Lennart A. Salomon brachte es recht früh im Set auf den Punkt: “Nach eins, zwei, drei Versuchen können wir dieses Konzert endlich spielen” – ja, tatsächlich sind auch im April 2023 noch immer nicht alle Konzerte abgearbeitet und gespielt, die vor drei Jahren wegen Corona und den damit einhergehenden Restriktionen x-mal verlegt werden mussten. Nun sind wir aber wieder alle einen Schritt weiter und ein Ticket mehr los – und das Warten hat sich, soviel vorweg, absolut gelohnt.
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Bevor Sono mit einem 25 Songs starken Set aufwarteten, präsentierte sich ein Solokünstler den einigen Hundert Fans im Kulttempel. Klaus Gratzel startete sein Soloprojekt Rotoskop bereits vor 20 Jahren, nach der Platte Revolution:Lost, die seinerzeit mit Features von unter anderem Philipp Boa und Foetus aufwarten konnte, wurde es aber sehr lange still um den gebürtigen Wuppertaler. Seit gut zwei Jahren veröffentlicht er aber wieder regelmäßig Musik, zuletzt die EP Destination=Love im März 2023. Daraus präsentierte er natürlich auch einige Songs. Musikalisch erinnerte das immer wieder an die 90er-Platten von Depeche Mode, Songs Of Faith And Devotion sowie Ultra. Düstere Stimmung, viele trippige Beats, atmosphärische Synths und hier und da ein ordentliches Gitarrenriff. Auch stimmlich konnte Rotoskop absolut überzeugen. Was aber noch Luft nach oben hat, sind die zumeist monotonen Refrains – die bestehen einfach zu oft aus ein bis zwei Zeilen, die sich stets wiederholen. Da geht in Zukunft sicher mehr. Insgesamt hinterließ der Support rund 30 Minuten lang aber einen positiven Eindruck und wurde mit entsprechendem Applaus verabschiedet. Wer sich für Rotoskop interessiert, dem sei der Bandcamp-Account ans Herz gelegt: https://rotoskopofficial.bandcamp.com/music
Sono vertrauten auf ihr gewohntes Setup. Eine Konstruktionen aus dünnen Stangen diente als Projektionsfläche, davor die Maschinen von Florian Sikorski und Martin Weiland. Lennart A. Salomon enterte die Bühne zunächst in einer roten Jacke, der er sich recht schnell wieder entledigte. Zügig wurde es warm auf und vor der Bühne – ein Resultat daraus, dass das Hamburger Trio von Beginn an alte wie neue Songs sinnvoll mischte, anstatt die erste Konzerthälfte mit Songs der gerade erst veröffentlichten LP In The Haze vollzustopfen. Auf Can You Hear Me? und das New Kid In Town folgten mit A New Cage und Amplify direkt zwei Klassiker aus der nun schon über 20 Jahre andauernden Bandhistorie. Das Ganze in beeindruckender Lautstärke bei wahrhaftig fettem, fast schon zu fettem Sound – Ohrenstöpsel waren an diesem Abend definitiv ein sinnvolles Gut.
Die Stimmung schaukelte sich derweil immer weiter hoch und erreichte bei Flames Get Higher einen ersten Höhepunkt. Kein Wunder, ist der zehn Jahre alte Song doch mittlerweile ein fester Bestandteil der Playlisten bei Schwarze-Szene-Parties. Andere Stücke bedienten die Die-Hard-Fans, mit Fail To Heal, Perfect Harmony oder Pressure erklangen auch einige Lieder, die es seinerzeit nicht zu einer Single-Veröffentlichung brachten. Gerade ersteres war länger nicht mehr Teil des Live-Sets, wie Lennart zwischendurch erklärte. Von den neuen Songs bereitete besonders das Drum’n’Bass-lastige Together den Anwesenden Spaß – die Single erinnert dank ihrer 80er-Synth-Melodien schon schwer an The Weeknds Mega-Hit Blinding Lights. “Ihr glaubt gar nicht, wie viele 80er-Jahre-Krimis wir für diesen Song geschaut haben“, sagte der Frontmann – man glaubt es ihm sofort.
Das letzte Drittel der knapp 100 Minuten langen Show gehörte überwiegend den ganz großen Klassikern – egal, ob im Original von Sono oder nicht. Zu 2000 Guns erstrahlte passenderweise das Peace-Zeichen auf der Projektionsfläche, mit dem folgenden Adamski-Cover Killer zauberte das Trio vielen ein breites, vielleicht auch überraschtes Grinsen ins Gesicht – im Gegensatz zur schon seit vielen Jahren regelmäßig gespielten David-Bowie-Interpretation Space Oddity konnte man damit nämlich nicht unbedingt rechnen. Ganz zum Schluss war es dann mit dem Tanzen nicht mehr getan, Lennart forderte bei Better und Keep Control lautstarke Vokal-Unterstützung, die ihm die Fans natürlich auch gaben. Unter lautstarkem Jubel verließen Sono gegen halb 12 die Bühne – denn was soll nach dem Über-Hit, der die Karriere kurz nach der Jahrtausendwende in Gang brachte, auch noch kommen?
Irgendwie ist es ja interessant mit Sono: Sie starteten als Act, der mit der Gothic-Szene quasi gar nichts zu hatte, sie liefen bei Club Rotation auf Viva, ihre Songs bei der Mayday und Love Parade, nie drifteten sie in Future-Pop- oder EBM-Gefilde ab – und trotzdem trägt das Publikum bei den Konzerten seit Jahren zu 99 Prozent schwarz. Doch egal, ob Raver oder Schwarzkittel vor der Bühne: Die Verbindung zwischen Band und Fans stimmt absolut. Kein Wunder, dass drei der noch vier folgenden Tour-Konzerte bereits ausverkauft sind. Lediglich für die Show in Dresden am 28. April im Club Puschkin gibt es noch Tickets. Wer Zeit hat und in der Nähe wohnt, dem sei gesagt: Hingehen, Tanzen, Spaß haben – Sono werden Euch nicht enttäuschen!
Setlist SONO @ Oberhausen, Kulttempel (20.04.2023)
01. Can You Hear Me?
02. New Kid In Town
03. A New Cage
04. Amplify
05. Chasing The Light
06. What You Do
07. Never Die
08. Cupid
09. Flames Get Higher
10. Space Oddity
11. Too Little Too Much
12. Brightest Star
13. All Those City Lights
14. Pressure
15. Together
16. Let Go
17. Trusting You
18. Fail To Heal
19. 2000 Guns
20. Killer
21. Supersonic
22. Blame
23. Perfect Harmony (Z)
24. Better (Z)
25. Keep Control (Z)
Weblinks SONO
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Homepage: http://www.sono.fm/
Instagram: www.instagram.com/sono_fm