Eigentlich wollten Eisbrecher in diesem Jahr gleich zweimal auf Tour gehen, einmal durch Deutschland, einmal durch das europäische Ausland. Bekanntlich wurde daraus nichts. Langweilig geworden ist Alexander Wesselsky und Noel Pix allerdings nicht. Hinein ging es ins Studio, um gleich zwei Platten aufzunehmen. Die eine erscheint mit ziemlicher Sicherheit im März 2021, die andere ein gutes halbes Jahr vorher. Bei Schicksalsmelodien handelt es sich um ein Cover-Album.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Eisbrecher hatten einfach mal Lust, „weil wir es spannend und herausfordernd fanden, Lieder, die anderen Köpfen und Seelen entsprungen sind, in den Eisbrecher-Sound zu übersetzen“, wie es Sänger Wesselsky formuliert. Zudem fragten die befreundeten Powerwolf ohnehin eine neue Version ihres Stossgebet an – dann wurden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Beim Blick auf die Tracklist wird klar: Die Band hat sich hier echt was getraut. Bayerische Heimat-Folklore mit der Spider Murphy Gang, 80s-Hardrock mit Doro Peschs Warlock, 90er-Eurodance mit Mo-Do oder auch – die nicht gerade wenigen Anhänger beider Bands wird es freuen – deutschsprachige Goth-Sounds von ASP.
Klar ist: Auf Schicksalsmelodien muss man sich einlassen können. Was viele Fans offenbar nicht konnten oder wollten. Die ersten beiden Stücke der Platte wurden auch als Singles vorab ausgekoppelt, sowohl Skandal im Sperrbezirk als auch das lyrisch so minimalistische wie dadaistische Trio-Cover Anna Lass mich rein lass mich raus wurden von nicht von allen mit offenen Armen (und Ohren) empfangen.
Erst mit einem Klick auf das Vorschaubild wird das Video von YouTube eingebunden. Klicke nur, wenn du der Datenschutzerklärung zustimmst.
Dabei klingt alles nach typisch Eisbrecher. Dicke Gitarren, fette Drums, passend ergänzende Elektronik und das unverwechselbare Vokalorgan Wesselskys. Die Texte sind es vielleicht, die einigen sauer aufstoßen. Das Mo-Do-Cover Eins, Zwei, Polizei schlägt natürlich in die gleiche Kerbe. Klar ist aber auch: Wenn irgendwann wieder richtige Live-Konzerte erlaubt sind, sind das großartige Stimmungshits.
Für Abwechslung – lyrisch wie musikalisch – ist aber gesorgt, 14 Mal Neue-Deutsche-Härte-ähnlichen Rock gibt es auf Schicksalsmelodien nicht zu hören. Beim mächtigen Out Of The Dark von Falco wie auch beim Ärzte-Synthie-Pop-Ausflug Bitte, Bitte wird das Tempo mächtig gedrosselt. Auch kein Vollgas-Song ist All We Are von Warlock, hier traut Wesselsky sich sogar mal an ein englischsprachiges Stück. Was aber, wie er bereits in einigen Interviews verriet, aufgrund von Ausspracheproblemen wohl ein Einzelfall bleibt.
Interview: Alex Wesselsky von EISBRECHER – “Plötzlich hatten wir: Zeit!”
So ganz wollte der 51-Jährige dann doch nicht aus der Komfortzone raus, jedenfalls deuten ein paar der weiteren Lieder darauf hin. Ein altes Megaherz-Lied aus eigener Feder (Freiflug), einmal Szene-Kollege Joachim Witt (Goldener Reiter), einmal Szene-Kollege Alexander Spreng (Schwarzes Blut). So müsste letztlich doch jede/r auf Schicksalsmelodien irgendetwas finden, was ihm oder ihr gefällt – Rio Reisers Menschenfresser und Rheingold Das steht dir gut sind der Anhängerschaft ja bereits von früheren Veröffentlichungen bekannt. Klang-Connaisseure dürfen sich zudem über das Outro-Instrumental Schicksal freuen.
Und wer mit Coverversionen letztlich doch generell nichts anfangen kann, dem sei gesagt: Es dauert nur noch ein knappes halbes Jahr bis zum nächsten vollwertigen Eisbrecher-Studioalbum …
Tracklist EISBRECHER – Schicksalsmelodien
01. Skandal im Sperrbezirk (Spider Murphy Gang)
02. Anna Lass mich rein lass mich raus (Trio)
03. Disko in Moskau (Die Toten Hosen)
04. Out Of The Dark (Falco)
05. Stossgebet (Powerwolf)
06. All We Are (Warlock)
07. Goldener Reiter (Joachim Witt)
08. Freiflug (Megaherz)
09. Bitte, Bitte (Die Ärzte)
10. Eins, Zwei, Polizei (Mo-Do)
11. Flieger grüß mir die Sonne (Hans Albers)
12. Menschenfresser (Rio Reiser)
13. Das steht dir gut (Rheingold)
14. Schwarzes Blut (ASP)
15. Schicksal