach Varða eine Pause von 20 Minuten, bevor die zweite Stunde die erste sogar in ihrer Qualität nochmal übersteigt! Eine zweite Videowand hinter der Bühne wird nun endlich sichtbar, sie nimmt die gesamte Breite und Höhe der Halle ein. Das Zusammenspiel beider Leinwände, der gesamten Lichtanlage und der melancholische, langatmige, leise und zugleich laute Sound von Sigur Rós verschlingen den gesamten Saal. Viele vergessen zu atmen, als Jónsi seine Stimme in Festival für gefühlte Minuten hält – seine Kopfstimme ist hoch, klar und er hat erkennbar Spaß dabei.
Das Spektakel endet mit Popplagið in einem wuchtigem Gewitter aus Glitch, Stroboskop und Krach, bis der letzte Ton verklingt. Die Band lässt sich zu Recht lange vom neben sich stehendem Publikum feiern. Die Gespräche in der Menge danach machen eines klar: Ein Jeder wird sich auf ewig an dieses Erlebnis erinnern und die tiefe Begeisterung für immer das Bild, was Musik leisten kann, verändern. Hinter der Bühne bleibt in großen Buchstaben ein Schriftzug zurück: Takk.
Wir haben zu danken, Sigur Rós. Takk, Sigur Rós.
Setlist SIGUR RÓS @ Köln, Palladium (13.10.2017):
Akt 1:
1. Á
2. Ekki Múkk
3. Glósóli
4. E-Bow
5. Dauðalagið
6. Fljótavík
7. Niður
8. Varða
Akt 2:
9. Óveður
10. Sæglópur
11. Ný Batterí
12. Vaka
13. Festival
14. Kveikur
15. Popplagið
Fotos: Michael Gamon
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