Wenn sich Finsternis, Rebellion und schwarze Liturgie vereinen, ist nichts Geringeres zu erwarten als eine Offenbarung: Polens Black-Metal-Titanen Behemoth haben die schwärzeste Allianz des Jahres geschmiedet! Gemeinsam mit den norwegischen Urgewalten Satyricon und der düsteren, melodischen Wucht von Rotting Christ aus Griechenland ziehen sie als “The Unholy Trinity” durch Europa – noch bevor am 09. Mai 2025 ihr flammneues Studioalbum “The Shit ov God” entfesselt wird.
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Das bombastische Spektakel machte auch im Kölner E-Werk halt. Vor der Halle trotzen die Metalheads dem Regen: Farbige (OMG!) Schirme schützen sorgsam aufgetragenes Corpse Paint und das Bier strömte in durstige Kehlen. Nachdem der Einlass zügig voranging, verteilten sich die 2.000 Fans in der Location – kurz vor dem bevorstehenden Event wurde schließlich der komplette Ausverkauf der Konzerttickets verkündet.
Den Abend läuteten Rotting Christ ein; eine der prägendsten Größen des Black Metal – eine Band, die seit Jahrzehnten für düstere Intensität und unerschütterliche Klanggewalt steht. Und die griechischen Vorreiter bringen weit mehr als nur Musik auf die Bühne: Sie erschaffen eine Atmosphäre, die sich unter die Haut brennt.
Begleitet von lautem Jubel positionierten sich die Musiker bereits um kurz vor sieben mit dem Rücken zum Publikum vor ihrem riesigen Backdrop. Und dann setzte “666” ein. Von Beginn an flogen auf der Bühne die langen Mähnen umher. Die düstere, energetische Atmosphäre zog die Crowd direkt in ihren Bann. Intensive, treibende Rhythmen vereinten sich mit schweren, getragenen Gitarrenriffs und Sakis Tolis hypnotischem, fast zeremoniellen Gesängen. “Guten Abend, Köln.” begrüßte uns der versierte Sänger. Voller Elan heizten die Griechen gestenreich die Menge an. “I wanna hear your voice, Köln!” Begeisterte “Hey, hey, hey”-Rufe folgten als Antwort.
Tribalartige Rhythmen trafen in dem Song “P’unchaw kachun- Tuta kachun” auf düstere Elemente. Dichte, aggressive Klänge verschmolzen mit rituellen Gesängen. Spirituell und zerstörerisch zugleich entfaltete der Track seine Wirkung. “Thank you, Germany. I hope you guys have a good time. We keep on blowing: ,Fire, God and Fear’.” Während Sakis inmitten eines Lichtkegels stand, erklang seichtes Vogelgezwitscher. Mit sanfter Stimme sprach er beschwörend die Worte: “Those who can make you believe absurdities can make you commit atrocities.” Doch das war nur die Ruhe vor dem Sturm! Zu wuchtigen Riffs, donnerndem Drumming und Sakis Tolis markanter Stimme entfalte der Song seine volle, bedrohliche Kraft. Gitarrist Kostas Foukararis sprang mit der Menge um die Wette und die Horn-Zeichen schnellten in die Höhe.
“Kata Ton Daimona Eaytoy” entlud sich blitzschnell, wie ein dunkler Wirbelsturm voller Macht und Chaos. Der Song hatte etwas Wildes, Unzähmbares – eine archaische Kraft, die kompromisslos entfesselt wird. Die Drums hämmerten ritualhaft, die Gitarren kreisten in wütender Raserei, und Sakis Vocals klangen wie eine Beschwörung aus uralten Zeiten. In den Lyrics geht es um Selbstbestimmung und den eigenen dunklen Weg, den man beschreitet. Wie ein Strudel aus Finsternis, Rhythmus und Rebellion entfaltete der Track seine mitreißende Anziehungskraft.
“We want to play a brand new song for you: ‘Like Father, Like Son’.” Und dieser begeisterte mit hymnischen Gitarrenmelodien. Das Trio an den Saiten war zudem über das gesamte Set hinweg überaus präsent. Immer wieder schufen die Musiker mit Blicken, Gesten und kleinen, vielsagenden Lächeln eine enge Bindung zum Publikum. Mit einer unfassbaren Geschwindigkeit samt einer rituellen Ernsthaftigkeit erschuf “Elthe Kyrie” eine völlig eigene Dynamik. Wie ein Sturm fegte der Song durch die Gehörgänge, ohne an Tiefe zu verlieren. Die repetitiven, beschwörenden Vocals standen im Kontrast zur rasenden instrumentalen Basis. Live erschien der Track wie ein ekstatischer Ausnahmezustand – als würde ein uraltes Ritual in Lichtgeschwindigkeit abgehalten werden.
“Brothers and sisters: ,Non Serviam’.” Der Klassiker aus dem Jahr 1994 war nach wie vor ein wahrhaftiges Manifest, das eine unvergessliche Präsenz innehatte. Ein kraftvoller, melancholischer Rhythmus, getragen von den intensiven Drums, bildete den pulsierenden Kern des Songs. Die Gitarren vereinten Black Metal mit klassischer Melodik und schufen eine Atmosphäre, die zugleich zerreißend und ergreifend war. Sakis Gesang, tief und voller Leidenschaft, verstärkte das rebellische Thema des Songs – ein klares Statement des Widerstands gegen Unterdrückung und die Suche nach persönlicher Freiheit. Kostas positionierte seinen Bass auf seinem Knie und schlug sich symbolisch auf das Herz – ein Moment, der die tiefere Bedeutung des Stücks perfekt einfing. Rotting Christ sprühten vor Spielfreude und Hingabe, und die Energie, die sie ausstrahlten, war ansteckend. Voller Begeisterung feierte die Crowd gebührend ihre Band.
„Before we leave you, we’d like to thank you. This next one is the last one. Ladies and gentlemen: ,Grandis Spiritus Diavolos‘.” Es folgte ein episches Stück, das einen in eine andere Welt entführte. Mit seinem mittelalterlichen Gesang, der an alte Liturgien erinnerte, und den majestätischen, doch düsteren Klängen, schuf der Song eine Atmosphäre von feierlicher Finsternis. Es war der perfekte Abschluss eines intensiven Sets, das die spirituelle Tiefe und das imposante Erbe der Band widerspiegelte. Als sich der Closer dem Ende zuneigte, bedankte sich Sakis herzlich bei den Fans, bevor er mit einem einfachen, aber tiefgründigen „Auf Wiedersehen“ den Abschied einleitete.
Für den finalen Moment versammelten sich alle vier Musiker am Bühnenrand. Sakis legte seine Hand auf sein Herz – ein Zeichen der Dankbarkeit und der Verbundenheit. Es fiel wahrlich nicht leicht, die Griechen nach 45 Minuten intensiver Darbietung und voller Leidenschaft in den Backstagebereich entschwinden zu lassen. Der Abend hatte zwar noch einiges in petto – und doch hinterließen Rotting Christ bereits einen bleibenden Eindruck.
Setlist ROTTING CHRIST – Köln, E-Werk (15.04.2025):
01. 666
02. P’unchaw kachun- Tuta kachun
03. Fire, God and Fear
04. Kata Ton Daimona Eaytoy
05. Like Father, Like Son
06. Elthe Kyrie
07. Non Serviam
08. Societas Satanas
09. Grandis Spiritus Diavolos
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Weblinks ROTTING CHRIST:
Homepage: https://www.rotting-christ.com
Facebook: rottingchristofficial
Instagram: rottingchristofficial
Mit Satyricon betrat eine der stilbildenden Formationen des norwegischen Black Metals die Bühne – eine Band, die seit den frühen Neunzigern mit kühler Eleganz und kompromissloser Vision neue Maßstäbe setzt. Während sich das Rad der Zeit drehte, hat sich der rohe Sturm ihrer Anfangszeiten zu einem kultisch verehrten Ritual gewandelt. Ihre Musik ist eine kalte Zeremonie, durchdrungen von Stolz, Dunkelheit und unnahbarer Schönheit.
Mittlerweile hat sich vor uns das Bühnenbild verändert. Auf einer erhöhten Ebene war das prachtvolle Drumkit sowie die mit einem Umbau versehenen Keys platziert. Wellbleche waren mit schwarzen Runenzeichen bemalt und auf dem gigantischen Backdrop waren zahlreiche fliegende Krähen zu sehen. Allein der Mikroständer von Sigurd „Satyr“ Wongraven glich einem rituellen Artefakt: Verschlungen von knorrigen, dornenartigen Ästen, die sich spiralförmig nach oben winden, erinnerte er an ein uraltes Relikt aus einer finsteren Zeremonie. Auch das Schlagzeug war von Verästelungen umrankt, die das gesamte Set mit einer bedrohlichen, archaischen Präsenz umhüllten.
Mit freiem Oberkörper und bemerkenswerter Präsenz betrat zunächst Kjetil “Frost” Haraldstad die Bühne. Mit seinen Drumsticks in der Hand schritt er an den Zuschauern vorbei – und doch wirkte sein Auftreten bereits wie ein stummes Versprechen unbändiger Kraft. Eine Erscheinung, die Respekt einflößte, noch bevor der erste Schlag fiel. Mit dem Track “Now, Diabolical” stiegen Satyricon in ihr einstündiges Set ein. Gleich zu Beginn erhoben die Mannen an den Saiten ihre Fäuste und die Crowd tat es ihnen nach. Samt finsterer Blicke spielten sie ihre ersten Riffs. Der Titeltrack des gleichnamigen Albums ist längst zu einer Art schwarzer Hymne geworden – seine marschartige Struktur, das schwer rollende Riff und der fast beschwörende Refrain entfalteten live eine mitreißende Wucht. Singend stimmte die Menge mit ein. “Come on, let’s go Köln!” rief Satyr. Wie entfesselt wirbelten die Haare durch die Luft – ein rauschender Auftakt in die Dunkelheit.
Nach einer kurzen Begrüßung verdunkelte sich die Bühne. In schummrigem Licht setzte “Repined Bastard Nation” ein. Der Track vom 2002er Album “Volcano” ist ein wütender, beißender Kommentar zur politischen und sozialen Verkommenheit – voller Zorn, Sarkasmus und klirrender Kälte. Die Riffs schnitten durch den Raum, während Satyr seine Zeilen mit bitterem Nachdruck herausspie. Gitarrist Attila Voros zeigte uns dabei immer wieder sein strahlendstes Lächeln – ein beinahe ironischer Kontrast zur bitterbösen Energie des Songs. Mit “Black Crow on a Tombstone” folgte ein Song, der die düstere Melodik von Satyricon mit einer fast schon rockigen Eingängigkeit verbindet. Die Musiker wechselten dabei immer wieder aktiv ihre Seiten und nutzten die gesamte Breite der Bühne. Immer wieder suchten sie die Nähe zum Publikum – und ließen dabei ihre Köpfe im Gleichklang mit den Reihen vor ihnen kreisen. Ein kollektives Beben aus Haaren, Riffs und Rhythmus.
Augenzwinkernd, ehrlich und mit spürbarer Dankbarkeit wendete sich Satyr ans Publikum: “Has anyone ever seen this band in this city before? I think it has been so many years ago. And I remember the first time we were here was in the year 2000 with Pantera in Cologne. I bet to all of you were there, right? Wow, it’s good to see you. I think this show is sold out and that’s just amazing how far extreme metal have reached with Rotting Christ, Behemoth and even ourselves.” Dann legte das Sextett mit “Deep Calleth Upon Deep” nach. Live entfachte der Song eine dichte, atmosphärische Wirkung – getragen von einem beinahe rituellen Charakter, mit langsamer, unheilvoller Steigerung und einem Hauch sakraler Größe.
Mit “Hvite Krists Død” folgte das älteste Stück der Band – und dieses hob sich deutlich vom restlichen Set ab. Der ursprüngliche Sound von Satyricon war hier klar erkennbar: roh, kalt und kompromisslos. Satyr griff zur Gitarre, während sich der Track in finsteren Schüben entfaltete. Im Mittelteil erhoben die geflashten Zuschauer ihre zu Teufelshörnern geformten Hände gen Bühnenhimmel. Zwischen all der Härte mischten sich orchestrale Streicherklänge, die dem Song eine zusätzliche Tiefe verliehen. Satyrs Gesang wirkte noch dunkler, beinahe beschwörend – bis sich all die aufgestaute Spannung schließlich in einer geballten Wucht entlud.
Eine gewaltige Intensität entlud sich mit “Du Som Hater Gud”. Die finsteren Keyboardklänge verliehen dem Track dabei eine ganz eigene, bedrohliche Note. Nun gab es kein Halten mehr: Die ersten Crowdsurfer traten ihre Reise über die Köpfe der Menge hinweg an, getragen von einer Welle aus Adrenalin und Hochgefühl. “The Pentagram Burns” entführte uns weiter in die düstere, energiegeladene Tiefe des Sets. Steinar „Azarak“ Gundersen posierte zunehmend und genoss sichtlich die Blicke der Fans, während er die Bühne mit kraftvollen Gitarrenriffs erfüllte.
Satyr fiel plötzlich ein Fan inmitten der Crowd auf und direkt sprach er ihn auch an: “Before I forget, I want you to know this. I’m not making fun of you. I think you are the most creative person in the room, because you’re wearing a pink shirt! Yeah, exactly. You’re free to do that. That’s fantastic. So more power to you. There are two ways of playing this song. One is play it some heavier, it grooves a little more. We’re gonna do the faster one because it provides a good soundtrack for a really mosh pit. What we need is the people in the front, in the midddle, to the right and alle the way.” Großer Jubel brach aus, als die Band zu “Fuel for the Hatred” ansetzte. Der Song donnerte mit voller Wucht aus den Lautsprechern – schnell, ungestüm und voller Energie. Die Band genoss ihren Auftritt sichtlich, während Satyr und die Jungs sich in den intensiven Rhythmus der Musik vertieften. Dazu ging die Menge mächtig ab, der Pit kochte und die Crowdsurfer nahmen kein Ende. „Good job, Köln!“ rief Satyr mit einem breiten Lächeln, sichtlich zufrieden mit der Leistung seiner Fans.
„If you know how this is done, lead the way and show the rest how we do this, come on!“ Schon setzte die weltbekannte Melodie des Klassikers “Mother North” ein, und der stimmgewaltige Metalchor des Publikums stimmte sofort mit ein. „Scream for me, Cologne!“ forderte der Frontmann die Menge heraus – und die Fans ließen sich nicht lange bitten. Gegen Ende gipfelte der Track in hartem Geschrammel. Auf und vor der Bühne ging es wild zur Sache, als die Energie der Band und die des Publikums zu einer explosiven Symbiose verschmolzen.
Satyr wurde nachdenklich. „Thank you so much. So, three years ago we said that we’re not gonna stop touring but we got a hard jump off the touring and this entertainment hamster wheel, which is album, tour, album, tour and again and again and again. We’ve come to the point that we realized that the entertainment industry with an upside-down cross and dressed in black. And that certain in very far from the reasons why I started doing this. And I feel like when we don’t play as often as we do, we play rarely. This is probably show number 25 in six years, something like that. So when we play, we play for you but we also play for ourselves and I think you can see that. And that’s why we have a good time together.“ Mit diesen Worten verabschiedeten sich Satyricon von ihren Fans, aber nicht ohne einen letzten, kraftvollen Abschluss. “K.I.N.G.” brachte die Show zu einem gewaltigen Höhepunkt. Der Song, der mit seiner aggressiven Präzision und energetischen Wucht den letzten Funken der Crowd entfachte, fegte förmlich durch den Raum. Der treibende Beat, das markante Riffing und Satyrs kräftiger Gesang verliehen dem Closer einem monumentalen Abschluss. “Tusen takk, thank you, Dankeschön.”
Setlist SATYRICON – Köln, E-Werk (15.04.2025):
01. Now, Diabolical
02. Repined Bastard Nation
03. Black Crow on a Tombstone
04. Deep Calleth Upon Deep
05. Hvite Krists Død
06. Du Som Hater Gud
07. The Pentagram Burns
08. Fuel For Hatred
09. Mother North
10. K.I.N.G.
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Weblinks SATYRICON:
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Instagram: satyriconofficial
Ehrlich gesagt war man bereits schweißgebadet, bevor der Behemoth überhaupt die Bühne betraten. Was man in den letzten Jahren vermehrt als gut klimatisierte Konzerterlebnisse zu schätzen gelernt hat, wich im E-Werk an diesem Abend einem ganz anderen Szenario. Die Hitze in der Halle war inzwischen nahezu tropisch. Der vorangegangene Regen hatte nicht nur für nasse Kleidung gesorgt – die Besucher selbst trugen eine spürbare Feuchtigkeit mit hinein, die sich mit der stickigen Luft vermischte. So entstand ein beinahe regenwaldartiges Klima, das selbst erfahrenen Konzertgängern einiges abverlangte. Doch all das tat der Vorfreude auf Behemoth keinen Abbruch. Tapfer sahen wir dem Headliner entgegen – jene polnische Extreme-Metal-Institution, die seit Jahrzehnten für kompromisslose musikalische Wucht, theatralische Inszenierungen und eine unverwechselbare Ästhetik steht. Zwischen Black, Death und okkultem Ritual entfaltet die Band einen Sound, der ebenso unbarmherzig wie kunstvoll ist. Frontmann Adam “Nergal” Darski und seine Mitstreiter zelebrieren ihre Shows mit einer Intensität, die weit über bloßes Musizieren hinausgeht: Hier wird jedes Konzert zur liturgischen Zeremonie der Dunkelheit.
Und genau dieses Erlebnis sollte Köln an diesem Abend nicht vorenthalten bleiben. Ein riesiges weißes Laken verdeckte zunächst den Blick das Geschehen. Eine spürbare Spannung lag in der Luft, als ein dumpfer, pulsierender Sound einsetzte, der einem gewaltigen Herzschlag glich. Kurz darauf fiel der Vorhang und das Spektakel begann. Beim Betreten des E-Werks zu Beginn des Abends, war ich zunächst irritiert: Die Bühne schien deutlich kleiner als in Erinnerung. Mit dem Vorhang fiel dann auch der Groschen. Links und rechts ragten etwa drei Meter hohe Laufstege für Behemoth in die Höhe, die jeweils mit einem Treppenaufgang versehen waren. Auf einem Podest prangte das stattlich ausgerüstete Schlagzeug des Drummers. Im Hintergrund war eine geschmiedetes Sonnensymbol positioniert – das Emblem des kommenden Albums “The Shit ov God”.
Mit dem Neuling “The Shadow Elite” zündeten Behemoth den gnadenlosen Auftakt. Der Song ist nichts weniger als ein martialisches Manifest: In poetisch-destruktiven Bildern wird der Ich-Erzähler zum göttlichen Pfeil stilisiert, abgeschossen „gegen jedes Gesetz“, durch „Nazareth und Bethlehem, bis zu Zions Hallen“. Es ist ein Aufruf zur Entfesselung, zur Revolte gegen die religiöse Ordnung, getragen von unbändigem Furor. „We are the shadow elite – blackening holy land“, brüllte Nergal in die Halle. Um den Hals trug der Sänger ein imposantes Brustornament, das mit seinen konzentrischen Kreismustern und metallischen Elementen an einen zeremoniellen Kultschmuck erinnerte – irgendwo zwischen Krieger und Hohepriester. Über kniehohen Lederstiefeln und einer Lederhose fiel ein aufwendig gestalteter Herrenrock, der seine martialische Erscheinung unterstrich. Nur Hals und Arme waren schwarz geschminkt, während Nergals Oberkörper mit weißer Farbe bedeckt war. Der glasklare Sound löste sogleich innere Entzückung aus, war der Klang jedes einzelnen Instrumentes einfach perfekt arrangiert. Brutaler können sich Gitarren kaum anhören und die Drums hämmerten unerbittlich – ein Klanggewitter, das keine Gnade kannte. Was für ein Auftakt!
Während die Bühne in rotes Licht getaucht wurde, knieten Nergal, Gitarrist Patryk Dominik „Seth“ Sztyber und Bassist Tomasz „Orion“ Wróblewski zu “Ora Pro Nobis Lucifer” nieder. Gemeinsam mit ihnen stiegen Nebelsäulen auf. Der Song, eine aggressive wie eingängige Litanei, zählt längst zu den modernen Klassikern der Band. Mit lateinischen Refrains, donnernden Riffs und hymnischer Wucht beschwor er das Prinzip des rebellischen Geistes – und traf damit mitten ins Herz der Behemoth-Ästhetik. „Sing with us, Cologne!“ Am Bühnenrand kreuzten sich Feuerschübe. Die Hitze der Flammen war kurioserweise eine Wohltat, trocknete sie doch unsere feucht gewordenen Gesichter. Nergal forderte Jubel ein und erklomm erstmals einen der Türme, um auch die Fans weiter hinten in der Halle wahrnehmen zu können.
„Put your horns in the air!“ – mit diesen Worten läutete der Fronter den nächsten Song ein: “Demigod”. In der Menge sah man überglückliche Gesichter, während sich unzählige Hände mit gespreizten Teufelshörnern in die Höhe reckten. Der brachiale Track entfaltete seine volle Macht, getragen von einem kompromisslosen Riffgewitter und einer Textzeile, die wie ein Manifest wirkt: “I am the son of flint and pitch, I am the result of long years of toil.” Ein hymnischer Akt der Selbstermächtigung, wuchtig zelebriert – und das Publikum tobte.
Nergal positionierte sich hinter der eisernen Sonne – und verkündete mit finsterer Inbrunst: „Eat my flesh, drink my blood. I am the shit ov god.“ Voller Wucht preschte uns der gleichnamige Titelsong des kommenden Albums entgegen. Eine rohe, alles zermalmende Klanggewalt, die sich wie ein Wirbelsturm durch die Halle fraß. Bassist Orion genoss sichtlich die theatralische Inszenierung, stellte sich auf der Empore provokant in die hochschießenden Nebelschwaden und ließ sich vom dichten Dunst verschlucken. “The Shit ov God” ist eine fluchartige Predigt gegen Dogmen und religiöse Überhöhung – ein finsteres Manifest, das mit einer radikalen Umkehrung vertrauter Werte spielt. Wo sonst Licht, Reinheit und Göttlichkeit herrschen, setzen Behemoth Dunkelheit, Schmutz und Selbstermächtigung dagegen. „If you are the sun, I am Vantablack […] You serve up in Eden, I reign in hell.“ – Hier spricht kein Rebell mehr, sondern ein selbst ernannter Gegengott, der sich aus allem Verstoßenen speist. „Sing it. Alle zusammen!“, forderte Nergal – und Köln gehorchte. Was für eine Macht!
„Guten Abend, Deutschland! Three different countries, we have the same constellation – we are the Unholy Trinity! Rotting Christ, Satyricon and Behemoth, we march across Europe, taking no fucking prisoners. This is the biggest black metal has ever been.“ – Mit donnernder Stimme verkündete Nergal den Siegeszug des düsteren Dreigespanns und ließ keinen Zweifel daran, dass Köln Zeuge eines historischen Moments werden sollte. Zu „Conquer All“ kam er immer wieder an den Bühnenrand, suchte die Nähe zum Publikum, streckte die Arme aus, als wolle er seine Jünger persönlich in Empfang nehmen. Mit teuflischem Blick widmete sich Orion seinem Bassspiel und stieß einen rauen Schrei in Richtung der ersten Reihen aus – ein Gruß an die Frontlinie. Der Song selbst ist ein kompromissloser Schlachtruf. Mit seiner Kombination aus walzenden Riffs, donnernden Drums und beinahe hymnischen Strukturen erhebt sich “Conquer All” zum Manifest totaler Überlegenheit. Der Text proklamiert den Triumph über moralische, religiöse und politische Zwänge – eine klare Absage an Unterwerfung und Dogma: „I reject the reason of your god.“ Behemoth präsentieren sich hier als unaufhaltsame Kraft, die über alle Grenzen hinweg herrschen will – und dabei nichts zurücklässt außer verbrannte Erde und glühende Begeisterung.
Apropos glühende Begeisterung – mit “Blow Your Trumpets Gabriel” nahm das Flammeninferno seinen Lauf. Mittlerweile schossen Flammen aus sämtlichen Richtungen hervor – sie überquerten gar die gesamte Bühne. „Behemoth!“-Rufe breiteten sich aus. Nergals Augenpartie war nun von einer schwarzen, filigran verzierten Maske verdeckt. „Are you with us?“ Was wir hier erlebten, war wahrlich überwältigend. Der Song entfaltete sich schwer, schleppend und mit biblischer Wucht. Zwischen apokalyptischer Bildsprache und martialischem Pathos wurde der Fall religiöser Heilsversprechen zelebriert – ein musikalischer Vorbote des Untergangs, bei dem jede Note wie ein Donnerschlag wirkte.
“Ov Fire and the Void” schien direkt aus den tiefsten Schlünden der Hölle emporzusteigen. Eine schwarze Kapuze bedeckte Nergals Haupt und verlieh ihm das düstere Antlitz eines apokalyptischen Propheten. Tiefrotes Licht flackerte über die Bühne und tauchte das Szenario in ein infernalisches Glühen. Der Song preschte mit abgrundtiefer Bösartigkeit über uns hinweg – wie ein Mahlstrom aus Raserei und Dunkelheit. Und ich? Ich stand mit einem fetten Grinsen im Gesicht da. Wenn das die Hölle ist, dann bitte – reserviert mir schon mal einen Platz! Unaufhaltsam warf man den Kopf im Takt der unheilvollen Rhythmen, ein kollektives Bangen im Namen der Finsternis.
„It’s fucking quiet for my standard.“ – Das ließ sich die Crowd kein zweites Mal sagen. Frenetische Jubelschreie mischten sich unter gröhlende Kehlen. „Thank you, Deutschland, I appreciate it. We’re gonna spin it up with a song of “The Apostasy”, it’s called “Christgrinding Avenue.“ Auf einen heftigen Scream folgte abgedrehter Gitarrensound, während die Bühne grell erleuchtet wurde. Tempo und Härte stiegen blitzartig an. Mit Fackeln zündeten die Musiker den hinteren Bereich der Bühne an – und auch die eiserne Sonne stand in Flammen! Der Song selbst ist eine gnadenlose Attacke auf religiöse Doppelmoral, eine wütende Anklage im Gewand aus Blastbeats und chaotischen Riffs – rotzig, roh und kompromisslos.
Ein visuelles wie musikalisches Highlight setzten Behemoth mit “Bartzabel”. Mit einer pechschwarzen, opulent verzierten Mitra auf dem Kopf und einem langen, mit Perlen bestickten Seidentuch über den Schultern erschien Nergal wie ein finsterer Hohepriester eines okkulten Rituals. Der Fronter verstand es meisterhaft, sein Publikum in den Bann zu ziehen – beschwörend formte er am Bühnenrand seine Hände zu einem Dreieck, dem „Devil’s Triangle“, das in der Bildsprache von Behemoth immer wieder auftaucht. Der Song selbst, getragen von einem fast hypnotisch-marschierenden Rhythmus und eingängig rockiger Struktur, packte einen mit voller Wucht. Zwischen mystischer Gravitas und düsterer Eleganz schwang Nergal majestätisch anmutend seine Arme empor – und meine Augen leuchteten voller Bewunderung für diese Band!
Mit “Christians to the Lions” zündeten Behemoth das nächste Inferno. Abgedrehtes Gitarrenspiel, bockschnelle Drums – voller Zorn schleuderte die Band ihre antiklerikale Wucht ins Publikum, das sich mitgerissen von der Energie in einem ekstatischen Rausch verlor. Weitere „Behemoth!“-Rufe schallten durch das E-Werk – ein Echo der Begeisterung, das Nergal sichtlich erfreute. „Oh, that’s sweet of you!“, entgegnete er entzückt. Bei dieser skurrilen Szene konnte man sich ein Schmunzeln kaum verkneifen. „Are there any people that were born after ’91 in the crowd? After ’91? Anyone? So when we wrote this song, you weren’t even around. Just think about it. Okay, this is the first ever Behemoth song. It’s called ,Cursed Angel of Doom’.“ Was dann folgte, war ein ungestümes, archaisch anmutendes Klanggewitter – ein Relikt aus den frühen, noch gänzlich ungeschliffenen Tagen der Band. Rau und kantig bäumte sich der Song auf, rohe Erinnerung an den Ursprung der Klanggewalt, die Behemoth heute entfacht.
Glockenschläge läuteten das scheinbar letzte Gefecht ein: “Chant For Eschaton 2000“ – ein apokalyptisches Manifest, das die bevorstehende Verdammnis zelebrierte. Unerbittlich wurde dazu die Double Bass Drum getriezt, als würde sie die Truppen der Finsternis zum finalen Sturm antreiben. Zu einer mit Nieten besetzten Jacke trug Nergal erneut eine Kapuze, seine Augen wirkten wild, seine Aura bedrohlich. Die Gesichter der Musiker waren mittlerweile blutverschmiert – Sinnbild eines erbarmungslosen Rituals. Obgleich er mitten auf der Bühne stand, spuckte Nergal eine beachtliche Ladung Kunstblut Richtung Publikum – mich erwischte es direkt unter dem Auge. Mit jeder Faser seiner Stimme schrie er seine Forderungen heraus, während er wütend aufstapfte und mit der Faust auf seine Gitarre schlug. Unerwartet tauchte Orion im Bühnengraben auf, stellte sich auf die Trittstufe der Absperrung und war seinen Fans beim heftigen Bassspiel zum Greifen nahe. Zum Abschied riss Nergal erst seine Gitarre und dann siegessicher die Faust in die Höhe. Diese Crowd haben Behemoth endgültig erobert – mit einer Show, die sich wie ein triumphaler Abgesang auf alles Irdische anfühlte.
Doch die Fans waren noch nicht bereit für den finalen Abschied. Lautstark pfiffen und riefen sie ihre Band nochmal herbei. Mit einem rot-gold verzierten Gewand, wie es einst nur Hohepriester trugen, enterte Nergal mit seinen Mannen die Bühne. Nachdem Behemoth zuvor bereits alles in Schutt und Asche gespielt hatten, flatterte nun schwarzes Konfetti vom Hallenhimmel herab – wie ein finsterer Segen zum Abschied. Beharrlich ließ sich der Sänger von seinen Anhängern feiern, während die “Hey-Hey”-Rufe kein Ende nehmen wollten. „O Father O Satan O Sun!“ markierte das krönende Finale – ein hymnisches, fast sakrales Epos, das sich langsam aufbaute, um schließlich in eruptiver Intensität zu explodieren. Zwischen Beschwörung und Entfesselung schien die gesamte Halle zu beben. Auch mir kippte innerlich die Kinnlade herunter – überwältigt von dieser Inszenierung, dieser Macht, dieser Band!
Wortlos verließ das Quartett die Bühne – nur um ein letztes Mal maskiert zurückzukehren. Hintereinander versetzt stehend, spielten sie ihre finalen Riffs, während hinter ihnen ein Feuerschwall emporloderte. Im E-Werk herrschte absolute Stille – ehrfürchtig sog das Publikum die letzten Augenblicke dieses monumentalen Abends in sich auf. Als die Töne verklangen und die Flammen erloschen, wendeten sich Behemoth langsam ab. Auf dem Weg hinter die Bühne sandten sie ihren Fans herzliche Gesten zu – ein stummes, aber kraftvolles Dankeschön für diese bedingungslose Hingabe. Ein Abgang, der nachhallte!
Voller Adrenalin traten wir unseren Heimweg an. Wie sollte man nach solch einem Abend nur in den Schlaf finden?! Für einen Ticketpreis von 65,- € wurde hier eine Show abgeliefert, die wahrlich ihresgleichen sucht. Behemoth haben sich tatsächlich erneut selbst übertroffen! Und so kontrovers sie in der Black Metal Szene auch diskutiert werden – weil sie angeblich nicht „true“ genug seien – diesen Kritikern kann ich nur eines mit auf den Weg geben: Behemoth liefern den heißesten Shit, den die Szene derzeit zu bieten hat! Und eine kleine Kunstblutspur in meinem Notizbuch wird mich für immer an diesen nachtglühenden Rausch erinnern, der sich wie ein loderndes Mal in mein Innerstes eingebrannt hat. 😉
P.s.: Mit ihrem bislang größten Headliner-Konzert schreiben Behemoth übrigens am 25. April Geschichte: In der renommierten Hala Stulecia in Wrocław, Polen – einem UNESCO-Weltkulturerbe – feiern sie vor ausverkauftem Haus und 6.000 Fans einen Meilenstein ihrer Karriere. Wer dieses Spektakel verfolgen möchte, bekommt die Gelegenheit, Teil dieses historischen Moments zu werden: Das Konzert wird weltweit per Livestream übertragen. Tickets für die Übertragung kann man hier erwerben: Behemoth – The Unholy Trinity: Live from Wrocław – VEEPS
Die verlinkten Bildergalerien stammen von den beiden Konzerten aus Köln (E-Werk) und Wiesbaden (Schlachthof). In Wiesbaden war es ausdrücklich gestattet das ganze Set von Behemoth zu fotografieren.
Setlist BEHEMOTH – Köln, E-Werk (15.04.2025):
01. The Shadow Elite
02. Ora Pro Nobis Lucifer
03. Demigod
04. The Shit ov God
05. Conquer All
06. Blow Your Trumpets Gabriel
07. Ov Fire and the Void
08. Christgrinding Avenue
09. Bartzabel
10. Wolves ov Siberia
11. Once Upon a Pale Horse
12. Christians to the Lions
13. Cursed Angel of Doom
14. Chant for Eschaton 2000 E.V.
15. O Father O Satan O Sun! (Z)
Die gesamte Konzertgalerie von BEHEMOTH haben wir hier für euch hinterlegt.
Unseren Konzertbericht aus dem Wiesbadener Schlachthof findet ihr hier:
BEHEMOTH / SATYRICON / ROTTING CHRIST – Wiesbaden, Schlachthof (16.04.2025)
Weblinks BEHEMOTH:
Homepage: https://www.behemoth.pl
Facebook: behemoth
Instagram: behemothofficial