EISBRECHER / HELDMASCHINE – Bochum, RuhrCongress (03.05.2025)

Fotos: EISBRECHER
Eisbrecher, © Peter Bernsmann
Geschätzte Lesezeit: 4 Minute(n)

Von einer “Kaltfront” konnte rund um den einzigen Eisbrecher-Auftritt in Nordrhein-Westfalen wahrlich nicht die Rede sein: In den Tagen zuvor regierte in der Region strahlender Sonnenschein bei bis zu schwül-warmen 27 Grad. Höchste Zeit also für eine (akustische) Abkühlung. Und wer könnte diese besser liefern als die Band, bei der alles rund um Eiseskälte seit dem Debüt von vor 21 Jahren zum Konzept gehört? Nicht ganz ausverkauft, aber mit einigen Tausend Fans gut gefüllt war der Ruhrcongress, in dem Eisbrecher bereits bei der vergangenen Tournee zum Album “Liebe macht Monster” zu Gast waren.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Im Vorprogramm? Alte Bekannte. Alex Wesselsky ließ es sich in gewohnter Manier nicht nehmen, den Support persönlich anzukündigen. Auf die Frage, wer die Heldmaschine noch nicht kennt, reckten lediglich gefühlt zwölf Leute die Hand. Klar, wer sich im Neue-Deutsche-Härte-Genre auskennt, kam in den vergangenen zehn Jahren an René Anlauff und seinen Mitstreitern nicht vorbei. Heldmaschine sind nicht nur mit eigenen Songs und nunmehr sieben Alben omnipräsent, sondern vielen Fans auch als Rammstein-Coverband Völkerball bekannt. Ob Wesselsky deswegen extra nochmal deutlich herausstellte, dass wie immer bei Eisbrecher-Konzerten gilt: “Row Zero? Haben wir nicht!” Nun ja.

Nicht nur musikalisch passte die Kombo perfekt. Allen Ernstes heißt das aktuelle Album der Heldmaschine “Eiszeit”. Mit dem Titelsong ging es dann direkt in die Vollen. Die Stimmung war von Beginn an gut, Teile des Publikums waren sogar in Heldmaschine-Shirts gekleidet und wedelten mit Fahnen mit dem markanten “HM”-Logo. “Uns gefällt, was wir sehen“, kommentierte Sänger Anlauff die Zuneigung aus dem vorderen Hallendrittel. Wenngleich die Formation mit Wurzeln in Koblenz das NDH-Genre sicher nicht neu erfindet, beweist sie doch immer wieder ein Händchen für starke Riffs und eingängige Hooks. Zudem machte die Lichtshow einen für eine Vorband erstaunlich aufwendigen Eindruck. Bei ihren Solokonzerten legen Heldmaschine bekanntlich hohen Wert darauf, den Fans auch etwas fürs Auge zu bieten – als Support ist aber das eigentlich alles andere als selbstverständlich. Beim zweiten Song “Schlag mich” waren die zehn Buchstaben des Songtitels beispielsweise einzeln auf verschiedenen LED-Installationen zu erkennen, genauso wie der Buchstabe “R” gegen Ende des Sets. Das sah gut aus, die Fans zeigten sich darüber hinaus textsicher, bei “Springt!” leisteten nicht wenige der Aufforderung Folge. Und auch die Akustik im RuhrCongress überzeugte. Eine 40-minütige runde Sache war das, die perfekt auf den Hauptact des Abends einstimmen sollte.

Setlist HELDMASCHINE @ Bochum, RuhrCongress (03.05.2025)

01. Eiszeit
02. Schlag mich
03. Meine Welt
04. Tunnelblick
05. Karl Denke
06. Bestie
07. Schachmatt
08. Webterrorist
09. Springt!
10. R

Punkt Neun war es soweit: Zu “Everything Is Wunderbar” enterten Eisbrecher die Bühne. Es war ein ungewohnter Anblick, dass da aus Publikumssicht eben nicht mehr Noel Pix, sondern Marc Richter links außen stand. Das Gründungsmitglied, zuständig unter anderem für Riffs, Keyboards und Produktion, hatte die Band im Vorjahr verlassen. Und es gab durchaus einen spürbaren akustischen Unterschied. Noch nie ließen Eisbrecher im Live-Kontext so viel Raum für Gitarren-Soli. Die Ankündigung von Frontmann Alex Wesselsky im Vorfeld bei Interviews, nun “eine Bühnen-Rampensau” verpflichtet zu haben, bewahrheitete sich. Richter gehörte so manch Spotlight, dass sonst naturgemäß vor allem der ewig charismatische Sänger auf sich zog. “Ihr seid ja immer noch da“, scherzte Wesselsky, dem bewusst war: “Tja, jetzt müssen wir über die Heldmaschine drüber.

Dies gelang dank einer Setlist, in der sich bewährte Hits, Live-Klassiker und neue Songs des “Kaltfront”-Albums abwechselten. Hier und da bediente sich der Frontmann einiger Requisiten, zum Beispiel einem Schild mit dem Wort “Waffen”, das er nach und nach mit roter Sprayfarbe überzog, die schlussendlich ein Peace-Zeichen ergab. Deutlich niedlicher und lustiger präsentierte sich der andere, weitaus dienstältere Gitarrist Jürgen Plangger – zu “Eiszeit” kam der A-Life-Divided-Musiker mit einer Plüsch-Eisbär-Maske auf dem Kopf auf die Bühne. Raum für weitere Scherze ließ sich Entertainer Wesselsky nicht nehmen. Er ließ ein Polaroid von Band und Fans anfertigen, ein “echtes Foto aus einer echten Kamera“, mit den Worten “Alle Hände hoch! Und jetzt die Füße!” …

Mit Spannung erwarteten diejenigen, die sich vorab in puncto Setlist spoilern ließen, die Antwort auf die Frage, wieviele Gäste den Weg ins Ruhrgebiet finden würden. Noch am Vorabend waren Joachim Witt für “Zeitgeist” und Sotiria für “Die Hoffnung stirbt zuletzt” beim Konzert in Hamburg mit dabei. Allerdings leben beide in der Hansestadt und beließen es dabei – in Bochum wurden die Songs komplett ersetzt. So durften sich die Anwesenden stattdessen über “Volle Kraft voraus” und “Einzelgänger” freuen. Einen Gast gab es aber doch: Frank Herzig von Schattenmann intonierte gemeinsam mit Alex Wesselsky “Auf die Zunge”, einer der sicher stärksten Songs der aktuellen LP.

Es folgte ein weiteres, eher unfreiwilliges Highlight: Vor “This is Deutsch” stellte sich der Mann des Volkes in staatsmännischer Manier hinter ein Podium – um dann das vermutlich schlechteste Trompetensolo der Menschheitsgeschichte abzuliefern. “Schuster, bleib bei deinen Leisten” mögen da manche sagen – die meisten Fans im RuhrCongress lachten aber einmal herzlich. Laut war er, der Jubel, mit dem Eisbrecher nach rund 90 Minuten zunächst von der Bühne gingen. Wesselsky bedankte sich “Tief im Westöööööööööön ….“, Grönemeyer-Imitation inklusive, für “wieder mal einen geilen Abend“, der vor vier weiteren Songs abgerundet wurde.

Bei “Zwischen Uns” übernahm Plangger die Backing Vocals, die im Original von Mia Aegerter gesungen wurden, nach dem brettharten aufrüttelnden “Was ist hier los?” folgte nochmal ein atmosphärischer Moment. Im Intro zu “Verrückt” wurde die Bühne in erstaunlich uneisiges orangefarbenes und türkises Licht getaucht – was für ein Bild! Und ganz zum Schluss erklang mit “Festung der Einsamkeit” noch eine echte Rarität – bei fast allen anderen Konzerten der Tour spielten Eisbrecher an dieser Stelle das Falco-Cover “Out Of The Dark”. Das entlohnten die Fans mit überschwänglichem Jubel und Wesselsky blieb nur noch eine (rhetorische) Frage: “Machen wir in absehbarer Zeit wieder, ne?” Aber gerne doch!

Setlist EISBRECHER @ Bochum, RuhrCongress (03.05.2025)

01. Everything Is Wunderbar
02. Himmel, Arsch und Zwirn
03. Fehler machen Leute
04. Antikörper
05. Dein Herz
06. Waffen Waffen Waffen
07. Leider
08. Kaltfront
09. Im Guten Im Bösen
10. Volle Kraft voraus
11. Einzelgänger
12. Eiszeit
13. Färberspiel Drumsolo
14. 1000 Narben
15. Miststück (akustisch)
16. Sturmfahrt
17. Auf die Zunge
18. This is Deutsch
19. FAKK
20. Zwischen uns (Z)
21. Was ist hier los? (Z)
22. Verrückt (Z)
23. Festung der Einsamkeit (Z)

Weblinks EISBRECHER

 

Autor