Für den Startschuss sorgte mit Coppelius [GALLERY] ein sehr interessanter Act. Live gesehen hatte ich sie bisher noch nicht, dafür umso mehr von ihren Liveshows gehört und so waren die Berliner natürlich auch gleich unsere erste Anlaufstelle. Zunächst nahm man sich aber erst mal etwas Zeit, den eigenen Arbeitsplatz zu entstauben. Nach einem noch recht zaghaften Beginn, ging es auf der Bühne mehr und mehr rockig zu, wobei man auf zumeist mittelalterliche Instrumente setzt und auch musikalisch hauptsächlich in dieser Epoche zu hause ist. Ein optisch sehr ansehnlicher Auftritt, zumal auch ihre Sounds zu überzeugen wussten. Insbesondere ihre kleine, aber feine Anhängerschaft war begeistert, doch auch sonst wurde die Band positiv aufgenommen und hat mit ihrem sympathischen Auftritt sicher einige Fans hinzugewonnen. Ein geglückter Start ins Amphi 2009.
Weiter ging es in der Rheinparkhalle, die erstmals Bestandteil der Veranstaltung war und den Besuchern mehr Platz als das sonst für Konzerte genutzte Theater bieten sollte, welches in diesem Jahr zum Schauplatz für DVD-Präsentationen und ähnliches sein würde. Erste Band in der Halle waren Auto-Auto [GALLERY] aus Schweden. Ihr Synthpop tut sicher keinem weh, ist aber genau das richtige an einem solchen ersten Festivalmittag. Und so war die Halle für die frühe Uhrzeit bereits ganz gut gefüllt. Ein solider Auftritt, der auch einige neue Stücke enthielt und wieder einmal zeigte, das Schweden, neben Deutschland, das führende Land in Sachen Synthpop ist.
Mantus bestehen bereits seit einem guten Jahrzehnt und veröffentlichten bisher sieben Alben, traten beim Amphi aber erstmals in ihrer Historie überhaupt live auf. Dementsprechend nervös nahmen sie ihren Dienst auf der Hauptbühne auf und gerade Sängerin Tina hatte zu Beginn wohl sichtlich mit einigem Lampenfieber zu kämpfen, das aber mit der Zeit nachließ. Ihre helle Stimme ist neben den dunklen Rockklängen das Markenzeichen der Band, die aktuell eigentlich nur aus Sängerin Tina und ihrem Bruder Martin Schindler besteht, live jedoch als Quartett auftrat. Musikalisch war das zwar ganz nett, traf aber nur bedingt meinen Geschmack.
Wesentlich energischer ging es danach in der Halle ab, denn dort waren Jäger unterwegs. Jäger 90 [GALLERY] machen nicht, wie man zunächst vermuten könnte, knüppelharten Old-School-EBM, sondern lehnen sich musikalisch offensichtlich an den Kultelektronikern DAF an. Aber wie es sich für eine Düsseldorfer Band gehört, enthält der Sound der beiden auch einen leichten Schuss der legendären Krupps. Manche nennen so etwas vielleicht eintönig, mir hat es jedenfalls gut gefallen. Lustig auch die Ansage "Danke Düsseldorf", bei der das Kölner Publikum verwundert bis empört reagierte. Bevor die Stimmung aber nur im Geringsten umschwenken konnte, grinste Sänger Thoralf und beruhigte mit dem Satz "Ich liebe Köln" die Gemüter der Lokalpatrioten. Thoralf stand bei der Performance dann auch klar im Vordergrund, schritt die Bühne in seinen rot-orangenen Stiefeln auf und ab, während der für die Sounds verantwortliche Vigo sich im hinteren Teil der Bühne verschanzt hatte und neben seinem musikalischen Beitrag auch für zusätzliche Beleuchtung durch einen Richtstrahler zuständig war.
Sven Friedrich ist in der Szene bekannt wie ein bunter Hund und nach Zeraphine beim Blackfield Festival vor vier Wochen, war er beim Amphi nun wieder mit seinem Elektro-Soloprojekt Solar Fake [GALLERY} unterwegs. Im Gepäck hatten Sven und sein am Keyboard postierter Mitstreiter natürlich ihren Clubhit "The Shield", sowie das ebenfalls vom Debütalbum bekannte Radiohead Cover "Creep". Solar Fake zeichnen sich durch eine große Stilvielfalt von einfachem Synthpop bis hin zu härteren Electroklängen aus, so dass der etwa vierzig Minuten andauernde Set nicht langweilig wurde. Der Gig gefiel mir besser als letztes Jahr beim Blackfield Festival und wusste natürlich auch die vielen ?Sven-Fans? zu begeistern.
Xotox [GALLERY] kamen mit der Frage "Wollt ihr Krach?" auf die Bühne und da diese Frage vom Publikum lautstark mit "Ja" beantwortet wurde, bekamen sie genau das. Monotone Industrialbeats waren angesagt und überall in der Halle bildeten sich nun kleine Grüppchen von Cyberpunks mit bunten Haaren und wildem Ausdruckstanz. Andreas Davids als eigentlich einziges Bandmitglied hatte sich für den Auftritt übrigens leicht verstärkt, um die Tanzgewalt wohl noch besser anheizen zu können, was offensichtlich gelang.
Ich zog derweil weiter nach draußen um mir mal wieder einen Auftritt von The Birthday Massacre anzusehen. Am Anfang ihrer Karriere fand ich die Kanadier um Frontfrau Chibi großartig, bei ihrem Auftritt in der Krefelder Kulturfabrik im November 2007 wirkte das Ganze dann aber irgendwie aufgesetzt und albern und ich war gespannt, wie es heuer sein würde. Um es vorweg zu nehmen, es war wieder deutlich besser als zuletzt, aber noch nicht ganz so schön wie in den Anfangstagen. Nach dem großen Hype seinerzeit scheint wieder etwas Ruhe eingekehrt und die Band wieder auf dem richtigen Weg zu ?Normal? zu sein. Die übertriebenen Gesten, wie ständiges Zunge herausstrecken, waren seltener und weniger albern und stattdessen ein interessanter Aspekt der Show. Nicht fehlen durfte neben einigen Hits natürlich auch nicht das verkappte ?Sunday Bloody Sunday? Cover ?Weekend?. Wirklich gut wurde es aber immer dann, wenn Songs der ersten beiden Alben ?Nothing And Nowhere? und ?Violet? gespielt wurden.
Leider musste ich noch während des Auftritts weiter in die Halle, denn dort wartete Andy LaPlegua mit seinem Dance-Soloact Scandy [GALLERY]. Wobei, eigentlich wartete er nicht, denn als ich eigentlich pünktlich die Halle betrat, lief der Set bereits. Viel hatte ich nicht unbedingt vom Auftritt erwartet und so war es dann eigentlich auch irgendwie. Andy stand alleine hinter einem DJ-Pult und unterhielt mit Tanzmusik, was auch nicht allzu viele Leute in die Halle gelockt hatte. Ähnlich wie Modcom ist Scandy in meinen Augen eher etwas für die Aftershowparty eines Festivals, anstatt als Teil davon. Mit einem Konzert im eigentlichen Sinne hat das jedenfalls wenig zu tun. Da versprach sein für den kommenden Tag angesetzter Auftritt mit Panzer AG doch einiges mehr an Spannung. Daher blieb ich dann auch nicht allzu lang und bekam so noch die Tiffany Coverversion "I Think We Are Alone Now" von The Birthday Massacre mit, die mir nur bedingt gefiel, aber doch einige der Fans zum klatschen animierte. Das wars aber auch noch nicht und so folgten zwei Eigenkompositionen, von denen ?Blue? den Gig beschloss.
Es blieb rockig auf der Hauptbühne, denn nun war "der Checker" Alexx mit seiner Band Eisbrecher an der Reihe. Sie waren bereits zum dritten Mal in Folge Gäste beim Amphi Festival und hatten letztes Jahr im Theater gerockt, dieses Mal war es eben wieder die große Bühne. Los ging es mit der Single ?Kann Denn Liebe Sünde sein?? vom aktuellen Album und Eisbrecher Kapitän Alexx hatte seine Gefolgschaft sogleich im Griff. Er manövrierte sich und seine Crew durch Songs der bisherigen drei Alben und die bekannt-hymnenhaften Songs verfehlten ihre Wirkung beim Publikum nicht.
Ich machte mich aber auf in die Halle, denn dort ging es mit Dirk Ivens und Eric Van Wonterghem weiter, besser bekannt als Absolute Body Control [GALLERY]. Dies stellte sich wie erwartet als die für mich bessere Wahl heraus, denn der belgische EBM liegt mir einfach mehr. Absolute Body Control wurden bereits vor 30 Jahren gegründet, allerdings nach nur fünf Jahren wieder auf Eis gelegt. Erst in den letzten Jahren schloss man sich glücklicherweise erneut zusammen. Ihre Performance war, wie von Bands aus dem Dirk Ivens Umfeld gewohnt, recht schlicht aufgebaut, hier braucht es aber einfach auch nicht viel Brimborium um gut zu sein. Die Klasse der Songs spricht für sich und wirkt durch ihre Darbietung umso authentischer. Ein wirklich überzeugender Auftritt, dem in der Halle die Griechinnen Marsheaux folgten.
Diese skipte ich allerdings, da ich sie bereits beim letztjährigen WGT und in diesem Frühjahr beim Pluswelt Festival gesehen hatte, ganz im Gegensatz zu Claus Larsen aka Leather Strip, der gleichzeitig die Hauptbühne betrat und schon während der ersten Songs mit ?Strap Me Down? und ?Adrenaline Rush? zwei tolle Klassiker präsentierte. Wie wegweisend Leather Strip für die Szene war, ließ sich dann auch an der "Prominenz" ablesen, die sich beim Auftritt unter das Volk gemischt hatte, seien es die gesamte Belegschaft des Suicide Commandos oder die Mexikaner Hocico. Doch auch eine sehr große Anhängerschaft, die vor allem für den Auftritt des Dänen in Köln zugegen war, hatte sich direkt vor der Bühne platziert und feierte ausgelassen jeden einzelnen Ton, den die Lautsprecher verlauten ließen. Das Set war durchweg gut und natürlich gehörten auch ?Don?t Tame Your Soul? und ?Japanese Bodies? (oder wie es dieses Mal hieß ?Germanys Bodies?) dazu, welches in einer abgewandelten Form präsentiert wurde. Klasse und dass sogar, obwohl Claus alleine auf der Hauptbühne agierte. Doch das Potential der Songs erschien fast endlos zu sein. Für mich eines der Highlights des ersten Tages, nachdem ich zunächst einige Bedenken hatte, gefielen mir die letzten Veröffentlichungen des Dänen doch nicht mehr ganz so gut. Aber was er hier aufbot, war großes Tennis.
Da mir der Leather Strip Auftritt so gut gefiel, machte ich mich erst dem Gig auf den Weg in die Halle, wo ich eigentlich auch wieder pünktlich ankam, allerdings war man dort mittlerweile so weit vor dem Zeitplan, dass wohl bereits das vierte Lied von Agonoize [GALLERY] lief. Netter Weise ließ man mich zwar noch für einen kurzen Moment Fotos machen, aber dieser ging natürlich viel zu schnell um. Ich blieb noch für ein paar Minuten in der Rheinparkhalle, um das muntere Treiben auf der Bühne zu verfolgen, machte mich dann aber auch wieder weiter auf den Weg nach draußen, um dem nächsten Auftritt beizuwohnen.
Die Schweden von Covenant [GALLERY], zu denen sich seit einiger Zeit ja auch Daniel Myer (Haujobb, Destroid) gesellt, kamen natürlich wieder fein gestriegelt in Anzügen auf die Bühne und hatten dieses Mal, ganz zur Freude ihrer zahlreichen Fans, auch ein paar neue Stücke vom kommenden Album ?Modern Ruin? im Gepäck, welches noch in diesem Jahr erscheinen soll. Eskil, Joakim und Daniel lieferten eine gewohnt starke Show, wobei für mich eigentlich wie immer, die älteren Stücke wie ?Stalker? oder ?Speed? die Highlights darstellten. Die neuen Stücke waren okay, mir aber wie schon die letzten Veröffentlichungen, zum Teil etwas zu langatmig. Die Stimmung war natürlich wieder großartig und das Publikum zelebrierte seine Helden.
Gewarnt von den Vorgängen zuvor, machte ich mich dieses Mal aber schon etwas früher wieder auf den Weg in die Rheinparkhalle, um den Beginn von Feindflug [GALLERY] nicht zu verpassen. Als es losging, sah man fast ausschließlich Silhouetten vor grellen Lichtern und es wurden die gewohnt rhythmischen Songs aus vielerlei Drums geboten, die das Publikum mitrissen und vielfach zum tanzen bewegten. Das sollte aber im Laufe des Konzerts noch nicht alles gewesen sein, denn nachdem ich mich später bereits wieder nach draußen begeben hatte, um meinen Jugendheroen Fields Of The Nephilim zu huldigen, passierte es: wenige Songs vor dem eigentlichen Ende des Feindflug-Gigs, gab die Decke der Rheinparkhalle dem Druck der Trommeln nach und es fiel direkt über der Bühne Putz von der Decke! Glück im Unglück für Feindflug’s Banane, dass dieser sich gerade auch etwas weiter vorne befand, als erst ein paar kleine Brösel und dann eine Platte von knapp 2m Durchmesser sich löste und auf sein Keyboard fiel. Banane selbst blieb weitestgehend unverletzt. und trug nur ein paar Kratzer und leichte Prellungen davon. Der Auftritt von Feindflug wurde natürlich aus Sicherheitsgründen sofort abgebrochen und die Menschen aus der Halle evakuiert. Ob Laibach spielen würden stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, man wollte seitens der Veranstalter einen drohenden Ausfall nicht so einfach hinnehmen.
Davon bekamen wir aber wie gesagt erst später etwas mit, denn draußen kündigte sich ein kompletter Stilwechsel an, denn die Headliner des ersten Tages standen bevor: Fields Of The Nephilim [GALLERY]! Und als wollte der Wettergott seinen Humor unter Beweis stellen, strahlte die Sonne nun ausgerechnet bei den Fürsten der Dunkelheit mit Inbrunst auf die Bühne. Und auch Ansager Honey hatte sich für diesen Moment etwas Besonderes einfallen lassen und beorderte erst einmal einen Fan auf die Bühne um dessen Helden selbst anzusagen. Dieser machte das so überzeugend ("Carl McCoy Ist Gott"), dass er eigentlich einen Job fürs nächste Jahr verdient hätte. Nach einem längeren Intro kam er dann auf die Bühne: Carl McCoy. Und nun begann eine Reise durch die Geschichte mit solch Klassikern wie ?Trees Come Down?, ?Love Under Will? und Co. Die Briten wussten ihre Fans auch bei noch herrschendem Tageslicht zu begeistern, ungewohnt war dieser Anblick trotzdem. Gleichwohl aber auch angenehm, die Idole mal nicht komplett in Düsterheit und Nebel zu sehen. Gegen halb zehn legten die fünf eine kurze Pause ein, bevor es mit den Zugaben weiterging, an deren Ende natürlich wieder das großartige zehn Minuten Epos ?Last Exit For The Lost? stand und der erste Hauptbühnentag damit erfolgreich endete.
Doch das wars dann wie oben angedeutet tatsächlich noch nicht mit dem ersten Festivaltag, denn da waren ja noch die wartenden Slowenen Laibach, für die man mit Hochdruck spontan versuchte, das Theater wieder zu einer Konzerthalle umzubauen, so dass Laibach heute und die anderen für den Sonntag in der Rheinparkhalle geplanten Konzerte ebenfalls dort stattfinden könnten. Etwas optimistisch hatte man einen Beginn für kurz nach 23 Uhr angekündigt, zu diesem Zeitpunkt aber schon darauf hingewiesen, dass dieser sich noch etwas verzögern könnte. Gegen Mitternacht und nach einer wirklich logistischen Meisterleistung, konnte mit Laibach dann auch dieser letzte Programmpunkt beginnen.
Das Set eröffnete die deutsche Nationalhymne aus dem Album ?Volk?. Darauf folgte die Hymne der Vereinigten Staaten, natürlich auch diese in einer Laibachschen Neuinterpretation. Es war schon beeindruckend den fünf Musikern zuzusehen, das Warten hatte sich gelohnt. Es muss wohl auch nicht erwähnt werden, dass eine Vielzahl der Besucher diese Bürde auf sich genommen hatten und das Theater während des Laibach-Konzerts komplett voll besetzt war. Neben den Nationalhymnen verwöhnten die Slowenen ihre Fans natürlich auch mit Songs ihres weiteren Schaffens und so wurde es ein durchweg voller Erfolg. Noch einmal ein Dank an die Veranstalter und die vielen Leute hinter den Kulissen, die durch ihren Einsatz das Konzert doch noch möglich machten! Ich machte mich später auf den knapp 100km langen Heimweg, denn am nächsten Tag ging es ja bereits um 12 Uhr weiter.
Sonntag, 19.07.2009:
Das erste Deutschlandkonzert von Panzer AG stand auf dem Plan und dementsprechend gespannt waren wohl auch die anderen Andy LaPlegua Fans auf diesen Auftritt. Von Beginn an war klar, dass sie nicht enttäuscht werden würden. Wie schon bei Scandy war Andy im Vergleich zu seinen Auftritten als Combichrist dieses Mal fast schon normal angezogen, aber der Schalk in seinem Nacken lachte auch so breit über beide Schultern hinweg. Bei Panzer AG geht es trotz des martialischen Namens ruhiger zu als bei Combichrist, dafür aber auch noch etwas atmosphärischer. Recht früh gab es "Battlefield" zu hören, der Track der die Band in der Szene bekannt machte. Auch wenn mich die Energie eines Combichrist Konzerts noch etwas mehr mitreißt, ein wirklich starker Auftritt, der absolut Lust auf mehr machte. Ich bin gespannt, ob man Panzer AG nun auch mal auf einer Clubtour sehen wird.
Als nächstes ging es ins Theater, in dem ja heute alle im Vorfeld eigentlich für die Rheinparkhalle geplanten Konzerte stattfanden. Hier standen nun also die Kölner Horror-Schock-Rocker The Other auf der Bühne, die sich durch ihre Outfits und damit vollzogene Auftritte bereits in die Szene hinein gespielt hatten. und sich "Europas populärste Horrorpunk-Band" nennen dürfen. Die Band begann ihre Karriere zunächst mit anderem Namen als The Misfits Coverband, später als The Other dann mit Eigenkompositionen. Bisher hat man drei Alben veröffentlicht, "The Place To Bleed" ist das aktuelle Werk aus dem Jahre 2008. Nach erfolgreichen Auftritten beim M’era Luna und beim Wave-Gotik-Treffen war dies ihr erstes Mal beim Amphi und auch dieses meisterten sie routiniert. Ihre Rockshow war musikalisch auch okay, bleibt mir aber im Nachhinein hauptsächlich durch ihre Outfits in größerer Erinnerung. Gehen wir also gleich weiter zur Hauptbühne …
Delain aus Holland haben einen augenscheinlichen Vorteil. Sängerin Charlotte Wessels ist hübsch, wahnsinnig hübsch. Musikalisch beackern sie mit ihrem Symphonic Metal ein ähnliches Feld wie Within Temptation, bei denen Delain Gründungsmitglied Martijn Westerholt früher Keyboard spielte. Sein Bruder Robert ist noch heute Gitarrist bei Within Temptation. Charlotte singt mit heller Stimme zu mehr oder weniger harten Gitarrenrhythmen und macht das in meinen Augen, oder besser Ohren, auch durchaus ordentlich, auch wenn mir mangels großem Interesse an dieser musikalischen Stilrichtung doch etwas Know-how fehlt. Die Backingvocals von Gitarrist Ronald Landa wirkten hingegen etwas arg bemüht düster und passten irgendwie nicht so recht. Dafür sorgte er aber für Stimmung, indem er das Publikum stets, vielleicht auch zu oft, zum mitmachen aufforderte. Delain wurden jedenfalls gut vom Publikum aufgenommen und können mit sich und dem Auftritt sicher zufrieden sein.
Mit einigen Minuten Verspätung ging es derweil im Theater weiter, wo Jesus On Extasy sich auf ihren Auftritt vorbereiteten, während sich in den ersten Reihen vor allem die jugendliche Damenwelt versammelte. Das Quintett hat in letzter Zeit ein neues Erscheinungsbild bekommen, da der ehemalige Drummer BJ wegen eines Schulterleidens zum Bass wechseln musste und in dieser Aufgabe sichtlich aufgeht, während der neue Drummer Dino nun an den Fellen sitzt. Spielfreude und allerlei Gehüpfe zu melodischen Electrorockklängen zeichnet ihre Konzerte aus, trifft aber nicht ganz meinen Geschmack und scheint doch eher auf die oben genannte Zielgruppe abzuzielen.
Ich machte mich daher schnell auf den Weg nach draußen, denn dort war man sogar wieder etwas vor dem Plan und so musste ich bereits auf dem Weg dorthin die ersten Sounds von Diorama vernehmen. Auch sie waren ja 2007 schon Gäste am Tanzbrunnen und können auf eine besonders treue Fangemeinde verweisen, die ihnen überall hin zu folgen scheint. Keyboarder Felix wurde dieses Mal wieder, genau wie Drummer Markus in einem angedeuteten Würfel verfrachtet, weiter im Vordergrund standen Gitarrist Sash und natürlich der charismatische Sänger Torben. Neben ihren schon bekannten Songs wie ?The Girls? und Co, hatten Diorama auch schon etwas Neues vom kommenden Album im Schlepptau und auch mit deren Debütperformance konnte die Band sicher zufrieden sein. Torben übertraf sich heute quasi selbst, selten habe ich ihn so energisch gesehen. Natürlich zeichnet ihn immer Inbrunst und das komplette Aufgehen in seinen Songs aus, aber heute hüpfte er sogar über die Bühne, was den Fans sichtlich gefiel. Wirklich wieder ein erwartet starker Auftritt der vier.
Die für mich stimmungsmäßig überraschendste Band des Amphi 2007 folgte diesen gleich auf dem Fuße: Saltatio Mortis. Damals hatten sie als zweite Band des Tages am Sonntag auf der Hauptbühne gespielt und vor der Bühne war es seinerzeit bereits voll und die Stimmung prächtig. Daran hat sich natürlich auch bis in dieses Jahr nichts geändert, denn man kann von Dudelsackmusik halten was man möchte, Partyatmosphäre ist da garantiert. Von Honey als große Welle:Erdball Fans und Freunde angekündigt, erklommen die sieben Musiker mit solch hochtrabenden Namen wie ?Falk Irmenfried von Hasen-Mümmelstein? die Bühne und los ging es. Sänger Alea (?der Bescheidene?) besitzt ohne Frage Charisma und dirigierte seine Fans in den nächsten gut 50 Minuten nach belieben, es wurde geklatscht, gesungen und mit den Armen gewippt, getreu dem Bandmotto ?Wer tanzt, stirbt nicht?.
Im Gegensatz zur Hauptbühne verzögerte sich der Ablauf im Theater weiter und zudem standen die beiden Berliner Mitglieder von Qntal auch noch im Stau, so dass für uns als nächstes bereits die Mexikaner Hocico auf der Liste standen, ebenfalls seit Jahren ein Stimmungsgarant. Beim Amphi 2009 präsentierte die Band eine Best of Show, zu der wie von anderen Festivalauftritten bekannt, beim ersten Song auch ein Stamm Eingeborener Krieger und einer Menge stark duftender Gerüche gehörten. Die Stammesangehörigen sorgten für einen interessanten Farbtupfer und noch weiter steigendes Interesse im Publikum. Nötig gewesen wäre das allerdings nicht, denn Sänger Erk ist ein Energiebündel und sorgt auch so allein schon für Stimmung, während sein Kollege Racso sich eher passiv hinter seinen Gerätschaften verhält. Mir hats wieder sehr gut gefallen, allerdings kommt die Energie der Mexikaner in einer Halle einfach besser rüber.
Zwischendurch machte ich einen kleinen Abstecher ins Theater, wo Qntal mittlerweile mit knapp 50 Minuten Verspätung ihren Dienst aufnahmen. Nachdem Ernst Horn (Deine Lakaien) bereits 1999 ausgestiegen war, sind von den drei Gründungsmitgliedern nur noch Multi-Instrumentalist Michael Popp und Sängerin Sigrid ?Syrah? Hausen dabei. Sie werden verstärkt durch Keyboarder Philipp ?Fil? Groth und den Live-Drummer Markus Köstner. Sie kombinieren die von Syrah vorgetragene mittelalterliche Lyrik mit modernen elektronischen Klängen, aber auch mit Sounds von vielerlei ?alten Instrumenten?. Das ist für viele sicher eine spannende Sache, mich zog es nach zwei Songs aber wieder hinaus, um noch etwas zu den elektrischen Beats Hocicos zu tanzen.
Wie auch die Eisbrecher, sind der Graf und seine unheiligen Mannen ja ebenfalls quasi schon Stammgäste beim Amphi und anderen Festivals und hatten heuer die Co-Headliner Platzierung auf der Hauptbühne inne. Und schon den ganzen Tag über konnte man anhand der vielen Shirts sehen, dass viele der Zuschauer heute vor allem wegen Unheilig da waren. Die Stimmung war von Anfang an gut und steigerte sich während des Gigs noch weiter, bis "Mein Stern" als zweite Zugabe das Konzert beendete. Zuvor nahm der wie immer schick in schwarzer Hose, weißem Hemd und schwarzer Krawatte gewandete Graf sprichwörtlich die Position eines Dirigenten ein und führte sein Publikum wie ein perfekt abgestimmtes Orchester. Der Applaus war dementsprechend groß.
Durch die Verschiebungen im Zeitplan ergab sich für mich wie für viele andere auch eine dumme Zwickmühle, denn durch die Verzögerungen im Theater würden die Auftritte von Front 242 und KMFDM quasi parallel starten. Leider hatte ich nicht mitbekommen, dass Qntal ihren Auftritt drastisch gekürzt hatten und war so davon ausgegangen, dass Front 242 ein paar Minuten früher beginnen würden. Ich entschied mich daher zunächst für den Headliner Front 242, verbunden mit der Hoffnung, nach zwei Songs noch wechseln zu können um beides gesehen zu haben. Die Rechnung ging nicht auf, da nun plötzlich wieder das Theater die Nase vorn hatte und so verpasste ich die Chance, Fotos von KMFDM machen zu können. Schade, denn die zwei Songs die ich später von den Industrial Rockern sah, gefielen mir wirklich gut. Aber es sollte nun also die Hauptbühne und Front 242 sein.
Tief in Nebel gehüllt betraten sie die Bühne und der Nebel sollte dort auch erst einmal eine Zeit verweilen. Im Hintergrund liefen zumeist Videoanimationen im typischen Frontstil, also technisch angehaucht. Die Band brannte ein wahres Feuerwerk an alten Schätzen ab, zu denen unter anderem ?No Shuffle?, ?Im Rhythmus Bleiben?, ?Welcome To Paradise?, ?Quite Unusual? oder ?Circling Overland? gehörten. Nach ?Kampfbereit?, in das die Band einen Ausschnitt aus Kraftwerks ?Radioactivity? einfließen ließ, folgte mit ?Headhunter? der absolute Front 242 Hit und nun waren endgültig alle im positiven Sinne bedient. Schon um 21:50 Uhr und somit etwas vor der geplanten Zeit endete der Auftritt und die Fans hatten sicher noch auf einen weiteren Song spekuliert, aber leider blieb dieser aus. Trotzdem konnte man vom Auftritt begeistert sein, wie schon gestern bei Leather Strip gab es Klassiker am Fließband zu hören, es konnte getanzt werden und spätestens bei Headhunter taten das dann auch sowieso alle.
Ich machte mich danach noch einmal auf ins Theater, wo The Gathering als vorletzte Band aufspielten. Die beiden Frauen erzeugten mit ihren drei männlichen Mitstreitern Gitarrenwälle zu hellem weiblichen Gesang und waren durchaus hörenswert, allerdings war das Theater zu diesem Zeitpunkt und trotz des beendeten Programms auf der Hauptbühne nicht komplett gefüllt, was vielleicht aber auch daran lag, dass viele Leute nun saßen, statt zu stehen. Da ich am nächsten Morgen früh arbeiten musste und The Gathering für mich auch kein Muss darstellten, verließ ich, während die Niederländer noch spielten, zu meinem Leidwesen das Festivalgelände und verpasste die letzte Band des Festivals Camouflage. Gerne hätte ich diese noch gesehen, allerdings hätte sich das Konzert dann bis weit nach Mitternacht hingezogen und da war ja auch noch die Rückfahrt.
Auf dieser zeigte sich dann aber auch noch einmal, wie viel Glück wir noch mit dem Wetter hatten, als ich in einen wahren Wolkenbruch geriet und die Straßen klatschnass waren. Da waren die wenigen kurzen Schauer während des Amphi Festivals eigentlich wirklich kaum der Rede wert.
Das Amphi Festival wird es natürlich auch im Jahre 2010 wieder geben. Dann am 24. und 25.07.2010. Als erste Band hat Moderator Honey bereits seine eigene Band Welle:Erdball bestätigt, mit weiteren Bestätigungen kann schon in Kürze gerechnet werden.
Über die [GALLERY]-Links im Bericht kommt ihr zu den kompletten Fotosets der jeweiIigen Band, die noch fehlenden werden nach und nach ergänzt!