Um es gleich vorweg zu nehmen: Dieses Album, veröffentlicht am 19.08.2022, gehört zum besten Album im Bereich Synthpop, welches ich dieses Jahr gehört habe. – Und dabei kommt es in einigen Teilen gar nicht poppig daher. Doch dazu später. Casi, der Sänger der Band, betonte im Vorfeld immer: Dieses Album hat “only Killer, no Filler”. Eine ambitionierte Aussage, die erst einmal untermauert werden will. Optisch hat sich das Artwork im Vergleich zu den vorangegangenen drei Studioalben deutlich verändert: Weg vom hellen comichaften, hin zum lauten, böseren und dunklen Design. Und dieses trifft es auf den Punkt: Das Album ist lauter und härter als die vorangegangenen. Schauen wir doch einmal etwas genauer hin…
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Der erste Song eines Albums soll auf das weitere Album einstimmen. Dies gelingt Venom schon nach nur wenigen Takten: Haben wir hier ein klassisches 80s-Synthpop-Album vor uns?
Zum zweiten Lied, Paranoid SL, möchte ich hier nicht viele Worte verlieren. Schau dir lieber das wirklich gelungene Video, den Tiefgang Film an, welches zu großen Teilen im Roxy in Dortmund gedreht wurde:
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Auch FoxP2 setzt die Linie der ersten beiden Songs fort: 80s, synthy und definitiv tanzbar. Der Titel ist recht einfallsreich: FoxP2 wird landläufig gern als Sprach-Gen bezeichnet und die bis anhin einzig bekannte Erbanlage, welche mit der Fähigkeit, zu sprechen, in Verbindung gebracht wird.
Pause for thought sticht als erster Song deutlich hervor, geht der Anfang doch schon recht in die EBM-Richtung und irritiert damit ein wenig, um dann aber nach etwas über einer Minute in den seichteren Synthpop-Song umzuschalten der so typisch für Rroyce ist und somit wieder versöhnlich stimmt.
Rebuilt.Reborn geht von der ersten Sekunde an in die Vollen. Dieser Song war in der Diskussion, als Single vorab veröffentlicht zu werden, was er bekanntlich nicht wurde. Somit bleibt diese rockig-synthige Perle dem Albumkäufer vorenthalten. Hier wurde nicht experimentiert, sondern viele Elemente, die einen Song zum Hit machen, kombiniert: ein treibender Rhythmus, “Frage-Antwort”-Elemente, ein leicht zu merkender Refrain.
Where the Morons walk fällt deutlich aus dem Rahmen – nicht nur vom Text her, welcher sehr kritisch mit der Aluhutfraktion der letzten zwei Jahre ins Gericht geht, sondern auch dank der dominanten Drumline, die schon sehr richtung EBM geht. Wer leichten Synthpop mag, sollte diesen Titel überspringen, wobei ihm allerdings der nicht sehr schwurblerfreundliche Text entgeht. Dies ist der erste Song, dem ich kein “Killer-Zertifikat” ausstellen möchte – ein “Filler” allerdings ist er bei weitem auch nicht.
Mit Whipping Boy folgt ein Stück Liedgut, dessen Titel schon die Richtung anzeigt in welche Richtung es hier lyrisch geht. `nuff said!
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Another war die zweite Vorab-Auskopplung. Auch hier wieder verliess die Band sich auf die Tiefgang Filmcrew, welche ein sehr ungewöhnliches und hartes Video ablieferten, welches sich YouTube hinter der FSK18-Schranke befindet. Daher möchte ich den geneigten Leser hier bitten, sich selbst ein Urteil zu bilden und spule vor zum nächsten Titel My Head is full of you – einem langsameren, aber nicht minder tanzbarem Stück synthetisch generierter Musik, kombiniert mit weichen Piano-Klängen und konträren harten Gitarren-Riffs – garniert mit Casis Stimme. (Ich stelle grad fest, dass sich das bisher Geschriebene wie ein Werbetext liest. Aber was kann ich dafür, dass mich das Album bis hierher vollends überzeugte? – Machen wir mal schnell weiter…)
Something Natural klingt ein wenig wie das Schweizer Duo Yello, aber in stromlinienförmig und mit weicherer Stimme, welches den Schreiber dieser Zeilen instant mental in seine 80er-Jahre-Disco-Zeit zurückwarf.
Damit sind zwei Drittel des Albums rum. Noch fünf Songs und während hier viele Alben aufhören, drehen Casi, Kay und AL nochmal richtig auf: Answers & Questions ist eines der Songs, die ich mir gut auf der Tanzfläche vorstellen kann: “I need some space for self expression” kann man hier jede Tänzerin oder Tänzer für sich interpretieren. Sieht man sich das zum Release erschienene Video dazu an, tut sich jedoch eine ganz andere tragische und auch böse Ebene auf…
Mit I look nicer with you (I can´t help it / I can´t deny …. in your mind all the time ´til you die.) liefert die Band hier ein weiteres für mich persönliches Highlight ab. Dem Song gelingt es deratig, mit den Lyrics zu spielen, dass hier quasi ein 180-Grad-Interpretationsspielraum bleibt, was auch so gewünscht war. Dezent eingesetzte Gitarren-Riffs runden diesen Dancefloor-Song als härteres Element ab.
Endspurt! Die letzten drei Songs: Lifetime beginnt mit schweren Rhythmen und wummerndem Bass – und bleibt großteils dabei. Dieser Song kann mich mit seinem pumpendem Synth und dem, wenn auch sparsam eingesetzem, “Wobbler” nur bedingt überzeugen und wird schnell langweilig. Für mich ist dies der schwächste Song des Albums.
Mit der kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema Social Media geht es in die Zielgerade. Schön, dass dieses wichtige Thema auch mal musikalisch aufbereitet einem breiteren Publikum vorgestellt wird.
Call the Void schließt den Kreis und hätte auch gut den Einstand des Albums machen können: Catchy lyrics mit einem Refrain zum Laut-Mitsingen und ein Rhythmus, der einen im Gleichschritt voran treibt. Dabei ist der plötzliche Abschluss im Stil der 50er Jahre mit dominantem Saxophon recht ungewöhnlich und lässt einem in einer kurzen auditiven Leere und mit dem Wunsch, zum ersten Song zu springen um das Album erneut zu hören, zurück.
Am Ende des Tages bleibt die Frage: “Hat dieses Album wirklich nur Killer und keine Filler?” Nun, ich würde diese Frage mit einem 13:0 beantworten: Also, 13 Killer und zwei Songs, die nicht unbedingt mitziehen, aber dennoch weit von dem entfernt sind, was ich als Filler bezeichnen würde.
Damit ist dieses Album eine der wenigen Synthpop-Perlen, die mir seit sehr langer Zeit in den CD-Player gefallen sind. Prinzipiell ist die Band ihrem Stil treu geblieben, hat jedoch Songs abgeliefert, die mit ihren für sie bisher ungewöhnlich harten Gitarrenelementen und neuhinzugekommenen EBM-Elementen nicht nur die Synthie-Liebhaber bedient, sondern eventuell auch Fans aus der härteren Fraktion in Teilen bedient. Zudem ist dieses Album auch als Doppel-Vinyl erhältlich.
In der limitierten Fan-Box findet sich neben einigen Goodies wie einem Schal und einer Autogrammkarte auch eine weitere CD: Die Rroarr Raw. Auf dieser befinden sich die Demoversionen zu allen Songs des eigentlichen Albums. Dabei klingen die meisten Songs schon dermaßen fertig, dass ich ihnen nicht mehr das Prädikat “raw” anheften wollen würde.
Der Stil dieser CD folgt dem des Hauptalbums. Allerdings hat man sich hier aus Liebe zum Detail die Mühe gemacht, die Konturen des Covers per Hand nachzuzeichnen, um diesen unfertigen Effekt zu generieren, sodass diese CD mehr als nur eine schöne Beigabe ist, die nach dem ersten Anschauen auf ewig im heimischen CD-Regal verschwinden sollte.
Passend zur Albumveröffentlichung kommt das Video zu Answers & Questions, gemacht von Alain De Grox, heraus. Dieses Video hebt sich nicht nur optisch sehr von den bisherigen ab, sondern erzählt auch eine kleine böse Liebesgeschichte:
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Tracklist RROYCE – Rroarr:
01. Venom
02. Paranoiac SL
03. Foxp2
04. Pause for thought
05. Rebuilt.Reborn
06. Where the morons walk
07. Whipping boy
08. Another
09. My head is full of you
10. Something natural
11. Answers & questions
12. I look nicer with you
13. Lifetime
14. Social media fake friend
15. Call of the void
Neben den Veröffentlichungen werden Rroyce ab September auf ihre erste Headliner-Tour gehen.
RROYCE – RROARR Tour 2022:
23.09.2022 Weiher (Mörlenbach), Live Music Hall (Special Guest: A Spell Inside)
24.09.2022 Oberhausen, E-tropolis Festival
30.09.2022 Hannover, Subkultur (Special Guest: A Spell Inside)
01.10.2022 Erfurt, From Hell (Special Guest: A Spell Inside)
02.10.2022 Kassel, Exil am Kupferhammer (Special Guest: A Spell Inside)
07.10.2022 Berlin, Nuke Club (Special Guest: Beyond Border)
08.10.2022 Dresden, Blauer Salon (Special Guest: Beyond Border)
Tickets zu den Shows findest du zum Beispiel auf www.rroyce.de oder bei Eisland Entertainment.
Album-Bestellung:
CD: RROARR CD Digipack
Fanbox: RROARR Fanbox
Vinyl: RROARR Doppel-Vinyl
Weblinks RROYCE:
Homepage: www.rroyce.de
Facebook: RROYCE.official
Instagram: RROYCE_official
Bandcamp: rroyce.bandcamp.com
Weblink Tiefgang Film Produktion:
Facebook: TIEFGANGFILM
Weblink Grey´s Puppets:
Facebook: Grey´s Puppets