THE MOON AND THE NIGHTSPIRIT – Aether

THE MOON AND THE NIGHTSPIRIT – Aether
Geschätzte Lesezeit: 3 Minute(n)

8.5

Gesamtnote

8.5

Seit 17 Jahren versorgen uns The Moon And The Nightspirit mit Musik wie aus einem Märchenbuch. Dabei verwischt das Duo bestehend aus Ágnes Toth und Mihály Szabo die Grenzen zwischen dieser und einer jenseitigen Zauberwelt. Sie erschaffen dabei mit einem feinstofflichen Gespinst des Mystisch-Schamanischen den schwebenden Soundtrack für einen leicht dunklen Sommertraum. Mit ihren bislang sechs Alben haben sie darin bis heute auch nicht enttäuscht, sich während dieser Zeit bis an die Spitze im mittlerweile fast unüberschaubaren Feld des Pagan/Heathen-Folk und der heidnisch inspirierten Weltmusik gekämpft und in wohltuender Weise einen Kontrapunkt gegen die Trivialisierung des Genres gesetzt.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Je nach dem, von welcher Seite man sich dem Aether, Titel des siebten Albums der Ungarn, nähert, kann man verschiedene Bedeutungen und Interpretationen, ja sogar eine ganze Ideologie (die ich aber hier außen vor lassen möchte) herausarbeiten. So bezeichnet Aristoteles (384 v Chr. bis 322 v Chr.) Aether (Aither) als fünftes Element, die Quintessenz, das neben den übrigen vier Elementen Wasser, Luft, Erde und Feuer als einziges unveränderlich ist. Es ist das Eigentliche, das Wesentliche, das Wahrhaftige, das Himmliche. Auch in der Elementenlehre der indischen Philosophie, dem Vaisheshika, taucht Aether unter der Bezeichnung Akasha auf. In der griechischen Mythologie tritt der Aether personifiziert als das Licht in Erscheinung. Die Orphischen Hymnen (2. Jh. n Chr.) preisen ihn gar als die Seele der Welt und das Element allen Lebens und liefern damit ein Zeugnis wie verzahnt literarische und philosophische Überlieferungen miteinander waren.

Vor dem Hintergrund kann man schon sagen, dass das neue Album von The Moon And The Nightspirit etwas Kosmologisches hat, wenn man diesen Begriff von seiner mystischen und philosophischen Seite betrachten möchte. Das schlägt sich zunächst einmal besonders vordergründig in den Lyrics nieder. Dafür steht nicht nur der Titeltrack selbst, der in zwei verklausuliert ritualisiert vorgetragenen Versen, das Album musikalisch aufschließt. Auch bei den übrigen Songs begibt man sich lyrisch wie musikalisch auf verschlungene, geheimnisvolle Pfade. Die mit abstrakten Worten und geheimnisvoll, virtuos verschachtelten Melodien pflanzen in behutsamer wie intensiver Weise Antworten auf Fragen, die man noch nicht kannte.

So könnte man A Mindenség Hívása mit “Ein Ruf nach Unendlichkeit bzw. Vollkommenheit” übersetzen. Der unendliche Kosmos wird hier als Pulsieren in unserer Seele beschrieben, das wiederum lediglich der Auftakt für die Entfaltung eigener Kräfte, Träume und Kreativität ist. Musikalisch besitzt der Song eine ganz einzigartige Dramaturgie des Suchens und Sich-Besinnens. Diese wird im perfekten Wechselspiel beider Stimmen herausgearbeitet, in einer treibenden Vorwärtsbewegung ausbalanciert, die sich über die Distanz von siebeneinhalb Minuten immer zwingender zuspitzt und schließlich von einem progressiven, flirrenden Post-Rock Gitarren-Riff im letzten Drittel gekrönt wird. Was für ein Track.

Ein weiterer Aspekt des Aethers, der sich exemplarisch in diesem Song, aber auch wie ein roter Faden durch das gesamte Album zieht, ist die Ausgewogenheit in der Präsentation exklusiver Merkmale, für die The Moon And The Nightspirit stehen. Die einzigartige, ätherische Feen-Stimme von Ágnes Toth, die durch den vermehrten Einsatz der harschen, dunklen Vocals von Mihály Szabo als Kontrapunkt, mehr und besser Wirkung entfaltet. So erscheint sie wie das Licht, das erst durch die Dunkelheit deutlich sichtbarer und deswegen heilsam wird. Auch der vielfältige Einsatz zahlreicher, akustischer Instrumente aus allen möglichen Epochen und Ländern, der die Songs vorangegangener Alben bisweilen überfrachtet hatte, erfolgt auf Aether wohl dosiert. Die zweifellos schon immer virtuos anmutigen und vielschichtigen Melodien erscheinen nun besser herausgearbeitet und auch abgesehen vom Einsatz der Instrumente dramaturgisch besser in Szene gesetzt (Égi Messzeségek oder das besprochene A Mindenség Hívása).

The Moon And The Nightspirit haben mit Aether nicht nur den Himmel ein Stück für uns geöffnet und die Quintessenz ihres bisherigen Schaffens erarbeitet, sie scheinen darüber hinaus ihrer inspirierendsten Quelle – Dead Can Dance – ein Stück näher gekommen zu sein (Aether, Logos).

Aether erscheint am 19. Juni bei Auerbach Tonträger (Prophecy Productions) erschienen.

Anspieltipps: Égi Messzeségek, A Mindenség Hívása

The Moon And The Nightspirit - Kaputlan Kapukon Át

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Tracklist THE MOON AND THE NIGHT SPIRIT – Aether:

01. Aether
02. Kaputlan Kapukon Át
03. Égi Messzeségek
04. A Szárny
05. Logos
06. A Mindenség Hívása
07. Asha

Weblinks THE MOON AND THE NIGHT SPIRIT:

Official: http://www.themoonandthenightspirit.com
Facebook: https://www.facebook.com/TheMoonAndTheNightspirit
Bandcamp: https://the-moon-and-the-nightspirit.bandcamp.com
Label: https://de.prophecy.de/kuenstler/the-moon-and-the-nightspirit

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