HENKE – Bochum, Bahnhof Langendreer (17.04.2014)

HENKE – Bochum, Bahnhof Langendreer (17.04.2014)
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Nachdem HENKE in den vergangenen Jahren brachial und laut um die Osterfeiertage ausgewählte Städte der Republik bereisten, wird in diesem Jahr alles anders. Mit dem Bahnhof Langendreer ist der Treffpunkt derselbe und auch terminlich gesehen kann man sich auf die geniale Formation um Urgestein Oswald Henke verlassen, denn der Gründonnerstag eines jeden Jahres ist den Bochumern vorbehalten. HENKE – Bochum, Bahnhof Langendreer (17.04.2014)Und doch wird in diesem Jahr alles anders, reduziert auf ein akustisches Rahmenkonstrukt und musikalisch so nah wie nie. „Intim & Leise“ – die Mission der Band wird in diesem Jahr zu einer gemeinsamen akustischen Reise, die sicher in vielen Köpfen und Körpern nachhallen wird.

Um der Intimität noch etwas mehr Raum zu geben, verzichtet man in der bestuhlten Konzertlocation an diesem Abend auf eine Vorband und beginnt ganz pur und ohne Umwege um 21:00 Uhr – ca. 45 Minuten, nachdem sich die Pforten für die Fans geöffnet hatten – mit HENKE. Als die Band nach und nach die Bühne betritt, wird es mucksmäuschenstill. Die Spannung und Neugier auf das, was uns erwarten wird, ist deutlich spürbar und die Stille des Publikums scheint einem situativen „ersten Mal“ gleichzukommen – und irgendwie ist es das ja auch. HENKE gab es in den vergangenen Jahren stets laut, fordernd, krachend und Griffe in die musikalische Vergangenheit Oswald Henkes mischten den Shows stets einen textlich verstörenden Beigeschmack hinzu. Wie wird es also heute werden?

Plötzlich wird die Gitarre zu den Anfangsakkorden von Traumzeitlos sanft gezupft und hallt in die schon jetzt gebannte Menge, als die Stimme des charismatischen Frontmanns Henke einsetzt. Allmählich gesellen sich weitere Instrumente dazu: Piano, ein brummender Kontrabass und Percussion, die sich in ihrer Lautstärke immer mehr steigern. Schnell wird klar, dass das Wort „leise“ hier und heute nicht zu wortwörtlich genommen werden darf, denn von der Lautstärke her befinden wir uns in jedem Fall auf einem üblichen HENKE-Konzert. Was viel mehr leise, ruhiger, sanfter ist, ist die Stimmung, das Licht, in dem jeder einzelne Song erstrahlt, ohne dabei an Aussagekraft zu verlieren. Ein wirklich gekonnter Geniestreich! Schnell wird auch deutlich, dass die Energie, die in Oswald von Beginn an brodelt, befreit werden möchte. Wo er anfänglich noch fast in Starre verharrt, sich bei Stücken wie Weckt Mich oder Ohne Titel nur minimal bewegt, ergibt er sich schnell den zum Teil wirklich emotional aufwühlenden Texten und Tönen und untermalt sie mit ganzem Körpereinsatz. Und auch seine Blicke beschwören bei Stücken wie Weil Ich Es Kann oder dem ergreifenden Vergessen die Menge und bewegen uns, auch wenn wir heute alle still sitzen.

HENKE – Bochum, Bahnhof Langendreer (17.04.2014)HENKE schöpfen heute Abend einzig und alleine aus ihrem eigenen Repertoire, eine weitere Neuerung, denn in den vergangenen Jahren haben sich vor allem Goethes Erben Klassiker unter das neue HENKE-Material gemischt. Dass HENKE eigenständig sind, wussten wir alle, heute Abend bekommen wir es auch zu hören und werden abermals überzeugt. Es ist wirklich faszinierend, wie in doch so kurzer Zeit ein so ansprechendes Werk entstehen konnte, das auf so vielen Signatur-Stücken gründet, sei es nun Herz, Findenzoo, Zeitmemory, Maskenball der Nackten oder Es ist Nacht… – um nur einige zu nennen.

Natürlich schaffen die Fans es nach rund 1,5 Stunden Spielzeit, den Herren auf der Bühne noch eine kleine Zugabe zu entlocken und so wird mit dem allseits beliebten Szene-Kritiker-Song Manisch Aggressiv nachgelegt, bevor sich nach dem düsteren Wiegenlied Medea die Vorhänge für diesen Abend endgültig schließen. Flüstern, schreien, lachen, weinen… und zwischendurch lange, wohlige Gänsehautschauer. Ein Abend, den so schnell niemand vergessen wird!

Setlist HENKE:
01. Traumzeitlos
02. Weckt Mich
03. Ohne Titel
04. Herz
05. Weil ich es kann
06. Epilog
07. Findenzoo
08. Rote Irrlichter
09. Vergessen
10. Zeitmemory
11. Maskenball der Nackten
12. Spüren
13. Wer mich liebt

14. An jedem Haar
15. Orangenschiffchen
16. Es ist Nacht
17. Herbstkinder
18. Manisch Aggressiv (Z)
19. Medea (Z)

HENKE – Bochum, Bahnhof Langendreer (17.04.2014)

 

Fotos: Michael Gamon

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