AESTHETIC PERFECTION / EMPATHY TEST – Oberhausen, Kulttempel (29.04.2022)

Fotos: AESTHETIC PERFECTION
Aesthetic Perfection © Cynthia Theisinger
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In Oberhausen kam es zu einem Last-Minute-Konzert von Aesthetic Perfection. Eine Woche vor dem Gig wurde plötzlich bekannt, dass die ursprünglich geplante Tour von Eisfabrik mit The Joke Jay und Excalibur leider durch eine Erkrankung von Sänger Charly Barth-Ricklefs abgesagt werden musste. Nach der langen Konzertpause wollte man im Oberhausener Kulttempel einen Leerstand vermeiden. Man wurde sich schnell mit Aesthetic Perfection einig und fand somit kurzerhand eine hochkarätige Alternative. Die Werbetrommel wurde mit Schwung gerührt und somit gingen im Vorverkauf bereits gute 200 Tickets über die digitale Ladentheke.

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Es sollte zudem on top noch einen besonderen „internationalen special guest“ geben. Spekulationen wurden angeheizt. Nachdem Empathy Test bereits zwei Tage zuvor bei dem Konzert in Wien dabei waren, wurde wenige Stunden vor dem Gig das „worst kept secret“ von Isaac Howlett persönlich gelüftet: Empathy Test sind auch bei den drei Terminen in Deutschland dabei. In Oberhausen bildete sich bereits eine lange Schlange am Eingang. Doch das Publikum musste geduldig sein – es gab Probleme beim Soundcheck. Einlass und Beginn verzögerten sich.

EMPATHY TEST: Um 21:20 Uhr enterte final ein äußerst gut gelaunter Isaac die Bühne und die ersten Klänge von Monsters ertönten. Drummerin Christina Lopez wurde an diesem Abend übrigens ausnahmsweise von einem anderen Musiker ersetzt. Vom Sound her konnte man aber keinen Unterschied ausmachen. Und Isaac war eh in seinem Element. Seine sanfte Stimme klang perfekt. Er nahm zudem die ganze Bühne ein. Stillstand – Fehlanzeige. Er animierte das Publikum, tanzte ausgelassen, man vernahm sogar einen Headbanging-Moment und das bei Empathy Test! Die Band steht eigentlich für melancholischen Synthiepop im Midtempo-Bereich. Auf einmal erweckte eine betagtere Dame seine Aufmerksamkeit. Isaac lenkte den Fokus auf die strahlende Frau. „This Shit Will Fuck You Up – I know it`s from Combichrist, but I love your shirt.” Er verwies noch schmunzelnd darauf, dass seine Band ja nunmal nett sei. Weiter ging es mit Vampire Town. Bis auf ein paar zu lockere Becken, die den Schlagzeuger etwas auf Trab hielten, verlief das Set ohne weitere Probleme. Die kurzweiligen 40 Minuten endeten mit dem ersten Hit der Band Losing Touch. Empathy Test haben präzise abgeliefert und das Publikum war selig.

Setlist EMPATHY TEST – Oberhausen, Kulttempel (29.04.2022)

01. Monsters
02. Empty Handed
03. Vampire Town
04. Bare My Soul
05. Holy Rivers
06. Fear Of Disappearing
07. Demons
08. Losing Touch

 

Nach nahezu 26 zähen Monaten stand bei AESTHETIC PERFECTION nun endlich die zweite Show nach der langen Bühnenabstinenz an. Der Club verdunkelte sich und die Gespräche im Publikum verstummten. Man vernahm ein Intro und zwar ein ungewöhnliches. Wir hörten Swingmusik aus den 20er-Jahren. Es handelte sich jedoch um eine gar morbide Variante. Denn mit Warte Warte Noch Ein Weilchen wurden textlich die üblen Taten des Serienkillers Fritz Haarmann dargeboten. Der neue Look von Sänger Daniel Graves sorgte im Vorfeld bereits für Furore. Trägt er doch nun einen stattlichen Schnauzbart, an dem sich durchaus die Geister scheiden. Doch das Intro lieferte einen möglichen Hinweis. Denn Haarmann trug seinerzeit ebenso einen Schnäuzer, gerne gepaart mit einem schwarzen Hut, den… Moment mal… Daniel Graves heute auch trägt. Er versteht es einfach, sich auf der Bühne zu inszenieren und immer wieder einen einzigartigen Look zu kreieren. Eine Sonnenbrille unterstreicht seine Coolness und selbst ein schwarzes Rippshirt wirkt durch besondere Manschetten und einem Kragen aus Leder mit Lochmuster einzigartig. Die Gesichter der neuen Livemusiker werden durch verzierte Ledermasken verdeckt. Sie wirken durchaus mysteriös. Ihre Identität wird zudem gut behütet.

Doch hier geht es ja um Musik. Auf dem Programm stand Industrial Pop vom Feinsten. Das Spektakel begann mit Gods & Gold. Eine sehr weise Wahl. Die Band nahm das Publikum ab der ersten Sekunde ein. Faszination vereinte sich mit purer Partylust. Die Stimmung war einfach grandios. Daniel weiß einfach, was er tut. Fotografen erfreuen sich ebenso an seinen Shows. Bei den gekonnten Posen und Bewegungen hielt er regelmäßig kurz inne und nahm selbstsicher Blickkontakt zum Publikum auf. Er genoss es wahrlich, wieder auf der Bühne zu stehen. Nach dem ersten Song hakte kurz die Technik. Daniel nahm es mit Humor: „Technical problems at a show? Never!” Er kündigte einen simplen Refrain im nächsten Stück an und lud alle ein, ihm zu folgen: „I want you to sing with us.“ Natürlich stimmten alle mit ein: S e x. Der Sound war auf den Punkt. Erheblichen Spaß bereiteten auch die Drums. Der Schlagzeuger verdrosch sein Instrument unerbittlich. Auch der zweite maskierte Livemusiker zog immer wieder die Blicke auf sich. Er spielte abwechselnd E-Gitarre und Keyboard. Mit seinem einnehmenden Wesen nahm er das Publikum samt seinen eleganten Bewegungen gekonnt in Beschlag. Sein kesses Grinsen lugte dabei immer wieder unter seiner Maske hervor.

Ein paar technische Probleme

Aesthetic Perfection hatten einige Hits im Gepäck. Antibody war einer davon. Folglich wurden wie gewohnt die Sprungkräfte der Partymeute mobilisiert. Diese ausgelassenen Momente breiteten sich wie ein Lauffeuer im Club aus. Da ist es wieder – dieses Feeling haben wir alle so lange vermisst. Beim Song No Boys Allowed hatte Daniel einen winzigen Texthänger. Später konnte man auch plötzlich den Taktgeber des Schlagzeugs auf den Hauptboxen wahrnehmen. Daniel richtete einen verzweifelten Hilferuf aus: „Jaaaaaaaaan?“ Auch dieses Problem war aber schnell gelöst und es ging munter weiter. Das Publikum hätte der Band heute vermutlich eh nahezu jeden kleinen Patzer blind verziehen. Beim vermeintlich letzten Song Spit It Out wurden nochmal die Energiereserven gezündet. Die Band verabschiedete sich daraufhin und verschwand von der Bühne. Zum Glück hat aber niemand verlernt, wie man die Jungs nochmal aus dem Backstage-Bereich hervorlockt. Für die Zugabe kehrten vorerst nur Daniel und der Keyboarder zurück und entzückten mit einer gefühlvollen Akustik-Version von All Beauty Destroyed. Zeit für das Finale: „A little more Oberhauuuuuusen“, Love Like Lies sorgte nochmal für einen ordentlichen Schwung Euphorie. Alle tobten sich ein letztes Mal glücklich aus, man unterstützte Daniel im Refrain voller Inbrunst und umjubelte die Band lautstark. Nun war auf der Bühne wirklich Schluss. Nach dem Konzert ließen sich Daniel und der maskierte Keyboarder nochmal am Merchstand blicken. Sie standen geduldig für Autogramme, Selfies und spontane Pläuschchen zur Verfügung. Aesthetic Perfection haben gefehlt und eins ist sicher: Spontaneität setzt Mut voraus und dieser wurde sichtlich belohnt.

 

Setlist AESTHETIC PERFECTION – Oberhausen, Kulttempel (29.04.2022)

01. Gods & Gold
02. S e x
03. Rhythm & Control
04. Never Enough
05. Antibody
06. Bark At The Moon
07. Automaton
08. No Boys Allowed
09. The Dark Half
10. Spit It Out
11. All Beauty Destroyed (Z)
12. Love Like Lies (Z)

 

Weblinks AESTHETIC PERFECTION:

Homepage: https://aesthetic-perfection.net
Facebook: https://www.facebook.com/aestheticperfection
Twitter: https://twitter.com/daniel_graves
Instagram: https://www.instagram.com/thisisaestheticperfection

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