ZETRA – Believe

ZETRA - Believe ZETRA - Believe
Lesedauer: 5 Minuten

„Nur die Spinne beobachtet mich, dringt in meine Träume ein…!“ – mit diesen Worten öffnen ZETRA ein neues Kapitel ihrer Klangwelt. Das britische Duo, das sich irgendwo zwischen Shoegaze, Post-Punk und mystischem Synth-Rock verortet, erhebt sich mit der EP „Believe“ erneut aus den Schatten. Fünf Tracks spannen ein Netz aus Melancholie und Erhabenheit, getragen von Vintage-Synthesizern, verhallten Gitarren und einer Stimme, die gleichermaßen Trost wie Unheil verheißt.

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Visuell verstärken ZETRA ihre Musik mit einer markanten Ästhetik: düsteres Corpse Paint, aufeinander abgestimmte Outfits aus Lack, Leder und tiefstem Schwarz. Frontmann Adam tritt live barfuß auf – ein Detail, das die entrückte, fast sakrale Wirkung ihrer Shows noch unterstreicht. Jeder Auftritt wirkt dadurch weniger wie ein klassisches Konzert, sondern wie ein geheimnisvolles Ritual.

ZETRA - Believe

Seit ihrem Signing bei Nuclear Blast geht es für das Duo aus England steil bergauf. Nach Touren mit HEALTH und Zeal & Ardor folgten Festivalauftritte bei Rock am Ring und dem Download Festival, bevor sie als Opener für den heiß gehandelten Newcomer President die Bühne betraten. ZETRA haben sich längst von einem geheimen Kult-Phänomen zu einer festen Größe der düsteren Alternativszene entwickelt – und ihr neues Werk „Believe“ markiert den nächsten Schritt in diesem Aufstieg.

„Angel Cries“ öffnet die EP wie ein Tor in eine andere Dimension. Schimmernde Synthflächen und zerbrechliche Melodien hüllen den Hörer in eine traumwandlerische Atmosphäre, die zwischen himmlischer Schönheit und unheilvoller Vorahnung schwebt. Die Lyrics lassen Bilder von zerfallenen Gräbern, weinenden Engeln und einer Welt entstehen, in der Gesetze zu Ketten werden. „The Angel Cries“ erhebt sich darin wie ein Mantra – ein Klagelied über den Verlust von Unschuld und das Ersticken der eigenen Stimme. Besonders eindringlich wirkt die Zeile „Hold the knife up to your leaders / Break the silence / Cut out their tongues“ – ein Aufschrei gegen falsche Autoritäten, der in seiner Drastik aufzurütteln vermag. So wird der Song zum Schlüssel, der die EP eröffnet: verletzlich, entrückt – und doch von unbändiger Kraft getragen.

Mit „So“ präsentieren ZETRA die erste Single der EP – und sie entfaltet sofort ihre Stärke. Sphärisch und zugleich schwebend legt sich der Song ins Ohr, getragen von einem Gesang, der die Gitarrenwände mit spürbarer Leichtigkeit durchdringt. Die wiederkehrenden Worte „So well“ ziehen sich wie ein Echo durch den Song. Sie wirken wie ein schwankendes Bekenntnis zwischen Selbsttäuschung und Akzeptanz – als wolle man sich eine Lüge schönreden, weil die Wahrheit kaum auszuhalten ist. Gleichzeitig unterstreicht die Zeile „I can’t breathe so well“ das Gefühl der Beklemmung, das wie ein Schatten über den Strophen liegt. Gerade dieser Kontrast macht „So“ besonders eindringlich: Trotz der Schwere der Worte schwebt der Song musikalisch leicht und fast losgelöst dahin, getragen vom Gesang, der die Dunkelheit hell umspielt.

Im Musikvideo greifen ZETRA diese Symbolik auf: entblößt und hüllenlos stehen Adam und Jordan Rücken an Rücken unter einer durchsichtigen Folie, gefangen wie in einem Kokon. Eingeblendete Ketten erinnern an ein Leitmotiv der Band, das sich schon lange durch ihre visuelle Welt zieht. Während die Musiker im gewohnten Look performen, beginnen auch die beiden unter der Folie zu singen, bis sie schließlich mit geschlossenen Augen erstarren und Nebel das Bild verschluckt. Ein eindrucksvolles Bild, das die Dualität des Songs – Schwere und Leichtigkeit, Bindung und Befreiung – bildgewaltig widerspiegelt.

ZETRA - So (OFFICIAL MUSIC VIDEO)

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Mit „The Spider“ liefern ZETRA die zweite Single der EP – und zugleich einen Song, der sich schon beim ersten Hördurchgang als Favorit aufdrängt. Hymnisch und zugleich unheimlich webt er sein Netz aus Synths, Gitarren und Adams eindringlichem Gesang, das den Hörer umschließt und kaum mehr loslässt. Immer wieder kehrt die Zeile „Only the spider is watching me“ zurück – ein Mantra zwischen Paranoia und Faszination, das wie ein ständiger Schatten durch den Song fließt. Die Spinne wird dabei zum Sinnbild einer Macht, der man sich kaum entziehen kann: verführerisch und bedrohlich zugleich. Genau das betonen ZETRA selbst: „The silken strands entice you, but do not linger. Will you climb to brighter heights? Or descend into madness.“ Das Netz wird so zur Metapher für Versuchung und Abgrund, für die Wahl zwischen Aufstieg und Wahnsinn.

Hier knüpfen ZETRA an ein zentrales Motiv ihrer Ästhetik an: der Faden, der sich zum Netz spinnt – Sinnbild für Bindung und Gefangenschaft, aber auch für die unsichtbaren Verbindungen, die ihr Universum zusammenhalten. Ätherisch und zugleich erschütternd formt sich daraus ein hypnotisches Klanggewebe, das sich immer enger zieht. Die Band selbst beschreibt es als Warnung und Verlockung zugleich: ‚Der goldene Faden wird zum Netz…‘ – eine Parabel über Schönheit, Gefahr und den schmalen Grat dazwischen.

Das Musikvideo übersetzt diese Stimmung in eindrucksvolle Bilder: Adam und Jordan stehen in schwarzen Gewändern mit langen, schleppenden Röcken auf einem Berg – eine schwarze und eine weiße Fahne in den Händen. Mit einem weißen Band beginnen sie, ein Netz zu spannen, das sich schließlich um Jordan windet. In einer weiteren Szene taucht das Folienmotiv aus dem „So“-Video wieder auf: Beide stehen – diesmal bekleidet, gefangen in einem Kokon, bewegen sich darin unruhig, als wollten sie ausbrechen.

„The Spider“ ist ein Song von wahrlich hypnotischer Schönheit, der seine Spannung mit jeder Wiederholung steigert. Einmal gehört, möchte man ihn sofort wieder auflegen – ein Netz, in dem man sich allzugern verfängt.

ZETRA - The Spider (OFFICIAL MUSIC VIDEO)

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„Find Me“ zeigt ZETRA von ihrer verletzlichsten Seite. Zu Beginn liegt Adams Stimme fast nackt über einer sanft gespielten Gitarre, bevor sich der Song im Refrain zu einem intensiveren Klangbild öffnet – nur um sich anschließend wieder in eine von begnadeter Schönheit geprägte Ruhe zurückzuziehen. Die Lyrics wirken wie eine Zwiesprache zwischen Diesseits und Jenseits: gebrochene Flügel, eine gefesselte Existenz, der Wunsch nach Befreiung von Fleisch und Knochen. Immer wieder taucht das Flehen „Find Me“ auf – ein Ruf nach Nähe, nach Erlösung, nach einem Gegenüber, das die Einsamkeit durchbricht. Bilder wie „Beneath my tree I see my feet / Forever, always, eternally“ schaffen eine fast traumhafte Vision von Loslösung und Ewigkeit. So vereint „Find Me“ Intimität und Erhabenheit – ein Song, der gleichzeitig Trost und Wehmut verströmt.

Mit „Charlotte“ wagen sich ZETRA an ein Cover der kanadischen Metal-Ikonen Kittie – und treffen damit einen Nerv. Adams Stimme fügt sich erstaunlich organisch in den Song, fast so, als würde er den Geist von Morgan Lander aufgreifen und zugleich eine eigene Note hineinlegen. Verstärkt wird das Ganze durch die markanten Growls von Justine Jones (Employed To Serve), die dem Stück zusätzliche Wucht verleihen. Musikalisch bleibt „Charlotte“ so heavy wie im Original, wird jedoch durch ZETRAs Synth-Schichten in eine neue, düstere Klangdimension gezogen. Das Ergebnis ist mehr als nur eine Hommage: Es öffnet eine weitere Facette des Duos, das hier beweist, wie souverän es mit den Wurzeln des Genres spielt und sie in seine eigene, verschleierte Ästhetik überführt.

Wer über die EP hinausgehen möchte, findet in der Bandcamp-Edition vier exklusive Ambient-Tracks – eine instrumentale Erweiterung des Konzepts, die wie ein atmosphärischer Epilog wirkt.

Resümee:

Mit „Believe“ schärfen ZETRA ihr Profil – geheimnisvoll, kompromisslos und voller Atmosphäre. Zwischen schwebender Schönheit und erdrückender Schwere erschaffen sie ein Klanguniversum, das mehr ist als Musik: eine Welt aus Symbolen, Ritualen und hypnotischen Bildern. Jeder Track fügt diesem Geflecht eine weitere Facette hinzu, vom traumwandlerischen Beginn bis hin zur düsteren Wucht des Kittie-Covers „Charlotte“.

So wird die EP zu mehr als einer bloßen Veröffentlichung – sie ist ein weiterer Knoten im Netz, das ZETRA längst um ihre stetig wachsende Fangemeinde spannt.

Am 22. August entlässt Nuclear Blast „Believe“ in die Welt – ein Werk wie ein seidenes Netz, das sich unaufhaltsam um Herz und Sinne legt.

Tracklist ZETRA – „Believe“:
  1. The Angel Cries
  2. So
  3. The Spider
  4. Find Me
  5. Charlotte (Kittie Cover) feat. Justine Jones von Employed To Serve
  6. i Shards Of Power *
  7. ii A Queen Ascends *
  8. iii The Order’s Decree *
  9. iv The Final Rest *

*Exklusive Bonustracks der Bandcamp-Edition

Weblinks ZETRA

Webseite: www.wearezetra.com/
Facebook: @wearezetra
Instagram: @wearezetra
Bandcamp: Bandcamp

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