Gewissermaßen ist es ein Album aus einer anderen Zeit, so PC Nackt über das neue Album The Los Angeles Suite von seinem Projekt The String Theory. Entstanden im März 2019, erscheint es nun im September 2020 und stammt aus einer Zeit, in der Corona noch gar nicht absehbar war. Und dennoch hat es gerade jetzt mit Stücken wie Abundance eine unageahnte Aktualität. Wir haben uns mit dem Künstler über das Album, die internationale Zusammenarbeit, das unvermeidbare Thema Corona, die weiteren Pläne und vieles mehr unterhalten.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Ich würde gern direkt mit dem Album The Los Angeles Suite einsteigen. Wie würdest Du den Weg beschreiben, der zum Album geführt hat? Wie war der Entstehensprozess?
Da gibt es den langen Bogen, wo wir auch vor etwa 15 Jahren gestartet haben. Da war die Idee, Leute aus einer Szene, einem Staat, einer Region durch die „Formel Orchester“ zusammenzubringen und durch den Orchestersound Genres überwinden zu können. Ein HipHop-Stück für Streicher arrangiert ist irgendwie neutral und ein Punk-Stück für Streicher auch. So haben wir gedacht, müssten wir das Orchester-Thema mit Freunden, die wir haben und gern mögen, zusammenbringen. Das begann in Berlin und war so eine Art „Get Together“ -Idee.
In den letzten Jahren sind wir aber immer mehr zum Ensemble geworden, zur Band. Wir waren auf Tour und haben das „Get Together“-Thema gar nicht mehr so richtig betrieben. Als wir dann auf USA-Tour waren, haben wir beschlossen, das zu nutzen, dass wir alle zusammen und eingespielt sind, um genau das in L.A. wieder zu tun: Leute aus dem Umfeld der String Theory in L.A. zusammenzubringen, gemeinsam das Orchester um amerikanische Musiker und Künstler zu erweitern und gemeinsam in einer Woche en bloc eine Platte zu erschaffen und aufzunehmen. Wir haben die Leute kontaktiert, die haben uns ihre Ideen geschickt, teilweise einfach am iPhone aufgenommen und wir haben uns dann die Nächte hingesetzt, um daraus fertige Stücke für Orchester zu schreiben. Am nächsten Tag waren wir in einem Flugzeug-Hangar direkt neben dem Flughafen mit 60 bis 70 Leuten und hatten etwa zwei Stunden pro Track, um sich kennenzulernen, die Idee zu vermitteln und zu studieren, das Sounddesign zu machen und dann den Track aufzunehmen. Dann kam schon der nächste Künstler. Das haben wir fünf Tage lang gemacht, was uns total „verschickt“ hat – das fühlte sich olympisch an, wo man seine Topleistung abrufen muss und nur diesen einen Moment hat. Du musst jedes Mal voll „in the moment“ sein und brauchst das Vertrauen aller Beteiligten. Diese Kombination macht am Ende auch die besondere Qualität dieser Platte aus.
War das noch vor der Pandemie? Ich frage, da Ihr Euch als internationales Kollektiv versteht und es nicht gerade einfacher geworden ist, international zusammenzuarbeiten.
Damals war alles noch in Ordnung. Das war letztes Jahr im April, als wir das aufgenommen haben. Folglich hatten wir auch Konzerte in den USA und Europa geplant. Das war das Erste, bei dem klar war, dass das gekickt wird, als es mit Corona losging. Was auch dazu führt, dass wir im Herbst die nächste Platte aufnehmen. Das wird auch so sein, dass wir im Studio in Berlin aufnehmen und bestimmte Sachen in Los Angeles, aber getrennt voneinander. Das ist schade, aber so ist es jetzt gerade. Ich leide da jetzt nicht groß drunter, sondern versuche natürlich mit dem, was geht, trotzdem sinnhaft Spaß zu haben und produktiv zu sein.
Jetzt kommt ja auch erst einmal das aktuelle Album. Ganz platt gefragt: Es heißt The Los Angeles Suite. Warum fiel die Wahl auf diesen Titel?
Das hat zwei Ursachen. Das eine ist, dass wir mit Vokalisten gearbeitet haben und da dann immer die Frage nach dem Inhalt ist. Es ist eigentlich eine Art Sammelausstellung. Was auch schon das Zweite ist: Der musikalische Begriff für „Sammelausstellung“ ist „Suite“. Man packt alle möglichen Elemente zusammen und reiht das sinnvoll aneinander, dann entsteht eine Suite. Textlich haben sich die Vokalisten auf ihre Heimatstadt bezogen.
Da gibt es verschiedene Themen: Der eine singt über den Überfluss, der andere über den „Hollywood Dream“, der nächste feiert die Natur, der nächste singt von Rassismus. Ich finde, dass das ein schönes Kaleidoskop von Themen geworden ist.
Du hast die Gastvokalisten jetzt schon erwähnt. Als neue Single kam California Lover. Warum war das für Euch die ideale Wahl als neue Single kurz vor dem Album?
Die Wahl haben wir auch in einer gefühlt anderen Zeit getroffen. Die Plattenfirma fand den Titel ziemlich gut. Als Schöpfer trete ich gern zurück, wenn die Vermarkter ins Spiel kommen. Ich respektiere diese Perspektive und den Ansatz, zu fragen, wie man ein Projekt an Leute kommuniziert. Zu dem Zeitpunkt schien der Song ästhetisch die richtige Wahl zu sein. Ich selber bin aus heutiger Sicht etwas kritisch mit der Entscheidung. Ich finde, wir haben Stücke, die politischer sind und mehr Bezug haben zu der gegenwärtigen Situation, dass die Gesellschaft „in Schock“ ist. Damit hätte ich mich jetzt ehrlich gesagt etwas wohler gefühlt. Abundance, als „Überfluss“, hätte ich gut gefunden, aber das nehmen wir dann halt nächstes Mal. Wir werden bestimmt noch Videos drehen, die gar nicht geplant waren, weil Tracks aktuell interessant geworden sind, die vorher als Single nicht so erste Wahl waren.
Bei California Lover war Shana Halligan dabei. Wieso fiel die Wahl auf sie?
Dass sie California Lover performt war in dem Fall keine Wahl, sondern sie hat die Hook dazu mitgebracht und wir haben daraus den Orchester-Track gebaut. So gesehen hat sie das selbst determiniert. Und da der Song leicht zugänglich ist und auch die Streicher und den Beat hat, fiel die Wahl dann einfach aus musikalischen Gründen auf diesen Track. Es war keine politische Entscheidung, jetzt Shana zu featuren oder so. Es geht um den Song, der in der Zusammenarbeit entstanden ist.
Ihr habt relativ oft Gäste in den Stücken. Wonach wählt Ihr aus, mit wem Ihr generell zusammenarbeitet? Er gibt sich das so oder ist da ein Plan dahinter?
Es gibt drei Parameter, die passen müssen. Der eine: Besteht ein persönlicher Kontakt? Wir gehen keine Stars einkaufen, wir sind kein Fußballverein, sondern glauben, dass diese persönliche Verbindung auch einen gewissen Konsens von Werten mit sich bringt. In unserem Fall, dass Leute Bock haben auf die Poesie dieses Projekts und da gerne ohne einen kommerziellen Hintergedanken antreten. Das ist das eine. Das zweite: Wer hat Lust, mitzumachen? Also das auch zu artikulieren… Wir kennen viele Leute, bei denen wir denken, die hätten bestimmt Bock, aber aus verschiedenen Gründen fühlen sich manche Künstler doch gar nicht so wohl in einer Gruppe von Künstlern und wollen lieber ihr Ding durchziehen. Oder sie sind Popstars und gewohnt, sowas gefragt zu werden und fühlen sich dann als „big name“ missbraucht, um was nach vorne zu bringen. Das dritte ist: Sie müssen Zeit haben. Da gibt es eine lange Liste von 60, 70 Namen und am Schluss stehen dann noch 13 auf dem Papier, bei denen das alles zutrifft.
Ich habe vom Album noch ein paar andere Stücke ausgewählt, um darüber zu sprechen. Das eine hast Du schon erwähnt: Abundance. Das fand ich auch sehr interessant. Worum geht’s hier? Das ganze Stück klingt irgendwie sehr mahnend.
Es ist auch einer meiner Lieblingsmomente, da zu dem Musizieren auch noch dieser starke innere Drang von Zaire Black da war, über ein Thema zu reden, was mich zumindest sehr berührt hat: Er singt über Überfluss, unsere Überfluss-Gesellschaft. Er ist MC und der Track hat finde ich eine ganz starke Spannung, weil der ganze Track ein Layer von drei Ebenen ist, die eigentlich unabhängig voneinander funktionieren. Einmal ist es sein Vortrag, es hätte auch nur ein Gedicht sein können. Dann gibt es dazu die Streicher, die wie ein String-Adagio funktionieren, also eigentlich auch ein reines Streicherstück, das manisch anfängt und sich mit ganz starkem Zug weiterentwickelt. Das ist im Timing nicht synchronisiert, das hätte man auch in verschiedenen Räumen machen können. Schlussendlich sind es noch die Drums, die wieder eine eigene Welt haben: Viel Percussion, was teilweise auch chaotisch anmutet und wunderbar die Spange schließt zum Inhalt Abundance, Überfluss. Das ist ein üppiger Track, bei dem die Elemente parallel laufen, nicht so miteinander. Das ist eine ganz geile Poesie für unser oft asoziales Gewusel. Asozial im Sinne davon, dass jeder seinen Plan verfolgt – und wir versuchen, das alles zu synchronisieren am Ende. Das macht das poetisch ziemlich gut nach.
Wo würdest Du da den Bezug zur aktuellen Zeit sehen? Du meintest vorhin schon, dass es, wenn man gewusst hätte, wie es kommt, auch eine tolle Single gewesen wäre.
Zwei Dinge… Ich fange mal bei Corona an. Corona bedeutet praktisch Einschränkungen für uns jetzt. Einschränkungen bedeuten, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen, was wichtig und was nicht so wichtig ist. Da fällt einem auf, dass wir im Überfluss leben. Wenn man merkt, dass es zum Shutdown kommt. Wenn man jetzt nicht gerade Probleme wie häusliche Gewalt hat, merkt man, dass es auch gut getan hat mit dieser Reduktion. Das ist etwas, das wir in der westlichen Welt teilen, dass es ein psychologisches Massenphänomen ist, zu merken: Ich brauche keinen fünften Sweater. Ich muss nicht nach Goa fliegen im Sommer. Ich kann auch im Spreewald oder am Chiemsee Urlaub machen, oder in die Berge gehen – ich brauche kein Auto, kein Flugzeug. Ich brauche Umgangsformen, um mit meiner Familie oder mit mir selbst klarzukommen. Da waren einfach andere Sachen wichtig und da finde ich, dass der Begriff „Überfluss“ als Gegenteil sehr gut passt.
Das andere ist, dass ich finde, dass Corona gar nicht unser Hauptthema sein sollte. Wir leben in einer Zeit, in der Klimawandel, künstliche Intelligenz und überhaupt globalpolitische Fragen, also Verteilungen von Ressourcen und Rohstoffen, eine Rolle spielen… Können wir unseren „way of life“ mit den Ressourcen und unseren Methoden auf acht Milliarden Leute ausbreiten? Das sind finde ich unsere akuten Probleme, die uns früher oder später in akute Schwierigkeiten bringen werden. Das wäre mein zweiter Bezug, durch Corona als Anlass auch geläutert von diesem Anspruch auf Wachstum, Fortschritt und Überfluss zu sein.
Würdest du sagen, dass das generell ein Thema ist, das in der einen oder anderen Variante auf dem Album immer mal aufkommt?
Nicht wirklich. Das Album strotzt vor Freude, vor Spaß an dem Miteinander, vor Spaß am Erforschen von Möglichkeiten von neuen Dingen und Vertrauen. Für die meisten Musiker haben wir nicht das gemacht, was sie gewohnheitsmäßig tun. Nicht mal die Streicher. Wenn man bei Beyonce Streicher spielt, hat man das formatiert, da gibt es Arbeitsweisen. Wenn man bei den Philharmonikern spielt, sind es wieder andere Arbeitsweisen. Dass eben eigentlich jeder seine „safety zone“ verlassen hat, das ist das große Thema der Platte. Das zeigt, was passieren kann, wenn man sich auf Neues einlässt und neue Formeln probiert. Was ich finde, was für die Gesellschaft auch wichtig ist. Den Bezug kann man da herstellen.
Hintergrund der Frage war: Ich hatte noch den Titel Stars and Hypes sehr interessant gefunden. So ein Hype ist ja auch etwas, das aufploppt, worüber dann alle reden. Die Frage, die sich dann stellt, ist ebenfalls, ob es wichtig oder doch eher Überfluss ist.
Zu Stars and Hypes kann ich was zu sagen, denn den Titel haben wir uns selbst ausgedacht. Das ist ein Instrumental und das ist eigentlich das, was wir als Europäer in L.A. empfunden haben. Das war der eine Titel, wo wir auch die Worte zu finden wollten. Das war unser Bild. „L.A. – was ist das?“ Diese Aussicht auf das Millionär-Werden. Das ist spürbar. Auch bei den Leuten, die in die Sessions kamen. Die sahen alle top aus. Die L.A.-Musiker sind gewohnt, was darzustellen und sich möglichst optimal als Partner in der Musikindustrie anzubieten. Das erzeugt unglaubliche Skills, Professionalität und man kann damit unglaublich viel erreichen, man kann damit zum Mond fliegen – das ist perfekt. Aber privat, den Moment, in dem man umschaltet, den gibt es da kaum. Das bleibt der Zustand von allem, die Selbst-Optimierung, Ernährung, Teint, social skills… Da ist Stars and Hypes eine ganz gute Zusammenfassung von unseren Erlebnissen in L.A.
Jetzt hast Du gerade schon davon gesprochen, zum Mond zu fliegen. Ein Titel ist Moon Landing. Was symbolisiert die Mondlandung auf dem Album?
Für mich symbolisiert der Track auch wieder Kollaborationen. Ich hab ja gerade erzählt, was wir uns da vorgenommen hatten, in fünf Tagen ein Album zu schreiben und aufzunehmen. Wir sind da an unsere Grenzen gekommen. Ben und ich haben alles geschrieben. Wir waren zwei Schreiber, die nachts geschrieben haben und tagsüber dirigiert. Dann wieder neue Snippes bekommen… Am dritten Tag war klar, dass wir anfangen, schlapp zu werden durch den Schlafmangel. Dann stellte sich heraus, dass wir im Ensemble einen Dirigenten haben und haben ihn gefragt, ob er sich vorstellen kann, da etwas beizusteuern, weil wir es schlicht nicht schaffen. So hat er Moon Landing und No One Believes A Ghost beigesteuert und hat das Spektrum der Platte damit wundervoll erweitert. Das ist großer cinematischer Sound. Das ist meine Assoziation, wenn man mich nach dem Track fragt.
Wenn wir das Album jetzt wieder als Ganzes betrachten: Du hast selbst gesagt, es sei gefühlt in einer anderen Zeit entstanden. Wie kam es, dass es noch bis September 2020 dauerte, bis es erscheint?
Das hat verschiedene Gründe. Eigentlich nur logistisches. Einer der Künstler war Sekou Andrews, mit dem haben wir den Song Good Vibes gemacht. Er war so begeistert und auch wir waren so begeistert über das Erfolgserlebnis, diesen Titel aufzunehmen, dass wir uns tatsächlich nach der Woche am Montag, also zwei Tage nach der Session, downtown getroffen und darüber gesprochen haben, ein ganzes Album in der Konstellation zu machen. Ein Spoken-Word-Album mit Orchester, mit uns. Da wir das bei den Grammys einreichen wollten, weil die meinten, dass das auf jeden Fall da abräumen würde. Das haben wir ein bisschen als Quatsch gesehen, aber wir fanden das toll, dass uns da jemand die Hand reicht und etwas machen will. Das fanden wir wichtig genug, das zu machen, also haben wir die Platte vorgeschoben. Wir haben also im Juni/Juli des letzten Jahres erst einmal das gemacht, was dann auch tatsächlich zur Grammy-Nominierung geführt hat, da haben die Amis Recht behalten. Dann haben wir uns an The Los Angeles Suite gesetzt und ehrlich gesagt auch lange gebraucht, um es fertig zu machen, obwohl gar nicht so viel nötig war. Wir haben einfach lange gebraucht damit, das zu mixen. Im Januar waren wir fertig und die Musikindustrie hat immer diese Zeitfenster: Wenn man zum Mars fliegen will, kann man das nur am Mittwoch um elf machen, sonst muss man wieder ein halbes Jahr warten. So ähnlich war das auch mit der Platte und so kam es zum Veröffentlichungstermin.
Ich habe gefragt, weil viele auch ihre Alben wegen Corona verschoben haben. War das für Euch ein Thema?
Ein Thema schon, aber dafür sind wir vielleicht auch zu unvernünftig. Wir fanden, dass man weitermachen muss, dass man es raushaut. Wir wollten nicht in die Situation kommen, dass wir uns künstlerisch überholen. Das ist ein schwieriger Zustand für jemanden, wenn man sich selber schon weiterentwickelt und kommt dann mit einer Platte, die man zwei Jahre vorher gemacht hat. Es ist dann schwierig, sich damit wohlzufühlen und auch die Geschichte weiterzuerzählen. Trotz aller Widerstände fanden wir es richtig, die Platte rauszubringen und ehrlich gesagt finde ich es auch okay. Damit zu touren, wäre für uns ein logistischer Horrorspaß geworden. Jetzt finde ich es ganz gut, dass das Album eine Art Skulptur bleibt. Dass wir es wahrscheinlich einmal in L.A. begehen werden, wenn wir wieder dürfen. Aber ansonsten, so wie ich mir gerade vorstelle, wie das läuft, wird das jetzt noch mindestens ein halbes Jahr nicht wirklich laufen. Das könnte auch noch länger dauern. Nächstes Jahr wird die nächste Platte kommen, mit der wir dann mit einem rein europäischen Ensemble touren könnten. Am Schluss wird das alles irgendwie alles Sinn ergeben haben.
Die Schwierigkeiten mit dem Live-Spielen hast Du bereits erwähnt. Ich habe oft gelesen, dass Künstler sich da allein gelassen fühlen derzeit. Wie geht es Euch mit der gegenwärtigen Situation?
Alleine gelassen fühle ich mich nicht. Gerade als Berliner. Die haben uns hier sehr schnell bezuschusst und es gibt auch noch eine zweite Rutsche. In dem Sinn fühle ich mich nicht allein gelassen. Ich glaube, dass es uns Komponisten noch am besten geht. Ich stelle es mir schwieriger vor für die Leute, die auf der Bühne arbeiten, Security machen oder am Stand Cola verkaufen. Die Techniker, die Fahrer, den Hotels, denen geht es denke ich schlimm. Sich da alleingelassen zu fühlen, finde ich fast zu egozentrisch. Ich mache mir eher Sorgen über die Kultur und die Gesellschaft im allgemeinen, also so Sachen wie Schüler, die aus Musikschulen aussteigen, weil sie keine Lust auf Internet-Unterricht haben. So ein zehnjähriger Trompeter beispielsweise verliert da die Lust. Und Clubs schließen… Natürlich schließt nicht die o2 Arena oder die Muffathalle, das sind die Orte, die bleiben werden, aber die Orte, wo spannende Sachen passieren, die in der Zukunft erst relevant werden, sind die, die als erstes pleitegehen. Da mache ich mir Sorgen um die Kultur als um meinen Kühlschrank.
Das war es von mir auch soweit mit Fragen und Themen. Du hast jetzt schon ein bisschen angedeutet, dass einiges in Planung ist. Kannst Du zum Schluss noch einmal einen kurzen Ausblick geben, wie es bei Euch weitergehen wird?
Wir beginnen mit den Arbeiten am nächsten Album. Wir werden ein Album machen, das sich mit dieser Parallelwelt beschäftigt, also die Idee, parallel an verschiedenen Orten zu produzieren und nicht an einem Ort. Das wird ein Thema sein. Parallel Universe ist so etwas wie der Arbeitstitel. Wir werden die Platte nächstes Jahr zum nächsten Grammy veröffentlichen, wir sind jetzt heiß gelaufen und wollen da jedes Jahr Präsenz zeigen. Und dann müssen wir mal schauen. Wir haben unser Booking, wir haben eigentlich alles zusammen und sitzen mit scharrenden Hufen in den Startlöchern und müssen gucken, ab wann wir dürfen und dann werden wir loslaufen.
Ich habe gerade eine Klavier-Soloplatte bei K7 rausgebracht, was auch so eine Reaktion ist. Wenn man nicht zu dreißigst touren darf, darf man vielleicht alleine mal touren. So geben wir alle auch als Individualisten Gas, um im Spiel zu bleiben.
Mehr Pläne kann ich da jetzt nicht anbieten. Man muss gucken, wie sich die Dinge entwickeln. Träume haben wir genug. Es gibt noch viele Künstler, die wir gerne ansprechen würden, auch wenn wir sie nicht kennen. Das wäre dann der nächste Schritt. Jetzt machen wir eine Platte ganz ohne Gäste, der nächste Schritt wäre dann zu sagen: „Ich würde gerne mit Tom Waits arbeiten.“ Sodass man da explizit Leute anspricht, die man gar nicht kennt.
Es wird also auf jeden Fall nicht langweilig.
Ganz im Gegenteil. Freiräume werden immer genutzt, um Neues zu schaffen.
Weblinks THE STRING THEORY:
Homepage: www.wearethestringtheory.org
Facebook: www.facebook.com/wearethestringtheory
Bilder: Malte Hagemeister (1), Robin Heidberg (2, 4), Clouds Hill (3)