Mono Inc. – Heimspiel in Hamburg
Also eins muss ich Martin Engler ja lassen: Der Mann ackert sich gut einen ab, damit seine Band erfolgreich ist. Meiner Meinung nach hat er es mit Mono Inc. geschafft, eine kleine, aber feine Fankultur um sich zu scharen, die ihm auf Schritt und Tritt folgt. Wer auf ein Mono Inc.-Konzert geht, findet keine überstyleten Chicks oder Jungs, die gerade aus einer Modelwerbung entsprungen sind. Nein, es sind Menschen wie du und ich. „Wir sind unsere eigene Subkultur“ hat Martin vor vielen Jahren mal in einem Interview zu mir gesagt. Und so fühle ich mich mit Fleischmütze und Bauchansatz auch gar nicht ausgegrenzt. Denn der Star des Abends ist einer von uns, könnte man meinen. Auch, wenn Martin mit seinem Vollbart eher aussieht wie eine buddhistische Version eines Ragnar Lodbrok. An dieses Styling kann ich mich so noch nicht gewöhnen. Anyway, hier geht es jetzt ja nicht um das Aussehen, sondern darum, dass Martin und seine Band in die Hamburger Sporthalle geladen haben, um das bis dato größtes Einzelkonzert ihrer Geschichte zu zelebrieren. Moment, die Sporthalle? Sonst habe ich Mono Inc. in der deutlich kleineren Markthalle in Hamburg gesehen. Und jetzt dieser Schritt? Ich muss gestehen, ich hatte vermutet, dass diese Location eine Nummer zu groß für die Band ist. Aber da habe ich mich verschätzt. An diesem sonnigen Samstag bildete sich eine lange Schlange am Eingang zur Sporthalle. Schwarze Gestalten und viele Raben gesellten sich zusammen und man könnte meinen, dass trotz des Erfolges des letzten Albums The Book of Fire (2020), Platz eins der Albumcharts, sich die Anzahl der „normalen Zuhörer“ eher beschränkt gehalten hat.
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MANNTRA – grandioser Support Act
Die Sporthalle hat sich erstaunlicherweise auch ziemlich schnell gefüllt, sodass als der Abend von der kroatischen Band Manntra eröffnet wurde, wobei sich auch sehr schnell Konzertatmosphäre eingestellt hat. Frontmann Marko Matijevic Sekul ist trotz der spärlichen Bühnenbeleuchtung sehr offensiv auf das Publikum zugegangen und nachdem er seinen Mantel geöffnet hat, sah man in den ersten Reihen doch so einige Frauen mit verklärtem Blick. Sein definierter Oberkörper passte perfekt in die Szenerie und man wartete förmlich darauf, dass er gleich mindesten einen Wolf oder auch einen Bären mit bloßer Hand erlegt, um danach die holde Braut nach dem Festmahl in seinem Zelt zu vernaschen. Das meine ich mehr als positiv. Manntra haben vom ersten Moment an Spaß gemacht. Ihr Folk-Metal ging nicht nur in die Beine. Eine Mischung irgendwo zwischen Nine Inch Nails, Laibach und Santiano. Ich fühlte mich mehr als wohl mit diesem Support und auch das Hamburger Publikum war in seiner Reaktion erstaunlicherweise mehr als nur einfach unterhalten. Sekul hat den Saal für sich eingenommen. Ein kurzes, vielleicht sogar zu kurzes Set nahm dann auch sein überraschendes Ende. Aber Manntra nutzten natürlich noch die Gelegenheit, auf das kommende Album hinzuweisen, welches in Kürze auf dem Mono Inc.-Label NoCut erscheinen soll.
Setlist MANNTRA – Hamburg, Sporthalle (14.05.2022):
01. Heathens
02. Yelena
03. Ori Ori
04. Barren King
05. In The Shadows
06. Not Guilty (not released yet song from the upcoming album)
07. Slave
08. Everlasting
09. Nightmare (new single from the upcoming album)
Nach einer relativ kurzen Pause wurde es dann auch Zeit, dass die Hauptband des Abends die Bühle erklimmt. Davor gab aber noch kein geringerer als Lotto King Karl, in Hamburg immer noch genauso beliebt wie Helmut Schmidt, kurze Instruktionen für den Abend. Da Mono Inc. den Abend auch für eine kommende Blue Ray festhalten wollten, sollte alles ja perfekt laufen. Also gab es von Lotto Regieanweisungen. Jedes Mal, wenn Martin Engler „Hallo Hamburg“ sagen wird, solle das Publikum lautstark mit „Hallo Oslo“ antworten. Warum Oslo? Weiß keiner, aber der Joke hat zumindest in der Probe perfekt funktioniert. Leider musste Lotto dann doch noch zugeben, dass die Hamburger bitte nicht mit „Hallo Oslo“ reagieren sollen. Schade, der Joke wäre bestimmt gut gekommen. Nun denn, Licht aus, Intro an und nun sollen Engler und Co. Den Abend rocken. Die gut 3500 Hamburger Fans begrüßten ihre Band frenetisch. Die Party kann starten – das Schiff legt ab.
Das Schiff legt ab…?
Schon bei dem ersten Stück Louder than hell ist mir aufgefallen, dass Engler nicht gut bei Stimme zu sein scheint. Ist es die Aufregung oder die Erschöpfung? Schließlich haben Mono Inc. gerade ihre ersten drei Konzerte in England gegeben. Da kann man schon mal ein bisschen kaputt sein. Auch ein Martin Engler ist schließlich keine 25 Jahre mehr alt. Das, was er aber hier in Hamburg bot, war zum Einstieg wirklich erschreckend für mich. Ich hoffte, dass Martin sich erstmal warm singen muss und dass es sich schon legen wird. Natürlich muss man dazu auch erwähnen, dass ich schon sehr viele Frontmänner in der Hamburger Sporthalle erlebt habe, die bei der bescheidenen Akustik in der Halle nur verlieren konnten. Also will ich Martin Engler nicht durchgehend eine schlechte Leistung attestieren. Aber auch seine Show auf der Bühne wirkte auf mich eher verhalten. Er hatte einen schönen Laufsteg, auf dem er auch sehr oft war aber viel mehr als Shake Hands und ein kurzer Abstecher in den Bühnengraben war zumindest von meinem Platz aus nicht zu sehen. Auch die Kommunikation zwischen Martin und dem Publikum kannte ich aus Martins Sicht schonmal deutlich euphorischer. Ja, dass die Pandemie zwei Jahre alles ausgebremst hat, ist schon schlimm gewesen, für mich dann aber eher ein Fall zum Ausrasten, wenn man wieder auf die Bühne kann und so ein aufgeheiztes Publikum vor sich hat. Diesen Job haben dann eher sein Bruder Carl Fornia, für mich einfach die coolste Sau auf der Bühne, und Neuzugang Val Perun am Bass erledigt. Gerade Val hat mich mit seiner Lebendigkeit überrascht. War sein Vorgänger Manuel Antoni immer eher etwas schüchtern und zurückhaltend, hat Van schon Party gemacht. Ein positiver Lichtblick. Auch Englers Ansagen zwischen den Liedern hatten eher etwas von Trauerveranstaltung. Ich hörte sowas wie „Das Wort zum Sonntag“ von einigen um mich herum.
Leichte Flaute unter den Segeln…
Bei der Setlist haben Mono Inc. auf dieser Tour auf Nummer Sicher gesetzt. Natürlich stand das letzte Album noch im Vordergrund. Aber einige Stücke sind dann doch zu schwerfällig, um einen herausragenden Konzertabend zu zelebrieren. Auch wird in der mittlerweile langen Diskografie von Mono Inc. die Auswahl der Stücke nicht einfacher. Aber das Drumsolo zwischen Martin und Drummerin Katha Mia ist mittlerweile ziemlich ausgelutscht. Da rettet dann auch nicht die Version von Das Boot um diesen Zwischenpart zu retten. Ich hatte das Gefühl, das Publikum war zu dem Zeitpunkt etwas zu ermüdet von der viel zu langen Version von Where the raven flies und dem darauf folgenden An klaren Tagen, welches lt. Aussage von Martin Engler für eine Dame namens Erna gespielt wurde, die während der Pandemie verstorben ist und nur an diesem Abend gespielt wird. Ein Blick auf die Setlist zeigt aber, dass Mono Inc. den Song jeden Abend spielen und wahrscheinlich auch immer Erna widmen. Martin hat die Stimmung runtergezogen und irgendwie hatte ich das Gefühl, die Hamburger sind dann auch nicht wirklich wieder in Fahrt gekommen.
Eine Setlist auf Nummer Sicher
Ansonsten war es eigentlich wie immer. Mono Inc. schlossen das Main-Set mit dem Gary Moore-Klassiker After the war und wieder sangen alle No more war. Zu meiner positiven Überraschung hat Engler nicht die Gelegenheit genutzt, auf den Krieg hinzuweisen. Dieses Thema ist zumindest an diesem Abend draußen geblieben. Auch die Zugaben boten keine neuen Überraschungen. Welcome to hell fand ich gut platziert und ich habe gehofft, dass es jetzt noch ein aufbäumen geben wird. Aber leider blieb das eher aus. Voices of doom war wirklich wie immer. Ermüdend. Mit Kein Weg zu weit konnte jetzt auch kein Mentos in die Cola-Flasche geworfen werden also holten Mono Inc. mit Children of the dark nochmal alles aus den Schläuchen. Hier hätte ich mir ein fettes Mono Inc.-Finale gewünscht. Holt Marko Matijevic Sekul nochmal ans Mikro, lasst Val Peron einen Part singen oder holt selbst Lotto nochmal auf die Bühne aber macht etwas, damit es zu kochen beginnt. Und was passiert? Leider nichts dergleichen. Selbst die Verabschiedung Englers klingt eher nach Trauerrede als nach einem fetten Konzert, bei dem alle nur noch Pipi in den Augen haben.
Und die Moral von der Geschicht…
Fazit: Kein Weg zu weit, zu weit mit dir, lieber Martin. Aber für ein Heimspiel in Hamburg, vor so einem großen Publikum, welches dann auch noch auf Film gebannt wird, war das mehr als ausbaufähig. Okay, ich kenne den Terminplan nicht, aber wenn man schon in Hamburg spielt, mit so viel Kredit vor der Brust, wäre es bestimmt eine tolle Überraschung gewesen, wäre Ronan Harris (VNV Nation) für Boatman auf die Bühne gekommen.
Ich kann mir vorstellen, dass es einem nach zwei Jahren Zwangspause schwerfällt, wieder wild Party zu machen, denn auch das Hamburger Publikum war nicht wirklich in Fahrt gekommen. Ich kenne noch Konzerte in der Sporthalle, bei denen das Wasser von der Decke getropft ist. An diesem Abend sind leider nicht einmal die Eiszapfen geschmolzen. Ich hoffe sehr, dass die Blu-ray trotzdem ein schönes Andenken an diesen Abend abgeben wird. Band und Fans hätten es verdient.
Setlist MONO INC. – Hamburg, Sporthalle (14.05.2022):
01. Louder Than Hell
02. The Book Of Fire
03. Funeral Song
04. Symphonie Of Pain
05. Gothic Queen
06. Right For The Devil
07. The Banks Of Eden
08. Boatman
09. Arabia
10. Where The Raven Flies
11. An Klaren Tagen
12. Das Boot/Drum Solo
13. Get Some Sleep
14. After The War (Gary Moore-Cover)
15. Welcome To Hell (Z)
16. Voices Of Doom (Z)
17. Kein Weg Zu Weit (ZZ)
18. Children Of The Dark (ZZ)
Weblinks MONO INC.:
Homepage: www.mono-inc.com
Facebook: www.facebook.com/monoinc
Twitter: www.twitter.com/mono_inc