Heute ist der kürzeste Tag des Jahres. Erst um halb neun ist die Sonne aufgegangen (so man sie denn zu dieser Jahreszeit überhaupt zu Gesicht bekommt). Bereits kurz vor vier wird sie bereits wieder verschwinden. Winteranfang nennt man diese finstere, melancholische Zeit hier geläufig, die sich fernab des Jahresendtrubels wie ein dumpfer, lautloser und schwerer Schatten auf unsere Schultern legt. Oder Wintersonnenwende. Es ist nicht ohne Grund die Zeit, in der man oft zu sich kommt, bilanzierend Vergangenes an sich vorüberziehen lässt und die eher Nachdenklichen unter uns niedergeschlagen umherschleichen. Der Tag der Wintersonnenwende markiert das Ende dieser Periode, denn auf den kürzesten Tag folgen wieder jene, in denen sich das Licht langsam, anfangs noch kaum merklich, aber stetig sein Recht zurückerobert. Die jährliche Wiedergeburt des Lichts ist eine zutiefst spirituelle Zeit, denn sie lässt uns auf das blicken, was war und eröffnet unseren Geist auf das Kommende.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Für unsere Vorfahren war sie vor allem eins: Hoffnung und Neubeginn nach einer langen Zeit der Dunkelheit, Kälte und Entbehrung. Wenig ist darüber bekannt, wie und ob unsere Vorfahren diese Zeit mit Ritualen und Festen begingen. Viel, was wir ihnen heute zuschreiben ist übergestülpt, romantisiert und wandelt auf zweifelhaften und wenig gesicherten Pfaden. Mit ihrer neuen Single Solsnu nähern sich die Männer von Byrdi den Ursprüngen der Wintersonnenwende auf eine sehr naturalistische, ernsthafte und deswegen beruhigend authentische Art. Mit stark zurückgenommener Instrumentierung, tatsächlich sind nur Maultrommel, rudimentäre Percussion und eine schüchterne Tagelharfe zu hören, schlägt das Stück mit eindringlichem meditativem, mehrstimmigem sonoren Gesang und repetitiven Strukturen wie ein warmes, ruhiges Herz. Solsnu atmet den uns innewohnenden Kreislauf aus Niedergang und Erneuerung, die scheinbare Ambivalenz aus Schatten und Licht und den Übergang von einer in die nächste Welt als natürliche Begebenheit. Es vermischt das Alte mit dem Neuen und kommt uns deswegen so vertraut vor.
Beim Text haben Byrdi Teile der Völuspá mit eigener Dichtung kombiniert. Thematisch wenden sie sich hier auch Ragnarök, dem Götterschicksal oder dem Weltenende zu. Auch dieses epische, viel besungene, oft falsch gedeutete Ereignis kann in der Mythologie als Neubeginn, Anfang eines anderen Zeitalters aus den Erfahrungen eines gegangenen Weges gedacht werden. Damit fügt sich dieses Motiv in die Grundstimmung des Sterbens- und Werdens am Abend der Wintersonnenwende nahtlos in diesen spirituellen Hochgenuss ein und entlässt uns mit der Hoffnung, seines innewohnenden Gesetzes, dass jede tote Finsternis in sich bereits den Keim lebenspendenden Lichts trägt.
Erst mit einem Klick auf das Vorschaubild wird das Video von YouTube eingebunden. Klicke nur, wenn du der Datenschutzerklärung zustimmst.
Solsnu ist eine Vorabveröffentlichung vom dritten Album der norwegischen Band, die ihre Musik selbst als Scandinavian Nature Music bezeichnen. Wenn Ihr Solsnu erwerben möchtet, könnt Ihr Byrdi auf ihrer Bandcamp-Präsenz unterstützen. Hier der Link zum Song:
https://byrdi-no.bandcamp.com/album/solsnu
Weblinks BYRDI:
Facebook: https://www.facebook.com/byrdinorway/
Bandcamp: https://byrdi-no.bandcamp.com/
Label: https://www.trollmusic.net/