Vor etwas mehr als zwei Jahren berichtete ich schon einmal über Wazzara. Das Soloprojekt der Schweizer Künstlerin Barbara Brawand, ehemalige Sängerin der Folk-Metal Band Caladmor, legte seinerzeit die vielversprechende Debüt-EP zessa vor. Was sich in den folgenden beiden Jahren für uns alle und vor allem für die Kunstschaffenden anschloss, war katastrophal. Man kann es nicht oft genug wiederholen. Zessa teilte das Schicksal vieler neuen Veröffentlichungen: Es wurde nicht gehört, weil es kaum Möglichkeiten der Live-Präsentation gab. Lediglich eine Show zusammen mit Grift und Wolcensmen konnte das junge Projekt spielen, bevor sich für lange Zeit Stille über die ganze Welt legte. Für ein junges Projekt wie Wazzara hätte das bereits der Todesstoß sein können. Zumindest muss es sich furchtbar entmutigend angefühlt haben, durch eine höhere Gewalt so ausgebremst zu werden.
Und doch scheint die Kreativität bei Wazzara tatsächlich genauso zu sein, wie das Wasser, das die Band schon im Namen trägt: Es ist beständig, von einer unbändigen Stärke. Es ist sanft. Es ist nährend, aufbrausend, immer in Bewegung. Es ist daher auch Veränderung und ständige Entwicklung. Brawand nutzte die Zeit und baute Wazzara zu einer kompletten Band auf. Neben ihr, die wie bereits vorher für Gesang und Gitarre verantwortlich war, sind noch Mäsi Stettler an der Gitarre, George Necola am Bass und Julia Kapp für das Live-Schlagzeug dazugekommen. Darüber hinaus erweiterten Wazzara das musikalische Konzept ihres Projektes und ließen es auf erstaunliche Weise reifen.
Erst mit einem Klick auf das Vorschaubild wird das Video von YouTube eingebunden. Klicke nur, wenn du der Datenschutzerklärung zustimmst.
Anders als zessa, das sich vornehmlich mit der mannigfaltigen, gegensätzlichen, oft mystisch aufgeladenen Bedeutung des Wassers beschäftigt und seine enge Verbindung zum Mond herausstellt, entkoppelt sich Cycles von dieser Perspektive, erweitert sie und fokussiert seine Songs auf eine weibliche und ganzheitliche Sicht. Leben und Tod sind nicht die Pole eines Anfangs und eines Endes. So wie an jedem Ende schon ein neuer Anfang dämmert, dräuen an ihm bereits Vorboten seines bevorstehenden Todes. Der unbändige Wunsch nach Erneuerung und Heilung birgt in sich stets auch den Todestrieb. Wazzara nehmen uns in ihrem Debüt mit auf die Reise durch die verschiedenen Phasen dieses sich immer wieder wiederholenden Zyklus, der uns auf ganz verschiedenen Arten begegnet. Wir sehen ihn in den Jahreszeiten, im Knospen und Verwelken einer Blüte, im weiblich gelesenen Zyklus, in den Mondphasen, mit denen dieser eine mystisch aufgeladene Einheit bildet. Es ist ein Leben und Sterben, ein Wachsen und Vergehen, ein Heilen und Schwinden.
Um diesem Bild musikalisch Ausdruck zu verleihen, wurde auch das Konzept des 2019 als Moon-Gaze auf zessa vorgestellten eigenen Stils noch einmal eindrucksvoll erweitert. So finden noch mehr Post-Metal, Post-Rock und Shoe-Gaze Elemente und auch der Einsatz ganz unterschiedlicher Gesangsstile ihren Weg in die Songs, die durch die sich darin verarbeiteten, abwechselnden Motive nicht nur zu beachtlicher Fülle heranwachsen, sondern auch einen hohen Zuwachs an songwriterischen Fähigkeiten erkennen lassen. Wie schwarze Gewitter türmen sich die massigen Gitarrenwände auf, die alsbald zu heilenden, wohltuenden, breit dahinfließende Strömen in sich zusammenbrechen. Die Songs auf Cycles greifen auf poetisch aufwühlende Weise das Motiv der sich aufbäumenden, bedrohlichen (menschlichen) Natur auf, die uns augenblicklich noch zerrütten mag und schon im nächsten Moment friedvoll unseren Geist beruhigen kann.
Durchweg stellt Brawand auf ihrem Debüt das unglaubliche Variationspotential ihrer Stimme unter Beweis, in dem sie in einzelnen Songs zum ersten Mal sehr wirkungsvoll neben ihrer warmen und vollen Stimme auch Screams und Growls einsetzt. Wir bekommen uralte Heil-Zaubersprüche in längst vergessener Sprache zu hören (Brawand ist neben ihrer künstlerischen Tätigkeit auch studierte Mediävistin), die Cycles neben den aufwühlenden, naturmystischen Songs, auch eine prägend spirituell magische Note verleihen.
Gleich einem Band legen Wazzara diese einende Vielfalt um ihr Debüt. Cycles ist künstlerischer Ausdruck und Inbegriff dieses gefestigten Bands weiblicher Stärke, die niemals ihre Fragilität leugnet, sondern als eine Quelle ihrer Kraft komplementär begreift. Hier verbindet sie sich mit der Natur, wird Heilung, schafft Kreativität und kann so selbst den Tod überwinden, der immer auch nur ein weiterer Anfang ist.
Erst mit einem Klick auf das Vorschaubild wird das Video von YouTube eingebunden. Klicke nur, wenn du der Datenschutzerklärung zustimmst.
Cycles ist am 31.10.2021 im Eigenrelease erschienen. Das Album kann über den Shop der Web-Präsenz von Wazzara direkt oder via Bandcamp bestellt werden.
Anspieltipps: Solanum, mænic , Ancestral Bonds, Obsidian Skies
Tracklist WAZZARA – Cycles:
01. Solanum
02. mænic
03. Inwards
04. Obsidian Skies
05. Antares
06. Fissures
07. Wolf Moon (tribute to Type O Negative)
08. Ancestral Bonds
Weblinks WAZZARA:
Official: Home – wazzara band – official page
Facebook: https://www.facebook.com/wazzaraofficial
Bandcamp: https://wazzara.bandcamp.com/